Es war einmal...

Als Anfang August 2007 der siebte und damit letzte Band einer Buchreihe der berühmten Joanne K. Rowling über einen gewissen Zauberlehrling namens Harry Potter erschienen und endlich gelesen war, traf sich im frisch errichteten Kundendiskussionsforum auf amazon.de eine Gruppe von mehr oder weniger erwachsenen Menschen, um sich über das Werk auszutauschen, und schließlich, weil keiner so recht glauben wollte, dass es vorbei sein sollte, aus eigener Kraft eine bis drei Fortsetzungen zu schreiben.

Schon bald spaltete sich aus dem Hauptschreiberfeld eine kleine, aber äußerst feine Splittergruppe ab, die sich fortan "Die Hobbydramatiker" nannte. Und als es den "Hobbydramatikern" mal wieder zu langweilig wurde, entstanden die hier neu veröffentlichten "Neuen und unglaubwürdigen Schandtaten der Hobbydramatiker". Zunächst nur auf die Länge eines Posts bei amzon.de beschränkt, entwickelten sie sich schnell zu wahren Kurzgeschichten voller Nonsens und Humor aber auch tragischer Momente, die den Lesern hoffentlich genauso viel Spaß beim Lesen bringen wie uns beim Schreiben. Über Kommentare würden wir uns sehr freuen.

Die Schandtaten:

23.3. – 3:23 Uhr (1) Allerhöchste Geheimstufe (1) Angriff der Bomische (1) Die Auferstehung (1) Die Silberhochzeit (1) Die Suche (1) Die Winterverschwörung (1) Dursleys Reloaded (1) Ein Junge überlebt - etwas anders (1) Ein Schweinchen namens Dudley (1) Ein tierisches Abenteuer (1) Feenwettstreit (1) Freitag der 13. (1) Harry Potter und das Vermächtnis der Hobbydramatiker (11) Harry Potter und der verrückte Fan (1) Harry Potter und die Weihnachtsbäckerei (1) Hogwarts Hüte und Hauselfen (1) Jahrestage (1) Kurz und schmerzlos (1) LA VIE EN ROSE (1) Nachwuchs (1) Schadtat Nr. 33 - Jahrestag (1) Schandtat Numero 01 (1) Schandtat Numero 02 (1) Schandtat Numero 03 (1) Schandtat Numero 04 (1) Schandtat Numero 05 (1) Schandtat Numero 06 (1) Schandtat Numero 07 (1) Schandtat Numero 08 (1) Schandtat Numero 09 (1) Schandtat Numero 10 (1) Schandtat Numero 11 (11) Schandtat Numero 12 (1) Schandtat Numero 13 (1) Schandtat Numero 14 (1) Schandtat Numero 15 (1) Schandtat Numero 16 (1) Schandtat Numero 17 (1) Schandtat Numero 18 (1) Schandtat Numero 19 (1) Schandtat Numero 20 (1) Schandtat Numero 21 (1) Schandtat Numero 22 (1) Schandtat Numero 23 (1) Schandtat Numero 24 (1) Schandtat Numero 25 (1) Schandtat Numero 26 (1) Schandtat Numero 27 (1) Schandtat Numero 28 (1) Schandtat Numero 29 (1) Schandtat Numero 30 (1) Schandtat Numero 31 (1) Schandtat Numero 32 (1) Schandtat Numero 33 (1) The Irish Ways or How to handle a Leprechaun (1) Und nichts als die Wahrheit... (1) Urlaub auf dem Bauernhof (1) VerRückt und duchgeKNALLT? (1) Was wäre wenn ??? (1) Wie Ron Weasley Asmodeus traf… (1) Wohl bekomm's (1)

Freitag, 11. September 2009

Wohl bekomm's !

Schandtat Numero 8

Der Himmel über Grimmauldplatz Nummer 12 war schwarz, tiefschwarz. Nur eine schmale Mondsichel stand am Horizont, denn vor zwei Tagen war Neumond gewesen. Die Straßenlaterne vor dem Haus flackerte. Scheinbar war sie defekt.

Der Katze, die von der anderen Straßenseite herüber blickte, schien das nicht zu behagen. Sie sah aus als ob sie eine Brille trüge und benahm sich nicht wirklich katzenhaft. Sie äugte immer wieder zum Mond und dann zum Haus - und wurde immer nervöser.

Wo blieben nur die anderen vom Orden? Sie sollten doch schon längst hier sein, dachte sich Professor McGonagall. Plötzlich zuckte sie zusammen. Oh nein, nicht schon wieder dieser Muggel, der ihr immer was an den Kopf werfen oder sie verjagen wollte. Sie musste doch bleiben, wo sie war. Sie fauchte den Muggel an und katzbuckelte. Doch dieser grinste nur, pfiff kurz, und neben ihm erschien ein großer Hund.

Der Hund war tiefschwarz wie die Nacht, mit zottigem Fell, das ihm bis über die Augen stand. Artig setzte er sich neben den Jungen und schaute die Katze interessiert an. Sein Schwanz wedelte leicht und irgendwie unschlüssig hin und her, als müsse er noch überlegen, was er von dieser Situation halten solle.

McGonagall rutschte unbehaglich zur Seite. Dieser riesige Hund flößte ihr Unbehagen ein. Bestimmt hatte er Flöhe. Das war das letzte was sie gerade jetzt gebrauchen konnte.

Der Hund blieb sitzen und starrte die Katze ebenso unbeweglich an wie die Katze zurückstarrte. Da geschah etwas mit dem Hund. Er schien sich zu verwandeln! McGonagall erstarrte - wer oder was war das? Es war gar kein Hund mehr...

Die Form des Hundes nahm menschliche Züge an! "Nicht schon wieder einer von diesen nicht registrierten Animagi!" dachte Minerva genervt, doch eigentlich miaute sie es eher, denn sie war ja noch immer eine Katze.

Zumindest vorerst nahm das Etwas menschliche Züge an, denn nach einigen Augenblicken ging die Verwandlung weiter. Er wurde größer, der Kopf schwoll auf Ballongröße an. Er bekam mehrere Tentakel und eine grau-grüne Hautfarbe. Dann, nach Abschluss der Metamorphose, stellte er sich als Tadeus vor.

"Minerva, ich bin's, Tadeus! Ich bin ein Oktopus. In der Welt, in der ich lebe, haben wir Schwierigkeiten mit Lord, na du weißt schon wer!" Minerva McGonagall zuckte zusammen. Ohne irgendeinen vernünftigen Grund begann sich der Typ auf dem Bürgersteig zu wälzen und schrie pausenlos: "Zwingen Sie mich nicht! Bitte, zwingen Sie mich nicht! Ich werde den Namen nicht nennen! Ich werde den Namen niemals nennen!" Dann stellte er sich wieder auf zwei seiner acht Arme und klopfte sich mit den übrigen sechs den Straßenstaub vom Leib.

"Na, gut, weil Sie es sind. Wir haben in unserer Welt arge Probleme mit Lord Blödchen. Er ist ein singendes und sprechendes Brötchen mit Armen und Beinen und einem Mundgeruch, der selbst einem Stinktier die Socken auszieht. Könnte daran liegen, dass er mal ein Fischbrötchen war. Was raten Sie mir? Was sollen wir tun?"

McGonagall wollte gerade etwas erwidern, als es überall um sie herum ploppte. Der Orden, die Zweitauflage, erschien. Harry Potter sah Tadeus zuerst. "Was ist denn hier los? Und was riecht hier so komisch?"

McGonagall, die zwischenzeitlich ihre menschliche Gestalt angenommen hatte, schaute Harry an, wies mit der Hand seitlich von sich und meinte: "Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Dieser Junge hat dieses... Wesen angeschleppt."

Harry drehte den Kopf zur Seite, sah aber niemanden. "Welchen Jungen meinen Sie, Professor?" Minerva sah ihn entgeistert an. "Na den da!"

"Ähm, Professor, da ist niemand!" wagte Ron Weasley einzuwerfen. Minerva McGonagall drehte sich um und... da standen sie doch! Und lächelten sie blöde an! Erbost drehte sie sich zu den Ordensleuten der Next Generation um. Wollten sie sie veräppeln?

"Seid ihr denn alle blind? Da vorne auf dem Treppenabsatz steht doch ein Junge und grinst auch noch blöde hier rüber!" giftete sie zurück.

Harry blickte besorgt zu Ron hinüber, der gemeinsam mit ihm appariert hatte. Dann blickte er zu dem Oktopus namens Tadeus. Irgendetwas stimmte hier nicht. McGonagall sah mehr als verwirrt aus. Woran lag das bloß?

"Es ist Groundhog Day!" schrie Phil Connors und warf sein dressiertes Murmeltier in den Ring beziehungsweise auf die Straße. McGonagall, Ron und Harry wichen zurück und sahen das Murmeltier irritiert an. Ron stöhnte: "Wo ist Hermine, wenn man sie braucht?" Mit dem Murmeltier stimmte etwas absolut nicht - es fing an zu rauchen und zu fauchen.

Wütend drehte Harry sich zu Phil um und hielt ihm den Zauberstab vor die Nase. "Was soll dieser Quatsch, verdammt noch mal! Erklär' jetzt auf der Stelle, was Sache ist!"

Minerva McGonagall legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. "Nun mal ganz ruhig, Harry! Und steck' den Zauberstab weg, es könnten Muggel zuschauen." Harry ließ den Zauberstab sinken, starrte den Neuankömmlig aber weiterhin grimmig an.

Ein Räuspern bewog ihn dazu, sich umzudrehen. Harry wollte seinen Augen nicht glauben. Da stand doch tatsächlich... Nein, das konnte nicht sein. Da stand ...Er konnte es einfach nicht fassen, darum nahm er seine Brille ab, putzte sie, setzte sie sich wieder auf und schaute noch mal genauer hin. Nein, er hatte sich nicht getäuscht, denn er stand immer noch da und es war immer noch...

Ein Schwamm! Aber was machte ein Schwamm mit einer Sauerstoffmaske in London? Noch dazu ein gelber?

Harry ging vorsichtig auf den Schwamm zu. "Dich kenne ich - aus dem Fernseher. Was willst du hier?" Der Schwamm quietschte: "Ich brauche Hilfe, in meiner Welt geht alles drunter und drüber! Ein 'kann ich nicht sagen' zwingt uns, nur noch Vollkornbrot und gesunde Sachen zu essen!"

Der Oktopus, der sich als Tadeus vorgestellt hatte, fügte unter wildem Gestikulieren hinzu: "Ja, und die wunderbaren und überaus leckeren Krabbenburger hat er auch verboten. Wir beide wurden geschickt, einen Helden zu suchen, der uns aus diesem Dilemma herausführen und dazu noch lange tauchen kann."

Beide Geschöpfe einer so anders gearteten Dimension schauten ihn voller Hoffnung mit großen Kulleraugen an. Harry schaute ungläubig in die Kulleraugen. Sollte das Ernst sein? Er sah Ron und McGonagall an. Auch sie schauten ungläubig aus der Wäsche.

"Kommt erst mal mit rein", sagte Harry dann und ging auf sein Haus zu. Die anderen folgten ihm.

"Mein Name ist... SCHNORCHEL... Schwammbob... SCHNORCHEL... Spongekopf... SCHNORCHEL...", sagte der Schwamm drinnen durch seine Sauerstoffmaske.

Tadeus, der Oktopus, schlug seinem Dimensionsgenossen unsanft auf den Rücken. "Alter Kumpel", blubberte er, "Du kannst das Atemgerät abnehmen. Wir bekommen auch in dieser wasserlosen Welt Luft. Weiß der Geier, woran das liegt!"

Schwammbob tat, wie ihm geheißen, und schlurfte mit ausgestreckter Hand auf Harry zu. "Und, können Sie uns helfen gegen das blöde Brötchen?" fragte er. "Sie sind doch Harald Potterer, der gerühmte Fernsehkoch, oder etwa nicht?"

Harry blickte etwas ratlos, um nicht zu sagen, dümmlich drein. "Häh?" fragte er.

"Na, wir wollen wieder unsere Krabbenburger. Können Sie uns jetzt helfen oder nicht?" Der kleine, gelbe Schwamm sprang unerwartet ins Fischaquarium, um sich mit Wasser voll zu saugen. Und dort geschah etwas Unerwartetes: aus einem Schwamm wurden drei! Sie alle tauchten wieder auf, hüpften aus dem Wasser und schüttelten sich. Dann stellten sie sich höflich vor: "Gestatten, die Herren, die Dame, unsere Namen sind Schwammbob, John-Boy und Jim-Bob!"

In diesem Moment trat Ginny ins Wohnzimmer und fragte: "Was ist denn hier los? Und was machen diese komischen Dinger hier in unserem Haus, Harry?" und zeigte auf die soeben neu gegründete Familie Schwammbob und den Oktopus.

Harry hob hilflos die Hände. "Ausnahmsweise, bin ich nicht Schuld. Professor McGonagall kann es Dir erklären. Nicht wahr, Professor? Öhhh, Professor, was machen Sie da?"

Harry wurde blass. Minerva McGonagall hatte sich den Oktopus in die Pfanne gehauen, ihn mit Sesambrotkrumen paniert und ließ ihn sich jetzt mit etwas Feta-Käse und Oliven auf einem Vollkorn-Sandwich schmecken. Mit vollem Mund fragte sie unschuldheischend: "Was denn? Und wenn, na und?"

"Aber Minerva, Du kannst doch nicht einfach Tadeus essen! Sie wollten doch Hilfe von uns! Hat er wenigstens geschmeckt?" fragte Harry aufgebracht.

McGonagall schaute ihn an und meinte nur: "Hab schon bessere gegessen." und wischte sich den Mund ab.

Dann betrat Ginny die Küche, in der sich nun alle befanden. Sie fischte einen der geklonten Schwämme - ich glaube, es war John-Boy-Schwamm - aus dem Aquarium, das nun auf dem Tisch stand, und begann damit einen großen, verdreckten Kessel zu schrubben.

"Schatz?" fragte Harry leicht genervt. "Könntest Du bitte damit aufhören, mit unseren Gästen den Abwasch zu erledigen?"

"Kann man sicher auch einen guten Eintopf draus kochen!" meinte Minerva McGonagall beinahe sabbernd.

Dann gab es einen schwarzen Blitz, ein ohrenbetäubendes Krachen, wie wenn jemand in ein Öko-Knäckebrot beißt, und mitten in der Küche, auf den glänzenden, blinkenden Fliesen stand ein Brötchen mit Armen und Beinen. Zur Melodie von YMCA der VILLAGE PEOPLE sang es: "Ich bin Lord Blödchen, La La La La La!"

Dies sollte sein Abschiedslied gewesen sein, denn das Brötchen hatte keine Chance. Von Minerva gepackt zu werden, war eins. In Nullkommanix in zwei Hälften geteilt zu werden, ein anderes. Und schließlich mit Ketchup, Röstzwiebeln, Gurken und einem knackigen Würstchen gefüllt und als Hot Dog von ihr verspeist zu werden, ein letztes.

Die Umstehenden sahen ungläubig zu. "Professor, seit wann sind Sie denn so gefräßig?" fragte Ginny und schlug sich ob dieser respektlosen Wortwahl gleich mit der Hand auf den Mund. "Ach, Kind, eine Frau muss tun, was eine Frau tun muss!" lächelte McGonagall und verbeugte sich in Richtung Schwammbob, John-Boy und Jim-Bob, die vor Vergnügen in die Hände klatschten.

"Ach, hier steckt ihr beiden also", dröhnte plötzlich eine Stimme im Raum, die von überall zu kommen schien. Die anwesenden Hexen und Zauberer zuckten zusammen, zogen in der nächsten Sekunde ihre Zauberstäbe und blickten sich suchend um. Die drei Schwämme rissen gleichzeitig ihre Ärmchen hoch und liefen voller Panik schreiend im Kreis herum.

"Ich sagte Euch, Ihr sollt in der Welt nach einem Helden suchen. Ich meinte damit EURE Welt, ihr wasseratmenden Dummköpfe!" dröhnte die unsichtbare Stimme weiter. "Und wo ist dieser Oktopus? Na egal, ich werde ihn schon aufspüren!"

Und leiser, wie nur für sich bestimmt, setzte sie hinzu: "Da haut man sich die Nächte um die Ohren, um ein halbwegs vernünftiges Drehbuch zu schreiben, und diese nassen Taugenichtse machen, was sie wollen. Unglaublich!"

Ein lauter Knall ertönte. Die Luft über den Köpfen der Anwesenden begann immer schneller zu rotieren und bildete eine Scheibe von knapp einem Meter Durchmesser. Daraus formte sich ein Trichter, der immer länger wurde und wie ein Finger im Raum suchend umhertastete. Als er zu den noch immer umher rennenden Schwämmen kam, erklang ein saugendes Geräusch - und die Schwämme waren verschwunden. Ein weiterer lauter Knall ließ auch den Trichter mitsamt der rotierenden Scheibe verschwinden.

Doch nicht nur die Schwämme waren weg, auch Minerva war verschwunden. Bestürzt sahen die verbliebenen Zauberer sich an. Ron durchbrach als erster die lastende Stille. "Was zum Geier war das?" keuchte er und schaute dabei Harry Hilfe suchend an. Der schüttelte nur den Kopf.

Ginny ließ den Zauberstab sinken und fuhr sich mit der linken Hand über die Augen, als erwache sie aus einem Traum. "Was nun?" fragte sie in die Runde. "Ich denke, wir müssen ihnen in ihre Welt folgen, sonst werden wir Professor McGonagall nicht wieder finden", antwortete Harry.

"Und wie soll das bitte funktionieren?" fragte Ron verwirrt. Harry starrte noch immer an die Decke, als ob Minerva jeden Moment wieder auftauchen müsste. Da erklang ein lautes Geräusch. Es hörte sich an wie ein intergalaktischer Rülpser – und Minerva fiel auf den Boden. "Also so was!" rief sie entrüstet.

Alle schauten sich gegenseitig verwirrt an, und Harry begann zu lachen. "Das glaubt uns keiner, wenn wir diese Geschichte jemanden erzählen. Die lassen uns direkt alle in die Psychiatrieabteilung im St. Mungos einliefern."

[first published January, 12th - 15th 2008]

Donnerstag, 10. September 2009

"Nachwuchs!"

Schandtat Numero 7

Harry Potter war derzeit zu einem Seminar für angehende Auroren mit dem Thema "Hilfe! Mein bester Freund ist ein Schwarz-Magier" in Rumänien. Er hatte gerade einen Vortrag von Professor Tranquilo Siesta mit dem Titel "Wie erkenne ich, dass mein bester Freund ein Schwarz-Magier ist" vorzeitig verlassen und ging im Wald hinter dem Zauberer-Tagungshotel spazieren, als er ein Wimmern vernahm. Er ging darauf zu und sah ein kleines Hündchen, das verletzt am Boden lag.

"Och, Du armes Ding!" Harry schaute gerührt auf dieses kleine Wesen. Doch bei näherem Hinsehen erkannte er, dass es gar kein Hund war sondern ein hundeähnlicher Babydrache mit einer Art Fell statt Schuppen. Harry sah sich um, aber von einer Mutter konnte er nichts entdecken. Und dann sah er in einer Mulde zwischen zwei dicken Baumwurzeln die Reste des zersplitterten Dracheneis. Harry überlegte, was er nun tun sollte. Er entschied sich, einen sprechenden Patronus an Charlie Weasley zu schicken.


Harry musste auch gar nicht lange warten, da apparierte Charlie auch schon neben ihm. Sofort fiel sein Blick auf das Drachenbaby, das Harry mittlerweile auf den Arm genommen hatte - wobei das Gewimmer sofort aufgehört hatte.

"Ja, was haben wir denn da?" meinte Charlie überrascht. Das ist ein... eine der seltensten Drachenarten, die es gibt!"

Das Drachenbaby schmiegte sich Wärme suchend dicht an Harry, und es hörte sich an, als ob es wie eine Katze schnurren würde.

"Was machen wir denn jetzt? Meinst Du, wir können seine Mutter finden?" - "Wenn sie nicht hier ist, ist sie tot. Die lassen ihre Eier niemals allein. Vermutlich haben Jäger sie erwischt. Diese Mistkerle!" - "Und was jetzt? Das arme Würmchen." - "Tja nun, Harry. Du wirst es wohl behalten müssen." - "WAS? Aber das ist doch gar nicht erlaubt!" - "Du wirst Dich um eine Genehmigung bemühen müssen. Diese Drachenart wird von anderen Drachenmüttern nicht angenommen. Außerdem ist für sie das erste Lebewesen, das sie sehen, ihre Mutter. Du bist jetzt Drachenmami!" sagte Charlie lachend.

"Das ist nicht witzig!" murrte Harry. "Schon gut. Es wird nur bei Dir bleiben. Und auch nur von Dir Nahrung annehmen. Wenn wir es nicht sterben lassen wollen, musst Du es nehmen. Und wir können es nicht einfach sterben lassen!" - "Nein, das können wir nicht." Harry stöhnte gequält. "Wie lange?" - "Drei Jahre. Erst dann ist es alt genug. Dann kann es bei uns einziehen." - "Ich habe ja wohl keine Wahl. Was frisst es denn? Und wie groß wird es? Ist es ein Mädchen oder ein Junge?"

Charlie lachte erneut. "Ein Mädchen. Das erkennst Du an der Farbe des Fells. Lass uns irgendwo rein gehen, wo es warm ist und wir etwas für sie zu Essen bekommen können. Dann erkläre ich Dir alles. Das Gesicht meiner Schwester würde ich gerne sehen! Wie soll sie eigentlich heißen?" - "Hm, keine Ahnung. Ich glaube, ich überlasse Ginny die Wahl", nuschelte Harry verlegen.

Charlie grinste. "Ach ja, die rosarote Liebe. Das würde ich mir an deiner Stelle überlegen, denk doch mal daran, wie sie Rons Steinkauz genannt hat. Der muss jetzt mit dem Namen Pig rumfliegen."


Sie machten sich auf den Weg zurück ins Hotel und gingen in den Speisesaal. Der Kellner machte große Augen. "Haustiere sind hier nicht gestattet!" sagte er mit einem Blick auf das Drachenbaby.

"Das Drachenmädchen ist gestattet!" sagte Harry bestimmt und ging zum Buffet. Der Drache fing an zu schnuppern und stürzte sich dann von Harrys Arm aus auf die Milchkanne. Harry seufzte, weil dabei einiges zu Bruch ging. Der Drache trank die ganze Milch aus und schlief ein. Harry sah ihn an und runzelte die Stirn. Er hatte wahrlich schon genug am Hals. Andererseits war er auch schon mit ganz anderen Sachen fertig geworden, da würde ihn doch so ein kleiner Drache nicht umwerfen...


Harry hatte den Gedanken noch nicht zu Ende geführt, als die Kleine plötzlich mit einem Satz vom Buffet, wo sie ja zwischen Müsli- und Cornflakes-Schüsseln lag, zurück auf Harrys Arm sprang. Dabei wurde sie noch nicht einmal wach. Und dann auf einmal spürte Harry etwas Warmes und Feuchtes - der Drache würde doch nicht etwa...??? Harrys Gesichtszüge entgleisten. Er stammelte: "Äh, äh, Charlie, kann es sein, dass...?"

Charlie, der sich gerade sein Tablett voll mit Croissants, Honig, Butter, Käse, Müsli, Rührei und Kaffee geladen hatte, drehte sich zu Harry um und fing prustend an zu lachen. "Tja, Harry, das hatte ich noch nicht erwähnt. Stubenrein ist die Kleine selbstverständlich noch nicht! Daran würde ich als erstes arbeiten, sonst gibt es noch manch böse Überraschung!"

"Pampers müssen her, Drachenpampers!" murmelte Harry und versuchte, sich mit dem Drachen auf dem Arm möglichst unauffällig in Richtung Herrentoilette zu begeben.


Nachdem Harry sich und den Drachen gesäubert hatte, kam er zurück zu dem eifrig futternden Charlie. Harry ließ sich auf einen Stuhl gegenüber Charlie fallen, den Drachen immer noch auf dem Arm.

"Was muss ich sonst noch wissen?" fragte er. "Tja. Erst mal solltest Du wissen, dass sie ziemlich anhänglich sind, solange sie noch nicht flügge sind, also die ersten drei Jahre lang." - "Na toll! Was soll ich mit ihr machen, wenn ich ins Ministerium muss?" - "Habt Ihr denn da keine Kleinkindbetreuung?" fragte Charlie und lachte lauthals.

"Lustig, Charlie, sehr lustig." - "Das wird sich schon irgendwie ergeben. Ich lass mir etwas einfallen. Nun zum Essen: Die ersten sieben Monate gib ihr nur Milch, Haferbrei und zerdrückte Bananen mit Honig. Sie sind während des Wachstums sehr gefräßig. Also lern schon Mal eifrig den Speisen-Vermehrungszauber! Später essen sie dann alles, was ihnen zwischen die Krallen kommt. Ach ja, es ist eine feuerspeiende Drachenart."

"WAS?" fragte Harry entsetzt. Das wurde ja immer schlimmer. "Ja. Ganz so schlimm ist es nicht. Wenn der erste Feuerstoß nicht ausgelöst wird, speien sie kein Feuer." - "Und wie wird der ausgelöst oder besser wie nicht?" - "Sie darf keine scharfen Sachen essen. Also keine Chilischoten, Pfefferschoten, stark gewürzte Speisen und so weiter. Frisst sie etwas Scharfes, spuckt sie Feuer und nach dem ersten Mal geht das auch ohne scharfe Gewürze."

"Also KEIN scharfes Essen!" murmelte Harry. "Was noch?" - "Hm", überlegte Charlie laut schmatzend und kauend, "wir haben das zwar so noch nicht ausprobiert, aber eigentlich müsste es klappen." Er biss herzhaft in ein Schinkenbrötchen, das er sich noch vom Buffet geholt hatte. "Alfo", das Essen machte seine Aussprache nicht deutlicher, "wenn Du es verhindern kannst, dass die Kleine nach ihrer Milch-und-Honig-Phase irgendwelches Fleisch oder etwas Blutiges zwischen die Zähne bekommt, dann könnten wir hier vielleicht den allerersten Vegetarier-Drachen der Welt heranziehen! Ich hole mir schnell noch einen Teller Würstchen. Geht doch auf Kosten des Ministeriums, oder?" Mit einem Grinsen im Gesicht und einem Zwinkern in den Augen stapfte er schon wieder zum Buffet.


Als er zurückkam, meinte Harry: "Das sollte doch wohl nicht schwer sein, den Drachen von Fleisch fernzuhalten." Charlie verschluckte sich beinahe. "Sag alles, nur das nicht! Nach der Milch-und-Honig-Phase hast Du manchmal nur wenige Stunden Zeit, um das Tier auf seine zukünftige Nahrung zu prägen. Und wie ich schon sagte, in dieser zweiten Phase fressen sie buchstäblich alles und manchmal leider auch jeden!"

Harry schaute ihn zweifelnd an: "Das meinst Du doch nicht ernst, oder? Ich meine, sie würde doch nicht auf... auf ihre Eltern losgehen! Das wäre ja noch schöner!" Er blickte auf das winzige Drachenbaby und begann es mit dem Zeigefinger unter dem kleinen Maul zu kraulen. Fast hätte er unbehaglich seinen Finger wieder zurückgezogen, weil ihm in den Sinn kam, das Drachenmädchen könnte genussvoll hinein beißen, doch dann sah er Charlie schmunzeln.

"OK, Du hast mich erwischt!" meinte der Drachenbändiger. "Also, Kannibalen werden diese Drachen in der Regel nicht in der freien Natur. Sie spezialisieren sich aber auf alles, was Mama Drache ihnen vorsetzt. Schafe oder Kühe. Rehe. In Extremfällen auch Menschen. Aber wenn keine Mama Drache da ist, wer weiß, welche Lieblingsspeise die Kleinen dann entwickeln!"

Harry dachte nach und murmelte undeutlich vor sich hin. Plötzlich rief er laut: "Schokofrösche!!! Ich präge sie auf Schokofrösche!" - "Na, super!" prustete Charlie. "Und schon hast Du in kürzester Zeit den dicksten Drachen der Welt, eine richtig, echte Drachentonne!"

"Aber Frauen stehen doch auf Süßes!" erwiderte Harry. "Da werden sie wenigstens gefügig, wenn sie Schokolade riechen. Da ticken Drachenweibchen mit Plüschfell bestimmt genauso!" - "Na, schön, wenn Du meinst", schmunzelte Charlie und tupfte sich nach dem letzten Schluck Kaffee mit einer Serviette die Mundwinkel. "Aber denk auch dran, dass Du ihr irgendwann das Fliegen beibringen musst. Und wenn sie viel zu dick ist, dann ist Essig mit Fliegen und damit auch mit dem Hochzeitsflug. Und Du musst wissen - kein Hochzeitsflug, kein Drachenmann und keine Drachenbabys. Da können die ganzen Schokofrösche sie noch so wild machen!"


Harry überlegte, wie er es anstellen sollte mit dem Drachenbaby klarzukommen. Schokofrösche als Leckerli? Hm, ja, das ginge. Das Drachenbaby war wieder eingeschlafen und kuschelte sich in Harrys Arm zurecht, als die ersten Kollegen auch den Speisesaal betraten. Die ersten Kommentare ließen auch nicht lange auf sich warten. "Oh, wie nett - Harry der Drachenpapa." - "Ganz der Vater!" waren noch die harmloseren. Harry verdrehte die Augen. Nachdem sie sich wieder beruhigt hatten, kam er auf das Thema zurück.


"Auf Nachwuchs können wir auch verzichten." - "Aber wir nicht! Es wäre toll diese schon fast ausgestorbene Rasse wieder zu vermehren." - "Na gut. Wenn es soweit ist, ist sie ja dann bei Euch." - "Genau. Und deshalb musst Du ihr eine ausgewogene Ernährung zur Verfügung stellen. Du willst doch nicht, dass sie krank wird. Gib ihr viel Obst und Gemüse und Getreide. Dann wird sie schön groß und stark."

Bei dieser Aussicht stöhnte Harry verzweifelt auf. "Wie groß wird sie denn?" - "Sagen wir mal so, ihr werdet sie später nicht mehr im Haus unterbringen können. Ihr solltet euren Garten früh genug etwas verändern, damit sie sich da auch wohl fühlt. Aber dafür habt ihr noch ein bisschen Zeit, so ungefähr zwei Jahre", beruhigte ihn Charlie.

"Hoffentlich wird Ginny in dieser Zeit nicht schwanger", seufzte Harry. "Warum nicht? Das wäre doch super, dann hätte das Drachenbaby direkt einen Spielkameraden!" - "Oder ein prima Grundnahrungsmittel!" grummelte Harry missmutig. Dann gab das kleine Drachenmädchen ein lautes Bäuerchen von sich und schmiegte sich anschließend an Harrys Arm und schnurrte satt und zufrieden.


"So, Freund Schwager!" Charlie klopfte sich auf die Oberschenkel und stand auf. "Ich muss zurück zur Arbeit. Lass uns noch schnell einen Transportkorb für das Drachenbaby vorbereiten und dann geht's ja auch für Dich schon wieder in Richtung Heimat."

Sie polsterten einen großen, hölzernen Wäschekorb mit etwas Moos aus dem Wald und einigen Decken, die eine freundliche Zimmermädchenhexe Harry gerne zur Verfügung stellte, und legten das schon wieder halb schlafende Drachenmädchen hinein. Dann wurde der Korb in dem magischen, fliegenden Reisebus verstaut, mit dem die Aurorenazubis zu ihrem Seminar angereist waren. Pünktlich um 12:13 Uhr war Abflug, und es ging durch die Luft, über Kontinent und Ärmelkanal zurück nach London.


In der Aurorenzentrale gab es den üblichen Aufruhr und die unvermeidlichen Frotzeleien der Kollegen und Mitschüler, die es nicht lassen konnten, Harry zu seiner "Vaterschaft" zu gratulieren. Von irgendwoher tauchte eine Nuckelflasche auf, und man zermarterte sich das Hirn, welche Schuhgröße das Drachenbaby wohl haben würde. Und überhaupt, wie sollte sie denn heißen?

"Einen Namen habe ich noch nicht ausgesucht. Ich wollte mich da unbedingt mit Ginny absprechen", sagte Harry, worauf natürlich prompt die absurdesten Vorschläge gemacht wurden. Sie reichten von Gunilla über Dragomira bis zu Klein Röschen. Und das waren nur die harmlosesten Namensvorschläge.


Das kleine Drachenmädchen aber hatte die Reise nicht gut überstanden. Das rosafarbene Fell, vertiefte sich in ein dunkles Lila, und kurz darauf kamen würgende Geräusche und mit einem gewaltigen "SPROTZ!" verteilte sich der Mageninhalt des Drachenbabys auf Harrys Hose. Mann! War das ein Tag, an dem man gleich mehrfach mit "Drachenspucke" besudelt wurde, dachte Harry.


Am Abend schlich er sich möglichst leise in sein Zuhause am Grimmauldplatz Nummer 12. Er versuchte auch das Drachenfräulein dazu zu bewegen, möglichst kein Geräusch zu verursachen, weil er sich noch nicht sicher war, wie Ginny auf den neuen Mitbewohner reagieren würde, aber da hatte er seine Tierbändigerfähigkeiten überschätzt. Das Drachenbaby gab einen lauten und durchdringenden Schrei von sich, der etwas von dem Geräusch hatte, das eine Katze machte, wenn man ihr auf den Schwanz trat, nur tausendmal lauter. Die Wände des altehrwürdigen Hauses schienen förmlich zu beben.

Natürlich kamen Ginny und Kreacher sofort nachsehen Der verschlafene Ausdruck auf den Gesichtern verschwand augenblicklich beim Anblick des kleinen Drachen. Ginny sah Harry mit einem bestürzten Gesicht an. "Was soll das, Harry? Was soll dieses Tier hier im Haus?"

Harry druckste herum. Er nahm den Drachen auf den Arm und trug ihn in die Küche. Kreacher und Ginny folgten ihm, während er alles schnell erklärte. In der Küche setzte Harry das Drachenbaby in eine Ecke.

"So etwas kann auch nur Dir passieren!" sagte Ginny seufzend, und Kreacher versteckte sich hinter ihr und sah den kleinen Drachen ängstlich an. Harry sah Ginny bittend an und erzählte ihr die ganze Geschichte. Ginnys Stirnrunzeln nahm zu.

"Also wirklich, Harry", seufzte sie und fuhr sich unbewusst mit der Hand über ihren Bauch. "Drei Jahre, das geht auf keinem Fall. Während Du drei Wochen in Rumänien warst, hat sich hier auch jede Menge ereignet."

Kreacher lächelte dämonisch vor sich hin. Harry hatte Ginny nicht richtig zugehört, denn das Drachenbaby war wieder wach geworden und hatte einen See auf dem Fußboden hinterlassen.

"Kreacher, kannst Du Dich bitte darum kümmern?" - "Nein, Master! Kreacher will nicht." - "Kreacher?! Du wirst jetzt SOFORT dieses Malheur beseitigen! Andernfalls wird das Drachenbaby bei Dir einquartiert, und Du kannst dich 24 Stunden am Tag ausschließlich darum kümmern!" sagte Harry in einem Ton, der Kreacher keine andere Wahl ließ.

"Harry", begann Ginny wieder. "Ich war letzte Woche beim Arzt. Mir war kotzübel, jeden Morgen." - "Bist du etwa...?" fragte Harry ungläubig. "Was? Schwanger? Nein, nein", rief Ginny. "Es war ein verdorbener Magen. Den Grund dafür habe ich noch nicht herausgefunden, aber ich hab mittlerweile da so einen Verdacht..."

Und als Kreacher den Raum verließ, um Eimer und Putzlappen zu holen, fuhr sie leise fort: "Ich glaube, Kreacher hat etwas damit zu tun. Irgendwie kommen mir seine Kochkünste in letzter Zeit etwas spanisch vor. Das Essen schmeckt eigenartig, und wie gesagt, mir ist jeden Morgen richtig schlecht davon geworden!"

"Du willst doch wohl nicht andeuten, dass Kreacher versucht hat, Dich zu vergiften?" fragte Harry alarmiert. "Nein, nein!" wiegelte Ginny schnell ab. "Jedenfalls nicht absichtlich. Ich glaube, er hat im Keller einen Vorrat an alten Gewürzen entdeckt. Alles sehr exotisch. Muss aber noch aus Lebzeiten von Mrs. Black stammen. Alles, was er damit würzt, schmeckt zwar nicht schlecht, schlägt aber tierisch auf den Magen. Aber wir sind vom Thema abgekommen. Was machen wir denn jetzt mit dem Drachen?"

Harry warf seinen Reiseumhang auf einen Stuhl im Flur. "Es ist ein Mädchen", meinte er dann. "Und ich dachte mir, zuerst könntest Du mal einen Namen für sie aussuchen."

"Lass mich mal überlegen. Ich habe mir zwar schon einige Namen für unsere Kinder überlegt, aber so spontan fällt mir für ein Drachenweibchen keiner ein." - "Du hast Dir schon Namen für unsere Kinder überlegt? Ich denke, Du bist nicht schwanger, warum überlegst Du Dir dann Namen? Und außerdem, sagtest Du gerade wirklich KINDER?"

"Natürlich habe ich in der Mehrzahl gesprochen, schließlich möchte ich nicht nur ein Kind. Und mit dem Aussuchen der Namen kann man nicht früh genug anfangen", antwortete Ginny und lächelte dabei.


In diesem Moment wurde Harry bewusst, dass sie eigentlich bisher nie richtig über das Thema Kinder gesprochen hatten. Ginny riss ihn aus seinen Gedanken, als sie plötzlich sagte: "Ich hab's. Wir nennen sie Cindy, so heißt der Hund von einer Teamkollegin von mir, und er würde auch zu einem Drachenweibchen passen. Wie findest du ihn?"

"Ich weiß nicht. Irgendwie gefällt er mir nicht. Und ihr wohl auch nicht!" fügte Harry lachend hinzu, denn in diesem Moment hatte das Baby schon wieder gespuckt.

"Also gut. Ein anderer Name. Mhmmm, lass mich überlegen. Etwas drachenmäßigeres? Oder... Nein. Vielleicht... Oder besser doch nicht. Mhmmm..."

Harry saß geduldig da und wartete, bis Ginny soweit sein würde und sogar das Drachenbaby sah Ginny an und schien auf eine Entscheidung zu warten. Ginny grübelte eine Weile.

"Wie wäre es mit Linea? Nein, besser Riana?" Gespannt wartete sie auf eine Reaktion des Drachenbabys. Als Antwort kam ein dicker Rülpser. "Hm, scheint auch nicht ihren Geschmack zu treffen", meinte Ginny. "Also weiter! Cassiopeia? Cassandra? Cleopatra? Clementine?" Aber egal, welchen Namen Ginny auch aussprach, das Drachenbaby tat stets seinen Unmut kund.

"Wie wär's mit Dracaena? Solche Bäume gibt's auf den Kanaren." Hoffnungsvoll schauten beide zum Minidrachen. Sie schien nicht völlig abgeneigt aber auch noch nicht völlig zufrieden.

"Jetzt habe ich es: Tiamat! Das ist der Name einer Drachengöttin. Ich habe da mal etwas gelesen. Wir könnten sie dann auch Tia nennen. Na, wie gefällt Dir das meine Süße?" fragte Ginny, sich zu der kleinen Drachenlady hinunter beugend. Doch sie wurden mit einem weiteren Rülpser enttäuscht.


Kreacher hatte in der Zwischenzeit den Boden gewischt und blickte missmutig auf das kleine Wesen, dass so viel Aufmerksamkeit auf sich zog. "Mistvieh!" zischte er. Das Drachenmädchen streckte den Kopf in die Höhe und begann behaglich zu brummen, es hörte sich fast wieder wie das zufriedene Schnurren einer Katze an.

Harry und Ginny blickten sich verdutzt an. Dann brachen beide in ein ungezügeltes Lachen aus. Harry kraulte dem bunten Drachenmädchen, das aussah wie ein Hündchen und Geräusche machte wie ein Kätzchen, erneut unter dem Kinn der spitzen Schnauze. "Das ist jetzt aber nicht Dein Ernst, oder?" schmunzelte er. "Dir gefällt der Name 'Mistvieh'?"

"Harry!?" Ginnys Augenbrauen bildeten ein fast besorgtes und leicht zorniges "V" als sie nachdenklich die Stirn runzelte. Wenn sie sich schon mit ihrem Ehemann zusammen um ein Drachenbaby kümmern sollte, dann würde sie es bestimmt nicht ständig "Mistvieh!" rufen. Was sollten denn ihre Freunde denken oder die Nachbarn?


Kreacher schlich die ganze Zeit murmelnd und fluchend um sie herum. "Was ist das? Was soll es hier? Kreacher soll sich darum kümmern? Kreacher soll da hinterher putzen? Früher haben Kreacher und seine Herren und Herrinnen so was als Braten zubereitet und gegessen! Kreacher mag keine Drachen. Kreacher will keine Drachen im Haus."


Harry versuchte, einen beruhigenden Blick in Richtung Ginny zu schicken und einen erzieherischen in Richtung Kreacher, der scheinbar in alte Verhaltensweisen zurückfiel. Aber für weitere Worte blieb ihm keine Zeit, denn in der Zwischenzeit hatte das Drachenbaby alle Kraft in den Hinterbeinen gesammelt und ihn dann übermütig angesprungen. Die Vorderpfoten auf seinen Schultern, schleckte sie ihm nun freudestrahlend und wild durchs Gesicht.

"Mistvieh klingt nicht wirklich gut. Vielleicht sollten wir es ein wenig abwandeln. Missy oder Misty. Was denkst du?" Ginny strich behutsam über den kleinen schuppigen Drachkopf. Und da wurde auch ihr über das Gesicht geschleckt.

"Missy?" fragte sie. Nichts. "Misty?" Und wieder schleckte sie ihr über das Gesicht. Ginny seufzte erleichtert. "Also heißt sie Misty! Willkommen in der Familie kleine Misty!" begrüßte Ginny sie offiziell und streichelte ihr wieder über den Kopf. Langsam wurde sie warm mit der Kleinen. Das Schnurren war so beruhigend. Und auch ihrem Magen ging es plötzlich besser. Ob das wohl auch an dem Schnurren lag, fragte sie sich.


Doch die Freude hielt nicht lange an...


Fast drei Jahre später...


Eine hochschwangere Ginny Potter saß verzweifelt in den Trümmern ihres Hauses am Grimmauldplatz Nummer 12. Überall waren Brandspuren, und Trümmer versperrten viele Wege. Kreacher hatte aus reiner Bosheit die arme, kleine Misty mit seinen exotischen und scharfen Gewürzen gefüttert. Jedes Mal wenn Misty nun rülpsen musste, kam ein wahrer Feuerstoss aus ihrem Maul.

"Master Harry! Master Harry! Kreacher tut ja alles so furchtbar leid! Er hat es nicht gewollt!" kreischte der Hauself, der sich gerade unter den Trümmern hervorgewühlt hatte. "Sieh' zu, dass das wieder in Ordnung kommt!" befahl Harry streng.

Ginny, ganz im Banne ihrer Schwangerschaftshormone, klammerte sich an Harry und schluchzte ihm ins Ohr: "Es wird Zeit! Und ich will dabei sein."

Harry nickte, warf einen letzten Blick auf die Trümmer ihres Hauses, dann rief er Misty mit der Hundepfeife, die er die letzten Jahre benutzt hatte, sie zu rufen. Das Drachenfräulein antwortete mit einem schrillen Ruf, der sehr dem Klang der Hundepfeife glich. Mit einem letzten Feuerstoß in England senkte sie ihr Haupt und ihren beinahe ausgewachsenen Körper, sodass Harry und Ginny aufsteigen konnten. Harry hielt sich am Halsband hinter ihren Ohren und Ginny sich an Harry fest.


"Es geht nach Hause!" flüsterte Harry der Drachin zu, und diese hob ich mit majestätischen Schwüngen hoch in die Luft. Bereits nach wenigen Stunden hatten sie die tiefen, dunklen Wälder Rumäniens erreicht. Misty schien ihren feurigen Schluckauf inzwischen kontrollieren zu können. Sie waren in der Nähe eines Camps gelandet, in dem eine Gruppe von Drachenforschern unter Leitung von Charlie Weasley die letzten noch frei lebenden Drachen von Mistys Art beobachteten.

"Sie ist wirklich eine Schönheit geworden!" hörten sie auch schon Charlies Stimme hinter sich. Ginny ging zu ihrem Bruder, und dieser drückte seine schwangere Schwester an sich.


Harry nickte in der Zwischenzeit Misty freundlich zu. Sie schien noch nicht genau zu wissen, was ihre "Ziehmami" von ihr erwartete, und zwinkerte nur neugierig mit den langen Drachenwimpern. Dann ertönte ein schriller Ruf, als hätte Harry seine Hundepfeife geblasen. Ginny, Charlie und Harry sahen sich um, denn Harry hatte es nicht getan. In weniger als einem Kilometer Entfernung hob ein großer, männlicher Drache seinen stolzen Kopf über die Kronen der Bäume und rief nach Misty, die er erschnuppert haben musste. Nun hatte auch sie ihn bemerkt. Noch etwas unschlüssig warf sie einen letzten Blick auf Harry, dann wieder auf den Drachenmann. Schließlich antwortete sie ihm mit einem freudigen Schrei. Nach einem letzten Abschiedsblick auf Harry erhob sie sich in die Luft und flog hinüber zu ihrem Artgenossen. Die beiden Drachen begrüßten sich, indem sie ihre Köpfe aneinander rieben, dann stießen sie gemeinsam vom Waldboden ab und flogen mit gewaltigen Flügelschlägen in Richtung Horizont.


Ginny hatte sich von Charlie gelöst und nun ihre Arme um Harry geschlungen. Eng aneinander geschmiegt sahen sie den beiden schwarzen Punkten am Himmel nach, die immer kleiner wurden und schon bald ihren Blicken entschwunden waren.

"Du wirst sehen, bald hat Misty ihre eigene, kleine Familie", flüsterte Ginny zärtlich an Harrys Ohr. Harry nickte, streichelte Ginny über den deutlich gerundeten Bauch und war innerlich froh, dass es bei seinem eigenen, menschlichen Nachwuchs länger dauern würde, bis er flügge war.

E N D E

[first published January, 8th - 12th 2008]

Mittwoch, 9. September 2009

Was wäre wenn ???

Schandtat Numero 6

Harry Potter und Ron Weasley tranken zusammen Butterbier und blödelten herum, als Harry plötzlich mit der Überlegung anfing, was wäre wenn… ja… wenn Harry und Ron sich niemals kennen gelernt hätten? Hätte er jemand anderen gefunden, mit dem er sich so gut verstehen würde wie mit Ron? Und eine andere Frau, die er so lieben könnte wie Ginny?

Was wäre, wenn Harry damals doch nach Slytherin gekommen wäre? Wäre er dann jetzt etwa mit Malfoy befreundet? Harry schüttelte den Kopf. Daran wollte er nicht denken, denn Draco war eine ganz böse Gestalt! Der schlimmste Feind, den man sich denken konnte.

"Ron, hol' ma' noch 'ne Flasche Bier!" rief er, schon etwas angesäuselt. Ron stand schwankend auf und begab sich auf unsicheren Beinen in die Küche, um das gewünschte zu holen. Er hatte total vergessen, dass er ja zaubern konnte. Dummerweise schaffte er den Weg zurück nicht mehr und blieb niedergestreckt und sabbernd auf dem Boden liegen.

Währenddessen sank Harrys Kopf mit einem lauten BOING! auf die Tischplatte. Er schlief ein und erwachte in einem Traum, nein, in einem Albtraum: Er saß auf dem Hocker vor den anderen Hogwartsschülern, auf seinem Kopf den Sprechenden Hut und dieser verkündete gerade ganz laut: "Slytherin!"

Erschrocken stand Harry auf und ging hinüber zum Slytherin-Tisch, an dem ihn Draco Malfoy schon grinsend in Empfang nahm und ihm erneut die Hand reichte. "Sehr schön, Potter! Ich wusste, Du wählst die richtige Seite!" - "Klar doch, Malfoy, ich setz' mich immer auf die richtige Seite des Tisches, nämlich dorthin, wo ich am schnellsten an den Plumpudding komme!" grinste Harry.

Und während er sich - von dem Schrecken schnell erholt, denn er hatte einfach beschlossen, er würde das Beste aus der Situation machen, vielleicht waren die Slytherins ja gar nicht so übel - den Pudding voller Genuss in den Mund schaufelte ließ er seinen Blick umher schweifen. Da saß Ron Weasley, der Junge, den er im Zug kennen gelernt hatte, am Gryffindor-Tisch. Und da war auch das Mädchen, wie hieß sie noch gleich? Ach ja, Hermine Granger. Sie saß bei den Hufflepuffs.

Nach dem Essen und den ganzen Ansprachen wurden sie in ihre Gemeinschaftsräume gebracht, wo die Schlafraumaufteilung stattfand. Harry teilte sich natürlich das Zimmer unter anderem mit Draco Malfoy. War ja klar. Irgendwie wünschte er sich, dass er das alles nur träumen würde.

Aber weit gefehlt! Die Realität holte ihn schnell ein. Die erste Unterrichtsstunde am nächsten Tag war bei Professor Snape, der ihn freundlich angrinste! "Ich freue mich, Sie in meinem Unterricht zu haben. Sie werden bestimmt so gut wie ihre Mutter!" Und leise fügte er hinzu: "Sie haben ihre Augen!" Harry sah ihm verdutzt hinterher.

Inzwischen waren einige Wochen vergangen und Harry hatte sich gut eingelebt. Draco erzählte viel von seinen Eltern und dass Harry Weihnachten mit zu ihm kommen könnte, damit er nicht in Hogwarts bleiben müsste. Harry war einverstanden, sah aber immer wieder sehnsüchtig hinüber zu Ron, der irgendwie verloren am Gryffindor-Tisch saß. Aber diese roten Haare! Harry gruselte es etwas. Waren rote Haare nicht etwas Unheimliches?

Was dachte er denn da? Hatte die Gesellschaft der Slytherins ihn schon verändert? Ach, was soll's, dachte er. Er hatte viel Spaß mit Draco und den anderen. Und eines der Slytherin-Mädchen eine Klasse über ihnen warf ihm ständig verliebte Blicke zu. Und überhaupt: Keiner wagte es, seine Narbe anzustarren! War das Leben als Slytherin nicht toll?! Er war nichts Besonderes und konnte ein normales Leben führen. Er musste keine Kämpfe bestreiten, niemand wollte ihn umbringen und Snape mochte ihn sogar.

Wie kam er eigentlich auf diese Gedanken? Vermisste er etwas? Nein, das konnte nicht sein. Oder doch? Aber was? Harry schüttelte diese störenden Gedanken ab und schenkte Draco seine volle Aufmerksamkeit, der gerade einen Witz erzählte.

Die Zeit verging. Und an einem Morgen, kurz vor Weihnachten, änderte sich die Situation plötzlich höchst dramatisch. Mit einem Mal standen vier rothaarige Jungen mit verschränkten Armen und ärgerlichem Gesichtsausdruck vor Harry am Slytherin-Frühstückstisch. Das war doch dieser Ron Weasley mit seinen Brüdern Fred und George und Percy, dachte Harry noch, als sie auch schon verbal über ihn herfielen: "Du, als der Junge, der überlebte, solltest Dich was schämen, froh darüber zu sein, ein Slytherin sein zu dürfen. Du, als der einzige, der jemals den Todesfluch überlebt hat, solltest Dir zur Aufgabe machen, den, der ihn Dir aufhalsen wollte, zu jagen und zu vernichten und Dich nicht dicke mit seinen größten Anhängern anfreunden. Du bist definitiv nicht der Junge, der überlegte!"

Als dann auch noch Professor Dumbledore mit einem Weihnachtspäckchen an seinem Platz vorbeiging und lautstark verkündete: "Eigentlich wollte ich Dir diesen Umhang zu Weihnachten zurückgeben, aber unter diesen Umständen..." und dazu wild den Kopf schüttelte, runzelte Harry die vernarbte Stirn und fühlte, dass hier irgendwas nicht stimmen konnte.

Er wollte nicht der Böse sein - oder einer von ihnen. Aber konnte er denn nicht auch als Slytherin tun, was er tun musste? Was musste er eigentlich tun? Er konnte sich gar nicht mehr erinnern. Hatte es eigentlich sein anderes Leben überhaupt gegeben? Oder war DAS ein Traum gewesen? Ein übler Albtraum, in dem er lebte, um zu sterben? Hatte er eigentlich überlebt? War das hier vielleicht das Leben nach dem Tod? Dann war's doch eh egal, was er tat. Dann konnte er genauso gut das "Leben" genießen.

Er sprang auf, rannte hinter Dumbledore her und entriss ihm das Weihnachtspäckchen. "Das ist doch für mich bestimmt, also her damit!" rief er und riss das Papier auf. Aber zum Vorschein kam nicht der erhoffte Umhang, was auch immer das für ein besonderer Umhang hätte sein mögen, sondern ein paar hässliche braune Wollsocken, so hässlich, dass sie auch von Onkel Vernon und Tante Petunia hätten sein können. "Das ist doch jetzt nicht Ihr Ernst", meinte Harry zu Dumbledore und drückte ihm die Socken in die Hand. "Die können sie gerne behalten. Die will ich nicht. Solche habe ich erst von meinen Verwandten bekommen."

Alle schauten Harry erstaunt an. Das hatte noch keiner gemacht - einfach ein Geschenk von Big D zurückgewiesen! Auch Dumbledore machte große Augen. "Harry, alles in Ordnung mit Dir?" fragte er besorgt. "Ich möchte Dich in meinem Büro sehen - sofort!"

Harry schaute erschrocken und folgte Dumbledore in sein Büro. Kaum dort angekommen begann der Professor auch schon mit seiner Standpauke. Sie war nicht gerade leise, sodass Harry anschließend glaubte, taub zu sein. Er hielt sich die Ohren zu, was natürlich Dumbledore noch mehr in Wut versetzte.

"Jetzt reicht es mir aber endgültig!" polterte Dumbledore. "Niemand legt sich mit Big D an! Schon gar nicht so ein spindeliges Würstchen mit Wuschelhaaren, wie DU, Potty!" Dann zog er seinen Zauberstab hervor und verwandelte sich vor Harrys entsetzen Augen zurück in Dudley Dursley, der es schon das ganze Schuljahr über gewesen war, der sich für Albus Dumbledore ausgegeben hatte.

"Magie kann auch schon mal eine Generation überspringen! Nur, dass Du es weißt, Du Slytherin-Würstchen! Und außerdem waren die braunen Dinger Tarnsocken! Aber wenn Du sie nicht haben willst, dann wird die ganze Welt von nun an Deine hässlichen Füße sehen und sich darüber kringelig lachen! Außerdem ist dieser James T. Potter gar nicht Dein Vater, sondern in Wirklichkeit ist Dein Vater mein guter, alter, fetthaariger Kumpel... Severus Snape!"

Und wieder runzelte Harry die vernarbte Stirn, als sein Hauslehrer und Zaubertrankpanscher plötzlich im Turmbüro des Schulleiters stand! Wenn also Snape wirklich sein Vater war, dann würde das bedeuten, dass seinerzeit Lily, also seine Mutter, mit diesem aalglatten, jegliche Haarkosmetik meidenden Zaubertrankmixer in näheren, um nicht zu sagen, allernächsten Kontakt getreten war.

Allein der Gedanke daran ließ Harry schaudern, obwohl er mit seinen elf Jahren noch keine allzu präzise Vorstellung davon hatte, wie ein solcher Kontakt denn genau aussah. Aber dass es nicht wie bei den Bienchen und den Blümchen funktionierte, das wusste er schon. Dank des eigentümlichen britischen Bildungssystems hatte er schon in der Muggelgrundschule einige äußerst anzügliche Filme zu diesem Thema zu sehen bekommen, nach denen die Grundschülerinnen regelmäßig kreischend aus den Klassenzimmern rannten und die Grundschüler regelmäßig Tische und Bänke zerlegten. Da das Ersetzen bzw. Reparieren des Inventars jedoch auf Dauer sehr teuer war, war man an Harrys Grundschule dazu übergegangen, entsprechende Literatur zu lesen. Auf der Liste der Bücher, die die Kinder bis zum Ende der Grundschule gelesen haben sollten, standen unter anderem Werke von... Astrid Lindgren, Pippi Langstrumpf, Karlsson vom Dach, Michel von Lönneberga und dem Marquis de Sade.

"Nun, aber genug davon!" sagte plötzlich der wahre, echte Albus Dumbledore, der aus den Tiefen seines Büros aufgetaucht war. "Wenn Du, wie ich Dir an der Nasenspitze ansehe, lieber Harry, nicht glauben kannst, dass Severus Snape Dein leiblicher Vater ist, dann wirst Du mir auch nicht glauben, dass ich der Erzeuger von unserem stattlichen Dudley hier bin. Du ahnst ja nicht mal im entferntesten, was für ein heißer Feger Deine Tante Petunia damals war!" Das anzügliche Zwinkern seines Direktors ging Harry nun eindeutig zu weit.

"Wohin bin ich hier nur geraten?" dachte Harry. "Tante Petunia ein heißer Feger? Das glauben Sie doch wohl selbst nicht! Sie war höchstens ein lauer Wischmopp, was man ja anhand ihres Sohnes Dudley gut nachvollziehen kann!" rief er.

Doch bevor die Debatte über heiße und weniger heiße Putzhilfen weiter gehen konnte, wurden sie durch ein energisches Hämmern an der Tür unterbrochen. Fawkes, der Phönix, der bisher, den Kopf unter den Federn versteckt, auf seiner Stange geschlafen hatte, richtete sich auf. Seine Kopffedern sträubten sich, seine Pupillen, die sonst in den schönsten Regenbogenfarben schillerten, verengten sich. Er schien eine Vorahnung zu haben, etwas Merkwürdiges zu spüren.

Alle starrten auf die Türe, doch Harry wollte sich nicht ablenken lassen. "Und als nächstes erzählt ihr mir, dass Voldemort gar nicht meine Eltern – also meine Mutter und ihren Ehemann – ermordet hat! Vermutlich wollte er mich auch gar nicht töten. Und woher kommt dann die Narbe? Fällt Euch dazu auch etwas Gutes ein?" rief er aufgebracht. Er musste hier weg! Er würde sich an die Hexe des Südens wenden, denn: 'There is no place like home!'

Er drehte sich gerade zur Türe um, als diese sich öffnete. Madam Pomfrey kam herein mit einer riesengroßen Spritze, von der sich niemand vorstellen wollte, wohin sie die stecken wollte. "Mister Potter! Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, Sie sollen nicht einfach so aus dem Krankenflügel verschwinden! Sehen Sie sich bloß ihre Blitznarbe an, die die Peitschende Weide Ihnen neulich mit einem ihrer Äste verpasst hat! Sie hat sich ja total entzündet! Nur ein ganz kleiner Piekser, dann noch zwei, drei Stunden Bettruhe und Sie können mit ihrem besten Freund Draco Malfoy in die wohlverdienten Weihnachtsferien abdüsen!"

Severus Snape lächelte freundlich und steckte die Haarpflegekur ein, die Dumbledore ihm gerade gegeben hatte. "Wir sehen uns dann in St. Moritz zum Skifahren, Harry, mein Sohn, Du und ich, die Malfoys und Dumbledore mit seinem Sohn Dudley und die Dursleys und Mrs. Figg, die katzenliebhabende Nachbarin! Das werden die besten Weihnachtsferien, die Du je gehabt hast!" Darauf konnte Harry jeden Eid schwören!

Die Weihnachtsferien hatten begonnen und Harry machte sich mit seinem vermeintlichen Vater, mit dem er seit der Offenbarung noch kein Wort gesprochen hatte - der Schock war einfach zu groß - und Draco auf den Weg nach St. Moritz. Dort angekommen wurden sie schon von Narzissa und Lucius Malfoy erwartet. Sie wohnten in einer abgelegenen Berghütte, und Harry teilte sich ein Zimmer mit Draco.

Nach einer Schneeballschlacht saßen Draco und Harry mit einer heißen Schokolade vor dem Kamin. Snape, Mr. und Mrs. Malfoy setzen sich zu ihnen, und Lucius ergriff das Wort: "Bevor die restlichen Gäste eintreffen, wollten wir noch kurz mit Euch sprechen. Denn es gibt da noch etwas, das ihr beide nicht wisst."

Draco und Harry schauten sich fragend an und Harry dachte nur: 'Was kommt denn jetzt noch?' Lucius sprach weiter: "Severus und Narzissa sind Geschwister und ihr somit Cousins."

Severus lachte glücklich. "Das macht mich auch zum Bruder von Bellatrix LeStrange, die Du noch nicht kennst, mein Sohn, und zum Cousin von Sirius Black, den Du schon gar nicht kennst, mein Sohn!"

Harry schmollte. Erst hatte er überhaupt gar keine Familie außer Tante Petunia und Onkel Vernon und Dudley und jetzt diesen ganzen Rattenstall voll! Mit diesen Nasen wollte er nichts zu tun haben. Also schlich er sich an ihrem ersten Tag auf der Piste einfach in die Bergwälder.

Dort traf er in einer abgelegenen Hütte auf einen uralten Mann und seine kleine Enkelin. Ihre Namen waren Alm-Öhi und... und... HEIDI! Und dann kam noch so ein Bub mit Ziegen. "Ich bin der Ziegen-Peter", rief er und schlug Harry kräftig auf die Schulter. Harry verschluckte sich heftig an dem klumpigen Käse, den er von der Heidi erhalten hatte.

Doch dann erhob sich der Alm-Öhi zu seiner ganzen beeindruckenden Größe und verkündete voller Inbrunst: "Ich bin nicht der Alm-Öhi! Ich bin in Wahrheit Salazar Slytherin, Dein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater, Harry Potter! Ich bin nie gestorben und lebe seit hunderten von Jahren in dieser Berghütte. Und dieses Mädchen heißt nicht Heidi, und dieser Peter heißt nicht Peter! Das sind meine Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel Salatine und Salpeter Slytherin!"

"Wie denn das nun schon wieder? Wir sind verwandt? Und wie?" fragte Harry gottergeben. "Also, das war folgendermaßen…", begann sein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater, und Harry stellte sich auf eine ellenlange Erklärung ein.

Die dann auch kam, aber Harry schlief irgendwann ein. Der Alte konnte nicht besonders gut erzählen, und von dem Käse war er ganz satt und müde geworden. Er schlief mit dem Kopf auf dem Tisch vor der Hütte ein und hörte die Ahnenreihe nicht, da sie vom Rauschen der großen Tannen übertönt wurde.

Da veränderte sich das Rauschen. Es wurde zu einem Zischen. Das Zischen einer Schlange. Harry konnte die Schlange aber nicht richtig verstehen, weil sie lispelte. Also öffnete er die Augen. Und vor ihm stand kein anderer als Lord Voldemort persönlich. "Lass mich raten", meinte Harry pampig, "Wir sind verwandt!?"

"Richtig! Woher weißt Du das?" antwortete Voldemort mit einer Gegenfrage. "Das ist ein Scherz, oder?" fragte Harry unsicher nach. "Nein, warum sollte es? Ich bin Dein sehr alter und sehr verzauberter Bruder. Jetzt schau mich nicht so verdattert an! Wir sind schließlich Zauberer, und die sind irgendwie, irgendwo, irgendwann alle miteinander verwandt. Also, es begann alles mit Adam und Eva Slytherin, eigentlich nur mit Eva Slytherin, die ein Verhältnis mit einer Schlange in einem Obstbaum hatte, aber ich glaube das führt jetzt zu weit!"

Plötzlich war vielstimmiger Gesang zu hören. Aus dem nahen Wald brach eine Gruppe von Menschen hervor. Es waren die sieben Geschwister Weasley, Bill, Charlie, Percy, Fred, George, Ron und Ginny, die da der Größe nach in die Berglandschaft stapften und sangen: "Hi-Ho, Hi-Ho, heut' sind wir wieder froh!"

"Aufhören! Aufhören!" kreischte Harry. Das war einfach TOO MUCH!

"Was hast Du denn, Onkel Harry?" fragte Bill, der ihn um einige Köpfe überragte. "Wir sind die sieben Weasleys und auf der Suche nach Fleurwittchen! Hast Du sie gesehen? Wunderschönes, langes, silbriges Haar. Ich glaube, sie ist Deine Großmutter."

"Onkel? ONKEL?" schrie Harry. "Jetzt reicht es! Aber endgültig! Was habt ihr denn eingeworfen? Bin ich hier als einziger nicht total bekloppt? ICH WILL HIER RAUS!!!!!!"

"Nun mal langsam mit den Pferden, Potty! Du bist kein Star, Du kommst hier nicht raus! Ätsch!" antwortete Voldemort mit einem süffisanten Lächeln, wie es eine Schlange eben so gut es ging hinbekam, und streckte ihm seine gespaltene Zunge heraus. "Wusste ich es doch!" rief Harry. "Häuptling Voldemort spricht mit gespaltener Zunge! Dann ist das ganze Verwandtengerede also völliger Blödsinn! Ich hau' jetzt ab und suche meinen Blutsbruder Old…"

Er wurde abrupt unterbrochen, als ein uralter Waldschrat aus den Schweizer Alpen auf die Lichtung stapfte, sich gedankenverloren den langen weißen Bart streichend und munter vor sich hinsummend: "Brumm! Brumm! Brummelumm! Brummeloof! Brumm! Brumm! Brummelumm! Alle Zauberer sind doof!" Um direkt danach mit lauter Stimme zu deklamieren: "Ric-chola Schwyzer Kräuter Zuck-cher! Befreit die Atemwege, lässt Sie wieder durchatmen!" - "Danke! Ich nehme einen!" murmelte Harry abwesend und steckte sich das harte, schwarze und würfelförmige Ding, das der Waldschrat ihm anbot, in den Mund und begann zu lutschen.

Just in diesem Augenblick kam der Rest seiner kleinen Reisegesellschaft hinter einem Hügel hervor. Professor Dumbledore rief überglücklich: "Schön, dass wir Dich gefunden haben Harry!"

Doch schon drängte Severus Snape an Dumbledore vorbei und entriss dem Waldschrat die Tüte mit den Hustenbonbons. "Wer hat's erfunden? Na, na...? Das war ich! Und nicht die Schweizer!" Er vollführte einen wilden Stepptanz, der wohl den Indianern nachempfunden war. Seine stets fettigen Haare flatterten im Wind, der daraufhin sofort erstarb.

Harry räusperte sich. Dann wurde er jedoch noch einmal unterbrochen, als eine auffallend hübsche, sehr junge Frau plötzlich mit einem Snowboard den Gletscher heruntergesaust kam. "Isch bin Fleur, Deine Großmutter, 'arry!" säuselte dieses veela-ähnliche Mädchen, doch Harry brachte sie mit einem bösen Blick zum Schweigen.

"Nun", fuhr er fort, "da wir offensichtlich alle versammelt sind! Könnte mir jetzt vielleicht irgendwer noch einmal zusammenfassen, wie wir hier alle verwandt sind? Ist jemand in der Lage, einen Stammbaum aufzuzeichnen?" - "Erstmal gehen wir zurück zur Hütte und dann können wir alles noch mal in Ruhe besprechen", antwortete Dumbledore. Also machten sich alle auf den Rückweg.

In der Hütte angekommen, setzten sich alle an einem Tisch und diskutierten über den Stammbaum. Jeder wollte seinen Zweig vom Stammbaum selbst zeichnen und somit entbrannte eine wilde Streiterei, da einfach nicht genug Platz war. Harry saß vor dem Kamin und betrachtete das Schauspiel und konnte nur noch mit dem Kopf schütteln.

Während wild diskutiert wurde, wuchs aus der Tischplatte ein Baum, mit vielen Zetteln dran, und er wuchs und wuchs... Er durchbrach das Hüttendach und alle schauten verwundert, als plötzlich ein Riese daran heruntergeklettert kam.

"So, ZACK!" sagte der Riese mit dröhnender Stimme. "WIR SPIELEN JETZT ALLE DAS GUTE, ALTE SPIEL VATER, MUTTER, KIND. JEDER ZIEHT EINEN ZETTEL, AUF DEM STEHT, WAS ER IST - VATER ODER MUTTER ODER KIND - DANN ZIEHT ER EINEN ZETTEL MIT EINEM VON EUEREN NAMEN DRAUF UND DANN STEHT FEST, WER WAS FÜR WEN IST. AUSSERDEM RIECHE ICH MENSCHENFLEISCH UND HÖRE MEINE GOLDENE HARFE GOLDENE EIER SINGEN ODER SO ÄHNLICH!"

Alle schauten teils erstaunt, teils ängstlich auf den Riesen. Der schien ein wenig zornig zu werden, weil sie nicht taten, was er verlangte. Da begann Fleur zu singen und der Riese schlief ein. Allerdings mit Fleur in seiner Hand. "Das erinnert mich doch jetzt sehr stark an King Kong", murmelte Harry. "Wie war das noch gleich? Irgendwie war es doch gelungen, dem Affen klarzumachen, dass er die Lady nicht behalten konnte..."

Snape fuhr sich mit der rechten Hand durch sein Haar und betrachtete erstaunt die Dinge, die er aus diesen herausfischte. Dann meinte er zu den Anwesenden: "Gibt es denn keinen Zauber, der die Glieder erschlaffen lässt?"

"Ich kenne einen!" trällerte Lucius Malfoy und richtete seinen Zauberstab auf den Riesen. "SCHUMM-SCHUMM-SCHUMMILASTIKUM!" krähte er und schoss den Zauber auf den Riesen. "So, und nun lass das Fräulein runter, du Riesenaffe!"

"ICH BIN KEIN AFFE!" dröhnte der Riese, knickte aber mit einem Bein ein, das sich durch den Fluch in Gummi verwandelt zu haben schien. Mit einem neuerlichen Zorngeschrei ließ er aber nicht etwa die inzwischen bewusstlose Fleur auf den Boden zurück sondern stapfte wutentbrannt mit ihr in Richtung des höchsten Alpengipfels in der Nähe und begann diesen mit seiner Beute zu erklimmen.

Während die anderen hinterher rannten, blieb Harry zurück. Er sah sich um und da sah er etwas in einer dunklen Ecke glitzern. Er ging hinüber zu einer Nische. Dort stand auf einem Tisch ein reich verziertes Etwas. Was genau es war, konnte Harry nicht sagen. War es eine Vase, ein Licht, eine Karaffe? Auf jeden Fall war es wunderschön! Und Harry fühlte sich wie magisch davon angezogen. Er hob es hoch und in diesem Moment strömte ein rosa Nebel daraus hervor. Der Nebel schwebte neben Harry zu Boden. Und plötzlich stand eine junge, sehr hübsche, in luftige Tücher gekleidete Frau vor ihm. Sie kam ihm irgendwie bekannt vor.

"Ich bin eine Ginny", sagte sie. "Du hast einen Wunsch frei." Da musste er nicht lange überlegen - oder? "Ich hätte gerne eine Carrera-Bahn, die habe ich mir schon immer gewünscht. Dudley hatte eine, aber damit durfte ich nie spielen", sagte Harry etwas traurig.

Ginny Weasley, denn niemand anders hatte sich in diese Giraffen-Karaffe zurückgezogen, verzog schmollend die Mundwinkel, erfüllte ihm seinen Wunsch aber prompt, wenn auch etwas anders als erwartet. Statt einer kleinen Carrera-Bahn mit Modelautos, saß Harry nun plötzlich in einem Rennauto auf einer achtförmigen Riesenrennstrecke, die immer um zwei hohe Alpengipfel herumführte. Und während Harry stumpfsinnig in Schleifen hin und wieder zurück fuhr, konnte er beobachten, wie kleine Propellerflugzeuge um den Kopf des Riesen schwirrten, der sich nun mit einer Hand am Gipfelkreuz festhielt und mit der anderen Fleur durch die Luft schwenkte.

"Irgendwas ist falsch", dachte Harry. Er überlegte krampfhaft, was er machen sollte. Dann packte er entschlossen ans Lenkrad und kam willentlich von der Spur ab. Er versuchte mit dem Auto zum Riesen zu kommen. Immer dieses "Menschenrettungsdings"! Und wie sollte er das bloß der Versicherung klar machen? Er glaubte keinesfalls, dass dieses riesige Carrera-Auto seinen Experimentalflug heil überstehen würde, nicht ohne kunterbunte Fallschirme.

"Na, na, na!" tönte hinter ihm eine Stimme. "Du wirst doch wohl nischt dat schöne Auto kaputt machen?!" Diesen Singsang hatte Harry doch schon mal irgendwo gehört. Ja, im Muggel-TV bei der Übertragung von Formel-1-Rennen, einer beliebten Sportart bei den Muggeln. Harry konnte diesem ewigen im Kreis-rum-fahren nichts abgewinnen, aber die Dursleys waren immer sehr fasziniert, vor allem von einem Fahrer namens David Coulthard, der aufgrund seiner Physiognomie den Spitznamen "Eckengesicht" erhalten hatte. Doch der Singsang stammte von einem deutschen Fahrer, der angeblich Mischael hieß und einen roten Flitzer fuhr.

"Können Sie mir helfen?" schrie ein völlig verzweifelter Harry Potter. Der Riese ließ gerade Fleur bedenklich über das Gipfelkreuz baumeln. Im Zick-Zack Kurs steuerte er den Berg hinauf. "Sicherlisch...", antwortete ein gutgelaunter Mischael. "Ich bin ja Dein Cousin."

"Mischa! Aber vergiss nisch! Isch bin Dein Bruder, der Ralf!" rief da ein anderer Rennfahrer hinter einem Busch hervor, aber man konnte leider nur sein Kinn sehen, das ebenso kantig hervorstand, wie das seines Bruders. "Damit bin isch natürlisch auch Dein Cousin, Harry!"

"Falsch!" sagte Harry. "Du bist nicht MEIN Cousin, sondern SEIN Gehirn. Das hab' ich im TV gesehen. Und überhaupt sind wir nicht alle verwandt. Im Gegenteil, wir verbringen unsere Zeit FREIWILLIG miteinander!"

Betretenes Schweigen allerorten. Dann plötzlich sagte eine Stimme hoch über ihren Köpfen: "Hier spricht Ihr Moderator! Bitte begeben Sie sich an die Plätze zurück, die Sie am Anfang dieser Geschichte innehatten!"

"O, verdammte' Mist e' schon wieder", sagte Fleur. "Wir 'aben es noch nischt weiter geschafft, als bis 'ier 'in. An meine nächste Geburtstag möschte ich eine andere Spiel 'aben..."

Harry schaute total verwirrt. Was war denn jetzt los? Plötzlich hörte er eine Stimme aus der Ferne, die ständig seinen Namen rief. Wo kam sie nur her? "Harry, Harry, wach endlich auf!" Warum sollte er aufwachen, er war doch wach. Komisch, dachte er. Dann wieder: "Harry, Harry, jetzt wach endlich auf!" und er wurde dabei durchgeschüttelt.

Er merkte, dass er gar nicht stand, sondern irgendwo saß, und sein Kopf auf seinen Armen lag. Plötzlich wurde es sehr nass, und Harry hatte das Gefühl, er würde unter einem Wasserfall sitzen und ertrinken. Die Wassermassen nahmen so schnell wie sie gekommen waren wieder ab, und Harry hob seinen Kopf. Er blinzelte und sah in die Augen von Ginny, die mit einem leeren Eimer vor ihm stand und sagte: "Endlich!"

Jetzt bemerkte Harry erst, dass er wohl eingeschlafen war und alles nur geträumt hatte. "Merlin sei Dank!" waren seine Worte, und Ginny schaute ihn nur verwundert an.

[first published January, 4th - 8th 2008]

Montag, 7. September 2009

Harry Potter und der verrückte Fan

Schandtat Numero 5

Es war der Herbst nach Harrys letztem Schuljahr. Ein neues aufregendes Leben tat sich vor ihm auf. Die Ausbildung zum Auror hatte sich als anspruchsvoll aber genau richtig für ihn erwiesen. Seine Freunde Hermine, Ron und Ginny wohnten bei ihm. Jeder hatte sein eigenes Zimmer, auch wenn nicht oft alle genutzt wurden.

Alles könnte so schön sein, Harry könnte so glücklich sein, wenn... ja wenn er nicht in letzter Zeit ständig so merkwürdige Briefe bekäme.

"Mein herzallerliebstes Schnuckiputzidutzischnuckelleinchen!" musste er da regelmäßig lesen. Unterschrieben waren die Briefe alle mit: "Deine hingebungsvolle Hermine Granger", aber er wusste, dass Hermy sie nicht geschrieben haben konnte, denn die hatte sich neulich beim Nasebohren während des Gardinenaufhängens beide Arme gebrochen und trug seit Wochen Gips.

Das Dumme war, dass Hermine noch nicht mal ihren Zauberstab halten konnte. Sie hatte schon probiert zu zaubern, indem sie ihn zwischen die Zähne nahm, aber das war total in die Hose gegangen. Nämlich in Rons, der daraufhin minutenlang mit qualmendem Hosenboden durch das Wohnzimmer gehüpft war und dabei unsägliche Flüche ausgestoßen hatte.

Nein, die Briefe mussten wirklich von jemand anderem sein. Aber wer konnte in Frage kommen? Harry überlegte und ging im Geiste mögliche Faninnen durch: Cho Chang, Ginny, Luna, Sybill Trelawney… Aber er war sich nicht sicher, ob die Handschrift wirklich von einer Frau war. Vielleicht war sie auch von einem Schwein, einem nichtregistrierten Animagus vielleicht, denn man konnte wirklich sagen, dass es eine wahre "Sauklaue" war.

Also machten Harry und Ron inzwischen bei jedem Brief ein Spiel daraus und spielten Rätselraten: "Was für ein Wort könnte das wohl sein?" Wer die meisten Wörter erkannte, hatte gewonnen. Es war nicht einfach. Manchmal waren die Buchstaben so verdreht als ob sie jemand in einen Würfelbecher geworfen hätte, dann ausgekippt und einfach hingeschrieben.

Soweit wäre es ja noch ganz lustig gewesen, aber irgendwie fühlte Harry sich in letzter Zeit beobachtet. War es BB? Oder vielleicht doch mal wieder Dolores Umbridge, die alte Sabberhexe? Aber Dolores konnte es nicht sein. Sie durfte ohne Aufsicht noch nicht mal mehr einen Stift halten. Und das war auch gut so! Oder war es doch jene sagenumwobene Gestalt, an die er alljährlich Briefe geschrieben hatte, ohne je eine Antwort zu erhalten?

Ach Unsinn! Es war bestimmt das Zaubereiministerium. Genau! Er hatte ihnen immer wieder gesagt, dass er keine Leibwache oder Ehrengarde wollte. Aber hatten sie auf ihn gehört?! Nein!!!! Jetzt ließen sie ihn heimlich verfolgen. Ganz sicher. Was sonst???!!! Harry schüttelte den Kopf. Das war doch alles totaler Unsinn.

Draco Malfoy lächelte leicht vor sich hin. Lief doch alles nach Plan! Sollte er endlich sein herzallerliebstes Schnuckiputzidutzischnuckelleinchen outen und auf Harry Potter loslassen? Er sah sich sein Schnuckiputzidutzischnuckelleinchen noch einmal an. Ja, er konnte es wagen, Harry damit zu konfrontieren. Was Ginny davon hielt, konnte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen. Aber so konnte er vielleicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: einerseits Harry bloßstellen und andererseits Ginny endlich einmal...

Ein dröhnendes Hämmern gegen die Tür ließ ihn herumwirbeln. So ein Mist! Wer störte ihn denn ausgerechnet jetzt? Wo er sich gerade in den schönsten Farben ausmalen wollte...

Und wieder hämmerte es gegen die Tür und eine Stimme rief: "Draco, mach endlich auf! Ich bin es! Captain Jack Sparrow!"

"Heyo, Captain Jack!" knurrte Draco. "Lassen Sie mich in Ruhe, wo ich mir doch gerade ausmale, wie unglaublich schön es wäre, wenn ich endlich einmal Ginny Weasley die Haare bürsten und mit Lockenwicklern eindrehen könnte!"

Jack Sparrow verdrehte die Augen. Bei Ginny an Lockendrehen denken, das konnte auch nur Draco einfallen. Wenn er Ginnys Bild vor Augen hatte, dann kamen ihm ganz andere Gedanken. Gut, ihre langen Haare, die in den verschiedensten Rottönen schimmern konnten, je nachdem, wie das Licht auf sie fiel, waren natürlich wunderschön. Aber noch viel aufregender war sich vorzustellen, dass er den ganzen Nachmittag und den Abend, ja selbst die ganze Nacht damit zubringen würde, mit ihr Halma zu spielen, eines jener wunderbaren Muggelspiele, von denen sie vorher sicher nie etwas gehört hatte.

Draco starrte in das Gesicht seines Besuchers, der ganz verklärt ins Nichts starrte. Woran der wohl gerade dachte? Und überhaupt, was hatte er sich für einen komischen Tarnnamen zugelegt? Wie war er nur auf diese Idee gekommen? Warum konnte er nicht seinen richtigen Namen benutzen? So wie Draco auch? Aber so war er nun mal, der gute, alte Severus Snape, sein Patenonkel. Er wollte nach außen immer den kalten Menschen darstellen, aber im Inneren war er... die coole Socke!

Und völlig verwirrt, denn er hatte das mit dem schlechten Gewissen gerade überhaupt nicht verstanden, denn während Draco und Captain Jack gerade in Gedanken mit Ginnys Haaren Halma spielten, klingelte Harry Potters Handy mit dem Radetzky-Marsch! Dieser komische Marsch war Dracos Klingelton. Was wollte er denn jetzt von ihm? Er machte sich doch gerade zurecht, um mit Ginny einen drauf zu machen.

Er wollte gerade das Gespräch annehmen, als Ginny das Zimmer betrat. "Schatz, könntest Du mir bitte mal helfen? Ich krieg diesen verdammten Lockenwickler nicht mehr raus, der hat sich irgendwie total verheddert!" Mit einem irritierten Blick starrte sie das Telefon an.

Es war eines dieser neumodischen Dinger, die ein verrückter alter Zauberer vor kurzem erfunden hatte. Sie waren Muggelhandys nachempfunden, hatte ihr Vater begeistert erklärt. Aber sie konnten ja so viel mehr, waren voller Magie. Aber dass Harry eines hatte, hatte sie noch gar nicht gewusst. Und wer rief ihn bitteschön um diese Zeit an? Etwa eine heimliche Verehrerin? Eine Freundin? Ginny geriet in Rage. Sie riss Harry das Handy aus der Hand und nahm den Anruf entgegen.

Draco wartet erst gar nicht ab, wer sich meldete, denn es konnte sich ja eigentlich nur Harry melden und fing deshalb direkt an zu sprechen. "Seven of Nine rieb sich die Hände! Hatte sie doch alles erreicht", sagte Draco mit verstellter Stimme und dachte dabei an die rattenscharfe Ex-Borg in ihrem immer viel zu engen Ganzkörperanzug, bevor er sich das Ohr zuhalten musste, weil schon Ginnys schriller und spitzer Wutschrei darin widerhallte.

Wie eine Furie drehte Ginny sich zu Harry um, ihre Augen schossen spitze Blitze! "Harry! Was zum Teufel soll das jetzt wieder bedeuten? Was fällt diesem impertinenten, platinblondierten Lackaffen eigentlich ein?" Denn trotz verstellter Stimme hatte sie Draco sofort erkannt.

Harry zuckte hilflos mit den Schultern. "Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon Du sprichst, Schatzilein!" - "Jetzt stell Dich nicht blöd!" schrie Ginny ihn an. "Also gut. Ja, das war Draco." - "Und? Wo hat er die Nummer her? Warum ruft er an?" - "Die Nummer hat er von Ron. Der wollte mich ärgern. Ich hätte ihn wohl auch mal ein Duell gewinnen lassen sollen. Den letzten Käferkrabbelnaufdirrum-Fluch hat er mir wirklich übel genommen. Und jetzt ruft Draco ständig an und redet so merkwürdiges Zeugs. Ich weiß auch nicht. Total meschugge der Kerl!"

Da das Gespräch am Handy aber noch nicht beendet war, bekam Draco alles mit und musste grinsen.

Die Hobbydramatiker waren ratlos aber nicht wortlos. Also wird auch diese Geschichte ein Ende finden. Fragt sich nur, was für eins.

Draco lachte am anderen Ende noch immer. Niemand würde sein Geheimnis je erfahren.

Plötzlich keifte Ginny: "Ich weiß Bescheid! Ja! Ihr braucht gar nicht so zu tun, als wäre ich zu dumm, es herauszufinden!" Ihr Gesicht lief puterrot an. "Ich weiß es schon, seit die ersten Briefe kamen und die Anrufe begannen!"

Harry blickte ratlos. "A... a... aber ich w… weiß echt n... nichts, Schatzimaus." Hektisch blickten seine Augen hin und her.

"Ach, stell dich doch nicht dümmer als Du bist", kreischte Ginny. "Das, was der blöde Blonddepp macht ist ein uraltes Aufnahmeritual. Als ob das nicht jeder wüsste." Harrys Verwunderung wurde immer größer. Mit einem Seufzen ließ Ginny die Bombe platzen: "Dracos Aufnahmeprüfung für die Handwerkerinnung. Er will doch Friseur werden!"

"Wollen wir das nicht alle irgendwie?" säuselte Harry und war Ginny dabei behilflich, ihr den völlig verhedderten Lockenwickler aus dem Haar zu zwirbeln.

So vergingen die Tage und auch die Wochen. Harry bekam auch weiterhin merkwürdige Briefe und seltsame Anrufe – nicht immer von Draco. Ein durch seine überreizten Nerven hervorgerufener Wutausbruch vor dem Zaubereiminister führte zu der Erkenntnis, dass er nicht von Ministeriumsleuten verfolgt wurde.

Draco hing auch weiterhin seinen Träumen nach und bereitete sich auf seine Aufnahmeprüfung vor. Sein Plan lief auch ohne ihn. Die verrückte Halbblut-Hexe, die er dafür eingespannt hatte – unwissentlich – brauchte seine Führung nicht mehr. Ein kleiner Stups in die richtige Richtung und ein wenig Ermunterung, mehr hatte sie schließlich nicht gebraucht.

Professor Snape, der sich als Geist immer noch wie ein Lebender verhielt und daher darauf bestand, anzuklopfen, statt einfach durch die Türe zu schweben – denn natürlich war er tot – hatte ihn nicht mehr besucht, denn ihm gefiel zwar der Plan aber nicht Dracos großer Berufswunsch.

Und so kam es, dass eines Tages, als Harry Potter gerade im Ministerium aus dem Fahrstuhl in die Eingangshalle trat, um seinen Heimweg anzutreten, Draco auftauchte. Er wollte unbedingt mit Harry sprechen und so gingen sie noch einen Kaffee trinken.

"Also, was ist so wichtig, dass Du unbedingt mit mir sprechen musst?" fragte Harry. Draco war etwas verlegen und wurde rot. "Na ja, ich wollte Dich fragen...", und er brach ab. Warum war es auch nur so schwierig, diese Frage zu stellen? "Also, ich möchte gerne wissen..." Hoffentlich mache ich mich nicht lächerlich, dachte Draco und sprach weiter: "Könntest Du Dir vorstellen, dass ..." Und wieder legte er eine Pause ein.

"Draco, rede endlich mal zu Ende. Was willst Du mich fragen?" Draco atmete tief durch, bevor er endlich die Frage komplett stellen konnte: "Würdest Du Dich bereit erklären, mir bei meiner Aufnahmeprüfung zum Friseur Modell zu sitzen, damit ich an deinen Haaren zeigen kann, was ich schon kann? Deine Haare sind echt eine Herausforderung."

Draco wollte sicher gehen, dass niemand ihn der Mittäterschaft verdächtigen würde. Er gab vor, ganz der harmlose Kerl zu sein, der kein Wässerchen trüben konnte. Aber an Harrys Haaren war er trotz allem interessiert, da brauchte er sich nicht wirklich verstellen. Seine Augen bekamen einen sehnsuchtsvollen Ausdruck, als er an eine dieser wunderbaren Fernsehsendungen dachte - eine interessante Erfindung der Muggel, die er heimlich belauscht hatte - und in der es um Starfriseure und deren Einfluss auf die Weltpolitik ging.

Unterdessen hatte auch Hermine Probleme mit ihren Haaren. Beide Arme im Gips und ein Ron, der zu gar nichts zu gebrauchen war, was Kamm und Bürste betraf. Noch dazu die Einladung, die sie bekommen hatte. Dafür musste sie gut aussehen! Sollte sie sich die Blöße geben und Draco um Hilfe bitten? Er wäre ja eigentlich der letzte... Aber... verdammt... sie brauchte Hilfe! Und Draco sollte wirklich gut sein, hatte sie gehört. Und schließlich ging es um ihre Karriere und um die Rechte Magischer Geschöpfe. Denn sie war eingeladen, eine Rede vor dem Verein zur Befreiung Magischer Geschöpfe zu halten.

Unterdessen war am anderen Ende Englands eine Halbblut-Hexe damit beschäftigt, einen Brief zu schreiben. Einen äußerst seltsamen Brief. Gespickt nicht nur mit zahlreichen Rechtschreibfehlern, schlechter Grammatik und geschrieben in einer Sauklaue, nein, auch mit Liebesbezeigungen und schwülstigen Reden. Dieser Brief war adressiert an HARRY POTTER, den ich liebe und bewundere. Und endete mit DEIN GRÖßTER FAN! Die dich liebende - noch - Unbekannte.

Sie warf ihre verklumpten und fettigen Haare laut lachend in den Nacken und murmelte immer wieder: "Ich kriege Dich schon, Potter-Baby! Eines Tages bist Du der meine, Harry-Boy!"

Sie klebte den Brief mit einem speziellen Betörungszauber zu - der aber nur wirkte, wenn der, der den Brief öffnet nicht bereits unsterblich verliebt war - und zog ihre Lippen mit einem knallroten Lippenstift nach, bevor sie einen dicken Schmatzer auf den Umschlag drückte.

Am nächsten Tag kam Harry in die Küche und auf dem Tisch lag der besagte Brief mit dem roten Kussmund. "Oh, nein. Nicht schon wieder einer!" stöhnte Harry und machte den Brief auf. Er las ihn lautlos durch und wurde rot dabei. Außerdem merkte er, wie sich bestimmte Körperteile bei ihm regten!

Hermine hatte in der Zwischenzeit, Draco zu sich eingeladen. Ihre Haare waren wirklich schlimm dran. Zum Glück ließ sich Draco nie lange bitten. Mit gekonnten Fingern fuhr er durch Hermines Wuschelhaar und säuselte: "Also, wirklich meine Liebe... etwas mehr Pflege... etwas mehr Glanz und Duft."

Er verpasste ihr eine Pflegespülung mit Bier und Ei und schon waren ihre Haare noch schlimmer verfilzt als vorher, sodass nur noch eine Radikalkur half und Hermine fortan als Sinnéad O'Granger durch London laufen musste.

"Das gibt es doch nicht! Draco, was, beim Merlin, hast Du getan??" schimpfte Hermine wutentbrannt. Und bevor Hermine ihm einen gemeinen Fluch aufhalsen konnte, ergriff Draco schnellstens die Flucht.

Und Ron erinnerte sie mit einem gemurmelten "Hat er Dir mit den Haaren auch den Verstand genommen?" daran, dass sie schließlich eine Hexe sei und sich die Haare nachwachsen lassen solle, statt wie eine Wahrsagerkugel durch die Gegend zu laufen. Das nahm Hermine gar nicht gut auf, aber merkwürdige Geräusche aus der Küche lenkten sie ab.

Währenddessen war ein riesiger Krach bei Harry und Ginny entfacht. Sie hatte den Brief entdeckt und auch gelesen. Da Harry immer noch steif da stand, konnte er es nicht verhindern und konnte somit auch Ginnys Wutausbruch nicht ausweichen. Sämtliche Nackenhaare hatten sich ihm gesträubt! Wer war diese verrückte Person? Ihm kam ein Verdacht.

Er packte sein fliegendes Motorrad und fuhr geradewegs zum Buckingham Palace, um Camilla Parker-Bowles oder wie auch immer die Scheinfrau von Prince Charles, der in Wahrheit ein Verhältnis mit seinem Butler hatte, sich gerade nennen mochte, denn in Wirklichkeit war es die unter Vielsafttrank stehende Millicent Bullstrode, die ihm die ganze Zeit diese Briefe geschrieben hatte und die sich als Camilla ausgab, glaubte jedenfalls irgendwer irgendwo, dachte Harry benommen. Und irgendwo würde irgendwer irgendetwas unternehmen müssen, um irgendwann aus diesem abstrusen Schlamassel wieder herauszukommen.

Am Buckingham Palace angekommen musste er feststellen, dass besagte Dame nicht anwesend war. Er wäre der Queen fast über die Füße gefahren - She was not amused! Aber ein speziell am Königshofe eingesetzter Verbindungszauberer belegte sie schnell mit einem Vergessenszauber und führte dann ein ernstes Gespräch mit Harry über die Geheimhaltung der Zauberei.

Nach der gehörigen Standpauke kam Harry schnell auf sein Anliegen. Und ebenso schnell stellte sich heraus, dass besagte Millicent Bullstrode nicht die verrückte Briefeschreiberin war. Millicent war ganz und gar auf einen anderen Harry fixiert, auf Prince Harry nämlich. Man hatte sie schon wiederholt in verschiedenen Verkleidungen und Verkörperungen anderer Personen aus der Nähe der königlichen Familie entfernen müssen. Wie auch gerade jetzt erst wieder.

Also stand Harry wieder am Anfang. Er musste das Rätsel endlich lösen! Jetzt bekam er schon drei Mal am Tag Post von dieser Verrückten. Langsam wurde es ihm unheimlich.

Hermine hielt unterdessen den Brief von einem Earl in den gegipsten Händen. Es war der Earl of Early Coming. Hermine war etwas verwirrt. Sie kannte ihn überhaupt nicht. Was sollte er von ihr wollen? Sie hielt gerade ein Konzert im Regents Park mit ihrem Superhit "Nothing Compares 2U", als sie einen von diesen seltsamen Briefen, die eigentlich für Harry Potter bestimmt waren, auf die Bühne geworfen bekam.

Sie apparierte schnell nach Hause. Sie hielt gerade ihren Zauberstab zwischen den Zähnen als sie ihn plötzlich ausspuckte und laut nach Ron rief. Im Zimmer war wie aus dem Nichts ein riesiger Blumenstrauß - alles rote und rosa Rosen - mit lauter darum fliegenden Herzen erschienen, die in einer schrillen Melodie immer wieder sangen: "Harry, ich liebe Dich, liebe Dich, liebe Dich".

Hermine kratzte sich ihren nunmehr kahlen Kopf, stemmte die Fäuste in die Seite und ging auf den Blumenstrauß zu mit einem Blick, der die Niagarafälle zu Eis gefrieren lassen würde. Ihre Stimmung besserte sich natürlich nicht gerade, als auch noch Pralinenschachteln, die verdächtig nach denen mit Liebestrank versetzten aus Georges Laden aussahen, und ein rosa Bernhardiner mit rosa Schleifchen und einem Herzen statt eines Rumfässchens um den Hals im Zimmer erschienen, noch bevor sie den Rosenstrauß erreicht hatte.

Sie kochte vor Wut. Und ausgerechnet in diesem Moment kam Harry zur Tür herein – Ron hatte sich wohlweislich fern gehalten. Wild mit den eingegipsten Armen fuchtelnd, machte sie ihm bittere Vorwürfe.

"Ich versuche es doch", nutze er eine Atempause Hermines zu seiner Verteidigung, "aber ich weiß nicht, von wem sie kommen, und ich kriege es einfach nicht raus." - "Dann lass Dir helfen", schlug Hermine jetzt ruhiger vor. "Du hast eine ganze Abteilung Auroren zur Verfügung." - "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich meinen Kollegen diese Briefe zeige oder ihnen etwas hiervon erzähle?" Er zeigte auf die Unmengen Herzen, Pralinen, Kuscheltiere und so weiter. Das Zimmer sah aus, als wäre eine rosa Bombe eingeschlagen.

Hermine dachte bei sich, dass sie das wohl auch niemandem erzählen würde, aber...

"Sie könnte verrückt sein, weißt Du." - "Hermine, sie KÖNNTE nicht nur, sie IST!" - "Ja, klar. Dann könnte sie auch gefährlich sein."

Harry wollte schon widersprechen. Was war an all dem denn gefährlich? Aber er geriet ins Grübeln. Er schüttelte den Kopf. Das brachte ihn auch nicht weiter.

"Hilf mir lieber hier aufzuräumen, bevor Ginny kommt." - "SO?" Hermine streckte ihm die verletzten Arme hin. "Entschuldige. Warum bist Du auch nicht zu einem Heiler ins St. Mungos gegangen statt zu einem Muggelarzt?"

Sie stöhnte. Wie oft sollte sie das eigentlich noch erzählen?! Sie holte tief Luft, aber bevor sie auch nur einen Ton herausbrachte, erschien Ron in der Türe. "Brauchst Du Hilfe Harry?"

Harry nickte, und mit ein paar einfachen Zaubern war alles bis auf den Bernhardiner verschwunden. Den wollte Ron unbedingt behalten. "Er könnte gefährlich sein", mahnte Hermine. "Ja, für die Augen. Dieses Rosa ist ja fast schon Pink und tut den Augen weh! Ich bringe ihn ins St. Dragons, das Hospital für magische Tierwesen. Da lasse ich ihn auf versteckte Zauber überprüfen und von dem Rosa befreien."

So vergingen die Tage. Der nun nicht mehr rosa Hund lebte sich schnell ein. Es kamen immer wieder Briefe und Präsente. Besonders schlimm war Weihnachten. Mit der Zeit wurden die Briefe immer aufdringlicher: Harry sollte sich von Ginny trennen, er sollte sich mit der Unbekannten an verschiedenen Orten treffen, und so weiter und so fort.

Harry ignorierte die Briefe. Bis Ginny eines Tages nach dem Training mit faulen Eiern und Tomaten beworfen wurde. Alle drängten ihn nun, doch die Hilfe seiner Kollegen in Anspruch zu nehmen, was Harry dann auch zähneknirschend endlich tat. Weiter brachte ihn das allerdings auch nicht. Sie konnten die Briefeschreiberin einfach nicht finden. Ginny wurde von ihrem Verein ein Personenschutz gestellt, da sie dachten es wäre ein Fan einer gegnerischen Mannschaft gewesen. Derlei war wohl schon öfter vorgekommen.

Es wurde ein wenig ruhiger und Harry hoffte schon, dass der Spuk endlich vorbei sei. Doch dann kam der Valentinstag. Und endlich war es soweit. Der völlig durchgeknallte und besessene Fan zeigte endlich sein wahres Gesicht, indem er oder sie oder es aus einer gewaltigen, ri-rarosanen Marzipantorte sprang, die er/sie/es Harry zusammen mit einem schnulzige Liebeslieder singenden Hippogreif direkt ins Wohnzimmer geliefert hatte. Sahne, Marzipan und Milliarden von sirrenden Schmetterlingsfliegen flogen Harry ins Gesicht, an die Wände und die Decke und natürlich den Fußboden, dann stand er/sie/es endlich vor ihm. Es war niemand anderes als Rosamunde Pilcher und sie trug ein Bunny-Kostüm.

Harry und Ginny waren zunächst sprachlos, allerdings fand Harry zuerst seine Stimme wieder und stotterte: "Ro... Ro... Ro... Ro-sa-munde, schenk' mir Dein Herz und sag jaaaaa... Ro-sa-munde, frag' doch nicht erst die Mama. Ro-sa-munde, schenk' mir Dein Sparkassenbuch..."

Zur allgemeinen Verwunderung zog Rosamunde ein Täschchen hervor, griff hinein und überreichte Harry ein kleines blaues Büchlein. Harry zögerte, dann nahm er es und schlug es auf. Es war tatsächlich ein Sparkassenbuch, und das darin eingetragene Guthaben belief sich auf 0,1/5 Kröpeken, denn diese Rosamunde war gar nicht die berühmte Schriftstellerin Rosamunde Pilcher, sondern ein Asteroid des Hauptgürtels, der am 3. August 1904 vom deutschen Astronom Max Wolf in Heidelberg entdeckt wurde. Er nannte sich Rosamunde nach der Titelfigur der Oper Rosamunde von Franz Schubert. Und es dauerte gar nicht lange, da begann er auch schon mit den Stimmübungen: "Do, re, mi, fa, so, la, di..."

"Moment!" knurrte Harry und trommelte ungeduldig mit den Fingerspitzen auf eine nahe Tischplatte. "Das kann doch jetzt nicht wirklich euer Ernst sein!? Ein Asteroid, noch dazu ein opernsingender soll mir all diese Briefe geschrieben und all diese Geschenke gemacht haben? Wem wollt ihr denn das erzählen? Ich bin nicht so blöd, wie Ron aussieht!"

Da packte ihn die blanke Wut. Er schnappe sich den Hippogreif und das singende Etwas und beförderte sie äußerst unsanft, mit einem gewaltigen Tritt in den Allerwertesten, oder wo auch immer es ihnen besonders wehtat, auf die Straße. Damit würde er ein für alle Mal Ruhe haben, glaubte er, aber er hatte sich leider geirrt. Ganz gewaltig sogar. 

Denn der Asteroid kam zurück gehüpft wie ein Flummi. "Du wirst mich nicht los! Ich liebe Dich so sehr", schrie der Asteroid und begann erneut zu singen: "Ti amo..." Gleichzeitig begann er rosa zu glühen. Eine mechanische Stimme aus dem Inneren knarrte: "Die Selbstzerstörungssequenz wurde soeben aktiviert. Sie haben noch 10... 9 ... 8..."

Harry schaute entsetzt auf den Asteroiden, bevor er Hermine, Ginny und Ron am Ärmel packte und mit ihnen nach draußen apparierte. Mit einem nervösen Blick über die Schulter wollte er sich überzeugen, dass sie vor den Trümmern des explodierenden Hauses sicher waren, aber es kam mal wieder ganz anders als erwartet. Denn der Asteroid explodierte zwar, aber nicht mit geballter Spreng- und Feuerkraft, sondern in einem wahren sinnflutartigen Regen aus Rosenblütenblättern und rosa Schleim, der bald nicht nur das Haus, die Strasse, sondern ganz London von oben bis unten bedeckt hatte. Dazu sang Placido Flamingo: "That's Amore!" Überall flatterten bunt schillernde Schmetterlinge umher und skandierten mit ohrenbetäubender Bassstimme: "Heirate mich! Sofort! Heirate mich! Sofort!"

Harry gab sich geschlagen. Wie konnte er noch länger widerstehen? So ein hartnäckiger Fan musste erhört werden. Elton John wurde Trauzeuge. Und somit kam es zur ersten Eheschließung zwischen einer Romanfigur und einer Puppe aus der Sesamstrasse, bezeugt von einem dicken Brillenträger mit Toupet in der Weltgeschichte der Literatur und überhaupt! Die Trauzeremonie fand im allseits beliebten Ragnarök statt, umgeben von tanzenden Hellebarden und überwacht vom allsehenden Dunkelbunten Donnerstag, der von allen unbemerkt ein frisches Bierfass in ein Loch ohne Boden verwandelt hatte, welches leise vor sich hintropfte.

Dieses Tropfen wiederum rief bei Harry eine Assoziation hervor, wie er einst vor langer Zeit zum ersten Mal im Tropfenden Kessel stand und mit großen Augen und noch größeren Ohren die ihm noch so fremde Zauberwelt betrachtete. Damals als er noch jung war, den Kopf voll mit verrückten Flausen und mit Hagrid an seiner Seite. Wo er gerade zum ersten Mal von "Du weißt schon wem!" gehört hatte.

"Ja, ja, der gute alte Voldemort! Was der wohl jetzt so treibt?" murmelte er laut vor sich hin, vollkommen vergessen habend, dass der Name noch immer mit einem tödlichen Fluch belastet war. Und während Gandalf donnerte: "DU KANNST NICHT VORBEI!" sank Harry offensichtlich tödlich getroffen von einem Schwall schalen Bieres leblos zu Boden oder Fliesen oder wie auch immer.

Ja, liebe Leute, so fand der berühmte Harry Potter sein Ende - der einst so strahlende Held in einer Pfütze schalen Bieres am Boden liegend, ein Bild des Jammers. Doch es war nicht vorbei, es würde nie vorbei sein, solange das Böse weiter existieren durfte. Gollum! Gollum!

Nach einer kleinen Weile rappelte sich Harry wieder auf und blickte mit suchenden Augen umher. Wo war er? Wie war er hier hinein geraten? Was würde als Nächstes passieren. Und wer war dieses hässliche Männchen, dass dauernd schrie: "Mein Schatz!"?

Es war niemand anderes als der nette, gut aussehende und sympathische Sméagol, der ihm einen goldenen Ring anbot mit den Worten: "Dein Schatz! Dein Geschenk!" und dann die Augen schloss und mit gespitzten Lippen auf einen ordentlichen Schmatz wartete. Aber Harry gab ihm nur einen vergoldeten Schnatz aus rostigem Altmetall, also beschloss Gollgol oder Sméagum ihm auch weiterhin nervende und zuckersüße Briefe voller Liebesschwüre und schwülstiger Sympathiebezeugungen zu schreiben und zu schicken und zwar per fliegenden Olifanten, die fortan alle in Harrys Vorgarten wohnen wollen würden.

Nachdem die ersten Olifanten und auch anderes Getier im Vorgarten gelandet waren, und auch die Nachbarn einiges mitbekommen hatten, entschloss Harry sich drastischere Maßnahmen zu ergreifen. Er riss sich mit schnellen Bewegungen die Kleider vom Körper und begann eine alte, irische Melodie zu pfeifen, da ihm der Arzt das Singen aus Rücksicht auf den schwindenden Vogelbestand in diesem Teil des Londoner Vorortes verboten hatte. Die Melodie war aber doch eher britisch - 'Love Hurts' und dem konnte er nur zustimmen. Und es brach dem Liebesgetier die flauschigen, flatternden Herzen. Sie sanken samt und sonders danieder in Vorgärten und auf Trottoire und bildeten schon bald eine rottende und stinkende Masse Bioabfalls. Doch dann sang Harry doch noch "The Wild Rover" und alle Kadaver waren verschwunden.

Plötzlich spürte Harry einen ziemlich unsanften – um nicht zu sagen einen festen, nein, einen äußerst gemeinen – Schlag auf den Hinterkopf und wie durch einen Nebel hörte er die immer lauter werdenden Worte: "Harry! Harry! Verdammt, Harry! Jetzt reicht es aber! Harry!"

Und da schlug er die Augen auf. Er stand noch immer mitten im Zimmer, umgeben von Marzipantortenspritzern und Schmetterlingsfliegen, und ein rosa Nebel umgab ihn.

Hermine, die ihm zuvor den Schlag auf den Kopf verpasst hatte, schüttelte ihn grob und schrie ihm ins Gesicht: "Harry! Komm zu Dir!" Harry schüttelte den Kopf, um ihn frei zu bekommen. "Alles klar, Hermine", meinte er, nur noch ein wenig benommen.

"Das Zeugs hat ihn aber ganz schön mitgenommen", meinte Ron. Harry sah ihn fragend an und Hermine erklärte es ihm: "Der rosa Nebel hat Dich eingehüllt. Es ist irgendein Verwirrungs-Liebeszauber. Du hast ganz glasige Augen bekommen und vor Dich hin gebrabbelt. Und als Du immer wieder von einer großen Liebe gefaselt hast, der Du folgen müsstest, da haben wir versucht, Dich zu 'wecken'. Das Zeugs hat Dich wirklich ziemlich schlimm erwischt." Hermine wollte ihm lieber nicht alles sagen, das wäre zu schlimm für ihn gewesen.

Harry drehte sich zu Ginny, streckte seine Hand aus, und sie ergriff sie, kam in seine Arme und gab ihm einen Kuss. "DU bist meine große Liebe!"

In der ganzen Aufregung hatten sie die junge Halbblut-Hexe, die aus der Torte gesprungen war, ganz vergessen. Sie stieß einen gellenden Schrei aus und stürzte auf Harry zu. Dabei schrie sie, dass es in den Ohren schrillte: "Wenn ich Dich nicht haben kann, soll Dich auch keine andere bekommen!" Sie erhob ihren Zauberstab. "AVA…" Weiter kam sie nicht. Gleich mehrere Schockzauber trafen sie und schickten sie zu Boden.

In der Aurorenzentrale, wo die Hexe befragt wurde, bevor man sie in die geschlossene Abteilung des St. Mungos überführte, kam heraus, dass sie Amanda Umbridge war, die verleugnete, da zur Hälfte Muggel, Nichte von Dolores Umbridge. Sicherheitshalber wurde Harrys Post auch in Zukunft von der Magischen Strafverfolgung kontrolliert, um einem neuerlichen Angriff eines verrückten Fans zuvorkommen zu können und ihn vor deren Aufdringlichkeit zu bewahren. 

Harry führte fortan ein ruhiges Leben, nicht ahnend, welche Unmengen von Fanpost an ihn sich im Ministerium stapelten, um einmal im Monat vernichtet zu werden.

Ende gut. Alles gut.

[first published December, 12th 2007 – January, 3rd 2008]


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