Verwirrt blickte sich Dudley Dursley in der kleinen Hütte um. Wer war dieser Riese, mit dem rosafarbenen Regenschirm? Und was wollte er von Harry? Und warum waren sie überhaupt in dieser Hütte? Fragen über Fragen.
Einen kurzen Augenblick gab Harry Potter sich der Phantasie hin, wirklich ein Zauberer zu sein und Dudley in ein Schwein zu verwandeln. Allerdings war er im Moment ziemlich überzeugt, dass dieser riesige Mensch sich schlicht und einfach geirrt hatte.
"Ich... ", richtete der bärtige Koloss das Wort an die Familie Dursley, Vater Vernon, Mutter Petunia und Söhnchen Dudley. "Ich habe Euer dickes Kind mit einem Verwandlungszauber belegt. Zuerst wächst ihm ein Ringelschwänzchen, dann breitet es sich davon ausgehend aus wie ein Wasserfleck. Zuerst bekommt er einen dicken, fetten Schweinear... ."
Harry Potter räusperte sich. Er wollte, dass der Fremde endlich zur Sache kam, und keine Schimpfwörter oder stundenlange Erklärungen hören.
Der Riese, der sich als Rubeus Hagrid, Wildhüter und Hüter der Schlüssel und Ländereien von Hogwarts vorgestellt hatte, räusperte sich verlegen und zog Harry zu sich.
"Na ja, ihr Muggel wisst schon, was ich meine. Erst dicke Haxen, dann einen Schweinebauch, und wenn er erst mal einen rosa Rüssel hat, wird der Zauber unumkehrbar sein."
Tante Petunia kreischte kurz auf und klang dabei selbst wie ein aufgebrachtes Mutterschwein.
Hagrid klopfte Harry auf die Schulter und führte ihn zur Tür der alten, abgelegenen Hütte auf der stürmischen Insel. Doch bevor er mit dem kleinen Potter nach draußen in den strömenden Regen trat, drehte er sich noch einmal zu den Dursleys um.
"Wenn ich es mir richtig überlege", begann er und zog eine riesige Tragetasche unter seinem schwarzen Fellmantel hervor. "Wenn ich also so darüber nachdenke, dann gibt es noch eine Möglichkeit, den Zauber auf Eurem Dickerchen zu stoppen."
"Wie?" quiekten die beiden mehr als pummeligen, männlichen Dursleys und die knochige, weibliche wie aus einem Mund.
Hagrid wühlte in der Tasche und schien fast bis zur Hüfte darin zu verschwinden, obwohl die Tasche von außen nicht aussah, als böte sie Platz für einen derart großen Menschen, wie Harry fand. Nach einer halben Ewigkeit zog der Halbriese einen mannshohen, verzierten Spiegel mit einem leicht beschädigten, goldenen Rahmen aus der Tasche und baute ihn vor den Muggeln auf.
"Wenn ihr brav in dieser Hütte bleibt..." Hagrid zog ein tischtuchgroßes Taschentuch hervor und begann, den Spiegel zu polieren. "... und wenn ihr hier wartet, bis Harry und ich von unseren Besorgungen aus London zurück sind... " Der Wildhüter machte einen Ausfallschritt und richtete seinen rosa Regenschirm direkt auf den Spiegel. Harry fand, es sah aus, als wolle er das alte Ding zu einem Fechtduell herausfordern. "Und wenn ihr Euch währenddessen anhört, was der Geist in diesem Spiegel zu erzählen hat, dann... vielleicht... aber auch nur vielleicht... und auch nur, wenn Ihr mir keinen anderen Grund liefert, dann werde ich den Fluch von Eurem Duddey-Spatz nehmen."
"Vernon?" quietschte Petunia Dursley und flüchtete sich mit ihrem Sohn im Schlepptau in die fleischigen Arme ihres Gatten. Die irritierten Blicke der drei huschten nervös zwischen dem Wildhüter und dem Zauberspiegel hin und her.
"Ich nehme das mal als ein klares 'Ja!' " meinte Hagrid und lachte grollend und kehlig. Dann schüttelte er den Regenschirm in Richtung Spiegel und murmelte: "FAIRYATAE!"
Und so kam es, dass nur Minuten später ein fliegendes Motorrad mit einem riesigen Wildhüter und einem noch immer erstaunten und leicht verunsicherten Zauberlehrling namens Harry Potter an Bord mit lautem Motorengeheul von einer kleinen, meerumtosten Insel abhob, während eine miefige, kleine, englische Durchschnittsfamilie gebannt auf eine silbrig-weiße Rauchwolke starrte, die sich im Inneren eines hohen Zauberspiegels wölkte.
"Ver...?" begann Petunia und drehte ihren Kopf auf ihrem langen Hals ihrem Ehemann zu, doch weiter kam sie nicht, denn Vernon stammelte: "Da... da... da... !" und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Spiegel.
"Guten Abend, meine Dame und mein Herr, liebes Kind!"
Im Spiegel stand ihnen nun statt ihrer eigenen Spiegelbilder ein blond gelockter Mann in einem mit Goldfäden durchwirkten dunkelroten Umhang mit einer riesigen, aus seinem Gesicht hervorstehenden Nase gegenüber und zeigte ihnen seine unnatürlich ebenmäßigen und blitzend weißen Zähne.
"Meine Aufgabe, verehrte Dursleys, für die nächsten Stunden oder vielleicht auch Tage wird sein, Sie mit einem der wohl weltbesten Märchen der ganzen Welt zu unterhalten und Ihnen damit die Wartezeit zu vertreiben. Also, setzen Sie sich bitte, und machen Sie es sich bequem!"
Ein großes, plüschiges Sofa materialisierte sich hinter den Dursleys und fing sie auf, als sie wie von Geisterhand zurück gestoßen wurden.
"Und viel, viel Spaß bei meiner Show!"
Der eigentümliche Mann mit dem Haifischgrinsen, dessen Alter man nur sehr schwer schätzen konnte, war aus dem Spiegel verschwunden. Stattdessen konnte man nun eine sonnenbeschienene, grüne und hügelige, englische oder irische Landschaft darin erkennen und einen Bauernhof, der sich im Sturzflug dem Betrachter näherte. Noch während Dudley Dursley versuchte, es sich trotz seines Ringelschwanzes auf dem Sofa gemütlich zu machen, begann eine angenehme und melodische Stimme zu erzählen. Und während sie erzählte, erwachte die Geschichte im Inneren des Spiegels zum Leben.
"Dies ist die spannende, lustige, alberne und tragische Geschichte von einem Schweinchen namens Dudley.
Es war einmal zu einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat und jeder Mensch magische Fähigkeiten hatte, da lebte auf einem kleinen Bauernhof inmitten von grünenden und blühenden Wäldern und Feldern ein kleines, aber einsames Schweinchen namens Dudley. Und es lebte gut und gesund und wurde dick und rund, bis zu dem Tag, an dem der Bauer sehr, sehr spät aus dem Pub heim zu Weib und Kind, Schwein und Rind kam.
Leider hatte der Bauer, der übrigens Abe Dumbledore hieß, das gesamte Geld der Familie im Pub verspielt. Die Ehefrau war sehr zornig und fragte ihren Gatten: "Und von was sollen wir jetzt die Pacht an Lord Malfoy bezahlen?"
Der Bauer überlegte sorgenvoll hin und her. "Ich werd wohl das Schweinchen auf dem Markt verkaufen müssen." - "Was?" fragte die Bäuerin. "Das süße kleine Dudley-Schweinchen? Verkauf lieber die Ziege." - "Nichts da, die Ziege bleibt hier."
Gesagt, getan. Am nächsten Morgen trieb der Bauer das Schweinchen auf den Markt, wo sich auch schnell ein Käufer fand. "Ein prächtiges Schweinchen habt Ihr da, Mr. Dumbledore. Richtig schön fett. Es wird mir einen ganz prächtigen Schinken für das nächste Weihnachtsfest liefern..."
Dudley Dursley blieb vor Entsetzen der Mund offen stehen, und er rutschte unruhig auf dem Ringelschwänzchen hin und her. "Ich will das nicht sehen. Dad, unternimm sofort etwas. Ich will wieder nach Hause!"
Doch das plüschige, weiche Sofa bildete einige starke Fangarme aus und hielt die Dursleys flauschig weich, aber gnadenlos fest. Und sie mussten sich, ob sie wollten oder nicht, das Märchen zu Ende ansehen.
"... Schnell war man sich handelseinig. Das Schweinchen wurde hinter den Karren seines neuen Besitzers, eines Schulmeisters namens Servatus Snape gebunden. Und Abe Dumbledore machte sich mit einem ganzen Sack voll Silberlingen auf den Weg zurück zu seiner kleinen Farm. Unterwegs traf er auf einen fahrenden Pub-Wagen mit Wein, Weib und Gesang, und er verspielte und verprasste seinen Erlös für das Dudley-Schweinchen sofort wieder. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden...
Servatus Snape, währenddessen, sperrte das Schweinchen namens Dudley in ein Gatter nahe eines kleinen Häuschens und der Schule und mästete und hegte und pflegte es. Alle zwei Tage kam er mit einem großen, scharfen Messer und einem riesigen Schmortopf vorbei, um Maß zu nehmen für das Weihnachtsfest, das glücklicherweise noch mehr als ein halbes Jahr in der Zukunft lag.
Das Schweinchen namens Dudley versuchte alles, um seinem Gefängnis zu entkommen, aber das Holz des Gatters war stark und das Schweinchen wurde immer fetter und fauler. Bald suhlte es sich nur noch im Matsch und sah den Vögeln im Himmel beim Fliegen zu und den Schafen nach, die Tag aus, Tag ein auf der Strasse an ihm vorbeizogen. Und er unterhielt sich mit den Kindern, die jeden Tag, nach getaner Feldarbeit zum Schulmeister Snape in den Unterricht kamen. Eine seiner besten Freundinnen wurde Lily Snape, die Tochter des Lehrers, die ihn immer öfter besuchen kam und ihm auch das ein oder andere Mal zu Fressen brachte.
Eines Tages, als Lily dem Schweinchen wieder zu Fressen brachte, kam auch ihr gestrenger Vater Servatus Snape hinzu und nahm wieder einmal Maß. "Prächtig, prächtig", murmelte er und machte sich Notizen auf einem Blatt Pergament. "Bald ist er fett genug, damit ich ihn schlachten kann."
Das Dudley-Schweinchen quiekte erschrocken auf und blickte mit jammervollem Blick auf seine Freundin Lily. Diese fasste sich schließlich ein Herz und zupfte ihrem Vater zögerlich an seinem schwarzen Gewand.
"Herr Vater, müssen wir das Schweinchen unbedingt schlachten? Ich hab' es so lieb gewonnen. Schau Dir mal diese kleinen Schweineäugelein an." Lily schaute zu ihrem Vater hoch. Der strenge Lehrmeister blickte in Lilys Augen, und seine sonst so strenge Miene wurde etwas weicher, war doch Lily seine Lieblingstochter, der er selten etwas abschlagen konnte. Er seufzte und schüttelte den Kopf.
"Lily, Lily. Ich habe viele Silberlinge, für dieses Schwein bezahlt. Wir haben es gemästet, und wenn wir es nicht schlachten, werden wir im Winter Not leiden."
Das Dudley-Schweinchen lauschte gebannt dieser Konversation. Lily kraulte die kleinen Öhrchen. "Vater, verkauf das Schwein doch wieder. Du solltest jetzt mehr Geld dafür bekommen, weil es ja nun viel fetter ist."
Servatus Snape überlegte eine Weile hin und her. Vielleicht hatte seine Tochter Recht, und er konnte das Schwein wirklich Erfolg bringend weiter verkaufen. Vielleicht konnte er sich dann ein Rind kaufen. Rindfleisch war eh viel gesünder.
Am nächsten Morgen machte er sich mit dem Schweinchen und seiner Tochter Lily auf den Weg zu Lord Malfoy. Auf dessen Burg fand jeden Freitag ein großer Markt statt. Der Weg war weit, und so brachen sie schon in den frühen Morgenstunden auf.
Unterwegs trafen sie auf eine Gruppe vom fahrenden Volk, Gaukler und Spielleute, die auch auf dem Weg zur Burg waren. In einem mit kryptischen Zeichen bemalten Wagen fuhr eine seltsam aussehende Frau. Ihre bunten Röcke und Schals flatterten im Wind und ihre vielen Armbänder klimperten. Ihr Blick fiel auf das Schweinchen, und das Dudley-Schweinchen quiekte vor Entsetzen laut auf.
Es war dies die berühmte Seherin Sybilla Trelawnex, die, wie es das Schicksal wollte, ein großes Vermögen erben sollte, sollte sie bis zum nächsten Vollmond verheiratet sein. Leider hatte sie schon vor Jahrhunderten dem männlichen Geschlechte abgeschworen und beschlossen, niemals ein menschliches Wesen zu heiraten, darum hatte sie den Entschluss gefasst, das erst beste Schwein zu ehelichen, das ihr vor die Augen kam, um das Vermögen nicht zu verlieren.
Diesen Vorsatz im Hinterkopf, stieg sie von ihrem Wagen und näherte sich der kleinen Karawane aus Vater und Tochter Snape und Schweinchen Dudley. Gerade wollte sie die Verkaufsverhandlungen beginnen, als ihr Blick von den ölig-schwarzen Augen des Servatus Snape gefangen genommen wurde. All ihre Vorsätze und Schwüre die Männer betreffend waren mit einem Wimpernschlag vergessen, und Sybilla verlor im Handumdrehen ihr Herz an den Schulmeister.
Nun traf es sich, dass auch Servatus Snape in Liebe entflammte und ohnehin schon einige Jahre Witwer war. Man kaufte also auf dem Markt von Sybillas Geld ein Rind, und kehrte dann zu dritt in das kleine, aber bescheidene Häuschen des Schulmeisters zurück. Man wollte eine große Hochzeit feiern und von nun an von Sybillas geerbtem Vermögen leben. Das Schweinchen Dudley sollte ein Teil der Familie werden und bis ans Ende seiner Tage Wohnrecht im Hause Snape erhalten.
Doch bereits hinter der nächsten Biegung des Rückweges wartete neues Unheil auf das Schweinchen namens Dudley. Hier lauerten nämlich drei berüchtigte Räuber mit den Namen Weasley, Potter und Black. Sie folgten der lustigen Schar, warteten hinter dicken Bäumen, bis sie ein Nachtlager am Wegesrand aufgeschlagen hatte, dann schnappten sie sich das Schweinchen, stopften es in einen großen Sack und flohen mit ihm über alle sieben Felder, Hügel und Berge in ihre finstere Räuberhöhle.
Kaum in ihrer Höhle voller geraubter Schätze und Gewürze angekommen, befiel die drei Räuber ein nagendes und knurrendes Hungergefühl. Schnell war man sich einig, dass es heute das fette, kleine Schweinchen zum Abendmahl geben sollte. Sie schleppten es in seinem Sack nach draußen vor die Höhle und hatten schnell ein großes Lagerfeuer entzündet. Doch so einig, wie man sich darin war, dass man das Schweinchen verspeisen wollte, so uneins war man sich über die Zubereitung.
"Wir braten es am Stück über dem Feuer! Ich hatte lange kein Spanferkel mehr!" rief Räuber Weasley und rammte einen großen Spieß in den Boden vor dem Feuer. "Nein!" warf Räuber Potter dazwischen und schleppte einen großen Kessel voller Wasser aus der Räuberhöhle. "Wir kochen es!" - "Wir zerquetschen es zu Sülze!" verlangte Räuber Black und wollte sich schon auf das Schweinchen im Sack setzen. Und schon war ein lautstarker Streit im Gange.
Und noch während sie so stritten, und noch bevor die Morgensonne sie zu Stein erstarren lassen konnte, erschien plötzlich unter lautem Dudelsack-Gequietsche eine streng dreinschauende Frau in Schottenkaros mit einer Brille auf der Nase in ihrer Mitte.
"Ich bin", stellte sie sich vor und wedelte mit einem Zauberstab, "Minerva McGoogle, die beste aller guten Feen, und ich möchte Euch einen Wunsch erfüllen!"
Augenblicklich waren die knurrenden Mägen vergessen, und die Räuber überschlugen sich mit ihren Wünschen und Forderungen, ohne wirklich darüber nachzudenken. "Ich möchte schwarzes Haar!" rief Räuber Weasley, der von Kindesbeinen an unter seinen roten Locken zu leiden gehabt hatte. "Ich will ganz hoch hinaus!" brüllte Räuber Potter, der schon immer geglaubt hatte, dass einmal etwas ganz Besonderes aus ihm werden würde. "Ich will leicht sein, wie eine Feder!" krähte Räuber Black, dessen weite Umhänge seine überflüssigen Pfunde schon lange nicht mehr kaschieren konnten.
Der strenge Gesichtsausdruck der guten Fee wurde noch verkniffener, und ihre Augenbrauen schienen plötzlich über ihrer Nase zusammenzuwachsen. "Das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal!" poltere sie. "Das geht nun wirklich nicht!"
Und mit einem lässigen Schlenker ihres Zauberstabes verwandelte sie die drei Räuber in drei Raben, die sich laut protestierend krächzend in den wolkenverhangenen Abendhimmel erhoben.
"Na ja", murmelte Minerva McGoogle und sah die Raben am Horizont verschwinden, "vielleicht geht es doch! Ich hasse Typen, die sich keine Gedanken über ihre Wünsche machen!"
Anschließend räumte sie die Räuberhöhle aus und lud alle Schätze, alles Gold und alles Geschmeide und alle Gewürze auf ihren Ochsenkarren, den sie in der Nähe hinter einem Haselnussdickicht geparkt hatte. Das Dudley-Schweinchen im Sack nahm sie auch mit und machte sich mit ihm auf den weiten und beschwerlichen Weg zu ihrem Feen-Hexen-Häuschen, irgendwo verborgen in den Highlands.
Dem armen Schweinchen wurde es wieder einmal ganz unheimlich. Das Hexenhäuschen lag wirklich arg abgelegen und bestand eigentümlicher Weise ganz aus Ingwerplätzchen. Was hatte die Hexe bloß mit ihm vor?
Minerva McGoogle ließ das Schweinchen in ihrem Wohnzimmer frei. "Pass mal schön auf. Es wird nicht an den Wänden geknabbert. Geschäfte werden nicht im Haus erledigt. Solange Du Dich an diese beiden Regeln hältst, sollten wir gut miteinander auskommen. Ich brauche nämlich ein Haustier. Meine Katze ist letzte Woche verschwunden. Und eine Hexe ohne Tier auf dem krummen Rücken geht nun einmal nicht. Aber, wenn ich Dich so ansehe, muss ich sagen, Du bist reichlich fett und damit wohl zu schwer, für meinen Rücken. Ab jetzt gibt es eine strenge Diät für Dich. Und jeden Morgen Frühsport. Mit etwas Disziplin bekommen wir das wieder hin. Du hast Glück, dass heute meine beiden liebreizenden Töchter Anna und Bolika McGoogle zu Besuch kommen. Sie sind Jury-Mitglieder bei 'Britanniens Next Top-Schweinchen' und wahre Expertinnen, was die körperliche Fitness angeht. Sie werden Sport mit Dir treiben, Dich hegen und pflegen und Dich binnen kürzester Zeit zum schlanksten, rosigsten und sympathischsten Scheinchen auf allen Inseln der britischen See machen. Dann noch ein wenig Hautpflege und das ein oder andere Lavendelduftbad, und alle Hexen und Feen des Universums werden mich um Dich beneiden!"
Das Schweinchen wusste nicht so wirklich, ob es sich freuen oder in Panik geraten sollte. DIÄT? FRÜHSPORT? HAUTPFLEGE? Das waren alles böhmische Dörfer für ihn. Es klang auf alle Fälle bedenklich. Seufzend rollte es sich in einer Zimmerecke zusammen.
Am nächsten Morgen wurde es durch lautes Quietschen geweckt. "Och, ist das süüüüüß. Und wenn es erst gebadet ist, so rooooosa. Und wenn es erst abgenommen hat, soooo sexy."
Die Schwestern Anna und Bolika waren entzückt und betrachteten und musterten das Schweinchen von allen Seiten. "Aber zuerst machen wir einen Waldlauf."
Sie trieben das Dudley-Schweinchen aus der Hütte und hetzten es gnadenlos durch den Wald. Mehrfach war es kurz vor dem Zusammenbrechen, doch die Schwestern kannten keine Gnade. Zum guten Schluss, als es schon das Gefühl hatte, tot umfallen zu müssen, nutzte es einen günstigen Augenblick und machte sich aus dem Staube.
Das Dudley-Schweinchen lief viele, viele, viele Stunden durch den Wald und war bald endgültig am Ende seiner Kräfte. Da traf es plötzlich auf ein kleines Häuschen mitten im Walde. Vorsichtig schubste es mit seinem Rüssel die Tür auf und stapfte unsicher hinein.
Um einen Tisch herum standen sieben kleine Hocker. Auf dem Tisch standen sieben kleine Teller und sieben kleine Becherchen. Weil es so großen Hunger und Durst hatte, probierte es etwas von einem Teller und trank aus einem Becher. Der Wein darin war sehr stark, und es wurde ganz müde. In einem Nebenraum standen sieben kleine Bettchen, und es plumpste in das erstbeste hinein und fiel in einen tiefen Schlaf. So hörte es nicht, wie die Bewohner der Hütte heimkehrten.
"Hiho, Hiho, was sind wir alle froh..." - "Ey Bill, hör auf zu schubsen." - "Charlie, halt mal die Laterne höher." - "Percy, Du alter Klugschwätzer..." - "Georgie, ich hab es genau gesehen, dass Du Ronny an den Haaren..."
Die seltsam gekleideten Gestalten machten wirklich einen fürchterlichen Krach, aber das Dudley-Schweinchen war so müde, dass es nicht aufwachte. Und es wusste auch nicht, dass es in einem der Bettchen der berühmten sieben Werge eingeschlafen war.
Die Werge mit den Namen Bill, Charlie, Percy, Ferd, Georgie, Ronny und Ginever arbeiteten tagsüber im Bergwerk hinter den sieben Zwergen, wo sie Gold und Edelsteine schürften und alle Arten von Erzen abbauten und zu Herzen verschmolzen. Abends kehrten sie immer erschöpft, aber fröhlich in ihre kleine Hütte hier im Wald zurück, wo ihre arme, kleine Schwester Ginever ihnen zu allem Überfluss auch noch den Haushalt führen musste.
Wie oft hatte sie sich schon gewünscht, sie hätten eine Putzfrau oder eine Köchin oder einfach eine Haushälterin, aber bisher waren all ihre Versuche, jemanden für diese Aufgabe zu entführen, schon in den Anfängen fehlgeschlagen. Die alte Watschelhexe, die Bill in einer üblen Spelunke angesprochen hatte, hatte sich lieber in einen Stein verwandelt, als ihren Berg Wäsche zu waschen. Die eingebildete Königstochter, die Georgie auf einem Jahrmarkt aufgerissen hatte, wollte lieber eine Haut weiß wie Milch oder Schnee und Haare schwarz wie Ebenholz, als Kartoffeln zu schälen. Und der Hauself schließlich, den Ronny angeschleppt hatte, hatte plötzlich ein T-Shirt mit dem Bild einer gewissen "HERMY-G" getragen und war in einen noch andauernden Streik getreten.
So musste die arme Ginever auch an diesem Abend, wie an schon so vielen zuvor, sehen, was der Kälteschrank noch hergab, und einen grauenhaften Eintopf kochen, über den ihre Brüder zwar wie immer gierig herfallen würden, der aber auch wie üblich Anlass für einen ganzen Schwall von Beschwerden sein würde.
Doch noch bevor Ginever das Feuer richtig entzündet hatte, hörte sie schon Charlie rufen: "Wer hat auf meinem Höckerchen gesessen?" Statt einer Antwort gab es einen neuen Ruf von Percy: "Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?" Und Ronny rief: "Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?"
Ginever wurde die Sache langsam mulmig und sah hinüber zum Nebenraum, in dem ihre Bettchen standen. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie an diesem Morgen die Tür fest verschlossen hatte. Jetzt stand sie einen Spalt breit offen. Mit pochendem Herzen schlich sich die jüngste der Werge in das Schlafgemach und sah schon von weitem einen dicken Berg unter ihrer Bettdecke liegen. Dieser unförmige Hügel hob und senkte sich langsam im Rhythmus eines leisen Schnarchens.
"UND WER SCHLÄFT DA IN MEINEM BETTCHEN?" kreischte Ginever so laut, dass nicht nur ihre Brüder mit ihrem Radau aufhörten, sondern auch ein kleines Schweinchen namens Dudley mit einem lauten, schnarchenden Grunzquieken zwischen den Federbetten in die Höhe fuhr.
Die Brüder kamen angepoltert, und das Schweinchen sah ängstlich umher in der stillen Hoffnung, einen Fluchtweg zu finden. Die Brüder erblickten das rosige und wohlgenährte Schwein und sahen sich grinsend an.
"Denkt Ihr auch was ich denke?" meinte Ronny und zückte mit der einen Hand ein Messer und mit der anderen den Zauberstab. Seine Brüder verstanden natürlich sofort, konnten aber nicht antworten, da sie alle eine große Pfütze im Mund hatten.
Duddy-Schweinchen blickte Ginever so treu an wie er nur konnte. Ginever, die als einzige etwas Verstand geerbt hatte, blickte ihre Brüder zornig an. "Typisch! Ihr könnt nur ans Essen denken. So ein Schweinchen ist nützlich. Ich werde ihm beibringen, wie es uns den Haushalt führen kann."
Das Schweinchen nickte ganz eifrig seine Zustimmung, und da es nicht dumm war, konnte ihm Ginever in schnellster Zeit die wichtigsten Dinge beibringen. Und schon bald war das Schweinchen namens Dudley das einzige Schweinchen im ganzen Königreich, das nicht nur Wäschewaschen, Kochen und Putzen konnte, sondern dabei auch noch abnahm und von Minute zu Minute schöner wurde. Die Öhrchen blitzten rosigrot im Morgenlicht. Die Schweineschwarte verwandelte sich in samtig-pinken Flaum.
Das kam auch Grunzilla, der alten Wildsau zu Ohren, die sich bisher für das schönste Schwein im ganzen Wald gehalten hatte. Jeden Morgen trabte sie aus ihrer Suhle an einen dunklen, schwarzen Tümpel unter einem Steinbruch, betrachtete ihr Spiegelbild und fragte: "Tümpel, Tümpel unter der Wand, wer ist die schönste Pottsau im ganzen Land?"
Und für gewöhnlich antwortete eine alte Unke, die in dem Tümpel lebte und einfach nur ihre Ruhe haben wollte, dann einfach: "Frau Wildsau, Ihr seid die schönste im ganzen Land." Zufrieden mit dieser Antwort war Grunzilla noch jedes Mal wieder von dannen gezogen.
Doch eines Morgens nicht lange nach dem Einzug von Dudley-Schweinchen ins Haus der Werge, antwortete die Unke statt ihres Standardtextes auf die Frage des Wildschweins: "Frau Wildsau, Ihr seid die Schönste hier, aber Schweinwittchen hinter den sieben Zwergen bei den sieben Wergen ist noch tausendmal schöner als Ihr!"
Dieses erboste Grunzilla über alle Maßen! Sie ging entrüstet nach Hause und dachte nach. Der Weg war weit. Sollte sie ihn auf sich nehmen? Am nächsten Tag ging sie noch einmal zum Tümpel, in der Hoffnung, dass eine andere Antwort käme. Dem war nicht so, und Grunzilla machte sich auf die Hufe, um sich dieses Schweinwittchen einmal anzusehen.
Geschickt tarnte sie sich als Marktfrau, und als das Dudley-Schweinchen vor die Tür trat, reichte sie ihm zur Verkostung einen roten Apfel. Dudley war so ausgehungert, dass er ihn gierig verschlang. Doch leider blieb ihm der Apfel im Hals stecken, und er japste nach Luft und fiel plötzlich um und blieb regungslos liegen.
Die Werge waren sehr traurig und legten das Dudley-Schweinchen in einen Sarg aus Zuckerwatte. In diesem Moment kam eine verwunschene Prinzessin des Weges. Sie verliebte sich sofort in das rosige Schweinchen und bat die Werge, es ihr zu überlassen.
"Wer bist Du?" fragte Ginever. "Man nennt mich Miss Molly, aber in Wirklichkeit bin ich Miss Piggy. Ich wurde in eine menschliche Gestalt verwandelt. Wenn ich ein Schwein küsse, das ich liebe, werde ich zurück verwandelt."
Da weinte Ginever ein wenig, aber sie willigte ein, Miss Molly das scheinbar tote Schweinchen zu überlassen. Die sieben Werge sollten Dudley-Schweinchen in seinem Zuckerwattesarg zum Schloss der Schweineprinzessin bringen. Dort wollte Miss Molly dreizehn ihrer besten Leibärzte und Hofzauberer damit betrauen, ihn wieder zum Leben zu erwecken.
Doch weit kamen sie nicht, denn schon auf halbem Weg geriet der Werg namens Ronny ins Straucheln und mit ihm alle anderen Werge und der Zuckerwattesarg. Das Schweinchen namens Dudley fiel heraus und spuckte beim leichten Aufprall auf den Waldboden den Apfelgriebsch aus, der ihm im Halse gesteckt hatte. Er hustete und prustete, und schon war die Zuckerwatte um ihn herum verschlungen und verweht.
Als nun das so genannte "Schweinwittchen" wieder die Augen aufschlug und so gar nicht tot bleiben wollte, stürzte plötzlich Grunzilla, die alte Pottsau, hinter einem Baum hervor und wollte auf Dudley losgehen. Niemals würde sie zulassen, dass dieses Ferkel das schönste Schwein im ganzen Land sein und jetzt auch noch eine Schweineprinzessin bekommen sollte. Sie wollte Dudley-Schweinchen gerade in den Rüssel beißen, als Miss Mollys Blick auf sie fiel.
In diesem Moment war es um die verzauberte Miss Piggy geschehen. Niemals zuvor in ihrem Schweineleben hatte eine andere Sau derartige Gefühle in ihr geweckt. Und Grunzilla blieb ebenfalls wie vom Donner gerührt stehen und sah Miss Molly in die blauen Äugelein. Schon beugte sich das Schwein in Menschengestalt herab und hauchte der Wildsau einen leichten Kuss auf den borstigen Rüssel.
Ein Blitz, ein grelles Licht und ein schrilles Klingeln, und vor den sieben Wergen standen drei kleine Schweinchen, das Schweinchen namens Dudley, die Wildsau namens Grunzilla und ein Schwein mit lila Lidschatten und rotlackierten Hufen und einer schlecht sitzenden Blondhaarperücke namens Miss Piggy.
Und während Miss Piggy und Grunzilla verliebt im Wald verschwanden, um am Tümpel der Unke bis an ihr Lebensende in Harmonie und Frieden zu leben, hoppelte das Schweinchen namens Dudley freudestrahlend auf Ginever und ihre Brüder zu.
Doch leider wurden Miss Piggy und die alte Pottsau Grunzilla nicht glücklich, da sie sich nicht einig werden konnten, wer denn nun die Schönste im Lande war. Und so kehrte Miss Piggy binnen weniger Stunden reumütig zum Dudley-Schweinchen zurück.
Die sieben Werge ließen ihr Schweinwittchen nur ungern ziehen. Doch sie hatten alle eine romantische Ader und gönnten dem Schweinchen die wahre Liebe, hatte es ihnen doch lange treu gedient.
Und so zogen Miss Piggy und Dudley verliebt von dannen, doch auch dieses Glück währte nicht lange, da Miss Piggy anscheinend etwas flatterhaft war. Unterwegs traf sie eine Kröte namens Trevor und verliebte sich augenblicklich in sie.
"Du bist mein wahrer Prinz, mein kleiner, grüner Frosch." Der Kröterich blähte sich empört auf. "Ich bin doch kein Frosch!" quakte er. Doch Miss Piggy ließ so etwas nicht gelten. "Papperlapapp, mon Ami. Du wirst den Namen Trevor ablegen, ich werde Dich Kermit nennen, und wir werden glücklich und zufrieden bis ans Ende unserer Tage!" Sie zog die Kröte hinter sich her, und schon waren sie verschwunden.
Das arme Dudley-Schweinchen war wieder einmal ganz allein. Doch es dauerte nicht lange, und er traf auf ein kleines Mädchen. "Wer bist Du denn?" quiekte er.
"Ich bin Dolores Umbrella. Man nennt mich auch 'Rosakäppchen', weil ich immer eine rosa Kappe trage. Ich bin auf dem Weg zu meiner Großmutter. Willst Du mich begleiten?"
Dudley nickte. 'Zu zweit ist man weniger allein', dachte er und trabte hinter Rosakäppchen her.
"Wir müssen uns nur vor dem bösen Werwolf in acht nehmen, hat die Mami gesagt. Und dürfen auf keinem Fall mit ihm reden." Dudley blickte erschrocken zum Vollmond auf, der unglücklicherweise genau in diesem Moment hinter einer dicken Bewölkung verschwand. Und so standen Dolores, das Rosakäppchen, und das Schweinchen namens Dudley nur wenige Weggabelungen später Ratzeputz Lupin, dem gefährlichsten Werwolf des ganzen Waldes gegenüber, doch sie erkannten ihn nicht, denn bei verhülltem Vollmond zeigte er sich in seiner Menschengestalt. Mit einem breiten Grinsen fragte er: "Mein liebes, kleines Rosakäppchen, wohin gehst Du noch so spät?"
"Guten Abend, werter Herr", antwortete Dolores wegen ihrer anerzogenen Höflichkeit vorerst noch ohne Argwohn. "Ich bin auf dem Weg zu meiner Großmutter, Madame Pomfritte, um ihr meinen neuen Freund, das Schweinchen namens Dudley, vorzustellen und ihr diesen Präsentkorb voller Delikatessen zu überbringen." Mit einer Handbewegung deutete sie auf Dudley und den Weidenkorb in ihrer Armbeuge.
Ein gieriger aber unbemerkter Blick des Werwolfs glitt über das kleine Schweinchen und die köstlichen Spezialitäten, denn in ihm reifte ein teuflischer Plan. "Du solltest, mein liebes Kind, Deinem Omamachen einen großen Strauß Mondblumen pflücken. Sie sind das Seltenste, das es in diesem Wald gibt, und sie blühen heute Nacht besonders schön. Deine Oma wird Dir auf ewig dankbar sein, wenn sie einen ganzen Arm voll davon in die Vase stellen kann. Und wo wir gerade dabei sind", Ratzeputzes Lächeln wurde nun wahrlich wölfisch, "wo wohnt Deine liebe, gute, alte Großmutter noch mal genau?"
Und wieder fiel Dolores "Rosakäppchen" Umbrella auf das Süßholzgeraspel herein und antwortete dummdoof, aber wahrheitsgemäß: "Immer noch Holunderbeergasse 10, gleich gegenüber von Frau Ziege und ihren sieben Scheingeistlein."
Kaum hatte der Werwolf sich mit einer ulkigen Verbeugung verabschiedet und Dolores tatsächlich begonnen, einen Blumenstrauß zu pflücken, schlug das Untier einen weiten Bogen, um vor dem Mädchen und dem Schweinchen am Haus der Großmutter zu sein.
Nach einer ganzen Weile kamen auch die beiden neuen Freunde in der Holunderbeergasse an, und gerade als Dolores an die Tür der Großmutter klopfen wollte, öffnete sich diese langsam mit einem unheimlichen Quietschen. Vorsichtig ging das kleine Mädchen hinein, das Schweinchen direkt an seinen Hacken. Sie kamen direkt in eine große Wohnstube, die die ganze untere Etage des kleinen Häuschens einnahm. Die Vorhänge waren geschlossen und in einem großen Bett am anderen Ende des Raumes lag eine undeutliche Gestalt im Zwielicht. Rosakäppchen ging auf sie zu und fragte vorsichtig: "Großmutter?"
"Ja?" kam es krächzend und leicht knurrend aus dem Bett und der Kopf der Gestalt, der in einer weißen Nachthaube steckte, drehte sich langsam in die Richtung der beiden.
"Ich bin es, liebe, liebe Großmutter!" sagte Dolores und trat näher, doch dann stockte sie. "Großmutter?" fragte sie und versuchte im Halbdunkel etwas genauer zu erkennen, indem sie die Augen etwas zukniff. "Großmutter, warum hast Du so große Ohren?"
"Damit ich Dich besser hören kann, mein Kind! Tritt doch näher!" kam als Antwort eine Stimme, die klang, als hätte sie Kreide gefressen.
"Und Großmutter?" fragte Dolores weiter. Sie war wirklich ein neugieriges, kleines Mädchen. "Warum hast Du so große Augen?"
Ein erneutes Knurren antwortete: "Damit ich Dich besser sehen kann, natürlich."
Das Schweinchen namens Dudley grunzte unruhig und näherte sich mit unauffälligen Seitenschritten dem Fenster und den schweren Vorhängen.
"Dann musst Du mir noch eines sagen, liebe, liebe Großmutter." Rosakäppchen wusste einfach nicht, wann es genug war, und hatte außerdem scheinbar nie 'Grimms Märchen' gelesen. "Warum hast Du so einen großen Mund?"
"Damit ich Dich besser... "
In diesem Moment passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Das Dudley-Schweinchen hatte in den bodenlangen Vorhang gebissen und diesen zur Seite gezogen. Genau in diesem Moment verzogen sich auch die Wolken vor dem kugelrunden Vollmond, und sein milchiges Licht fiel durch das Fenster direkt auf das Bett mit der unheimlichen Gestalt in Frauenkleidern. Mit einem entsetzlichen Heulen verwandelte sich Ratzeputz Lupin vor ihren Augen in einen rasenden Werwolf. Zeitgleich flog die Tür des Wandschranks auf und heraus kamen Rosakäppchens Großmutter und die Geiß mit ihren sieben Scheingeistlein aus der Nachbarschaft, bewaffnet mit Nudelholz und Bergen von Tüten voller Karamellbonbons.
"Wie oft haben wir Dir schon gesagt, Du sollst nicht mit Werwölfen sprechen, Deine Mutter und ich!" maulte Madame Pomfritte, die Großmutter, ihre Enkelin an. "Gut, dass mich das Werwolffrühwarnsystem schon vor Stunden gewarnt hat, dass der alte Ratzeputz im Anmarsch ist!"
Während die sieben Scheingeistlein sich in die Luft erhoben und halb durchsichtig um den Kopf des Werwolfes schwirrten, verpasste die Großmutter ihm eine Holzhammernarkose mit dem Nudelholz.
"So", meckerte die alte Geiß. "Jetzt kommt unsere Rache. Schwester Pomfritte, bereiten Sie die Operation vor."
Dudley quiekte entsetzt, während Dolores "Rosakäppchen" Umbrella schnell das Licht anknipste. "Was habt ihr mit ihm vor?" fragte auch sie entsetzt.
"Wir werden ihm den Bauch aufschneiden und ihn mit Karamellbonbons füllen, auf dass er auf ewig Sodbrennen bekomme und ihm seine blutrünstige Fressgier vergehe!" erklärte die Großmutter und hielt feierlich das Nudelholz in die Höhe.
In diesem Moment öffnete Ratzeputz Lupin schon wieder die Augen. Er schaute unglücklich unter seinen buschigen Augenbrauen hervor und winselte leicht. "Bitte, bitte, liebe Leute! Verschont mich mit dem süßen Kram! Ich habe doch schon genug unangenehmes Karies! Außerdem bin ich doch gar nicht so böse, wie ich im Moment aussehe. Ich bereue wirklich zutiefst, was ich in all den Jahren als böser Werwolf getan habe. Aber ich habe es mir nicht ausgesucht. Ein anderer, noch viel bösartigerer Werwolf hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Aber eine alte Hexe hinter den sieben Bergen, irgendwo bei der Stadt Hergen hat einen 'Wolfsbanntrank' entwickelt, der verhindern soll, dass sich Werwölfe bei Vollmond in Wölfe verwandeln. Alles, was ihr dazu noch fehlt, ist ein kleines, fettes Schweinchen, wie das dort!"
Seine krallenbewehrte Klaue deutete auf Dudley, und der Blick, der das Schweinchen traf und von den anderen Versammelten unbemerkt blieb, strafte die reumütigen und zuckersüßen Worte des Untieres Lügen.
"Bitte, gebt mir das Schweinchen und ich werde so gut wie geheilt werden und damit der allerbeste Nachbar werden, den ihr jemals gehabt habt!"
Der seltsame Werwolfcharme begann bereits auf Großmutter, Enkelin, Ziege und selbst ihre eigentümlichen Scheingeistlein zu wirken. Sie nickten sich alle zu, denn es schien ihnen vollkommen logisch und sinnvoll zu sein, was Ratzeputz da sagte. Und schon mit Blicken und Nicken waren sie sich einig. Sie würden das arme, kleine Schweinchen namens Dudley an den Werwolf ausliefern und danach glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage weiterleben. Sie hatten es ja auch kaum gekannt. Wer würde schon ein fremdes Schweinchen vermissen? Und wenn es für einen 'Wolfsbanntrank' gut war?
Das Schweinchen namens Dudley, unterdessen, hatte das Ende dieser seltsamen Unterhaltung und Beratung gar nicht erst abgewartet, und war unbemerkt durch die offen stehende Tür in die Vollmondnacht entschlüpft und hatte schon eine sichere Entfernung zwischen sich und das Haus der Großmutter gebracht, als der Werwolf erneut aufheulte, weil er erkannt hatte, dass das Schweinchen entkommen war.
Dudley-Schweinchen lief so schnell es konnte durch den Wald. Am liebsten wäre es rückwärts gelaufen, aber vorwärts war es schneller. Immer wieder sah es sich um. Dann lief es plötzlich gegen etwas, das anschließend "AUA!" schrie.
Das Schweinchen sah ängstlich hoch, aber es war nicht der Werwolf. Es war ein grün gekleideter Mann, der seltsamerweise Strumpfhosen trug. "Wer bist Du denn?" quiekte das Dudley-Schweinchen fragend.
"Mein Name, ist Arty Flitwick, und eigentlich bin ich ein Spielmann. Ich ziehe von Ort zu Ort und gebe Konzerte für zahlende Zuhörer. Aber die Zeiten sind schlecht. Die Leute haben kein Geld mehr. Aber jetzt habe ich eine neue Einkommensquelle aufgetan. Ich bin jetzt als Exorzist tätig und vertreibe die bösen Geister aus den Städten."
Das Schweinchen blickte argwöhnisch auf diese kleine Gestalt in Strumpfhosen. "Und welches Böse vertreibst Du?" fragte es den eigentlichen Spielmann. "Nun, im Moment bin ich auf dem Weg zu einem Ort, der voller Ratten steckt. Ich werde sie vertreiben und dann einen Haufen Geld, vom Bürgermeister dafür bekommen."
"Und wie vertreibst Du die Ratten?" wollte Dudley neugierig wissen. "Das weiß ich auch noch nicht so genau. Kommt Zeit, kommt Tee, kommt Rat", grinste der kleine Mann.
"Vielleicht könntest Du sie mit Deinen großen Augen hypnotisieren?" schlug das Schweinchen vor, doch Arty winkte ab. "Nein, das geht nicht. Das habe ich schon mal probiert in einer Stadt im hohen Norden. Am Ende hielten die Ratten sich für Lemminge, sind auf den höchsten Kirchturm geklettert und haben sich in die Tiefe gestürzt. Das war vielleicht eine Schweinerei! Der Marktplatz war total verdreckt, die Bürger total sauer und meine Belohnung natürlich futsch. Aber immerhin genauso futsch wie die lästigen Nagetiere!" Arty Flitwick kicherte in sich hinein.
"Und wenn Du es einfach mit 'normalen' Rattenfallen versuchst?" war Dudleys nächster Vorschlag. "Du weißt schon, Käse oder Nuss-Nougat-Creme in eine Klappfalle. Ratz-fatz, platt ist die Ratz!"
Arty rieb sich nachdenklich die Nase und schmatzte tief in Gedanken versunken. Auch von diesem Vorschlag schien er nicht vollständig überzeugt zu sein. "Nein!" sagte er schließlich. "Ich denke, ich werde den Ratten mal die Flötentöne beibringen. Kennst Du Jethro Tull? Also, dieser Ian Anderson ist ein totales Idol von mir. Wie der immer auf einem Bein stehend die Querflöte spielt. Einfach phänomenal!"
Das Schweinchen namens Dudley hatte nicht den blassesten Schimmer, wovon dieser Rattenfänger da faselte.
"Ich kenne da ein Stück von Jethro Tull, das heißt 'Cat's Squirrel'. Das werde ich den Plagegeistern vorspielen. Danach werden sie mir bestimmt überallhin folgen!"
Arty wühlte in seinem grünen Rucksack beförderte allerdings keine Querflöte, sondern einen schottenkarierten Dudelsack zu Tage. "Den hat mir eine gute, alte Freundin geschenkt", erklärte der Spielmann. "Sie ist die beste aller guten Feen und hört auf den wohlklingenden Namen 'Minerva McGoogle'. Aber ich glaube nicht, dass Du sie kennst." Der Typ hatte ja keine Ahnung, welche Erfahrungen Dudley mit dieser Fee und ihren Töchtern gemacht hatte.
"So, nun muss ich aber weiter!" erklärte der Rattenfänger plötzlich fröhlich. "Mit dem Dudelsackgejaule werde ich die Ratten in den großen Fluss und in den kollektiven Selbstmord treiben. Also, wenn Du meinen Rat willst, dann halt Dich in nächster Zeit von der Stadt fern, Schweinchen. Ich weiß nicht, in welchem Umkreis mein Instrument wirkt." Mit einem letzten Winken war Arty Flitwick auch schon wieder verschwunden.
Und wieder wanderte das Schweinchen namens Dudley weiter über Wiesen und Wälder, durch Hügel und Felder, immer auf der Suche nach dem großen Glück. Schon bald traf es auf ein junges, zerlumptes Mädchen, dessen Gesicht und strohblonden Haare über und über mit Asche beschmutzt waren. Das Mädchen saß vor einem großen Berg getrockneter Hülsenfrüchte und schien diese zu sortieren.
"Wer bist Du, wenn ich fragen darf?" fragte das Dudley-Schweinchen und steckte seinen Rüssel tief in die Hülsenfrüchte. Es waren getrocknete Linsen in einem Haufen Asche.
"Och, Du bist aber ein süßes, kleines Schweinchen!" säuselte das Mädchen. "Und so schön rosa!" Dudley verdrehte leicht die Schweinsäugelein, denn irgendwie kam ihm das bekannte vor.
"Ich bin Narzissenblödel", fuhr das Mädchen fort und tätschelte ihm die rosige Schweinebacke. "Ich wohne mit meinem Vater, meiner Stiefmutter und meinen beiden, blöden Stiefschwestern auf dem großen Gutshof da hinten."
Dudley folgte ihrem Blick in die Richtung des Anwesens und schüttelte sich leicht, als sie ihm nun auch noch in die Wange kniff. Auf dem schmalen Feldweg kamen ihnen zwei sehr unterschiedliche Gestalten, die eine lang und dürr, die andere kleiner und untersetzt, entgegen, aber er konnte sie in der Entfernung noch nicht deutlich erkennen.
"Wenn ich die Linsen aus der Asche herauslese, dann darf ich heute Abend mit Stiefmama und den Schwestern auf den großen Ball auf Burg Malfoy. Und da möchte ich so gerne hin, denn schließlich sucht Lord Luzifer Malfoy gerade eine neue Braut!" Narzissenblödel grinste leicht dümmlich und zupfte ihm an den Schweineohren. "Bitte, bitte, liebes Schweinchen, hilf' mir doch mit den Linsen. Du weißt schon! Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen." Sie zog einen Schmollmund und klimperte aufreizend mit den Wimpern.
"Na, hast Du einen neuen Freund, Narzissendödel?" fragte da eine tiefe, grollende Stimme. Die beiden undeutlichen Gestalten auf dem Weg vom Gutshof waren nun bei ihnen angekommen. Es waren Narzissenblödels böse Stiefschwestern, Vernonia ..."
Petunia Dursley auf jenem gemütlichen Plüschsofa in jener sturmumtosten Hütte auf jener klitzekleinen Insel, in dem, in der und auf der sie mit sanfter Gewalt gezwungen wurde, sich mit ihrem Mann Vernon und ihrem Söhnchen Dudley ein eigentümliches Märchen in einem mysteriösen Zauberspiegel anzusehen, rümpfte die Nase und stieß einen missbilligenden Laut aus.
Das ging nun wirklich zu weit! Diese so genannte "Stiefschwester" namens Vernonia sah haargenau wie ihr Ehemann aus, den man in ein lächerliches Rüschenkleid gesteckt und dem man eine weiße Schillerlockenperücke auf den großen, runden Kopf gestülpt hatte. Leicht beunruhigt, drehte sie ihren Kopf auf ihrem langen Hals in die Richtung ihres Gatten, um zu sehen, wie der diese Veralberung aufnahm. Doch Vernon war sprachlos und starrte nur mit offenem Mund in den Zauberspiegel.
Als Petunia wieder nach vorn sah und die zweite blöde Stiefschwester von dieser einfältigen Gans namens "Narzissenblödel" entdeckte, entfuhr ihr ein entrüstetes: "Also, wirklich!"
"... und Petuniana. Diese beiden waren hässlich wie die Nacht und auch genauso unangenehm und boshaft.
"Was ist nun?" fragte Vernonia noch einmal. "Nimmst Du dieses Ferkel mit auf den Ball?"
Da erhob sich Narzissenblödel und richtete drohend ihren Besenstiel, der neben ihr und dem Asche-Linsen-Hügel im Gras gelegen hatte, auf die beiden hässlichen Schwestern.
"Wartet es nur ab!" brüllte sie plötzlich und warf ihr verfilztes Haar in einer arroganten Geste in den Nacken. "Wenn ich erst mal Lady Malfoy bin, dann wird es Euch schlecht ergehen! Dann schließen mein Mann und ich uns dem größten, schwarzen Hexenmeister aller Zeiten an und erobern mit ihm die Welt. Und Euch lasse ich dann in blutende Täubchen verwandeln, auf dass Euch ein Sternekoch einfangen, rupfen, braten und in seinem Feinschmeckerrestaurant lauter eingebildeten Schnöseln servieren möge!" Dazu lachte sie größenwahnsinnig.
Das Schweinchen namens Dudley schlich sich vorsichtig von dannen. Es mochte die beiden Stiefschwestern nicht und das durchgeknallte Narzissenblödel auch nicht wirklich. Außerdem hatte es allmählich das Gefühl, dies alles schon einmal erlebt zu haben. Konnte es sein, dass es dies alles schon einmal hatte durchmachen müssen?
Und so lief und trippelte es weiter und weiter bis es endlich in einem Ort namens Hogshaven ankam. Dieser Ort kam ihm seltsam vertraut vor. Nur das riesige Schloss mit den vielen Dächern, Räumen und Türmen am Ufer des großen Sees hatte es so nicht in Erinnerung. Dorthin gehörte stattdessen... stattdessen... ja... dorthin gehörten stattdessen ein kleines Schulhaus, eine einfache Hütte und ein hölzernes Gatter, in dem das Schweinchen namens Dudley schon einmal eine Zeit seines Lebens verbracht hatte. Dieses Dörfchen war die Heimat vom Schulmeister Servatus Snape und seiner Tochter Lily. Dudley sah sich staunend um. Der ganze Ort wimmelte von seltsamen Menschen in seltsamer Kleidung. Fast jeder Mann und jede Frau trug einen Besen unter dem Arm und dazu lange, dünne Zauberstäbe. Doch alles war friedlich und vergnügt.
Und hinter der nächsten Häuserecke erblickte das Schweinchen endlich nach all dieser Zeit und all diesen Abenteuern und Strapazen, nach seiner unsäglichen Odyssee durch das Märchenland seine kleine Freundin Lily Snape.
"Schweinchen!" schrie diese schon von weitem und rannte freudestrahlend auf ihn zu. "Du bist es, mein liebes, liebes Schweinchen. Ich dachte schon, ich würde Dich nie, nie wieder sehen! Stell' Dir nur die Sorge vor, in der wir waren, als diese gemeinen Räuber Dich einfach entführt hatten." Als sie es erreicht hatte, wuchtete sie es vom Boden hoch, schwenkte es durch die Luft und herzte und knuddelte es.
"Stell' Dir vor, mein Vater hat die ehemalige Seherin Sybilla Trelawnex geheiratet. Sie hat jede Menge Gallonen, Knuts und Sickel geerbt, und nun ist sie die reichste Frau in der ganzen bekannten Welt. Sie haben in Windeseile dieses Zauberschloss dort drüben errichtet. Es ist wirklich phantastisch, aber leider viel zu groß für unsere kleine Familie, auch wenn Mamchen Sybilla bald Zwillinge erwartet!"
Dem Schweinchen wurde ganz anders von der ganzen Dreherei und Tanzerei, die Lily plötzlich mit ihm angefangen hatte.
"Aber wir haben eine Lösung! Siehst Du die beiden Hexen und die beiden Zauberer dort drüben bei meinem Herrn Vater und Mamchen? Das sind Helga Huffleknuff, Rowenta Ravenklatsch, Gottfried Gryffindor und Salatbar Slytherdings. Und stell' Dir vor, sie wollen mit meinen Eltern zusammen eine Schule mit angeschlossenem Internat aus unserem Schlösschen machen. Eine Schule für Zauberkraft und Hexerei! Ist das nicht super-cool? Vater Servatus und Mamchen Sybilla werden eingehen in die Geschichte als zwei der sechs Gründer der berühmtesten Schule im ganzen Universum! Man wird ganze Häuser nach ihnen benennen!"
Irgendwie hatte das Schweinchen namens Dudley da so seine Zweifel, aber es sagte nichts. Es sagte auch nichts, als das Mädchen Lily es knutschte und küsste und herzte und schmuste. Und als sie es schließlich an eine Wand warf, da verwandelte sich das Schweinchen namens Dudley in einen dicken, bulligen, habgierigen und unerzogenen Jungen namens Dudley, dem ein Ringelschwänzchen aus dem Boden seiner Hose ragte.
Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an das Ende ihrer Tage. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Und nun ist die Geschichte aus und alle geh'n vergnügt nach Haus'!"
Vernon Dursley schnaubte erbost. "Das...", begann er, "das war ja wohl, das beknackteste Märchen, das ich in meinem ganzen Leben jemals erzählt bekommen habe oder mir ansehen oder lesen musste. 'Tunia, ich habe es schon immer gesagt. Die Sippschaft von Deiner Schwester hat sie nicht mehr alle! Bei denen ist eine Schraube locker! Die spinnen die Zauberer!"
Im Inneren des Zauberspiegels war nun wieder der blond gelockte Mann in seinem mit Goldfäden durchwirkten, dunkelroten Umhang und mit der riesigen Nase im Gesicht zu sehen und grinste sie mit seinen ebenmäßigen Zähnen strahlend an.
"Servus, Dursleys!" begrüßte er die Familie erneut. "Ich hoffe, ihr hattet eine angenehme und kurzweilige Zeit mit dem wohl besten Märchen, das die Zaubererwelt derzeit zu bieten hat." Jeden möglichen Einwand der Muggel plauderte er einfach weg. "Ach ja, bevor ich es vergesse: Mein Meister Hagrid hat Ihren Neffe Harry bereits wieder auf den Weg nach Little Whinging, in den Ligusterweg Nummer 4 geschickt. Er wird in Kürze dort eintreffen. Ich denke, Sie kennen den Weg zurück dorthin?"
Die Dursleys tauschten ratlose Blicke.
"Sie sind frei!" fuhr der Zauberspiegelmoderator ganz langsam fort, als wären sie nur sehr schwer von Begriff. "Sie können gehen! Und noch etwas: Das mit dem Zauberfluch, der sich ausbreitet vom Ringelschwanz bis zur Steckdosennase, das war ein Scherz! Nur ein kleiner, gemeiner Scherz. Ihr kleines Dickerchen da neben Ihnen hat nun einen kleinen, possierlichen Schweineschwanz. Das war's! Schluss! Aus! Mehr wird erst mal nicht passieren. Dudley verwandelt sich nicht in ein Schweinchen! Es sei denn, Sie sperren Harry Potter wieder in den Schrank unter der Treppe. Also, seien Sie versichert: 'THE MAGIC WORLD IS WATCHING YOU!' Ansonsten wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Tag. Und schalten Sie auch nächstes Mal wieder ein, wenn es wieder heißt... Ach, was rede ich denn da? Wenn wir alle Glück haben, dann wird es kein nächstes Mal geben. Und Tschüß!"
Mit diesem Redeschwall verschwand der Zauberer aus dem Spiegel und machte einer Wolke Platz, die in allen Regenbogenfarben schillerte. Im nächsten Moment zerplatzte der Zauberspiegel vor den Augen der verblüfften Dursleys wie eine Seifenblase. Auch das große, plüschige Sofa löste sich in Luft auf und beförderte die Muggelfamilie damit unsanft auf den Fußboden und ihre Allerwertesten.
Vernon Dursley rappelte sich auf und klopfte sich den Staub vom staubgrauen Anzug. "Familie!" richtete er das Wort an Frau und Sohn, die verwirrt und leicht eingeschüchtert zu ihm aufsahen. "Wir werden diesen Wahnsinn sofort vergessen! Das alles hier ist nie passiert. Es gab und gibt keine Zauberei und schon gar kein Schweinchen namens Dudley. Und wenn doch, dann hat das alles überhaupt nichts, aber auch ganz und gar nichts mit uns zu tun. Wir gehen jetzt sofort zu einem Chirurgen und lassen dieses Ringelschwänzchen entfernen!"
Und nur Minuten später ruderte eine miefige, kleine, englische Familie in einem kleinen Ruderboot von einer abgelegenen Insel mit einer baufälligen Hütte darauf in Richtung Festland.
(Inoffizieller) Epilog [Vermutlich aus einem Paralleluniversum, in dem die Dursleys noch unbeliebter sind, als in diesem hier]:
Und dann traf ein Blitz das Boot. Ja, ich weiß, sehr unwahrscheinlich, aber es war wirklich so. Und die drei Dursleys strahlten auf wie riesige Leuchtkäfer, um dann zu verglühen. Nur drei Häufchen Asche blieben zurück. ;-)
Einen kurzen Augenblick gab Harry Potter sich der Phantasie hin, wirklich ein Zauberer zu sein und Dudley in ein Schwein zu verwandeln. Allerdings war er im Moment ziemlich überzeugt, dass dieser riesige Mensch sich schlicht und einfach geirrt hatte.
"Ich... ", richtete der bärtige Koloss das Wort an die Familie Dursley, Vater Vernon, Mutter Petunia und Söhnchen Dudley. "Ich habe Euer dickes Kind mit einem Verwandlungszauber belegt. Zuerst wächst ihm ein Ringelschwänzchen, dann breitet es sich davon ausgehend aus wie ein Wasserfleck. Zuerst bekommt er einen dicken, fetten Schweinear... ."
Harry Potter räusperte sich. Er wollte, dass der Fremde endlich zur Sache kam, und keine Schimpfwörter oder stundenlange Erklärungen hören.
Der Riese, der sich als Rubeus Hagrid, Wildhüter und Hüter der Schlüssel und Ländereien von Hogwarts vorgestellt hatte, räusperte sich verlegen und zog Harry zu sich.
"Na ja, ihr Muggel wisst schon, was ich meine. Erst dicke Haxen, dann einen Schweinebauch, und wenn er erst mal einen rosa Rüssel hat, wird der Zauber unumkehrbar sein."
Tante Petunia kreischte kurz auf und klang dabei selbst wie ein aufgebrachtes Mutterschwein.
Hagrid klopfte Harry auf die Schulter und führte ihn zur Tür der alten, abgelegenen Hütte auf der stürmischen Insel. Doch bevor er mit dem kleinen Potter nach draußen in den strömenden Regen trat, drehte er sich noch einmal zu den Dursleys um.
"Wenn ich es mir richtig überlege", begann er und zog eine riesige Tragetasche unter seinem schwarzen Fellmantel hervor. "Wenn ich also so darüber nachdenke, dann gibt es noch eine Möglichkeit, den Zauber auf Eurem Dickerchen zu stoppen."
"Wie?" quiekten die beiden mehr als pummeligen, männlichen Dursleys und die knochige, weibliche wie aus einem Mund.
Hagrid wühlte in der Tasche und schien fast bis zur Hüfte darin zu verschwinden, obwohl die Tasche von außen nicht aussah, als böte sie Platz für einen derart großen Menschen, wie Harry fand. Nach einer halben Ewigkeit zog der Halbriese einen mannshohen, verzierten Spiegel mit einem leicht beschädigten, goldenen Rahmen aus der Tasche und baute ihn vor den Muggeln auf.
"Wenn ihr brav in dieser Hütte bleibt..." Hagrid zog ein tischtuchgroßes Taschentuch hervor und begann, den Spiegel zu polieren. "... und wenn ihr hier wartet, bis Harry und ich von unseren Besorgungen aus London zurück sind... " Der Wildhüter machte einen Ausfallschritt und richtete seinen rosa Regenschirm direkt auf den Spiegel. Harry fand, es sah aus, als wolle er das alte Ding zu einem Fechtduell herausfordern. "Und wenn ihr Euch währenddessen anhört, was der Geist in diesem Spiegel zu erzählen hat, dann... vielleicht... aber auch nur vielleicht... und auch nur, wenn Ihr mir keinen anderen Grund liefert, dann werde ich den Fluch von Eurem Duddey-Spatz nehmen."
"Vernon?" quietschte Petunia Dursley und flüchtete sich mit ihrem Sohn im Schlepptau in die fleischigen Arme ihres Gatten. Die irritierten Blicke der drei huschten nervös zwischen dem Wildhüter und dem Zauberspiegel hin und her.
"Ich nehme das mal als ein klares 'Ja!' " meinte Hagrid und lachte grollend und kehlig. Dann schüttelte er den Regenschirm in Richtung Spiegel und murmelte: "FAIRYATAE!"
Und so kam es, dass nur Minuten später ein fliegendes Motorrad mit einem riesigen Wildhüter und einem noch immer erstaunten und leicht verunsicherten Zauberlehrling namens Harry Potter an Bord mit lautem Motorengeheul von einer kleinen, meerumtosten Insel abhob, während eine miefige, kleine, englische Durchschnittsfamilie gebannt auf eine silbrig-weiße Rauchwolke starrte, die sich im Inneren eines hohen Zauberspiegels wölkte.
"Ver...?" begann Petunia und drehte ihren Kopf auf ihrem langen Hals ihrem Ehemann zu, doch weiter kam sie nicht, denn Vernon stammelte: "Da... da... da... !" und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Spiegel.
"Guten Abend, meine Dame und mein Herr, liebes Kind!"
Im Spiegel stand ihnen nun statt ihrer eigenen Spiegelbilder ein blond gelockter Mann in einem mit Goldfäden durchwirkten dunkelroten Umhang mit einer riesigen, aus seinem Gesicht hervorstehenden Nase gegenüber und zeigte ihnen seine unnatürlich ebenmäßigen und blitzend weißen Zähne.
"Meine Aufgabe, verehrte Dursleys, für die nächsten Stunden oder vielleicht auch Tage wird sein, Sie mit einem der wohl weltbesten Märchen der ganzen Welt zu unterhalten und Ihnen damit die Wartezeit zu vertreiben. Also, setzen Sie sich bitte, und machen Sie es sich bequem!"
Ein großes, plüschiges Sofa materialisierte sich hinter den Dursleys und fing sie auf, als sie wie von Geisterhand zurück gestoßen wurden.
"Und viel, viel Spaß bei meiner Show!"
Der eigentümliche Mann mit dem Haifischgrinsen, dessen Alter man nur sehr schwer schätzen konnte, war aus dem Spiegel verschwunden. Stattdessen konnte man nun eine sonnenbeschienene, grüne und hügelige, englische oder irische Landschaft darin erkennen und einen Bauernhof, der sich im Sturzflug dem Betrachter näherte. Noch während Dudley Dursley versuchte, es sich trotz seines Ringelschwanzes auf dem Sofa gemütlich zu machen, begann eine angenehme und melodische Stimme zu erzählen. Und während sie erzählte, erwachte die Geschichte im Inneren des Spiegels zum Leben.
"Dies ist die spannende, lustige, alberne und tragische Geschichte von einem Schweinchen namens Dudley.
Es war einmal zu einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat und jeder Mensch magische Fähigkeiten hatte, da lebte auf einem kleinen Bauernhof inmitten von grünenden und blühenden Wäldern und Feldern ein kleines, aber einsames Schweinchen namens Dudley. Und es lebte gut und gesund und wurde dick und rund, bis zu dem Tag, an dem der Bauer sehr, sehr spät aus dem Pub heim zu Weib und Kind, Schwein und Rind kam.
Leider hatte der Bauer, der übrigens Abe Dumbledore hieß, das gesamte Geld der Familie im Pub verspielt. Die Ehefrau war sehr zornig und fragte ihren Gatten: "Und von was sollen wir jetzt die Pacht an Lord Malfoy bezahlen?"
Der Bauer überlegte sorgenvoll hin und her. "Ich werd wohl das Schweinchen auf dem Markt verkaufen müssen." - "Was?" fragte die Bäuerin. "Das süße kleine Dudley-Schweinchen? Verkauf lieber die Ziege." - "Nichts da, die Ziege bleibt hier."
Gesagt, getan. Am nächsten Morgen trieb der Bauer das Schweinchen auf den Markt, wo sich auch schnell ein Käufer fand. "Ein prächtiges Schweinchen habt Ihr da, Mr. Dumbledore. Richtig schön fett. Es wird mir einen ganz prächtigen Schinken für das nächste Weihnachtsfest liefern..."
Dudley Dursley blieb vor Entsetzen der Mund offen stehen, und er rutschte unruhig auf dem Ringelschwänzchen hin und her. "Ich will das nicht sehen. Dad, unternimm sofort etwas. Ich will wieder nach Hause!"
Doch das plüschige, weiche Sofa bildete einige starke Fangarme aus und hielt die Dursleys flauschig weich, aber gnadenlos fest. Und sie mussten sich, ob sie wollten oder nicht, das Märchen zu Ende ansehen.
"... Schnell war man sich handelseinig. Das Schweinchen wurde hinter den Karren seines neuen Besitzers, eines Schulmeisters namens Servatus Snape gebunden. Und Abe Dumbledore machte sich mit einem ganzen Sack voll Silberlingen auf den Weg zurück zu seiner kleinen Farm. Unterwegs traf er auf einen fahrenden Pub-Wagen mit Wein, Weib und Gesang, und er verspielte und verprasste seinen Erlös für das Dudley-Schweinchen sofort wieder. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden...
Servatus Snape, währenddessen, sperrte das Schweinchen namens Dudley in ein Gatter nahe eines kleinen Häuschens und der Schule und mästete und hegte und pflegte es. Alle zwei Tage kam er mit einem großen, scharfen Messer und einem riesigen Schmortopf vorbei, um Maß zu nehmen für das Weihnachtsfest, das glücklicherweise noch mehr als ein halbes Jahr in der Zukunft lag.
Das Schweinchen namens Dudley versuchte alles, um seinem Gefängnis zu entkommen, aber das Holz des Gatters war stark und das Schweinchen wurde immer fetter und fauler. Bald suhlte es sich nur noch im Matsch und sah den Vögeln im Himmel beim Fliegen zu und den Schafen nach, die Tag aus, Tag ein auf der Strasse an ihm vorbeizogen. Und er unterhielt sich mit den Kindern, die jeden Tag, nach getaner Feldarbeit zum Schulmeister Snape in den Unterricht kamen. Eine seiner besten Freundinnen wurde Lily Snape, die Tochter des Lehrers, die ihn immer öfter besuchen kam und ihm auch das ein oder andere Mal zu Fressen brachte.
Eines Tages, als Lily dem Schweinchen wieder zu Fressen brachte, kam auch ihr gestrenger Vater Servatus Snape hinzu und nahm wieder einmal Maß. "Prächtig, prächtig", murmelte er und machte sich Notizen auf einem Blatt Pergament. "Bald ist er fett genug, damit ich ihn schlachten kann."
Das Dudley-Schweinchen quiekte erschrocken auf und blickte mit jammervollem Blick auf seine Freundin Lily. Diese fasste sich schließlich ein Herz und zupfte ihrem Vater zögerlich an seinem schwarzen Gewand.
"Herr Vater, müssen wir das Schweinchen unbedingt schlachten? Ich hab' es so lieb gewonnen. Schau Dir mal diese kleinen Schweineäugelein an." Lily schaute zu ihrem Vater hoch. Der strenge Lehrmeister blickte in Lilys Augen, und seine sonst so strenge Miene wurde etwas weicher, war doch Lily seine Lieblingstochter, der er selten etwas abschlagen konnte. Er seufzte und schüttelte den Kopf.
"Lily, Lily. Ich habe viele Silberlinge, für dieses Schwein bezahlt. Wir haben es gemästet, und wenn wir es nicht schlachten, werden wir im Winter Not leiden."
Das Dudley-Schweinchen lauschte gebannt dieser Konversation. Lily kraulte die kleinen Öhrchen. "Vater, verkauf das Schwein doch wieder. Du solltest jetzt mehr Geld dafür bekommen, weil es ja nun viel fetter ist."
Servatus Snape überlegte eine Weile hin und her. Vielleicht hatte seine Tochter Recht, und er konnte das Schwein wirklich Erfolg bringend weiter verkaufen. Vielleicht konnte er sich dann ein Rind kaufen. Rindfleisch war eh viel gesünder.
Am nächsten Morgen machte er sich mit dem Schweinchen und seiner Tochter Lily auf den Weg zu Lord Malfoy. Auf dessen Burg fand jeden Freitag ein großer Markt statt. Der Weg war weit, und so brachen sie schon in den frühen Morgenstunden auf.
Unterwegs trafen sie auf eine Gruppe vom fahrenden Volk, Gaukler und Spielleute, die auch auf dem Weg zur Burg waren. In einem mit kryptischen Zeichen bemalten Wagen fuhr eine seltsam aussehende Frau. Ihre bunten Röcke und Schals flatterten im Wind und ihre vielen Armbänder klimperten. Ihr Blick fiel auf das Schweinchen, und das Dudley-Schweinchen quiekte vor Entsetzen laut auf.
Es war dies die berühmte Seherin Sybilla Trelawnex, die, wie es das Schicksal wollte, ein großes Vermögen erben sollte, sollte sie bis zum nächsten Vollmond verheiratet sein. Leider hatte sie schon vor Jahrhunderten dem männlichen Geschlechte abgeschworen und beschlossen, niemals ein menschliches Wesen zu heiraten, darum hatte sie den Entschluss gefasst, das erst beste Schwein zu ehelichen, das ihr vor die Augen kam, um das Vermögen nicht zu verlieren.
Diesen Vorsatz im Hinterkopf, stieg sie von ihrem Wagen und näherte sich der kleinen Karawane aus Vater und Tochter Snape und Schweinchen Dudley. Gerade wollte sie die Verkaufsverhandlungen beginnen, als ihr Blick von den ölig-schwarzen Augen des Servatus Snape gefangen genommen wurde. All ihre Vorsätze und Schwüre die Männer betreffend waren mit einem Wimpernschlag vergessen, und Sybilla verlor im Handumdrehen ihr Herz an den Schulmeister.
Nun traf es sich, dass auch Servatus Snape in Liebe entflammte und ohnehin schon einige Jahre Witwer war. Man kaufte also auf dem Markt von Sybillas Geld ein Rind, und kehrte dann zu dritt in das kleine, aber bescheidene Häuschen des Schulmeisters zurück. Man wollte eine große Hochzeit feiern und von nun an von Sybillas geerbtem Vermögen leben. Das Schweinchen Dudley sollte ein Teil der Familie werden und bis ans Ende seiner Tage Wohnrecht im Hause Snape erhalten.
Doch bereits hinter der nächsten Biegung des Rückweges wartete neues Unheil auf das Schweinchen namens Dudley. Hier lauerten nämlich drei berüchtigte Räuber mit den Namen Weasley, Potter und Black. Sie folgten der lustigen Schar, warteten hinter dicken Bäumen, bis sie ein Nachtlager am Wegesrand aufgeschlagen hatte, dann schnappten sie sich das Schweinchen, stopften es in einen großen Sack und flohen mit ihm über alle sieben Felder, Hügel und Berge in ihre finstere Räuberhöhle.
Kaum in ihrer Höhle voller geraubter Schätze und Gewürze angekommen, befiel die drei Räuber ein nagendes und knurrendes Hungergefühl. Schnell war man sich einig, dass es heute das fette, kleine Schweinchen zum Abendmahl geben sollte. Sie schleppten es in seinem Sack nach draußen vor die Höhle und hatten schnell ein großes Lagerfeuer entzündet. Doch so einig, wie man sich darin war, dass man das Schweinchen verspeisen wollte, so uneins war man sich über die Zubereitung.
"Wir braten es am Stück über dem Feuer! Ich hatte lange kein Spanferkel mehr!" rief Räuber Weasley und rammte einen großen Spieß in den Boden vor dem Feuer. "Nein!" warf Räuber Potter dazwischen und schleppte einen großen Kessel voller Wasser aus der Räuberhöhle. "Wir kochen es!" - "Wir zerquetschen es zu Sülze!" verlangte Räuber Black und wollte sich schon auf das Schweinchen im Sack setzen. Und schon war ein lautstarker Streit im Gange.
Und noch während sie so stritten, und noch bevor die Morgensonne sie zu Stein erstarren lassen konnte, erschien plötzlich unter lautem Dudelsack-Gequietsche eine streng dreinschauende Frau in Schottenkaros mit einer Brille auf der Nase in ihrer Mitte.
"Ich bin", stellte sie sich vor und wedelte mit einem Zauberstab, "Minerva McGoogle, die beste aller guten Feen, und ich möchte Euch einen Wunsch erfüllen!"
Augenblicklich waren die knurrenden Mägen vergessen, und die Räuber überschlugen sich mit ihren Wünschen und Forderungen, ohne wirklich darüber nachzudenken. "Ich möchte schwarzes Haar!" rief Räuber Weasley, der von Kindesbeinen an unter seinen roten Locken zu leiden gehabt hatte. "Ich will ganz hoch hinaus!" brüllte Räuber Potter, der schon immer geglaubt hatte, dass einmal etwas ganz Besonderes aus ihm werden würde. "Ich will leicht sein, wie eine Feder!" krähte Räuber Black, dessen weite Umhänge seine überflüssigen Pfunde schon lange nicht mehr kaschieren konnten.
Der strenge Gesichtsausdruck der guten Fee wurde noch verkniffener, und ihre Augenbrauen schienen plötzlich über ihrer Nase zusammenzuwachsen. "Das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal!" poltere sie. "Das geht nun wirklich nicht!"
Und mit einem lässigen Schlenker ihres Zauberstabes verwandelte sie die drei Räuber in drei Raben, die sich laut protestierend krächzend in den wolkenverhangenen Abendhimmel erhoben.
"Na ja", murmelte Minerva McGoogle und sah die Raben am Horizont verschwinden, "vielleicht geht es doch! Ich hasse Typen, die sich keine Gedanken über ihre Wünsche machen!"
Anschließend räumte sie die Räuberhöhle aus und lud alle Schätze, alles Gold und alles Geschmeide und alle Gewürze auf ihren Ochsenkarren, den sie in der Nähe hinter einem Haselnussdickicht geparkt hatte. Das Dudley-Schweinchen im Sack nahm sie auch mit und machte sich mit ihm auf den weiten und beschwerlichen Weg zu ihrem Feen-Hexen-Häuschen, irgendwo verborgen in den Highlands.
Dem armen Schweinchen wurde es wieder einmal ganz unheimlich. Das Hexenhäuschen lag wirklich arg abgelegen und bestand eigentümlicher Weise ganz aus Ingwerplätzchen. Was hatte die Hexe bloß mit ihm vor?
Minerva McGoogle ließ das Schweinchen in ihrem Wohnzimmer frei. "Pass mal schön auf. Es wird nicht an den Wänden geknabbert. Geschäfte werden nicht im Haus erledigt. Solange Du Dich an diese beiden Regeln hältst, sollten wir gut miteinander auskommen. Ich brauche nämlich ein Haustier. Meine Katze ist letzte Woche verschwunden. Und eine Hexe ohne Tier auf dem krummen Rücken geht nun einmal nicht. Aber, wenn ich Dich so ansehe, muss ich sagen, Du bist reichlich fett und damit wohl zu schwer, für meinen Rücken. Ab jetzt gibt es eine strenge Diät für Dich. Und jeden Morgen Frühsport. Mit etwas Disziplin bekommen wir das wieder hin. Du hast Glück, dass heute meine beiden liebreizenden Töchter Anna und Bolika McGoogle zu Besuch kommen. Sie sind Jury-Mitglieder bei 'Britanniens Next Top-Schweinchen' und wahre Expertinnen, was die körperliche Fitness angeht. Sie werden Sport mit Dir treiben, Dich hegen und pflegen und Dich binnen kürzester Zeit zum schlanksten, rosigsten und sympathischsten Scheinchen auf allen Inseln der britischen See machen. Dann noch ein wenig Hautpflege und das ein oder andere Lavendelduftbad, und alle Hexen und Feen des Universums werden mich um Dich beneiden!"
Das Schweinchen wusste nicht so wirklich, ob es sich freuen oder in Panik geraten sollte. DIÄT? FRÜHSPORT? HAUTPFLEGE? Das waren alles böhmische Dörfer für ihn. Es klang auf alle Fälle bedenklich. Seufzend rollte es sich in einer Zimmerecke zusammen.
Am nächsten Morgen wurde es durch lautes Quietschen geweckt. "Och, ist das süüüüüß. Und wenn es erst gebadet ist, so rooooosa. Und wenn es erst abgenommen hat, soooo sexy."
Die Schwestern Anna und Bolika waren entzückt und betrachteten und musterten das Schweinchen von allen Seiten. "Aber zuerst machen wir einen Waldlauf."
Sie trieben das Dudley-Schweinchen aus der Hütte und hetzten es gnadenlos durch den Wald. Mehrfach war es kurz vor dem Zusammenbrechen, doch die Schwestern kannten keine Gnade. Zum guten Schluss, als es schon das Gefühl hatte, tot umfallen zu müssen, nutzte es einen günstigen Augenblick und machte sich aus dem Staube.
Das Dudley-Schweinchen lief viele, viele, viele Stunden durch den Wald und war bald endgültig am Ende seiner Kräfte. Da traf es plötzlich auf ein kleines Häuschen mitten im Walde. Vorsichtig schubste es mit seinem Rüssel die Tür auf und stapfte unsicher hinein.
Um einen Tisch herum standen sieben kleine Hocker. Auf dem Tisch standen sieben kleine Teller und sieben kleine Becherchen. Weil es so großen Hunger und Durst hatte, probierte es etwas von einem Teller und trank aus einem Becher. Der Wein darin war sehr stark, und es wurde ganz müde. In einem Nebenraum standen sieben kleine Bettchen, und es plumpste in das erstbeste hinein und fiel in einen tiefen Schlaf. So hörte es nicht, wie die Bewohner der Hütte heimkehrten.
"Hiho, Hiho, was sind wir alle froh..." - "Ey Bill, hör auf zu schubsen." - "Charlie, halt mal die Laterne höher." - "Percy, Du alter Klugschwätzer..." - "Georgie, ich hab es genau gesehen, dass Du Ronny an den Haaren..."
Die seltsam gekleideten Gestalten machten wirklich einen fürchterlichen Krach, aber das Dudley-Schweinchen war so müde, dass es nicht aufwachte. Und es wusste auch nicht, dass es in einem der Bettchen der berühmten sieben Werge eingeschlafen war.
Die Werge mit den Namen Bill, Charlie, Percy, Ferd, Georgie, Ronny und Ginever arbeiteten tagsüber im Bergwerk hinter den sieben Zwergen, wo sie Gold und Edelsteine schürften und alle Arten von Erzen abbauten und zu Herzen verschmolzen. Abends kehrten sie immer erschöpft, aber fröhlich in ihre kleine Hütte hier im Wald zurück, wo ihre arme, kleine Schwester Ginever ihnen zu allem Überfluss auch noch den Haushalt führen musste.
Wie oft hatte sie sich schon gewünscht, sie hätten eine Putzfrau oder eine Köchin oder einfach eine Haushälterin, aber bisher waren all ihre Versuche, jemanden für diese Aufgabe zu entführen, schon in den Anfängen fehlgeschlagen. Die alte Watschelhexe, die Bill in einer üblen Spelunke angesprochen hatte, hatte sich lieber in einen Stein verwandelt, als ihren Berg Wäsche zu waschen. Die eingebildete Königstochter, die Georgie auf einem Jahrmarkt aufgerissen hatte, wollte lieber eine Haut weiß wie Milch oder Schnee und Haare schwarz wie Ebenholz, als Kartoffeln zu schälen. Und der Hauself schließlich, den Ronny angeschleppt hatte, hatte plötzlich ein T-Shirt mit dem Bild einer gewissen "HERMY-G" getragen und war in einen noch andauernden Streik getreten.
So musste die arme Ginever auch an diesem Abend, wie an schon so vielen zuvor, sehen, was der Kälteschrank noch hergab, und einen grauenhaften Eintopf kochen, über den ihre Brüder zwar wie immer gierig herfallen würden, der aber auch wie üblich Anlass für einen ganzen Schwall von Beschwerden sein würde.
Doch noch bevor Ginever das Feuer richtig entzündet hatte, hörte sie schon Charlie rufen: "Wer hat auf meinem Höckerchen gesessen?" Statt einer Antwort gab es einen neuen Ruf von Percy: "Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?" Und Ronny rief: "Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?"
Ginever wurde die Sache langsam mulmig und sah hinüber zum Nebenraum, in dem ihre Bettchen standen. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie an diesem Morgen die Tür fest verschlossen hatte. Jetzt stand sie einen Spalt breit offen. Mit pochendem Herzen schlich sich die jüngste der Werge in das Schlafgemach und sah schon von weitem einen dicken Berg unter ihrer Bettdecke liegen. Dieser unförmige Hügel hob und senkte sich langsam im Rhythmus eines leisen Schnarchens.
"UND WER SCHLÄFT DA IN MEINEM BETTCHEN?" kreischte Ginever so laut, dass nicht nur ihre Brüder mit ihrem Radau aufhörten, sondern auch ein kleines Schweinchen namens Dudley mit einem lauten, schnarchenden Grunzquieken zwischen den Federbetten in die Höhe fuhr.
Die Brüder kamen angepoltert, und das Schweinchen sah ängstlich umher in der stillen Hoffnung, einen Fluchtweg zu finden. Die Brüder erblickten das rosige und wohlgenährte Schwein und sahen sich grinsend an.
"Denkt Ihr auch was ich denke?" meinte Ronny und zückte mit der einen Hand ein Messer und mit der anderen den Zauberstab. Seine Brüder verstanden natürlich sofort, konnten aber nicht antworten, da sie alle eine große Pfütze im Mund hatten.
Duddy-Schweinchen blickte Ginever so treu an wie er nur konnte. Ginever, die als einzige etwas Verstand geerbt hatte, blickte ihre Brüder zornig an. "Typisch! Ihr könnt nur ans Essen denken. So ein Schweinchen ist nützlich. Ich werde ihm beibringen, wie es uns den Haushalt führen kann."
Das Schweinchen nickte ganz eifrig seine Zustimmung, und da es nicht dumm war, konnte ihm Ginever in schnellster Zeit die wichtigsten Dinge beibringen. Und schon bald war das Schweinchen namens Dudley das einzige Schweinchen im ganzen Königreich, das nicht nur Wäschewaschen, Kochen und Putzen konnte, sondern dabei auch noch abnahm und von Minute zu Minute schöner wurde. Die Öhrchen blitzten rosigrot im Morgenlicht. Die Schweineschwarte verwandelte sich in samtig-pinken Flaum.
Das kam auch Grunzilla, der alten Wildsau zu Ohren, die sich bisher für das schönste Schwein im ganzen Wald gehalten hatte. Jeden Morgen trabte sie aus ihrer Suhle an einen dunklen, schwarzen Tümpel unter einem Steinbruch, betrachtete ihr Spiegelbild und fragte: "Tümpel, Tümpel unter der Wand, wer ist die schönste Pottsau im ganzen Land?"
Und für gewöhnlich antwortete eine alte Unke, die in dem Tümpel lebte und einfach nur ihre Ruhe haben wollte, dann einfach: "Frau Wildsau, Ihr seid die schönste im ganzen Land." Zufrieden mit dieser Antwort war Grunzilla noch jedes Mal wieder von dannen gezogen.
Doch eines Morgens nicht lange nach dem Einzug von Dudley-Schweinchen ins Haus der Werge, antwortete die Unke statt ihres Standardtextes auf die Frage des Wildschweins: "Frau Wildsau, Ihr seid die Schönste hier, aber Schweinwittchen hinter den sieben Zwergen bei den sieben Wergen ist noch tausendmal schöner als Ihr!"
Dieses erboste Grunzilla über alle Maßen! Sie ging entrüstet nach Hause und dachte nach. Der Weg war weit. Sollte sie ihn auf sich nehmen? Am nächsten Tag ging sie noch einmal zum Tümpel, in der Hoffnung, dass eine andere Antwort käme. Dem war nicht so, und Grunzilla machte sich auf die Hufe, um sich dieses Schweinwittchen einmal anzusehen.
Geschickt tarnte sie sich als Marktfrau, und als das Dudley-Schweinchen vor die Tür trat, reichte sie ihm zur Verkostung einen roten Apfel. Dudley war so ausgehungert, dass er ihn gierig verschlang. Doch leider blieb ihm der Apfel im Hals stecken, und er japste nach Luft und fiel plötzlich um und blieb regungslos liegen.
Die Werge waren sehr traurig und legten das Dudley-Schweinchen in einen Sarg aus Zuckerwatte. In diesem Moment kam eine verwunschene Prinzessin des Weges. Sie verliebte sich sofort in das rosige Schweinchen und bat die Werge, es ihr zu überlassen.
"Wer bist Du?" fragte Ginever. "Man nennt mich Miss Molly, aber in Wirklichkeit bin ich Miss Piggy. Ich wurde in eine menschliche Gestalt verwandelt. Wenn ich ein Schwein küsse, das ich liebe, werde ich zurück verwandelt."
Da weinte Ginever ein wenig, aber sie willigte ein, Miss Molly das scheinbar tote Schweinchen zu überlassen. Die sieben Werge sollten Dudley-Schweinchen in seinem Zuckerwattesarg zum Schloss der Schweineprinzessin bringen. Dort wollte Miss Molly dreizehn ihrer besten Leibärzte und Hofzauberer damit betrauen, ihn wieder zum Leben zu erwecken.
Doch weit kamen sie nicht, denn schon auf halbem Weg geriet der Werg namens Ronny ins Straucheln und mit ihm alle anderen Werge und der Zuckerwattesarg. Das Schweinchen namens Dudley fiel heraus und spuckte beim leichten Aufprall auf den Waldboden den Apfelgriebsch aus, der ihm im Halse gesteckt hatte. Er hustete und prustete, und schon war die Zuckerwatte um ihn herum verschlungen und verweht.
Als nun das so genannte "Schweinwittchen" wieder die Augen aufschlug und so gar nicht tot bleiben wollte, stürzte plötzlich Grunzilla, die alte Pottsau, hinter einem Baum hervor und wollte auf Dudley losgehen. Niemals würde sie zulassen, dass dieses Ferkel das schönste Schwein im ganzen Land sein und jetzt auch noch eine Schweineprinzessin bekommen sollte. Sie wollte Dudley-Schweinchen gerade in den Rüssel beißen, als Miss Mollys Blick auf sie fiel.
In diesem Moment war es um die verzauberte Miss Piggy geschehen. Niemals zuvor in ihrem Schweineleben hatte eine andere Sau derartige Gefühle in ihr geweckt. Und Grunzilla blieb ebenfalls wie vom Donner gerührt stehen und sah Miss Molly in die blauen Äugelein. Schon beugte sich das Schwein in Menschengestalt herab und hauchte der Wildsau einen leichten Kuss auf den borstigen Rüssel.
Ein Blitz, ein grelles Licht und ein schrilles Klingeln, und vor den sieben Wergen standen drei kleine Schweinchen, das Schweinchen namens Dudley, die Wildsau namens Grunzilla und ein Schwein mit lila Lidschatten und rotlackierten Hufen und einer schlecht sitzenden Blondhaarperücke namens Miss Piggy.
Und während Miss Piggy und Grunzilla verliebt im Wald verschwanden, um am Tümpel der Unke bis an ihr Lebensende in Harmonie und Frieden zu leben, hoppelte das Schweinchen namens Dudley freudestrahlend auf Ginever und ihre Brüder zu.
Doch leider wurden Miss Piggy und die alte Pottsau Grunzilla nicht glücklich, da sie sich nicht einig werden konnten, wer denn nun die Schönste im Lande war. Und so kehrte Miss Piggy binnen weniger Stunden reumütig zum Dudley-Schweinchen zurück.
Die sieben Werge ließen ihr Schweinwittchen nur ungern ziehen. Doch sie hatten alle eine romantische Ader und gönnten dem Schweinchen die wahre Liebe, hatte es ihnen doch lange treu gedient.
Und so zogen Miss Piggy und Dudley verliebt von dannen, doch auch dieses Glück währte nicht lange, da Miss Piggy anscheinend etwas flatterhaft war. Unterwegs traf sie eine Kröte namens Trevor und verliebte sich augenblicklich in sie.
"Du bist mein wahrer Prinz, mein kleiner, grüner Frosch." Der Kröterich blähte sich empört auf. "Ich bin doch kein Frosch!" quakte er. Doch Miss Piggy ließ so etwas nicht gelten. "Papperlapapp, mon Ami. Du wirst den Namen Trevor ablegen, ich werde Dich Kermit nennen, und wir werden glücklich und zufrieden bis ans Ende unserer Tage!" Sie zog die Kröte hinter sich her, und schon waren sie verschwunden.
Das arme Dudley-Schweinchen war wieder einmal ganz allein. Doch es dauerte nicht lange, und er traf auf ein kleines Mädchen. "Wer bist Du denn?" quiekte er.
"Ich bin Dolores Umbrella. Man nennt mich auch 'Rosakäppchen', weil ich immer eine rosa Kappe trage. Ich bin auf dem Weg zu meiner Großmutter. Willst Du mich begleiten?"
Dudley nickte. 'Zu zweit ist man weniger allein', dachte er und trabte hinter Rosakäppchen her.
"Wir müssen uns nur vor dem bösen Werwolf in acht nehmen, hat die Mami gesagt. Und dürfen auf keinem Fall mit ihm reden." Dudley blickte erschrocken zum Vollmond auf, der unglücklicherweise genau in diesem Moment hinter einer dicken Bewölkung verschwand. Und so standen Dolores, das Rosakäppchen, und das Schweinchen namens Dudley nur wenige Weggabelungen später Ratzeputz Lupin, dem gefährlichsten Werwolf des ganzen Waldes gegenüber, doch sie erkannten ihn nicht, denn bei verhülltem Vollmond zeigte er sich in seiner Menschengestalt. Mit einem breiten Grinsen fragte er: "Mein liebes, kleines Rosakäppchen, wohin gehst Du noch so spät?"
"Guten Abend, werter Herr", antwortete Dolores wegen ihrer anerzogenen Höflichkeit vorerst noch ohne Argwohn. "Ich bin auf dem Weg zu meiner Großmutter, Madame Pomfritte, um ihr meinen neuen Freund, das Schweinchen namens Dudley, vorzustellen und ihr diesen Präsentkorb voller Delikatessen zu überbringen." Mit einer Handbewegung deutete sie auf Dudley und den Weidenkorb in ihrer Armbeuge.
Ein gieriger aber unbemerkter Blick des Werwolfs glitt über das kleine Schweinchen und die köstlichen Spezialitäten, denn in ihm reifte ein teuflischer Plan. "Du solltest, mein liebes Kind, Deinem Omamachen einen großen Strauß Mondblumen pflücken. Sie sind das Seltenste, das es in diesem Wald gibt, und sie blühen heute Nacht besonders schön. Deine Oma wird Dir auf ewig dankbar sein, wenn sie einen ganzen Arm voll davon in die Vase stellen kann. Und wo wir gerade dabei sind", Ratzeputzes Lächeln wurde nun wahrlich wölfisch, "wo wohnt Deine liebe, gute, alte Großmutter noch mal genau?"
Und wieder fiel Dolores "Rosakäppchen" Umbrella auf das Süßholzgeraspel herein und antwortete dummdoof, aber wahrheitsgemäß: "Immer noch Holunderbeergasse 10, gleich gegenüber von Frau Ziege und ihren sieben Scheingeistlein."
Kaum hatte der Werwolf sich mit einer ulkigen Verbeugung verabschiedet und Dolores tatsächlich begonnen, einen Blumenstrauß zu pflücken, schlug das Untier einen weiten Bogen, um vor dem Mädchen und dem Schweinchen am Haus der Großmutter zu sein.
Nach einer ganzen Weile kamen auch die beiden neuen Freunde in der Holunderbeergasse an, und gerade als Dolores an die Tür der Großmutter klopfen wollte, öffnete sich diese langsam mit einem unheimlichen Quietschen. Vorsichtig ging das kleine Mädchen hinein, das Schweinchen direkt an seinen Hacken. Sie kamen direkt in eine große Wohnstube, die die ganze untere Etage des kleinen Häuschens einnahm. Die Vorhänge waren geschlossen und in einem großen Bett am anderen Ende des Raumes lag eine undeutliche Gestalt im Zwielicht. Rosakäppchen ging auf sie zu und fragte vorsichtig: "Großmutter?"
"Ja?" kam es krächzend und leicht knurrend aus dem Bett und der Kopf der Gestalt, der in einer weißen Nachthaube steckte, drehte sich langsam in die Richtung der beiden.
"Ich bin es, liebe, liebe Großmutter!" sagte Dolores und trat näher, doch dann stockte sie. "Großmutter?" fragte sie und versuchte im Halbdunkel etwas genauer zu erkennen, indem sie die Augen etwas zukniff. "Großmutter, warum hast Du so große Ohren?"
"Damit ich Dich besser hören kann, mein Kind! Tritt doch näher!" kam als Antwort eine Stimme, die klang, als hätte sie Kreide gefressen.
"Und Großmutter?" fragte Dolores weiter. Sie war wirklich ein neugieriges, kleines Mädchen. "Warum hast Du so große Augen?"
Ein erneutes Knurren antwortete: "Damit ich Dich besser sehen kann, natürlich."
Das Schweinchen namens Dudley grunzte unruhig und näherte sich mit unauffälligen Seitenschritten dem Fenster und den schweren Vorhängen.
"Dann musst Du mir noch eines sagen, liebe, liebe Großmutter." Rosakäppchen wusste einfach nicht, wann es genug war, und hatte außerdem scheinbar nie 'Grimms Märchen' gelesen. "Warum hast Du so einen großen Mund?"
"Damit ich Dich besser... "
In diesem Moment passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Das Dudley-Schweinchen hatte in den bodenlangen Vorhang gebissen und diesen zur Seite gezogen. Genau in diesem Moment verzogen sich auch die Wolken vor dem kugelrunden Vollmond, und sein milchiges Licht fiel durch das Fenster direkt auf das Bett mit der unheimlichen Gestalt in Frauenkleidern. Mit einem entsetzlichen Heulen verwandelte sich Ratzeputz Lupin vor ihren Augen in einen rasenden Werwolf. Zeitgleich flog die Tür des Wandschranks auf und heraus kamen Rosakäppchens Großmutter und die Geiß mit ihren sieben Scheingeistlein aus der Nachbarschaft, bewaffnet mit Nudelholz und Bergen von Tüten voller Karamellbonbons.
"Wie oft haben wir Dir schon gesagt, Du sollst nicht mit Werwölfen sprechen, Deine Mutter und ich!" maulte Madame Pomfritte, die Großmutter, ihre Enkelin an. "Gut, dass mich das Werwolffrühwarnsystem schon vor Stunden gewarnt hat, dass der alte Ratzeputz im Anmarsch ist!"
Während die sieben Scheingeistlein sich in die Luft erhoben und halb durchsichtig um den Kopf des Werwolfes schwirrten, verpasste die Großmutter ihm eine Holzhammernarkose mit dem Nudelholz.
"So", meckerte die alte Geiß. "Jetzt kommt unsere Rache. Schwester Pomfritte, bereiten Sie die Operation vor."
Dudley quiekte entsetzt, während Dolores "Rosakäppchen" Umbrella schnell das Licht anknipste. "Was habt ihr mit ihm vor?" fragte auch sie entsetzt.
"Wir werden ihm den Bauch aufschneiden und ihn mit Karamellbonbons füllen, auf dass er auf ewig Sodbrennen bekomme und ihm seine blutrünstige Fressgier vergehe!" erklärte die Großmutter und hielt feierlich das Nudelholz in die Höhe.
In diesem Moment öffnete Ratzeputz Lupin schon wieder die Augen. Er schaute unglücklich unter seinen buschigen Augenbrauen hervor und winselte leicht. "Bitte, bitte, liebe Leute! Verschont mich mit dem süßen Kram! Ich habe doch schon genug unangenehmes Karies! Außerdem bin ich doch gar nicht so böse, wie ich im Moment aussehe. Ich bereue wirklich zutiefst, was ich in all den Jahren als böser Werwolf getan habe. Aber ich habe es mir nicht ausgesucht. Ein anderer, noch viel bösartigerer Werwolf hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Aber eine alte Hexe hinter den sieben Bergen, irgendwo bei der Stadt Hergen hat einen 'Wolfsbanntrank' entwickelt, der verhindern soll, dass sich Werwölfe bei Vollmond in Wölfe verwandeln. Alles, was ihr dazu noch fehlt, ist ein kleines, fettes Schweinchen, wie das dort!"
Seine krallenbewehrte Klaue deutete auf Dudley, und der Blick, der das Schweinchen traf und von den anderen Versammelten unbemerkt blieb, strafte die reumütigen und zuckersüßen Worte des Untieres Lügen.
"Bitte, gebt mir das Schweinchen und ich werde so gut wie geheilt werden und damit der allerbeste Nachbar werden, den ihr jemals gehabt habt!"
Der seltsame Werwolfcharme begann bereits auf Großmutter, Enkelin, Ziege und selbst ihre eigentümlichen Scheingeistlein zu wirken. Sie nickten sich alle zu, denn es schien ihnen vollkommen logisch und sinnvoll zu sein, was Ratzeputz da sagte. Und schon mit Blicken und Nicken waren sie sich einig. Sie würden das arme, kleine Schweinchen namens Dudley an den Werwolf ausliefern und danach glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage weiterleben. Sie hatten es ja auch kaum gekannt. Wer würde schon ein fremdes Schweinchen vermissen? Und wenn es für einen 'Wolfsbanntrank' gut war?
Das Schweinchen namens Dudley, unterdessen, hatte das Ende dieser seltsamen Unterhaltung und Beratung gar nicht erst abgewartet, und war unbemerkt durch die offen stehende Tür in die Vollmondnacht entschlüpft und hatte schon eine sichere Entfernung zwischen sich und das Haus der Großmutter gebracht, als der Werwolf erneut aufheulte, weil er erkannt hatte, dass das Schweinchen entkommen war.
Dudley-Schweinchen lief so schnell es konnte durch den Wald. Am liebsten wäre es rückwärts gelaufen, aber vorwärts war es schneller. Immer wieder sah es sich um. Dann lief es plötzlich gegen etwas, das anschließend "AUA!" schrie.
Das Schweinchen sah ängstlich hoch, aber es war nicht der Werwolf. Es war ein grün gekleideter Mann, der seltsamerweise Strumpfhosen trug. "Wer bist Du denn?" quiekte das Dudley-Schweinchen fragend.
"Mein Name, ist Arty Flitwick, und eigentlich bin ich ein Spielmann. Ich ziehe von Ort zu Ort und gebe Konzerte für zahlende Zuhörer. Aber die Zeiten sind schlecht. Die Leute haben kein Geld mehr. Aber jetzt habe ich eine neue Einkommensquelle aufgetan. Ich bin jetzt als Exorzist tätig und vertreibe die bösen Geister aus den Städten."
Das Schweinchen blickte argwöhnisch auf diese kleine Gestalt in Strumpfhosen. "Und welches Böse vertreibst Du?" fragte es den eigentlichen Spielmann. "Nun, im Moment bin ich auf dem Weg zu einem Ort, der voller Ratten steckt. Ich werde sie vertreiben und dann einen Haufen Geld, vom Bürgermeister dafür bekommen."
"Und wie vertreibst Du die Ratten?" wollte Dudley neugierig wissen. "Das weiß ich auch noch nicht so genau. Kommt Zeit, kommt Tee, kommt Rat", grinste der kleine Mann.
"Vielleicht könntest Du sie mit Deinen großen Augen hypnotisieren?" schlug das Schweinchen vor, doch Arty winkte ab. "Nein, das geht nicht. Das habe ich schon mal probiert in einer Stadt im hohen Norden. Am Ende hielten die Ratten sich für Lemminge, sind auf den höchsten Kirchturm geklettert und haben sich in die Tiefe gestürzt. Das war vielleicht eine Schweinerei! Der Marktplatz war total verdreckt, die Bürger total sauer und meine Belohnung natürlich futsch. Aber immerhin genauso futsch wie die lästigen Nagetiere!" Arty Flitwick kicherte in sich hinein.
"Und wenn Du es einfach mit 'normalen' Rattenfallen versuchst?" war Dudleys nächster Vorschlag. "Du weißt schon, Käse oder Nuss-Nougat-Creme in eine Klappfalle. Ratz-fatz, platt ist die Ratz!"
Arty rieb sich nachdenklich die Nase und schmatzte tief in Gedanken versunken. Auch von diesem Vorschlag schien er nicht vollständig überzeugt zu sein. "Nein!" sagte er schließlich. "Ich denke, ich werde den Ratten mal die Flötentöne beibringen. Kennst Du Jethro Tull? Also, dieser Ian Anderson ist ein totales Idol von mir. Wie der immer auf einem Bein stehend die Querflöte spielt. Einfach phänomenal!"
Das Schweinchen namens Dudley hatte nicht den blassesten Schimmer, wovon dieser Rattenfänger da faselte.
"Ich kenne da ein Stück von Jethro Tull, das heißt 'Cat's Squirrel'. Das werde ich den Plagegeistern vorspielen. Danach werden sie mir bestimmt überallhin folgen!"
Arty wühlte in seinem grünen Rucksack beförderte allerdings keine Querflöte, sondern einen schottenkarierten Dudelsack zu Tage. "Den hat mir eine gute, alte Freundin geschenkt", erklärte der Spielmann. "Sie ist die beste aller guten Feen und hört auf den wohlklingenden Namen 'Minerva McGoogle'. Aber ich glaube nicht, dass Du sie kennst." Der Typ hatte ja keine Ahnung, welche Erfahrungen Dudley mit dieser Fee und ihren Töchtern gemacht hatte.
"So, nun muss ich aber weiter!" erklärte der Rattenfänger plötzlich fröhlich. "Mit dem Dudelsackgejaule werde ich die Ratten in den großen Fluss und in den kollektiven Selbstmord treiben. Also, wenn Du meinen Rat willst, dann halt Dich in nächster Zeit von der Stadt fern, Schweinchen. Ich weiß nicht, in welchem Umkreis mein Instrument wirkt." Mit einem letzten Winken war Arty Flitwick auch schon wieder verschwunden.
Und wieder wanderte das Schweinchen namens Dudley weiter über Wiesen und Wälder, durch Hügel und Felder, immer auf der Suche nach dem großen Glück. Schon bald traf es auf ein junges, zerlumptes Mädchen, dessen Gesicht und strohblonden Haare über und über mit Asche beschmutzt waren. Das Mädchen saß vor einem großen Berg getrockneter Hülsenfrüchte und schien diese zu sortieren.
"Wer bist Du, wenn ich fragen darf?" fragte das Dudley-Schweinchen und steckte seinen Rüssel tief in die Hülsenfrüchte. Es waren getrocknete Linsen in einem Haufen Asche.
"Och, Du bist aber ein süßes, kleines Schweinchen!" säuselte das Mädchen. "Und so schön rosa!" Dudley verdrehte leicht die Schweinsäugelein, denn irgendwie kam ihm das bekannte vor.
"Ich bin Narzissenblödel", fuhr das Mädchen fort und tätschelte ihm die rosige Schweinebacke. "Ich wohne mit meinem Vater, meiner Stiefmutter und meinen beiden, blöden Stiefschwestern auf dem großen Gutshof da hinten."
Dudley folgte ihrem Blick in die Richtung des Anwesens und schüttelte sich leicht, als sie ihm nun auch noch in die Wange kniff. Auf dem schmalen Feldweg kamen ihnen zwei sehr unterschiedliche Gestalten, die eine lang und dürr, die andere kleiner und untersetzt, entgegen, aber er konnte sie in der Entfernung noch nicht deutlich erkennen.
"Wenn ich die Linsen aus der Asche herauslese, dann darf ich heute Abend mit Stiefmama und den Schwestern auf den großen Ball auf Burg Malfoy. Und da möchte ich so gerne hin, denn schließlich sucht Lord Luzifer Malfoy gerade eine neue Braut!" Narzissenblödel grinste leicht dümmlich und zupfte ihm an den Schweineohren. "Bitte, bitte, liebes Schweinchen, hilf' mir doch mit den Linsen. Du weißt schon! Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen." Sie zog einen Schmollmund und klimperte aufreizend mit den Wimpern.
"Na, hast Du einen neuen Freund, Narzissendödel?" fragte da eine tiefe, grollende Stimme. Die beiden undeutlichen Gestalten auf dem Weg vom Gutshof waren nun bei ihnen angekommen. Es waren Narzissenblödels böse Stiefschwestern, Vernonia ..."
Petunia Dursley auf jenem gemütlichen Plüschsofa in jener sturmumtosten Hütte auf jener klitzekleinen Insel, in dem, in der und auf der sie mit sanfter Gewalt gezwungen wurde, sich mit ihrem Mann Vernon und ihrem Söhnchen Dudley ein eigentümliches Märchen in einem mysteriösen Zauberspiegel anzusehen, rümpfte die Nase und stieß einen missbilligenden Laut aus.
Das ging nun wirklich zu weit! Diese so genannte "Stiefschwester" namens Vernonia sah haargenau wie ihr Ehemann aus, den man in ein lächerliches Rüschenkleid gesteckt und dem man eine weiße Schillerlockenperücke auf den großen, runden Kopf gestülpt hatte. Leicht beunruhigt, drehte sie ihren Kopf auf ihrem langen Hals in die Richtung ihres Gatten, um zu sehen, wie der diese Veralberung aufnahm. Doch Vernon war sprachlos und starrte nur mit offenem Mund in den Zauberspiegel.
Als Petunia wieder nach vorn sah und die zweite blöde Stiefschwester von dieser einfältigen Gans namens "Narzissenblödel" entdeckte, entfuhr ihr ein entrüstetes: "Also, wirklich!"
"... und Petuniana. Diese beiden waren hässlich wie die Nacht und auch genauso unangenehm und boshaft.
"Was ist nun?" fragte Vernonia noch einmal. "Nimmst Du dieses Ferkel mit auf den Ball?"
Da erhob sich Narzissenblödel und richtete drohend ihren Besenstiel, der neben ihr und dem Asche-Linsen-Hügel im Gras gelegen hatte, auf die beiden hässlichen Schwestern.
"Wartet es nur ab!" brüllte sie plötzlich und warf ihr verfilztes Haar in einer arroganten Geste in den Nacken. "Wenn ich erst mal Lady Malfoy bin, dann wird es Euch schlecht ergehen! Dann schließen mein Mann und ich uns dem größten, schwarzen Hexenmeister aller Zeiten an und erobern mit ihm die Welt. Und Euch lasse ich dann in blutende Täubchen verwandeln, auf dass Euch ein Sternekoch einfangen, rupfen, braten und in seinem Feinschmeckerrestaurant lauter eingebildeten Schnöseln servieren möge!" Dazu lachte sie größenwahnsinnig.
Das Schweinchen namens Dudley schlich sich vorsichtig von dannen. Es mochte die beiden Stiefschwestern nicht und das durchgeknallte Narzissenblödel auch nicht wirklich. Außerdem hatte es allmählich das Gefühl, dies alles schon einmal erlebt zu haben. Konnte es sein, dass es dies alles schon einmal hatte durchmachen müssen?
Und so lief und trippelte es weiter und weiter bis es endlich in einem Ort namens Hogshaven ankam. Dieser Ort kam ihm seltsam vertraut vor. Nur das riesige Schloss mit den vielen Dächern, Räumen und Türmen am Ufer des großen Sees hatte es so nicht in Erinnerung. Dorthin gehörte stattdessen... stattdessen... ja... dorthin gehörten stattdessen ein kleines Schulhaus, eine einfache Hütte und ein hölzernes Gatter, in dem das Schweinchen namens Dudley schon einmal eine Zeit seines Lebens verbracht hatte. Dieses Dörfchen war die Heimat vom Schulmeister Servatus Snape und seiner Tochter Lily. Dudley sah sich staunend um. Der ganze Ort wimmelte von seltsamen Menschen in seltsamer Kleidung. Fast jeder Mann und jede Frau trug einen Besen unter dem Arm und dazu lange, dünne Zauberstäbe. Doch alles war friedlich und vergnügt.
Und hinter der nächsten Häuserecke erblickte das Schweinchen endlich nach all dieser Zeit und all diesen Abenteuern und Strapazen, nach seiner unsäglichen Odyssee durch das Märchenland seine kleine Freundin Lily Snape.
"Schweinchen!" schrie diese schon von weitem und rannte freudestrahlend auf ihn zu. "Du bist es, mein liebes, liebes Schweinchen. Ich dachte schon, ich würde Dich nie, nie wieder sehen! Stell' Dir nur die Sorge vor, in der wir waren, als diese gemeinen Räuber Dich einfach entführt hatten." Als sie es erreicht hatte, wuchtete sie es vom Boden hoch, schwenkte es durch die Luft und herzte und knuddelte es.
"Stell' Dir vor, mein Vater hat die ehemalige Seherin Sybilla Trelawnex geheiratet. Sie hat jede Menge Gallonen, Knuts und Sickel geerbt, und nun ist sie die reichste Frau in der ganzen bekannten Welt. Sie haben in Windeseile dieses Zauberschloss dort drüben errichtet. Es ist wirklich phantastisch, aber leider viel zu groß für unsere kleine Familie, auch wenn Mamchen Sybilla bald Zwillinge erwartet!"
Dem Schweinchen wurde ganz anders von der ganzen Dreherei und Tanzerei, die Lily plötzlich mit ihm angefangen hatte.
"Aber wir haben eine Lösung! Siehst Du die beiden Hexen und die beiden Zauberer dort drüben bei meinem Herrn Vater und Mamchen? Das sind Helga Huffleknuff, Rowenta Ravenklatsch, Gottfried Gryffindor und Salatbar Slytherdings. Und stell' Dir vor, sie wollen mit meinen Eltern zusammen eine Schule mit angeschlossenem Internat aus unserem Schlösschen machen. Eine Schule für Zauberkraft und Hexerei! Ist das nicht super-cool? Vater Servatus und Mamchen Sybilla werden eingehen in die Geschichte als zwei der sechs Gründer der berühmtesten Schule im ganzen Universum! Man wird ganze Häuser nach ihnen benennen!"
Irgendwie hatte das Schweinchen namens Dudley da so seine Zweifel, aber es sagte nichts. Es sagte auch nichts, als das Mädchen Lily es knutschte und küsste und herzte und schmuste. Und als sie es schließlich an eine Wand warf, da verwandelte sich das Schweinchen namens Dudley in einen dicken, bulligen, habgierigen und unerzogenen Jungen namens Dudley, dem ein Ringelschwänzchen aus dem Boden seiner Hose ragte.
Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an das Ende ihrer Tage. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Und nun ist die Geschichte aus und alle geh'n vergnügt nach Haus'!"
Vernon Dursley schnaubte erbost. "Das...", begann er, "das war ja wohl, das beknackteste Märchen, das ich in meinem ganzen Leben jemals erzählt bekommen habe oder mir ansehen oder lesen musste. 'Tunia, ich habe es schon immer gesagt. Die Sippschaft von Deiner Schwester hat sie nicht mehr alle! Bei denen ist eine Schraube locker! Die spinnen die Zauberer!"
Im Inneren des Zauberspiegels war nun wieder der blond gelockte Mann in seinem mit Goldfäden durchwirkten, dunkelroten Umhang und mit der riesigen Nase im Gesicht zu sehen und grinste sie mit seinen ebenmäßigen Zähnen strahlend an.
"Servus, Dursleys!" begrüßte er die Familie erneut. "Ich hoffe, ihr hattet eine angenehme und kurzweilige Zeit mit dem wohl besten Märchen, das die Zaubererwelt derzeit zu bieten hat." Jeden möglichen Einwand der Muggel plauderte er einfach weg. "Ach ja, bevor ich es vergesse: Mein Meister Hagrid hat Ihren Neffe Harry bereits wieder auf den Weg nach Little Whinging, in den Ligusterweg Nummer 4 geschickt. Er wird in Kürze dort eintreffen. Ich denke, Sie kennen den Weg zurück dorthin?"
Die Dursleys tauschten ratlose Blicke.
"Sie sind frei!" fuhr der Zauberspiegelmoderator ganz langsam fort, als wären sie nur sehr schwer von Begriff. "Sie können gehen! Und noch etwas: Das mit dem Zauberfluch, der sich ausbreitet vom Ringelschwanz bis zur Steckdosennase, das war ein Scherz! Nur ein kleiner, gemeiner Scherz. Ihr kleines Dickerchen da neben Ihnen hat nun einen kleinen, possierlichen Schweineschwanz. Das war's! Schluss! Aus! Mehr wird erst mal nicht passieren. Dudley verwandelt sich nicht in ein Schweinchen! Es sei denn, Sie sperren Harry Potter wieder in den Schrank unter der Treppe. Also, seien Sie versichert: 'THE MAGIC WORLD IS WATCHING YOU!' Ansonsten wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Tag. Und schalten Sie auch nächstes Mal wieder ein, wenn es wieder heißt... Ach, was rede ich denn da? Wenn wir alle Glück haben, dann wird es kein nächstes Mal geben. Und Tschüß!"
Mit diesem Redeschwall verschwand der Zauberer aus dem Spiegel und machte einer Wolke Platz, die in allen Regenbogenfarben schillerte. Im nächsten Moment zerplatzte der Zauberspiegel vor den Augen der verblüfften Dursleys wie eine Seifenblase. Auch das große, plüschige Sofa löste sich in Luft auf und beförderte die Muggelfamilie damit unsanft auf den Fußboden und ihre Allerwertesten.
Vernon Dursley rappelte sich auf und klopfte sich den Staub vom staubgrauen Anzug. "Familie!" richtete er das Wort an Frau und Sohn, die verwirrt und leicht eingeschüchtert zu ihm aufsahen. "Wir werden diesen Wahnsinn sofort vergessen! Das alles hier ist nie passiert. Es gab und gibt keine Zauberei und schon gar kein Schweinchen namens Dudley. Und wenn doch, dann hat das alles überhaupt nichts, aber auch ganz und gar nichts mit uns zu tun. Wir gehen jetzt sofort zu einem Chirurgen und lassen dieses Ringelschwänzchen entfernen!"
Und nur Minuten später ruderte eine miefige, kleine, englische Familie in einem kleinen Ruderboot von einer abgelegenen Insel mit einer baufälligen Hütte darauf in Richtung Festland.
– T H E – E N D –
(Inoffizieller) Epilog [Vermutlich aus einem Paralleluniversum, in dem die Dursleys noch unbeliebter sind, als in diesem hier]:
Und dann traf ein Blitz das Boot. Ja, ich weiß, sehr unwahrscheinlich, aber es war wirklich so. Und die drei Dursleys strahlten auf wie riesige Leuchtkäfer, um dann zu verglühen. Nur drei Häufchen Asche blieben zurück. ;-)
[first published May, 20th – 24th 2008]

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