Harry Potter saß an seinem Schreibtisch im Aurorenbüro und starrte auf eine vor ihm liegende Zeitung, ohne sie wirklich zu sehen. Kingsley Shacklebolt hatte sie ihm gegeben, als er ihm die Nachricht gebracht hatte. Ja, die Nachricht... Harry konnte es immer noch nicht ganz fassen. Ein weiteres Mal sah er auf den Artikel in der Muggelzeitung 'Las Vegas Gazette':
>Beim größten internationalen Magiertreffen in Las Vegas ist es am gestrigen Nachmittag bei der Probe zur großen gemeinsamen Abschlussshow der Magier zu einem tragischen Zwischenfall gekommen. Die Eltern des Magiers Dudley, der Übergroße, wurden von zwei weißen Tigern gefressen. Jede Hilfe kam zu spät. Nach unbestätigten Gerüchten soll der Magier Dudley, der Übergroße, einen Nervenzusammenbruch erlitten haben und in eine geheim gehaltene Klinik eingeliefert worden sein. Seine Kollegen zeigen sich sehr erschüttert über diesen tragischen Vorfall.<
Harry sah von der Zeitung auf, und sein Blick wanderte auf einen kleinen Käfig, in dem eine sehr fette, weiße Maus saß. Diese Maus war Dudley Dursley. Sein Cousin hatte keinen Nervenzusammenbruch erlitten. Der Schock über den Tod seiner Eltern hatte bewirkt, dass er sich in eine Maus verwandelt hatte. Harry konnte sich nicht an alles erinnern, was ihm der Heiler aus dem St. Mungos erklärt hatte, aber er wusste noch, dass so etwas nur äußerst selten vorkam und dass es nicht möglich war, die betreffenden Personen zurück zu verwandeln. Sie müssten es aus eigener Kraft schaffen, aber das sei noch nie vorgekommen, denn sie seien keine Animagi, die ihr Bewusstsein behielten, sondern wirklich ganz und gar Mäuse - oder andere Tiere. Es gab also kaum Hoffnung, sodass Dudley sein restliches Leben als Maus würde verbringen müssen.
Das würde ja lustig werden. Der Kater Bruce, der bei Ginny und ihm zuhause wohnte, hatte Mäuse sehr gern - zum Fressen gern! Seine neue Eule Eugenie teilte diese Vorliebe. Und sollte sich eine lebende Maus in ihr Haus verirren, so erschlug Kreacher sie mit einer Pfanne, denn er hasste Mäuse. Und Ginny hielt auch nicht viel von weißen Mäusen. Duddy-Maus würde keinen leichten Stand haben in ihrem Haushalt. Aber Harry blieb ja gar nichts anderes übrig, er trug jetzt die Verantwortung für seinen Vetter.
Allerdings schaffte es Harry nicht einmal, die Dudley-Maus am Abend dieses Tages lebend mit nach Hause zu bringen! Denn an diesem Tag folgte ein Unglück auf das andere. Der Tag war wie verhext!
Alles fing damit an, dass er zu einer Einsatzbesprechung musste, die sich länger hinzog als erwartet. Als er zu seinem Schreibtisch zurückkam, war der Käfig leer. Duddy-Maus hatte sich heraus geknabbert. Dann hatte er wohl Harrys Süßigkeitenvorrat in der Schublade gerochen und sich darüber her gemacht. Dabei hatte er auch einige wichtige Unterlagen angeknabbert. Harry fluchte herzhaft und ging auf die Knie, um nach seinem gefräßigen Vetter zu suchen.Er durchsuchte sein gesamtes Büro, doch die weiße, gefräßige Maus war wie vom Erdboden verschluckt.
Plötzlich hörte er aus dem Nebenzimmer einen entsetzten Aufschrei. Eine leise Vorahnung beschlich ihn. Gerade noch auf allen Vieren auf dem Boden herumrobbend, sprang er auf und lief mit eilenden Schritten dem hysterischen Kreischen nach. Mit einer hastigen Handbewegung öffnete er die Tür und blieb schmunzelnd im Türrahmen stehen. Mitten im Zimmer stand seine Kollegin auf ihrem Bürostuhl und fuchtelte wild mit ihrem Zauberstab herum. Dabei hatte sie einen leicht irren Ausdruck auf ihrem Gesicht.
"Da, da war sie!" piepste die junge Frau auf dem Stuhl und kleine Funken sprühten aus ihrem Zauberstab. "Oh, wie ich diese weißen Mäuse hasse!"
Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es sah einfach zu lustig aus, wie sie da auf dem Stuhl stand und piepste - wie eine Maus. Lässig hob er den Zauberstab: "ACCIO, DUDDY-MAUS!"
Die Maus flog in seine Richtung, aber er konnte sie nicht fangen. Er war erbost. Er hatte so viele goldene Schnatze gefangen, und diese fette Maus nicht?! Er drehte sich rasend schnell um und lief ihr hinterher, den Gang entlang. Gerade noch sah er die Zaubermaus in einem der Fahrstühle verschwinden. Zwischen den sich schließenden Schiebetüren glaubte er zu erkennen, wie sich sein verwandelter Cousin auf die Hinterbeine hockte, höhnisch mit den Schnurrbarthaaren wackelte und mit den Vorderpfoten winkte. Dann hatte die Kabine sich auch schon geschlossen und auf den Weg nach unten gemacht.
"Und ich dachte immer, dass nur schwarze Katzen Unglück bringen. Und jetzt auch noch weiße Mäuse?" Leise vor sich hin fluchend drückte Harry den Knopf, um den zweiten Fahrstuhl in diese Etage zu rufen.
Doch der Fahrstuhl kam und kam nicht. Dann kam eine Meldung, gesprochen von einer netten, körperlosen Stimme: "Der Fahrstuhl Numero zwei steckt fest, weil ein Aufblaszauber aus Versehen abgefeuert wurde. Es wird noch eine Weile dauern, bis der Schaden behoben ist. Benutzen sie solange das Treppenhaus oder den anderen Fahrstuhl." Harry seufzte aus tiefsten Tiefen. Was für ein mistiger Tag, und es war noch nicht mal Mittag!
Und prompt, nachdem er die Tür zum Treppenhaus aufgerissen hatte und einer Leiter ausgewichen war, die dort herumstand und unter der er auf keinen Fall hindurchgehen wollte, trat er auf eine Bananenschale, rutschte darauf aus und fiel einen Treppenabsatz hinunter. Er landete unsanft in einem Schirmständer, der unter dem grottenhässlichen Gemälde eines blutroten Südseesonnenuntergangs an der Wand des nächsten Treppenabsatzes stand, und zerschmetterte dabei mit einem Bein eine uralte, magische Ming-Vase, die irgendjemand hier aus unerfindlichen Gründen abgestellt hatte.
"Fehlt nur noch ein...", dachte er noch, während er sich mit schmerzenden Knochen aufrappelte, da hatte er auch schon den Schirmständer in einen Spiegel geschmettert, während er versucht hatte, seinen zweiten Fuß daraus zu befreien.
"Na, riesenprächtig! Jetzt auch noch sieben Jahre Pech! Warum, bei Merlins Bart, hängt und steht hier nur so viel Krimskrams rum im Treppenhaus?"
Wie auf 's Stichwort, kam genau in diesem Augenblick Helga Beimery, eine besonders gluckige Zauberermutti die Treppenstufen heraufgekraxelt. "Ah, Potter. Haben Sie meine... meine...", schnaufte sie. "Haben Sie meine Ming-Vase gesehen? Darin war die Asche meiner allerliebsten, allerschönsten Hauskatze. Ich wollte sie gerade ins Auferstehungsbüro bringen."
Harry kannte diese alte Gewitterhexe nur flüchtig vom obligatorischen Morgengruß auf dem Besenparkplatz und beeilte sich nun, so wenig unhöflich wie möglich an der Beimery vorbei nach unten und auf die nächste Etage zu gelangen.
Gerade hatte er die nächste Treppenhaustür hinter sich geschlossen, da hörte er hinter sich den entsetzten und ärgerlichen Schrei der Beimery, die wohl die zertrümmerte Vase und die verstreuten Überreste ihres Lieblings entdeckt hatte. Etwas unbehaglich machte sich Harry wieder auf die Suche nach dem Fahrstuhl und natürlich Duddy-Maus.
Wenn er jetzt so nachdachte, hatte der Tag schon sehr bescheiden begonnen. Der magische Wecker hatte versagt. Ginny war zu einem Quidditchspiel in Schottland, und als Harry endlich erwacht war, war es schon 7.30 Uhr gewesen. Er hatte herzhaft geflucht und war mit dem linken Fuß zuerst aus dem Bett aufgestanden. Im Bad war ihm die Seife aus der Hand geflutscht und als er sich gebückt hatte, war er mit dem Kopf gegen das Waschbecken gestoßen. Die magische Rasierklinge war stumpf gewesen und hatte ihm einen dicken Schnitt am Hals eingebracht, der tierisch geblutet hatte. Die Jeanshose schien irgendwie zu eng gewesen zu sein, und ein Knopf war abgeplatzt. "Mist, verdammter!" hatte er geflucht und war die Treppe hinuntergestolpert.
Am Kamin im Wohnzimmer hatte er bemerkt, dass das Flohpulver, mit dem er sonst immer zur Arbeit reiste, ausgegangen war und sie vergessen hatten, neues zu besorgen. Zum Apparieren war der Weg zu weit. Sein Besen war in der Werkstatt, also war ihm nichts Anderes übrig geblieben, als erst den Bus, dann den Vorortzug und schließlich die U-Bahn zum Ministerium für Zauberei zu nehmen. Unterwegs war er angeschnorrt worden von einem schwarzgewandeten Gruftie mit einer Ratte auf der Schulter und einem Penner mit einem zahnlosen Hund. Dann war ihm sein Muggel-Kleingeld auf die Gleise des Vorortzuges gefallen, und er hatte warten müssen, bis ein Laden geöffnet hatte, damit er Geld für die U-Bahn hatte wechseln können.
Und dann zu allem Überfluss noch diese Duddy-Maus! Er ließ sich erschöpft in einen Sessel auf einem Flur des Ministeriums fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Irgendwie war heute nicht sein Tag.
"Na, Potter! Sie werden sich doch nicht von einem Muggel-Aberglauben anstecken lassen? Heute ist ein Tag, noch dazu ein Freitag wie jeder andere auch!" Gerade kam Fourleaf Clover, ein Ministeriumskollege aus der Abteilung für außerparlamentarische Wetterkontrolle breit grinsend auf Harry zu.
"Na, Klasse! Dann wird vielleicht doch noch was aus diesem Tag!" dachte Potter, blieb aber zunächst auf seinem Sessel sitzen. Sollte diese blöde Maus doch der Kuckuck holen!
Doch in diesem Moment lief eine kleine weiße Maus gefolgt von einer Katze an Harry vorbei. "Oh, nein!" stöhnte Harry und sprang aus seinem Sessel hoch und rannte den beiden Tieren hinterher. Die Viecher waren aber ziemlich schnell, und Harry war heute zu langsam.
"Wäre ich doch bloß nicht aufgestanden!" dachte er. Dann fiel es ihm siedend heiß ein. Das Hufeisen über der Türe hatte heute Morgen falsch herum gehangen!!! Jetzt fiel das ganze Glück raus. War das der Anfang des Übels gewesen?
Aus einem der vielen Büros trat gerade Ron heraus und sah, wie Harry den Gang entlang lief. "Harry warte mal! Kann ich dich kurz sprechen?" - "Keine Zeit!" rief Harry im Vorbeirennen, und Ron sah ihm etwas verwirrt hinterher.
Harry hetzte weiter und sah etwas weiter vor sich die Tür zur Kantine. "Hätte ich mir denken können, dass er zur Kantine rennt. Ich glaube auch nicht, dass er wirklich kein eigenes Bewusstsein mehr hat. Das macht er doch alles mit purer Absicht!" fluchte Harry leise vor sich hin.
Er hoffte nur, dass jetzt keiner die Tür öffnete. Er wollte sich lieber nicht das Chaos vorstellen, welches ausbrechen würde, wenn eine Maus dort entdeckt werden würde. Harry schickte ein Stoßgebet in Richtung Himmel, aber es war ja klar, kurz bevor er die beiden Tiere erreicht hatte, ging die Tür zur Kantine auf und Maus und Katze liefen hindurch. Er allerdings rannte direkt in die Person, die aus der Kantine kam und stürzte zusammen mit ihr und ihrem vollen Tablett hin.
Harry lugte vom Boden hoch und stöhnte innerlich ganz laut - während er nach außen hin ein gequältes Lächeln zeigte. Von allen möglichen Auroren-Lehrern musste er ausgerechnet in Mister Metamorphosis, den für fortgeschrittene Verwandlung und Animagie, hineinlaufen. Dieser sah ihn trocken an. "Üben sie gerade? Welches Tier soll das denn werden?"
Harry versuchte cool zu bleiben, obwohl der Lehrer DEN wunden Punkt getroffen hatte! Sein Animagus wechselte noch immer. Mal verwandelte er sich in ein putziges kleines Kaninchen - mit ROSA Fell wohlgemerkt!!! - mal in einen Königspudel mit dummen Felltroddeln an Pfoten und Schwanzspitze. Es war einfach lächerlich. Und unglaublich peinlich! Schon bei dem bloßen Gedanken daran - und an die nächste Unterrichtsstunde - lief Harry knallrot an.
Er richtete sich möglichst würdevoll auf und klopfte sich den Staub vom Umhang. "Mister Metamorphosis", richtete er das Wort an seinen Lehrer. "Haben Sie gesehen, wohin die Maus und die Katze verschwunden sind?"
"Sagen Sie nicht, das waren Azubi-Kollegen von Ihnen!" entgegnete der Zauberer mit erhobenen Augenbrauen. "Wundern würde es mich allerdings nicht. Ich tippe auf Mister Carlo Catto und Miss Danielle Souris! Das ist wirklich der schlechteste Jahrgang, den ich jemals in fortgeschrittene Verwandlung und Animagie unterrichten musste. Sie, Mister Potter, sind doch gut mit Professor Minerva McGonagall befreundet, nach allem was man so hört. Sie ist eine der besten Animagi, die die Zaubererwelt je gesehen hat. Sie sollten sie fragen, ob sie ihnen nicht Nachhilfe..."
Das wollte Harry sich nun wirklich nicht anhören. Für Standpauken war im Unterricht noch mehr als genug Zeit.
Vom anderen Ende des Ganges hörte er jetzt auch noch Ron rufen: "Harry? Harry! Jetzt warte doch mal! Ich muss dringend mit Dir reden!" Auch darauf hatte Harry keine Lust, also stieß er die Tür zur Kantine auf und mischte sich unter die Hexen und Zauberer, die ihre Tabletts hoch über die Köpfe erhoben, panisch den Fußboden nach etwas absuchten.
Plötzlich schrie eine Frau: "Da ist der Übeltäter! Ihm gehört die Maus. Ich habe ihn vorhin mit der Maus in seinem Büro gesehen", und zeigte auf Harry. Am anderen Ende der Kantine riss plötzlich Helga Beimery, die gluckige Zauberermutti die Tür auf. In den Händen hielt sie die Scherben einer antiken Ming-Vase und eine Kehrschaufel, auf der die Asche ihrer - Ja, was war es noch gleich gewesen? - Hauskatze lag. Mit wehenden Haaren und zornverzerrtem Gesicht, stapfte sie auf Harry zu.
"Potter!" schrie sie über den Tumult hinweg. "Was fällt Ihnen denn bitteschön dazu ein?" Sie winkte mit den Vasenscherben. Harry zückte instinktiv den Zauberstab, richtete ihn auf die wütende Hexe und schrie: "REPARO!"
Leider hatte der Zauberspruch, den Hermine so oft auf seine Brille angewandt hatte, nicht den gewünschten Effekt. Statt die Vase wieder zusammenzufügen, reparierte er die Stützstangen im Korsett der Beimery, die sie schon vor Jahrzehnten zerbrochen hatte, weil sie mit den Jahren zwar immer mehr an Fülle und Volumen gewonnen hatte, aber nicht auf ihr korsargiertes Lieblingskleid hatte versichten wollen. Plötzlich in ihrem Kleid eingequetscht, nahm es Helga Beimery den Atem. Sie hustete und lief puterrot an.
"Oh, warten Sie Potter!" schnaufte sie und versuchte nun, mit der Kehrschaufel ihren Korsettpanzer zu knacken. "Wenn ich das meinen Kindern Marionetta, Benjamino und Klausisto erzähle! Dann bekommen Sie die Tracht Prügel Ihres Lebens!" Als sie bemerkte, dass sie die Asche ihres Stubentigers zum wiederholten Male in der Gegend verteilt hatte, kreischte sie noch einmal extra schrill auf.
Und die ganze Zeit über hatte eine Küchenfee auf einem Hocker gestanden und gebrüllt: "EINE KATZE! IN MEINER KÜCHE IST EINE KATZE!"
Die Duddy-Maus hatte sich, beinahe unbemerkt, durch einen Spalt im Fußboden aus dem Staub gemacht.
In dem ganzen Chaos versuchte Harry den Überblick zu behalten, und als er bemerkte, dass Duddy-Maus nirgendwo mehr zu finden war, stürmte er, ohne auf die Rufe zu achten, hinaus in den Flur, gefolgt von einem inzwischen wütenden Ron, da Harry ihn anscheinend ignorierte. Ron lief hinter Harry her. "Harry, Mennoh, warte doch mal! Du läufst hier rum wie ein kopfloses Huhn! Man könnte meinen, Du hättest den Grimm gesehen!" Daraufhin blieb Harry kopfschüttelnd stehen. Ron, wie er ihn kannte und liebte. "Immer die falschen Schlüsse ziehend", dachte er.
Die Zauberer im Flur waren stehen geblieben. Jetzt flüsterten sie alle. Hermine, die den Rest gehört hatte, schaute aus einem Büro heraus und schüttelte den Kopf. Es konnte doch nicht wahr sein, was Ron da gerade gerufen hatte. Harry gab Ron einen leichten Knuff, drängte ihn zur Seite und hastete weiter.
Nach einer wahren Odyssee durch das gesamte Ministerium - wirklich jeder, dem er begegnete, schien wütend den Namen "POTTER!" auf den Lippen zu haben - landete Harry schließlich im Atrium. Direkt neben dem neu errichteten großen Springbrunnen wurde er bereits erwartet. Arthur Weasley jonglierte ein Gemälde von Hand zu Hand und versuchte währenddessen eine ganze Schar von weißen Mäusen einzufangen und zusammenzuhalten. Und jede einzelne dieser Mäuse schien ein Halsband mit einem kleinen Schildchen zu tragen. Als Harry näher kam, konnte er auch die schwarze Schrift darauf erkennen. "Eigentum von Harry Potter" stand da in engen, akkuraten Buchstaben geschrieben. Und konnte es sein, dass es von Sekunde zu Sekunde mehr Mäuse wurden, die da um den Brunnen herumwuselten?
Als Arthur Weasley ihn entdeckte, stellte er das Gemälde ab und kam freudestrahlend auf Harry zu. "Mein Junge, gut Dich zu sehen!" Er schüttelte ihm flüchtig die Hand. "Maureen aus der Kantine sagt, das hier ist Deine Maus?!" Gerade landete eine der Mäuse auf ihren vier Pfoten, verdoppelte sich und trippelte auf acht Pfoten in unterschiedliche Richtungen davon.
"Nun gut, ich meine, das sind Deine Mäuse! Ich hatte ihr, also der ersten Maus, gerade dieses Schildchen um den Hals gehängt und wollte sie gerade zu Dir ins Büro bringen, da ist sie auf dieses verfluchte Muggel-Gemälde gesprungen!" Er deutete auf das Bild, das eine Frau mit ebenmäßigen Gesichtszügen und langen, dunklen Haaren zeigte, die geheimnisvoll lächelte oder vielleicht auch nicht.
"Das ist ein sehr berühmtes Bild in der Muggel-Welt, und irgendein Zauberer muss es mit einem Verdoppelungszauber belegt haben. Einem Verdopplungszauber, der ansteckend auf weiße Mäuse wirkt, muss ich wohl hinzufügen."
Er raufte sich verlegen die Haare und zupfte unbehaglich an seiner Brille. "Ich würde Dir ja gerne helfen mit den Tieren, aber ich muss weg!" Damit packte er das Bild, auf dessen Rückseite jemand die Worte "MOONY LISA" gekritzelt hatte, und verschwand in Richtung Fahrstühle.
"Dudley, Dudley, Dudley!" knurrte Harry zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Mit einem von Dir hat man schon nichts als Ärger, egal ob als Mensch oder als Tier. Aber mit einem ganzen Atrium voll????"
In diesem Moment spürte er ein leichtes Klopfen an der Schulter. Er wirbelte herum. Da stand Ron, mit einem breiten Grinsen im sommersprossigen Gesicht. "Ich weiß ja nicht, was es ist, aber es sieht aus, als stecktest Du ganz tief in der Sch.... !"
"Und das im wahrsten Sinne!" stöhnte ein mehr als genervter Harry. Gerade hatte er nämlich eine der Mäuse hochgehoben und auf seiner Handfläche platziert. Zum Dank ließ das Duddy-Mäuschen drei hübsche kleine Mäuseköddelchen fallen und blinzelte Harry unschuldig an. Verstohlen sah Harry sich um und ließ die Köddelchen auf den Boden fallen.
"Was mache ich denn jetzt?" stöhnte er und sah Ron fragend an. Dieser grinste und lugte über seine Schulter. "Du hast Glück - da kommt die Kavallerie." Harry drehte sich und seufzte erleichtert - Hermine!
"Ich habe schon von Deinem Problem gehört, aber seit wann züchtest Du weiße Mäuse?" fragte Hermine direkt. "ICH ZÜCHTE KEINE WEISSEN MÄUSE!" kam es etwas wütend von Harry zurück. Er lehnte sich an die Wand und ließ sich langsam daran runter gleiten. "Ich kann nicht mehr. Kannst Du mir vielleicht die Adresse vom 'Rattenfänger von Hameln' besorgen?" stöhnte Harry und schaute Hermine flehend an. Ron schaute ihn verwirrt an. "Wer ist denn das?"
"Ach, vergiss es!" antwortete Harry und machte eine abwinkende Handbewegung. Er sah Hermine flehend an. "Hast Du eine Idee?" Sie überlegte: "Hmm, mal sehen ob es klappt." Sie konzentrierte sich sichtlich und machte dann eine komische Bewegung mit dem Zauberstab.
Erwartungsvoll sahen sie auf die Mäuse - und es passierte tatsächlich etwas. Die vielen Mäuse hatten plötzlich eine Konsistenz wie Quecksilber, und sie schimmerten auch so. Diese Masse gehorchte den Gesetzen der Chemie und lief zusammen. Erst gab es eine große Pfütze, dann war anstelle der Pfütze eine mannsgroße weiße Maus.
Hermine sagte: "OJE!", Harry: "So ein Sche...!", nur Ron konnte dem Ganzen etwas abgewinnen. Schnell beschwor er ein Halsband und eine Leine herbei, zog der Maus das Halsband an und meinte dann trocken: "Jetzt kannst Du sie wenigstens nicht mehr so schnell verlieren."
Harry starrte völlig geschockt erst Ron an, dann die Leine, die ihm sein Freund in die Hand gedrückt hatte, und schließlich die Riesenmaus am anderen Ende. Diese trug nun eindeutig Dudleys Gesichtszüge, hatte sich auf die Hinterbeine erhoben und die Vorderbeine in die fetten Hüften gestemmt. Mit seinen schwarzen Türknaufaugen starrte das Nagetier zurück und fragte dann mit einem deutlich piepsigen Unterton: "Is' was, Cousin?"
Hermine schrie auf. Ron packte sie an den Schultern und zog sie in seine Arme, ein Stück weg von diesem 'Monstrum'. "Harry!?" keuchte Hermine. "Sag' nicht, dass das... das... dieses... Dein... Dudley... HARRY, WAS HAST DU GETAN?" Sie schrie noch einige unerfreuliche Worte mehr, und der Kreis der Zauberer und Hexen in der Eingangshalle, die gebannt dieses Schauspiel verfolgten, wurde immer größer.
Harry wurde erst blass, dann hochrot und begann vor Zorn mit dem Fuß auf den Boden zu stampfen. Unglücklicherweise stampfte er auf die Riesenpfote von Dudley. Die Riesenmaus quiekte laut auf und machte einen Sprung zur Seite. Harry, der noch immer die Leine in der Hand hielt, wurde einfach hinterher gezogen. Von der Maus gezogen versuchte er, alles zu erklären, aber es gelang verständlicherweise nicht. Vollkommen entnervt richtete Harry den Zauberstab auf seinen Hals. "SONORUS!" Dann erklang sehr laut: "SHACKLEBOLT! WO SIND SIE?"
Die Zauberer zuckten zusammen, erst wegen der Lautstärke, dann wegen des fehlenden Respekts. Doch der Minister kam und erkannte die Lage. "Oh nein! Harry, das tut mir leid! Aber ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Seit der Muggel-Minister weiß, wie er mich erreichen kann... Immer, wenn in der Muggelwelt was schief läuft... Mal überlegen, was ich tun kann."
Allerdings konnte Harry die Überlegung von Kingsley Shacklebolt nicht mehr abwarten, da Dudley schon weiter rannte. Harry stolperte und fiel auf die Knie, doch er war nicht in der Lage wieder hochzukommen, da Dudley nicht daran dachte, stehen zu bleiben, und ihn somit weiter hinter sich her schleifte. Harry konnte die Leine nicht loslassen, da sich deren Schlaufe um sein Handgelenk festgezogen hatte.
"Dudley, bleib stehen!" schrie Harry, doch dieser hörte nicht hin und lief auf die Tür zum Treppenhaus zu. Dort blieb er kurz stehen, öffnete die Tür - Harry hatte somit endlich die Möglichkeit sich zu erheben - und hechtete anschließend die Treppe - immer noch mit Harry im Schlepptau - hinauf.
"DUDLEY!" schrie Harry keuchend und diesmal drehte Dudley sich auch kurz um, grinste und meinte: "Na, schon aus der Puste?" Nach Luft schnappend, mit Seitenstechen und hochrot im Gesicht blickte Harry empört seinen Mäusecousin an. "Bleib... jetzt... endlich... stehen! Seit... wann... kannst... Du... so... schnell... laufen?" Harry holte tief Luft und fuhr dann fort: "Und sprechen? Und eigentlich solltest Du das doch gar nicht können. Du bist doch nur eine Maus! NUR NOCH EINE MAUS!"
Dudley blieb stehen, drehte sich um und sah Harry nachdenklich an. "Also gut. Daran ist diese Hexe Schuld. Ich bin ihr auf einem der Gänge begegnet. Sie meinte, sie hätte noch eine Rechnung mit Dir offen. Du hast ihr wohl vor einigen Wochen einen üblen Streich gespielt. Sie hat mich verhext." Harry dachte angestrengt nach. "Doch nicht etwa Memoranda Folder? Das war nicht ich! Das war Ron!" Dudley zuckte nur mit seinen Mäuseschultern. Was ging das ihn an?
Und während Harry noch immer leicht beleidigt vor sich hin murmelte, dass das alles Rons Schuld sei, wurde die Maus immer kleiner und kleiner und kleiner. Und plötzlich hatte Harry nur noch die leere Leine mit dem Halsband in der Hand, auf die er völlig perplex hinunter starrte, bevor er den Kopf schüttelte, wie um sich aus seiner Trance zu lösen, um dann, wieder ganz Herr seiner Sinne, den Boden nach Dudley abzusuchen.
Doch der war schon wieder entwischt. So was Blödes, dachte Harry, musste der Zauber ausgerechnet jetzt aufhören zu wirken? Na ja, Memoranda war nicht gerade eine der begabtesten Hexen. Außerdem hatte sie ein Gedächtnis wie ein Sieb, allerdings wie ein extrem überdurchlässiges mit nur einem einzigen, riesigen Loch, durch das wirklich alles durch fiel.
Harry öffnete die nächst beste Tür und heraus quollen Dutzende von schwarzen Katzen, die angriffslustig fauchten und sich mit ausgefahrenen Krallen auf ihn stürzten. Das war ja mal ein Freitag, der 13., mit all diesen Unglückszeichen und Boten.
Und plötzlich schwebte hoch über ihm eine kleine, weiße Maus an einem gefalteten Papierdrachen bedenklich schnell gen Fußboden. Harry sah sie, die Katzen und konnte nur noch brüllen: "NEIN!"
In diesem Moment kam ein kleiner Windstoß durchs Fenster und bescherte dem Papierdrachen noch mal einen winzigen Auftrieb, sodass Duddy-Maus über die Katzen hinweg flog. Und flog und flog und flog, durch die Gänge des Ministeriums, gefolgt von einem Harry, der zuvor hektisch über die Katzen gestolpert war und sich arg zerkratzt wieder aufgerafft hatte, nachdem er sich mit einem "IMMOBILUS"-Zauber von den Katzen befreien musste.
Er folgte der fliegenden Maus durch die Gänge, immer wieder anderen Hexen und Zauberern ausweichend und "Haltet die Maus auf!" rufend, bis sie in den neuen Ministeriumsanbau gelangten, in dem sich eine Reihe von Cafés und Restaurants befanden. Dudley flog immer weiter, bis er in einem chinesischen Restaurant landete.
Harry stöhnte laut auf, kannte er doch Dudleys Vorliebe für chinesisches Essen. Der neue China-Express 'In Kog Nitos zauberhafte Zaubereien' war ein beliebter Treffpunkt in der magischen Welt geworden. Harry sah Dudley im hinteren Teil des Restaurants verschwinden, konnte ihm aber nicht sofort folgen. Nach vorne gebeugt und die Hände auf die Oberschenkel gestützt, versuchte er Luft in seine Lungen zu pumpen. Verdammt, dachte er, ich muss mehr Sport machen. Er versuchte das Seitenstechen und die Luftnot zu ignorieren, und richtete sich auf.
So schnell es ihm möglich war, ging er in das Restaurant und suchte mit den Augen alles schnell ab. Er sah den Mauseschwanz in der Küche verschwinden, aus der es verführerisch nach irgendeinem Entengericht roch. Harry hastete in die Richtung und konnte gerade rechtzeitig einen weiteren "IMMOBILUS"-Zauber sagen, bevor der Koch Dudley um einen Mäusekopf kürzer machte. Duddy-Maus befreite sich direkt aus der Hand des Kochs und lief durch den Lieferanteneingang nach draußen auf den Flur, wo sie sich in einem Müllsack verfing, und von einem Kellner eingefangen und in ein Einweckglas gesperrt wurde. Harry wurde währenddessen von zwei anderen Kellnern festgehalten, und der Aushilfskoch schritt mit erhobenem Messer auf ihn zu. Harry schluckte und sagte mit zittriger und leicht heiser Stimme: "Tut jetzt nichts Unüberlegtes!"
Die Kellner und der Aushilfskoch sahen sich an und verstanden ihn offensichtlich nicht. Harry wünschte sich ganz konzentriert Babelfische in die Ohren der Kellner. So was hatte er noch nie probiert, er hatte nur davon gelesen, aber es schien zu klappen. Er sprach das Personal erneut an, und sie verstanden ihn - und auch in Zukunft alles. Er klärte die Sache durch geschickte Desinformation und den ein und anderen Gedächtniszauber. Schließlich bekam er die Maus ausgehändigt, befreite sie aus ihrem Glasgefängnis und steckte sie in seine Jackentasche. Den Reißverschluss zog er vorsichtshalber zu.
Er ging zurück ins Büro und ließ sich erschöpft auf seinen Stuhl fallen. Alles, was er brauchte, war ein wenig Ruhe, einen Kaffee und was zu Essen. Er hatte doch bisher nur gefrühstückt.
Doch schon hörte er ein wütendes Klopfen an der Tür. Und schon stürmte Fourleaf Clover herein, sein irischer Kollege, der sonst immer eine Ausgeburt des Glücks und der Freundlichkeit war. Doch davon gab es in diesem Augenblick keine Spur an ihm. Sein grün-kariertes Jackett war an mehreren Stellen zerrissen, ebenso wie seine Hosenbeine. Und über seine Wange verlief ein blutender, langer Kratzer.
"Potter! Auf die Beine! Durch das ganze Ministerium schweben angriffslustige schwarze Katzen und greifen alles an, was ihnen in die Quere kommt! Warum nur habe ich das Gefühl, dass Sie etwas damit zu tun haben? Los, Hintern hoch! Jeder Mann wird gebraucht." Harry folgte ihm schnell hinaus. Sein Mittagessen würde warten müssen.
Währenddessen machte sich seine Jacke mit der in die Tasche eingeschlossenen Duddy-Maus darin vom Stuhl aus unbemerkt auf ihre eigene Wanderung, durch Ritzen und Löcher, Türen und Fenster, Decken und Wände. Von niemandem bemerkt schaffte die Jacke es bis in die Mysteriumsabteilung.
Dort angekommen hatte Dudley-Maus es geschafft sich aus der Tasche heraus zu knabbern. Die Maus setzte sich auf die Hinterpfoten und sah sich um. Ein Bogen erweckte ihr Interesse. Die Maus hoffte, dahinter etwas zu essen zu finden, und trippelte darauf zu. Sie schnupperte und fand wohl, dass es dahinter gut roch. Fast hätte man meinen können, dass sie einen energischen Gesichtsausdruck aufsetzte. Sie ging durch... verschwand... und wurde wieder zurück befördert! Dann ertönte eine tiefe wohltönende Stimme: "Nur für Menschen, die auch so aussehen - Du Menschenmaus!" Dudley-Maus schüttelte den Kopf so dolle, dass die Ohren schlackerten, und rannte so schnell ihn die kurzen Mäusebeine trugen davon.
Inzwischen, irgendwo auf den Gängen, lieferten Harry und einige Kollegen sich mit den schwarzen Katzen einen harten Kampf. Eine Person mit einem Riesenstapel Papieren versuchte, sich durch dieses Kampfgetümmel einen Weg zu bahnen.
"Mister Potter, Mister Potter, da sind sie ja endlich. Ich suche sie schon überall." - "Ich habe jetzt keine Zeit!" rief Harry dieser unbekannten Person entgegen. "Sie sollten sich aber Zeit nehmen, denn es ist sehr wichtig." - "Und das wäre? Wer sind Sie überhaupt?" kam es von Harry genervt, denn er schüttelte gerade eine Katze ab, die sich in seinem Arm festgekrallt hatte. "Mein Name ist Michael Adams, und ich arbeite in der Schadensabteilung. Dies sind 150 Schadensanzeigen..." - Er überreichte Harry den Stapel Blätter. - "...und somit sind es 150 Schäden, die Sie und Ihre Maus am heutigen Tag bisher verursacht haben und für die sie zur Rechenschaft gezogen werden."
Harry rang noch immer mit der durchgedrehten Katze und stopfte sie in einen Sack, den ein Kollege bereithielt, als er den Ringkampf gewonnen hatte. Dabei stieß er Michael Adams an, der auch prompt den Stapel mit Schadensanzeigen fallen ließ und damit auf dem Fußboden verteilte.
"Das wird Ihnen auch nicht helfen, Mister Potter. Selbst wenn Sie die Schäden ignorieren, werden Ihnen die Kosten einfach vom nächsten Gehalt, aber ich sollte lieber sagen, von den nächsten Gehältern, abgezogen. Aber wo wir hier schon mal so gemütlich beisammen stehen!" Er kam verschwörerisch an Harrys Seite und flüsterte ihm ins Ohr. "Wo ist eigentlich das Büro von Minister Shacklebolt? Wann macht er Feierabend? Wann verlässt er das Ministerium ohne Personenschutz?" Statt des Papierstapels hielt er nun eine Flotte-Schreibe-Feder in der Hand, offenbar bereit, sich Notizen zu machen.
Doch noch bevor Harry sich Gedanken über diese merkwürdigen Fragen machen konnte, schallte eine ohrenbetäubend laut verstärkte Stimme durch alle Gänge und Flure des Zaubereiministeriums: "EINDRINGLINGSALARM! EINDRINGLINGSALARM! EINDRINGLINGE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! EINGREIFTEAM SOFORT IN DIE MYSTERIUMSABTEILUNG! EINDRINGLINGSALARM! ..."
Duddy-Maus, der gerade versucht hatte, eines der riesigen, fliegenden Gehirne anzuknabbern, starrte wie hypnotisiert auf das rote Alarmlicht, das in der Mysteriumsabteilung zu blinken begonnen hatte. Ängstlich und nervös ließ er den Mäusekopf kreisen, als sich sämtliche Türen der Abteilung plötzlich mit lautem Knallen automatisch schlossen. Jetzt war er eingesperrt und wurde so panisch, wie es sich für eine kleine Maus gehörte. Sein kleines Mäuseherz klopfte viel zu schnell. Die kleine "unschuldige" Maus rannte im Kreis und suchte einen Ausweg, aber sie konnte keinen finden.
Inzwischen näherten sich dem Eingang Schritte, und man konnte Stimmen hören. Eine davon gehörte Harry Potter, der laut vor sich hin fluchte: "Dudley! Dauernd dieser dämliche Dudley!"
Die verstärkte Alarmstimme hatte inzwischen ihren Text geändert. "MÄUSE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! MÄUSE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! ..." schallte es nun immer wieder durch das gesamte Mysterium.
Harry hatte eine der Türen, hinter denen Dudley-Maus in der Falle saß, als erster erreicht, aber gerade, als er an der altmodischen Türklinke rütteln wollte, wurde er von Fourleaf Clover unsanft zur Seite gedrängt. "Lassen Sie mich durch. Ich bin Mitarbeiter der Mysteriumsabteilung. Sie gefährden ein wichtiges Experiment!"
Als er Harrys fassungslosen und leicht ungläubigen Blick bemerkte, beeilte er sich zu versichern: "Ja, ja, ich weiß, ich weiß! Alle glauben, ich arbeite für die Abteilung für außerparlamentarische Wetterkontrolle, aber Sie können mir ruhig glauben. Ich bin einer von diesen 'Unsäglichen'! Und wenn Sie mich nicht sofort durch lassen, und wenn die Mäuse, vor denen da gewarnt wird, die sind, mit denen ich seit Monaten experimentiere, dann werden sie das versuchen, für das ich sie gezüchtet habe. Natürlich immer unter der Vorraussetzung, dass sie sich wirklich aus ihrem Labyrinth befreit haben!"
"Das ist mit Sicherheit mein schock-verzauberter Cousin!" wollte Harry brüllen, um dann die Frage zu stellen: "Für was, bei Merlins verlorenen Murmeln, haben Sie denn Mäuse in Ihrer Abteilung für Mysterien gezüchtet?" Doch er brauchte es gar nicht auszusprechen, denn Clover gab ihm auch so Antworten, als hätte er seine Gedanken gelesen.
"Jede Maus, der man erlaubt, ihr volles Gehirnpotential zu nutzen, hat nur ein einziges Ziel in ihrem kurzen Leben: den Versuch, die Weltherrschaft an sich zu reißen!"
Harry schüttelte ungläubig den Kopf. Das war doch total verrückt. Er beobachtete, wie Fourleaf Clover etwas aus seiner Hosentasche zog, das wie eine tote, goldene Schlange aussah. Der 'Unsägliche' murmelte einige unverständliche Worte, dann schlängelte sich das längliche Ding in drei der vier Schlüssellöcher, versteifte sich und sperrte die Tür auf.
Der achteckige Raum, in den Harry nun schauen konnte, schien vollkommen leer zu sein. An seiner Decke blinkte ein rotes Licht und warf abwechselnd streifenförmige Schatten auf jede der acht Wände, in denen sich jeweils eine ähnliche Tür befand wie die, die Clover gerade geöffnet hatte. Erst nach einigem genaueren Hinsehen konnte Harry die kleine, weiße Maus erkennen, die schwer atmend in der Mitte des Raumes lag.
"Das ist keine von meinen", entfuhr es Fourleaf Clover entrüstet. "Das ist eine ganz gewöhnliche Versuchsmaus! Meine Supermäuse sind byzantinische Wüstenspringmäuse mit wesentlich längeren Ohren und einem viel, viel dickeren..."
Doch Harry ließ ihn nicht ausreden. Er stolperte hastig in den Raum, hob seinen verwandelten Cousin auf und prüfte, ob er noch atmete. "Ich kann hier nichts erkennen!" meinte er empört. "Ich bringe ihn nach oben in eines der Büros mit magischem Tageslicht!"
Auf dem Weg zum Fahrstuhl hörte er noch Fourleaf Clover hinter sich her fluchen: "Ich weiß nicht welche, aber das wird Konsequenzen für Sie haben, Potter! Verlassen Sie sich darauf!"
Kaum im Atrium angekommen, erwartete Harry schon die nächste Überraschung. "Harry? Was ist hier eigentlich los?" Er wirbelte herum. Vor ihm stand Ginny, mit zerzaustem Haar und scheinbar vor Wut gerötetem Gesicht. Ginny? Aber die war doch in Schottland zu einem Quidditchspiel und sollte erst morgen wieder zurückkommen. Und wer, bei Merlins was auch immer, hatte sie so erregt und wütend gemacht?
In diesem Moment fühlte er einen stechenden Schmerz im rechten Handballen. Duddy-Maus war aus seiner scheinbaren Ohnmacht erwacht, hatte ihn unterhalb des Daumens mit seinen spitzen, scharfen Mausezähnchen gebissen und war mal wieder auf den Fußboden entwischt. Schon sah Harry seinen langen, rosa Nagerschwanz hinter dem goldenen Brunnen verschwinden.
Harry wollte gerade hinter her hechten, wurde jedoch von Ginny daran gehindert. "Nicht jetzt, Ginny," stöhnte Harry. "Ich muss unbedingt, diese Maus..." Weiter kam er nicht, denn Ginny hatte ausgeholt und ihm eine saftige Ohrfeige verpasst. "Ja, genau! Immer diese Mäuse! Auch mir hat ein kleines Mäuschen was geflüstert. Wie konntest Du nur?" Wut und Empörung standen in ihrem Gesicht. Harry hielt sich immer noch verdutzt die Wange. "Häh?" war alles was ihm einfiel. Dieser Tag war ja wirklich zum Mäuse melken. "Ich hab keine Ahnung was Du meinst, Ginny. Und ich hab auch keine Zeit, mir jetzt darüber Gedanken zu machen. Da ist eine kleine Maus, die ich jetzt unbedingt finden muss!" Er wandte sich von Ginny ab und lief zum goldenen Brunnen im Atrium. Hinter ihm heulte Ginny schmerzhaft auf. "Das wird Dir noch leid tun. Ich gehe jetzt Ron suchen und erzähl ihm alles."
Harry, verstand noch immer nur Bahnhof, aber es war ihm im Moment auch egal, musste er doch unbedingt Duddy-Maus finden, bevor er noch mehr Schaden anrichtete.
Und weiter ging die wilde Jagd quer durch sämtliche Flure, Büros und Gänge des Ministeriums. Und überall hinterließ die Duddy-Maus eine Spur der Verwüstung. Mehrmals war Harry kurz davor, den Nager zu erwischen, doch jedes Mal entkam er um Haaresbreite.
Und plötzlich, als er gerade aus dem Archiv kam, das nur noch aus einem Schneesturm aus aufgewirbelten Karteikarten bestand, stand Harry vor Ron und Ginny, die ihn wutentbrannt anstarrten. "Ich dachte, Du wärst mein Freund!" brüllte Ron, und sein Gesicht wurde so rot wie seine Haare. "Wie konntest Du das meiner einzigen Schwester antun? Noch dazu mit dieser... dieser... dieser..."
Ginnys Kreischen bohrte sich wie Scherben in Harrys Gehörgänge. "WAS HAT DIESE MAUREEN, WAS ICH NICHT HABE?" - "Maureen?" fragte Harry verwirrt. "Maureen, die Küchenfee? Ich verstehe überhaupt gar nichts mehr!"
Hinter der Ecke zum nächsten Gang kam die nervige Maus noch einmal zurück und schien ihm höhnisch zuzuwinken. Harry schaute gehetzt zwischen ihr und den Weasley-Geschwistern hin und her.
"Ich glaube, es gibt nur noch eins für Dich zu tun!" stellte Ron fest. "Um das wieder gut zu machen, verrätst Du Ginny sofort, wo das Büro von Minister Shacklebolt ist, wann der Minister Feierabend macht und wo er hier in London wohnt."
Was hatte denn das nun wieder zu bedeuten? Hatten denn heute alle den Verstand verloren? "Ich fange jetzt diese Maus!" murmelte Harry vor sich hin und rannte weiter. Im nächsten Moment traf ihn etwas Leichtes am Kopf. Es sah aus wie ein Papierflugzeug. Harry faltete das fliegende Memo aus einander und riss entsetzt Augen und Mund auf. Konnte das wirklich wahr sein, was er da lesen musste?
"Duddy-Maus ist eine lebende Zeitbombe und soll den Zaubereiminister in die Luft sprengen!" Kein Absender. Getippt mit einer Art Schreibmaschine. Papier, das alle im Ministerium benutzten. Harry konnte nicht erkennen, von wem diese Nachricht kam. Ein Scherz? Ein schlechter Scherz?
Er sah sich um. Es war niemand mehr in seiner Nähe. Vor ihm hoppelte Dudley-Maus durch den Gang auf eine Tür zu, hinter der sich tatsächlich das Büro von Zaubereiminister Kingsley Shacklebolt befand, wie Harry mit einem Mal klar wurde. Egal, von wem das Memo kam, er musste Dudley aufhalten, koste es, was es wolle. Harry ließ das Blatt Papier fallen und spurtete los.
Die Bürotür hatte am unteren Ende ein Loch, genau in Dudley-Mäuse-Größe, und in eben diesem Augenblick schlüpfte das Nagetier hindurch.
Harry rüttelte am Türknauf. Abgeschlossen! Er klopfte, bekam aber keine Antwort. "Nein!" schrie Harry und warf sich mit Schulter und Oberarm gegen das Holz der Tür. Noch einmal nahm er Anlauf und krachte dagegen, aber noch immer rührte die Tür sich nicht.
Dawlish, Miller und andere voll ausgebildete Auroren aus Kingsley Shacklebolts Leibgarde tauchten mit gezückten Zauberstäben im Flur auf und riefen ärgerlich: "Potter, was soll denn der Aufstand? Gehen Sie von der Tür weg und lassen Sie dem Minister seine Ruhe!"
"Nein!" schrie Harry noch einmal, genau in dem Moment, in dem die Bürotür scheppernd nach innen fiel. Er stolperte in den Raum. Kingsley saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl. Die Schuhe hatte er ausgezogen, und seine besockten Füße lagen überkreuzt auf einem Stapel mit Papieren auf dem Schreibtisch vor ihm. In der Hand hielt er einen Becher Tee. Auf seinem Schoss lag die HEXENWOCHE, in der er gerade gelesen hatte. "Potter, was... ?" begann er seine letzten Worte.
Harrys Blick fiel auf die Duddy-Maus direkt unter dem Schreibtisch. Sie hatte sich wieder auf die Hinterbeine gehockt und winkte Harry ein letztes Mal mit der Vorderpfote zu.
Dann ging ein Rucken und Zucken durch den kleinen Nagetierkörper, das immer heftiger wurde. Er dehnte sich aus und zerbarst schließlich mit einem grellen Licht und einem Trommelfell zerfetzenden Knall. Das gesamte Büro mit Minister, Möbeln, Büchern und Papieren verschwand in einer Wolke aus Hitze und Staub.
"NEIN!" brüllte Harry und spürte, wie ihn der Schock schrumpfen ließ. Er schien durch seine eigene Kleidung, Pullover, Umhang, Jeans, zu fallen und plötzlich die Welt vom Fußboden aus zu betrachten. Seine Nase wurde immer länger, verformte sich zu einer Schnauze. Ihm wuchsen lange Barthaare. Er hatte plötzlich vier Pfoten, ein weißes Fell, zwei vorstehende Zähnchen und zwei abstehende Öhrchen. Alles, was von seinem erneuten Aufschrei übrig blieb, war ein leises Fiepen. Der Schock hatte bewirkt, dass er sich in eine Maus verwandelt hatte.
***
Plötzlich hörte Harry Applaus. Um ihn herum klatschte eine ganze Gruppe von Leuten. "Applaus?" dachte er verwirrt. "Wofür bekomme ich denn jetzt Applaus? Für einen Sch....-Tag? Dafür, dass ich ein Attentat auf den Zaubereiminister nicht verhindern konnte? Dafür, dass ich mich gerade in eine Maus verwandelt habe?" Er sah sich vorsichtig um. Sein Blickwinkel verriet ihm, dass er wieder seine normale Größe hatte.
"So!" hörte er da eine ungeduldige Stimme. "Und nun der nächste, bitte!"
Er fühlte, wie er am Arm gepackt und zur Seite geführt wurde. Dazu hörte er eine Stimme an seinem Ohr: "Potter, auf ein Wort!" Er sah sich verwirrt und leicht orientierungslos um. Dies war offensichtlich nicht das Büro des Zaubereiministers und auch nicht einer der Gänge des Ministeriums, durch die er den ganzen Tag über geirrt und gestolpert war auf der Jagd nach seinem Mause-Cousin. In diesem großen Raum, der wie eine Turnhalle oder sonst ein Übungssaal wirkte, waren viele Menschen, alles Hexen und Zauberer, versammelt, denen er heute schon einmal begegnet war. Da waren Ron und Hermine, Kingsley Shacklebolt, Arthur Weasley, Ginny, aber auch Fourleaf Clover, Helga Beimery, Michael Adams und Memoranda Folder, ja selbst Maureen, die Küchenfee. Sie standen alle in einem Halbkreis und unterhielten sich nun zwanglos, nachdem sie aufgehört hatten zu applaudieren.
Harry sah zu dem Zauberer auf, der ihn zu seinem Schreibtisch am Eingang des großen Raumes führte. Es war Mister Metamorphosis, sein Lehrer und Trainer für fortgeschrittene Verwandlung und Animagie. Metamorphosis setzte sich auf den thronartigen Stuhl hinter dem Schreibtisch, nahm Feder und Pergament zur Hand und kritzelte einige Notizen darauf.
"Potter, das war schon mal nicht schlecht", begann er und schrieb weiter. "Es ist Ihnen gelungen, die Übung doch noch zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Zum einen meine Gratulation, dass sie sich diesmal voll und ganz in eine Maus verwandelt haben. Kein rosa Kaninchen diesmal und auch kein ungestalter Königspudel. Vielleicht wollen Sie an der Form noch etwas arbeiten, aber diesmal waren Sie voll und ganz Maus. Dafür einen Pluspunkt." Er machte einen Strich auf einer der beiden Seiten einer Tabelle, die er auf das Pergament gezeichnet hatte.
"Und noch ein Pluspunkt dafür, dass Sie alles versucht haben, ihren verwandelten Cousin am Leben zu halten. Sie haben wirklich alles getan, um all die Grausamkeiten und Gemeinheiten zu vergessen, die ihnen Ihr Vetter in der Vergangenheit angetan hat. Einen halben Minuspunkt dafür, dass Sie auch noch versucht haben, ihn zu retten, als bereits alle Hoffnung vergebens war. Hier hätte ihr Selbsterhaltungstrieb schneller anspringen müssen. Ein Pluspunkt dafür, dass Sie versucht haben, den Minister zu retten, und ein Minuspunkt dafür, dass es nicht geklappt hat und Sie die eingetroffene Verstärkung nicht gleich umfassend über den Stand der Dinge informiert haben, dürften sich aufheben. Außerdem ist Michael Adams an dieser Stelle der Illusion etwas die Phantasie durchgegangen. Eine Zeitbombe in einer Maus? Und ein anonymes Memo, das nur Sie darüber informiert? Also, bitte! Vergessen wir das ganz schnell wieder. Aber noch ein Minus", diesmal machte Metamorphosis einen ganzen Strich auf der 'Soll-Seite' der Tabelle, "für Ihren mangelhaften Einsatz der OKKLUMENTIK. Die meisten Anwesenden aus dem Prüfungsteam beherrschen LEGILIMENTIK, und Sie haben es uns einfach viel zu einfach gemacht, in ihren Gedanken und Erinnerungen nach ihren Schwachstellen und Geheimnissen zu suchen."
Mister Metamorphosis sah auf und Harry lange forschend ins Gesicht. "Und wenn ich Ihren Gesichtsausdruck richtig deute", sagte er schließlich, "hatten Sie bis vor einigen Minuten völlig vergessen, dass heute, am Freitag, dem 13., ihre Zwischenprüfung in 'Abwehr gegen Gedankenkontrolle und Vorspiegelung falscher Tatsachen' ist. Sie haben tatsächlich geglaubt, dieser Tag passiert wirklich, oder? Potter, Potter, Potter!" Er schüttelte leicht den Kopf. "Und das, wo Ihnen jeder Ausbilder in jeder Unterrichtseinheit immer wieder und wieder zu erklären versucht, dass jeder schwarze Magier zuerst versuchen wird, den Geist eines Auroren zu verwirren, zu besetzen oder zu zerstören."
Er atmete tief durch und schien eine Weile nachzudenken. "Na, gut, Da bleibt ein halber Punkt auf der 'Haben-Seite' übrig. Dann drücke ich mal alle Hühner- und sonstigen Augen zu und sage: Sie haben bestanden, Mister Harry Potter."
Er stand auf und schüttelte Harry die Hand. "Aber ein bisschen Übung kann selbst Ihnen nicht schaden. Versprochen?" fügte er noch augenzwinkernd hinzu. Dann wandte er sich wieder der versammelten Zauberergemeinschaft zu, klatschte in die Hände und rief fröhlich: "So, wer ist der Nächste? Miss Granger? Bitte treten sie in die Mitte des Kreises."
Harry kratzte sich noch immer leicht verwirrt die Stirn.
>Beim größten internationalen Magiertreffen in Las Vegas ist es am gestrigen Nachmittag bei der Probe zur großen gemeinsamen Abschlussshow der Magier zu einem tragischen Zwischenfall gekommen. Die Eltern des Magiers Dudley, der Übergroße, wurden von zwei weißen Tigern gefressen. Jede Hilfe kam zu spät. Nach unbestätigten Gerüchten soll der Magier Dudley, der Übergroße, einen Nervenzusammenbruch erlitten haben und in eine geheim gehaltene Klinik eingeliefert worden sein. Seine Kollegen zeigen sich sehr erschüttert über diesen tragischen Vorfall.<
Harry sah von der Zeitung auf, und sein Blick wanderte auf einen kleinen Käfig, in dem eine sehr fette, weiße Maus saß. Diese Maus war Dudley Dursley. Sein Cousin hatte keinen Nervenzusammenbruch erlitten. Der Schock über den Tod seiner Eltern hatte bewirkt, dass er sich in eine Maus verwandelt hatte. Harry konnte sich nicht an alles erinnern, was ihm der Heiler aus dem St. Mungos erklärt hatte, aber er wusste noch, dass so etwas nur äußerst selten vorkam und dass es nicht möglich war, die betreffenden Personen zurück zu verwandeln. Sie müssten es aus eigener Kraft schaffen, aber das sei noch nie vorgekommen, denn sie seien keine Animagi, die ihr Bewusstsein behielten, sondern wirklich ganz und gar Mäuse - oder andere Tiere. Es gab also kaum Hoffnung, sodass Dudley sein restliches Leben als Maus würde verbringen müssen.
Das würde ja lustig werden. Der Kater Bruce, der bei Ginny und ihm zuhause wohnte, hatte Mäuse sehr gern - zum Fressen gern! Seine neue Eule Eugenie teilte diese Vorliebe. Und sollte sich eine lebende Maus in ihr Haus verirren, so erschlug Kreacher sie mit einer Pfanne, denn er hasste Mäuse. Und Ginny hielt auch nicht viel von weißen Mäusen. Duddy-Maus würde keinen leichten Stand haben in ihrem Haushalt. Aber Harry blieb ja gar nichts anderes übrig, er trug jetzt die Verantwortung für seinen Vetter.
Allerdings schaffte es Harry nicht einmal, die Dudley-Maus am Abend dieses Tages lebend mit nach Hause zu bringen! Denn an diesem Tag folgte ein Unglück auf das andere. Der Tag war wie verhext!
Alles fing damit an, dass er zu einer Einsatzbesprechung musste, die sich länger hinzog als erwartet. Als er zu seinem Schreibtisch zurückkam, war der Käfig leer. Duddy-Maus hatte sich heraus geknabbert. Dann hatte er wohl Harrys Süßigkeitenvorrat in der Schublade gerochen und sich darüber her gemacht. Dabei hatte er auch einige wichtige Unterlagen angeknabbert. Harry fluchte herzhaft und ging auf die Knie, um nach seinem gefräßigen Vetter zu suchen.Er durchsuchte sein gesamtes Büro, doch die weiße, gefräßige Maus war wie vom Erdboden verschluckt.
Plötzlich hörte er aus dem Nebenzimmer einen entsetzten Aufschrei. Eine leise Vorahnung beschlich ihn. Gerade noch auf allen Vieren auf dem Boden herumrobbend, sprang er auf und lief mit eilenden Schritten dem hysterischen Kreischen nach. Mit einer hastigen Handbewegung öffnete er die Tür und blieb schmunzelnd im Türrahmen stehen. Mitten im Zimmer stand seine Kollegin auf ihrem Bürostuhl und fuchtelte wild mit ihrem Zauberstab herum. Dabei hatte sie einen leicht irren Ausdruck auf ihrem Gesicht.
"Da, da war sie!" piepste die junge Frau auf dem Stuhl und kleine Funken sprühten aus ihrem Zauberstab. "Oh, wie ich diese weißen Mäuse hasse!"
Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es sah einfach zu lustig aus, wie sie da auf dem Stuhl stand und piepste - wie eine Maus. Lässig hob er den Zauberstab: "ACCIO, DUDDY-MAUS!"
Die Maus flog in seine Richtung, aber er konnte sie nicht fangen. Er war erbost. Er hatte so viele goldene Schnatze gefangen, und diese fette Maus nicht?! Er drehte sich rasend schnell um und lief ihr hinterher, den Gang entlang. Gerade noch sah er die Zaubermaus in einem der Fahrstühle verschwinden. Zwischen den sich schließenden Schiebetüren glaubte er zu erkennen, wie sich sein verwandelter Cousin auf die Hinterbeine hockte, höhnisch mit den Schnurrbarthaaren wackelte und mit den Vorderpfoten winkte. Dann hatte die Kabine sich auch schon geschlossen und auf den Weg nach unten gemacht.
"Und ich dachte immer, dass nur schwarze Katzen Unglück bringen. Und jetzt auch noch weiße Mäuse?" Leise vor sich hin fluchend drückte Harry den Knopf, um den zweiten Fahrstuhl in diese Etage zu rufen.
Doch der Fahrstuhl kam und kam nicht. Dann kam eine Meldung, gesprochen von einer netten, körperlosen Stimme: "Der Fahrstuhl Numero zwei steckt fest, weil ein Aufblaszauber aus Versehen abgefeuert wurde. Es wird noch eine Weile dauern, bis der Schaden behoben ist. Benutzen sie solange das Treppenhaus oder den anderen Fahrstuhl." Harry seufzte aus tiefsten Tiefen. Was für ein mistiger Tag, und es war noch nicht mal Mittag!
Und prompt, nachdem er die Tür zum Treppenhaus aufgerissen hatte und einer Leiter ausgewichen war, die dort herumstand und unter der er auf keinen Fall hindurchgehen wollte, trat er auf eine Bananenschale, rutschte darauf aus und fiel einen Treppenabsatz hinunter. Er landete unsanft in einem Schirmständer, der unter dem grottenhässlichen Gemälde eines blutroten Südseesonnenuntergangs an der Wand des nächsten Treppenabsatzes stand, und zerschmetterte dabei mit einem Bein eine uralte, magische Ming-Vase, die irgendjemand hier aus unerfindlichen Gründen abgestellt hatte.
"Fehlt nur noch ein...", dachte er noch, während er sich mit schmerzenden Knochen aufrappelte, da hatte er auch schon den Schirmständer in einen Spiegel geschmettert, während er versucht hatte, seinen zweiten Fuß daraus zu befreien.
"Na, riesenprächtig! Jetzt auch noch sieben Jahre Pech! Warum, bei Merlins Bart, hängt und steht hier nur so viel Krimskrams rum im Treppenhaus?"
Wie auf 's Stichwort, kam genau in diesem Augenblick Helga Beimery, eine besonders gluckige Zauberermutti die Treppenstufen heraufgekraxelt. "Ah, Potter. Haben Sie meine... meine...", schnaufte sie. "Haben Sie meine Ming-Vase gesehen? Darin war die Asche meiner allerliebsten, allerschönsten Hauskatze. Ich wollte sie gerade ins Auferstehungsbüro bringen."
Harry kannte diese alte Gewitterhexe nur flüchtig vom obligatorischen Morgengruß auf dem Besenparkplatz und beeilte sich nun, so wenig unhöflich wie möglich an der Beimery vorbei nach unten und auf die nächste Etage zu gelangen.
Gerade hatte er die nächste Treppenhaustür hinter sich geschlossen, da hörte er hinter sich den entsetzten und ärgerlichen Schrei der Beimery, die wohl die zertrümmerte Vase und die verstreuten Überreste ihres Lieblings entdeckt hatte. Etwas unbehaglich machte sich Harry wieder auf die Suche nach dem Fahrstuhl und natürlich Duddy-Maus.
Wenn er jetzt so nachdachte, hatte der Tag schon sehr bescheiden begonnen. Der magische Wecker hatte versagt. Ginny war zu einem Quidditchspiel in Schottland, und als Harry endlich erwacht war, war es schon 7.30 Uhr gewesen. Er hatte herzhaft geflucht und war mit dem linken Fuß zuerst aus dem Bett aufgestanden. Im Bad war ihm die Seife aus der Hand geflutscht und als er sich gebückt hatte, war er mit dem Kopf gegen das Waschbecken gestoßen. Die magische Rasierklinge war stumpf gewesen und hatte ihm einen dicken Schnitt am Hals eingebracht, der tierisch geblutet hatte. Die Jeanshose schien irgendwie zu eng gewesen zu sein, und ein Knopf war abgeplatzt. "Mist, verdammter!" hatte er geflucht und war die Treppe hinuntergestolpert.
Am Kamin im Wohnzimmer hatte er bemerkt, dass das Flohpulver, mit dem er sonst immer zur Arbeit reiste, ausgegangen war und sie vergessen hatten, neues zu besorgen. Zum Apparieren war der Weg zu weit. Sein Besen war in der Werkstatt, also war ihm nichts Anderes übrig geblieben, als erst den Bus, dann den Vorortzug und schließlich die U-Bahn zum Ministerium für Zauberei zu nehmen. Unterwegs war er angeschnorrt worden von einem schwarzgewandeten Gruftie mit einer Ratte auf der Schulter und einem Penner mit einem zahnlosen Hund. Dann war ihm sein Muggel-Kleingeld auf die Gleise des Vorortzuges gefallen, und er hatte warten müssen, bis ein Laden geöffnet hatte, damit er Geld für die U-Bahn hatte wechseln können.
Und dann zu allem Überfluss noch diese Duddy-Maus! Er ließ sich erschöpft in einen Sessel auf einem Flur des Ministeriums fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Irgendwie war heute nicht sein Tag.
"Na, Potter! Sie werden sich doch nicht von einem Muggel-Aberglauben anstecken lassen? Heute ist ein Tag, noch dazu ein Freitag wie jeder andere auch!" Gerade kam Fourleaf Clover, ein Ministeriumskollege aus der Abteilung für außerparlamentarische Wetterkontrolle breit grinsend auf Harry zu.
"Na, Klasse! Dann wird vielleicht doch noch was aus diesem Tag!" dachte Potter, blieb aber zunächst auf seinem Sessel sitzen. Sollte diese blöde Maus doch der Kuckuck holen!
Doch in diesem Moment lief eine kleine weiße Maus gefolgt von einer Katze an Harry vorbei. "Oh, nein!" stöhnte Harry und sprang aus seinem Sessel hoch und rannte den beiden Tieren hinterher. Die Viecher waren aber ziemlich schnell, und Harry war heute zu langsam.
"Wäre ich doch bloß nicht aufgestanden!" dachte er. Dann fiel es ihm siedend heiß ein. Das Hufeisen über der Türe hatte heute Morgen falsch herum gehangen!!! Jetzt fiel das ganze Glück raus. War das der Anfang des Übels gewesen?
Aus einem der vielen Büros trat gerade Ron heraus und sah, wie Harry den Gang entlang lief. "Harry warte mal! Kann ich dich kurz sprechen?" - "Keine Zeit!" rief Harry im Vorbeirennen, und Ron sah ihm etwas verwirrt hinterher.
Harry hetzte weiter und sah etwas weiter vor sich die Tür zur Kantine. "Hätte ich mir denken können, dass er zur Kantine rennt. Ich glaube auch nicht, dass er wirklich kein eigenes Bewusstsein mehr hat. Das macht er doch alles mit purer Absicht!" fluchte Harry leise vor sich hin.
Er hoffte nur, dass jetzt keiner die Tür öffnete. Er wollte sich lieber nicht das Chaos vorstellen, welches ausbrechen würde, wenn eine Maus dort entdeckt werden würde. Harry schickte ein Stoßgebet in Richtung Himmel, aber es war ja klar, kurz bevor er die beiden Tiere erreicht hatte, ging die Tür zur Kantine auf und Maus und Katze liefen hindurch. Er allerdings rannte direkt in die Person, die aus der Kantine kam und stürzte zusammen mit ihr und ihrem vollen Tablett hin.
Harry lugte vom Boden hoch und stöhnte innerlich ganz laut - während er nach außen hin ein gequältes Lächeln zeigte. Von allen möglichen Auroren-Lehrern musste er ausgerechnet in Mister Metamorphosis, den für fortgeschrittene Verwandlung und Animagie, hineinlaufen. Dieser sah ihn trocken an. "Üben sie gerade? Welches Tier soll das denn werden?"
Harry versuchte cool zu bleiben, obwohl der Lehrer DEN wunden Punkt getroffen hatte! Sein Animagus wechselte noch immer. Mal verwandelte er sich in ein putziges kleines Kaninchen - mit ROSA Fell wohlgemerkt!!! - mal in einen Königspudel mit dummen Felltroddeln an Pfoten und Schwanzspitze. Es war einfach lächerlich. Und unglaublich peinlich! Schon bei dem bloßen Gedanken daran - und an die nächste Unterrichtsstunde - lief Harry knallrot an.
Er richtete sich möglichst würdevoll auf und klopfte sich den Staub vom Umhang. "Mister Metamorphosis", richtete er das Wort an seinen Lehrer. "Haben Sie gesehen, wohin die Maus und die Katze verschwunden sind?"
"Sagen Sie nicht, das waren Azubi-Kollegen von Ihnen!" entgegnete der Zauberer mit erhobenen Augenbrauen. "Wundern würde es mich allerdings nicht. Ich tippe auf Mister Carlo Catto und Miss Danielle Souris! Das ist wirklich der schlechteste Jahrgang, den ich jemals in fortgeschrittene Verwandlung und Animagie unterrichten musste. Sie, Mister Potter, sind doch gut mit Professor Minerva McGonagall befreundet, nach allem was man so hört. Sie ist eine der besten Animagi, die die Zaubererwelt je gesehen hat. Sie sollten sie fragen, ob sie ihnen nicht Nachhilfe..."
Das wollte Harry sich nun wirklich nicht anhören. Für Standpauken war im Unterricht noch mehr als genug Zeit.
Vom anderen Ende des Ganges hörte er jetzt auch noch Ron rufen: "Harry? Harry! Jetzt warte doch mal! Ich muss dringend mit Dir reden!" Auch darauf hatte Harry keine Lust, also stieß er die Tür zur Kantine auf und mischte sich unter die Hexen und Zauberer, die ihre Tabletts hoch über die Köpfe erhoben, panisch den Fußboden nach etwas absuchten.
Plötzlich schrie eine Frau: "Da ist der Übeltäter! Ihm gehört die Maus. Ich habe ihn vorhin mit der Maus in seinem Büro gesehen", und zeigte auf Harry. Am anderen Ende der Kantine riss plötzlich Helga Beimery, die gluckige Zauberermutti die Tür auf. In den Händen hielt sie die Scherben einer antiken Ming-Vase und eine Kehrschaufel, auf der die Asche ihrer - Ja, was war es noch gleich gewesen? - Hauskatze lag. Mit wehenden Haaren und zornverzerrtem Gesicht, stapfte sie auf Harry zu.
"Potter!" schrie sie über den Tumult hinweg. "Was fällt Ihnen denn bitteschön dazu ein?" Sie winkte mit den Vasenscherben. Harry zückte instinktiv den Zauberstab, richtete ihn auf die wütende Hexe und schrie: "REPARO!"
Leider hatte der Zauberspruch, den Hermine so oft auf seine Brille angewandt hatte, nicht den gewünschten Effekt. Statt die Vase wieder zusammenzufügen, reparierte er die Stützstangen im Korsett der Beimery, die sie schon vor Jahrzehnten zerbrochen hatte, weil sie mit den Jahren zwar immer mehr an Fülle und Volumen gewonnen hatte, aber nicht auf ihr korsargiertes Lieblingskleid hatte versichten wollen. Plötzlich in ihrem Kleid eingequetscht, nahm es Helga Beimery den Atem. Sie hustete und lief puterrot an.
"Oh, warten Sie Potter!" schnaufte sie und versuchte nun, mit der Kehrschaufel ihren Korsettpanzer zu knacken. "Wenn ich das meinen Kindern Marionetta, Benjamino und Klausisto erzähle! Dann bekommen Sie die Tracht Prügel Ihres Lebens!" Als sie bemerkte, dass sie die Asche ihres Stubentigers zum wiederholten Male in der Gegend verteilt hatte, kreischte sie noch einmal extra schrill auf.
Und die ganze Zeit über hatte eine Küchenfee auf einem Hocker gestanden und gebrüllt: "EINE KATZE! IN MEINER KÜCHE IST EINE KATZE!"
Die Duddy-Maus hatte sich, beinahe unbemerkt, durch einen Spalt im Fußboden aus dem Staub gemacht.
In dem ganzen Chaos versuchte Harry den Überblick zu behalten, und als er bemerkte, dass Duddy-Maus nirgendwo mehr zu finden war, stürmte er, ohne auf die Rufe zu achten, hinaus in den Flur, gefolgt von einem inzwischen wütenden Ron, da Harry ihn anscheinend ignorierte. Ron lief hinter Harry her. "Harry, Mennoh, warte doch mal! Du läufst hier rum wie ein kopfloses Huhn! Man könnte meinen, Du hättest den Grimm gesehen!" Daraufhin blieb Harry kopfschüttelnd stehen. Ron, wie er ihn kannte und liebte. "Immer die falschen Schlüsse ziehend", dachte er.
Die Zauberer im Flur waren stehen geblieben. Jetzt flüsterten sie alle. Hermine, die den Rest gehört hatte, schaute aus einem Büro heraus und schüttelte den Kopf. Es konnte doch nicht wahr sein, was Ron da gerade gerufen hatte. Harry gab Ron einen leichten Knuff, drängte ihn zur Seite und hastete weiter.
Nach einer wahren Odyssee durch das gesamte Ministerium - wirklich jeder, dem er begegnete, schien wütend den Namen "POTTER!" auf den Lippen zu haben - landete Harry schließlich im Atrium. Direkt neben dem neu errichteten großen Springbrunnen wurde er bereits erwartet. Arthur Weasley jonglierte ein Gemälde von Hand zu Hand und versuchte währenddessen eine ganze Schar von weißen Mäusen einzufangen und zusammenzuhalten. Und jede einzelne dieser Mäuse schien ein Halsband mit einem kleinen Schildchen zu tragen. Als Harry näher kam, konnte er auch die schwarze Schrift darauf erkennen. "Eigentum von Harry Potter" stand da in engen, akkuraten Buchstaben geschrieben. Und konnte es sein, dass es von Sekunde zu Sekunde mehr Mäuse wurden, die da um den Brunnen herumwuselten?
Als Arthur Weasley ihn entdeckte, stellte er das Gemälde ab und kam freudestrahlend auf Harry zu. "Mein Junge, gut Dich zu sehen!" Er schüttelte ihm flüchtig die Hand. "Maureen aus der Kantine sagt, das hier ist Deine Maus?!" Gerade landete eine der Mäuse auf ihren vier Pfoten, verdoppelte sich und trippelte auf acht Pfoten in unterschiedliche Richtungen davon.
"Nun gut, ich meine, das sind Deine Mäuse! Ich hatte ihr, also der ersten Maus, gerade dieses Schildchen um den Hals gehängt und wollte sie gerade zu Dir ins Büro bringen, da ist sie auf dieses verfluchte Muggel-Gemälde gesprungen!" Er deutete auf das Bild, das eine Frau mit ebenmäßigen Gesichtszügen und langen, dunklen Haaren zeigte, die geheimnisvoll lächelte oder vielleicht auch nicht.
"Das ist ein sehr berühmtes Bild in der Muggel-Welt, und irgendein Zauberer muss es mit einem Verdoppelungszauber belegt haben. Einem Verdopplungszauber, der ansteckend auf weiße Mäuse wirkt, muss ich wohl hinzufügen."
Er raufte sich verlegen die Haare und zupfte unbehaglich an seiner Brille. "Ich würde Dir ja gerne helfen mit den Tieren, aber ich muss weg!" Damit packte er das Bild, auf dessen Rückseite jemand die Worte "MOONY LISA" gekritzelt hatte, und verschwand in Richtung Fahrstühle.
"Dudley, Dudley, Dudley!" knurrte Harry zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Mit einem von Dir hat man schon nichts als Ärger, egal ob als Mensch oder als Tier. Aber mit einem ganzen Atrium voll????"
In diesem Moment spürte er ein leichtes Klopfen an der Schulter. Er wirbelte herum. Da stand Ron, mit einem breiten Grinsen im sommersprossigen Gesicht. "Ich weiß ja nicht, was es ist, aber es sieht aus, als stecktest Du ganz tief in der Sch.... !"
"Und das im wahrsten Sinne!" stöhnte ein mehr als genervter Harry. Gerade hatte er nämlich eine der Mäuse hochgehoben und auf seiner Handfläche platziert. Zum Dank ließ das Duddy-Mäuschen drei hübsche kleine Mäuseköddelchen fallen und blinzelte Harry unschuldig an. Verstohlen sah Harry sich um und ließ die Köddelchen auf den Boden fallen.
"Was mache ich denn jetzt?" stöhnte er und sah Ron fragend an. Dieser grinste und lugte über seine Schulter. "Du hast Glück - da kommt die Kavallerie." Harry drehte sich und seufzte erleichtert - Hermine!
"Ich habe schon von Deinem Problem gehört, aber seit wann züchtest Du weiße Mäuse?" fragte Hermine direkt. "ICH ZÜCHTE KEINE WEISSEN MÄUSE!" kam es etwas wütend von Harry zurück. Er lehnte sich an die Wand und ließ sich langsam daran runter gleiten. "Ich kann nicht mehr. Kannst Du mir vielleicht die Adresse vom 'Rattenfänger von Hameln' besorgen?" stöhnte Harry und schaute Hermine flehend an. Ron schaute ihn verwirrt an. "Wer ist denn das?"
"Ach, vergiss es!" antwortete Harry und machte eine abwinkende Handbewegung. Er sah Hermine flehend an. "Hast Du eine Idee?" Sie überlegte: "Hmm, mal sehen ob es klappt." Sie konzentrierte sich sichtlich und machte dann eine komische Bewegung mit dem Zauberstab.
Erwartungsvoll sahen sie auf die Mäuse - und es passierte tatsächlich etwas. Die vielen Mäuse hatten plötzlich eine Konsistenz wie Quecksilber, und sie schimmerten auch so. Diese Masse gehorchte den Gesetzen der Chemie und lief zusammen. Erst gab es eine große Pfütze, dann war anstelle der Pfütze eine mannsgroße weiße Maus.
Hermine sagte: "OJE!", Harry: "So ein Sche...!", nur Ron konnte dem Ganzen etwas abgewinnen. Schnell beschwor er ein Halsband und eine Leine herbei, zog der Maus das Halsband an und meinte dann trocken: "Jetzt kannst Du sie wenigstens nicht mehr so schnell verlieren."
Harry starrte völlig geschockt erst Ron an, dann die Leine, die ihm sein Freund in die Hand gedrückt hatte, und schließlich die Riesenmaus am anderen Ende. Diese trug nun eindeutig Dudleys Gesichtszüge, hatte sich auf die Hinterbeine erhoben und die Vorderbeine in die fetten Hüften gestemmt. Mit seinen schwarzen Türknaufaugen starrte das Nagetier zurück und fragte dann mit einem deutlich piepsigen Unterton: "Is' was, Cousin?"
Hermine schrie auf. Ron packte sie an den Schultern und zog sie in seine Arme, ein Stück weg von diesem 'Monstrum'. "Harry!?" keuchte Hermine. "Sag' nicht, dass das... das... dieses... Dein... Dudley... HARRY, WAS HAST DU GETAN?" Sie schrie noch einige unerfreuliche Worte mehr, und der Kreis der Zauberer und Hexen in der Eingangshalle, die gebannt dieses Schauspiel verfolgten, wurde immer größer.
Harry wurde erst blass, dann hochrot und begann vor Zorn mit dem Fuß auf den Boden zu stampfen. Unglücklicherweise stampfte er auf die Riesenpfote von Dudley. Die Riesenmaus quiekte laut auf und machte einen Sprung zur Seite. Harry, der noch immer die Leine in der Hand hielt, wurde einfach hinterher gezogen. Von der Maus gezogen versuchte er, alles zu erklären, aber es gelang verständlicherweise nicht. Vollkommen entnervt richtete Harry den Zauberstab auf seinen Hals. "SONORUS!" Dann erklang sehr laut: "SHACKLEBOLT! WO SIND SIE?"
Die Zauberer zuckten zusammen, erst wegen der Lautstärke, dann wegen des fehlenden Respekts. Doch der Minister kam und erkannte die Lage. "Oh nein! Harry, das tut mir leid! Aber ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Seit der Muggel-Minister weiß, wie er mich erreichen kann... Immer, wenn in der Muggelwelt was schief läuft... Mal überlegen, was ich tun kann."
Allerdings konnte Harry die Überlegung von Kingsley Shacklebolt nicht mehr abwarten, da Dudley schon weiter rannte. Harry stolperte und fiel auf die Knie, doch er war nicht in der Lage wieder hochzukommen, da Dudley nicht daran dachte, stehen zu bleiben, und ihn somit weiter hinter sich her schleifte. Harry konnte die Leine nicht loslassen, da sich deren Schlaufe um sein Handgelenk festgezogen hatte.
"Dudley, bleib stehen!" schrie Harry, doch dieser hörte nicht hin und lief auf die Tür zum Treppenhaus zu. Dort blieb er kurz stehen, öffnete die Tür - Harry hatte somit endlich die Möglichkeit sich zu erheben - und hechtete anschließend die Treppe - immer noch mit Harry im Schlepptau - hinauf.
"DUDLEY!" schrie Harry keuchend und diesmal drehte Dudley sich auch kurz um, grinste und meinte: "Na, schon aus der Puste?" Nach Luft schnappend, mit Seitenstechen und hochrot im Gesicht blickte Harry empört seinen Mäusecousin an. "Bleib... jetzt... endlich... stehen! Seit... wann... kannst... Du... so... schnell... laufen?" Harry holte tief Luft und fuhr dann fort: "Und sprechen? Und eigentlich solltest Du das doch gar nicht können. Du bist doch nur eine Maus! NUR NOCH EINE MAUS!"
Dudley blieb stehen, drehte sich um und sah Harry nachdenklich an. "Also gut. Daran ist diese Hexe Schuld. Ich bin ihr auf einem der Gänge begegnet. Sie meinte, sie hätte noch eine Rechnung mit Dir offen. Du hast ihr wohl vor einigen Wochen einen üblen Streich gespielt. Sie hat mich verhext." Harry dachte angestrengt nach. "Doch nicht etwa Memoranda Folder? Das war nicht ich! Das war Ron!" Dudley zuckte nur mit seinen Mäuseschultern. Was ging das ihn an?
Und während Harry noch immer leicht beleidigt vor sich hin murmelte, dass das alles Rons Schuld sei, wurde die Maus immer kleiner und kleiner und kleiner. Und plötzlich hatte Harry nur noch die leere Leine mit dem Halsband in der Hand, auf die er völlig perplex hinunter starrte, bevor er den Kopf schüttelte, wie um sich aus seiner Trance zu lösen, um dann, wieder ganz Herr seiner Sinne, den Boden nach Dudley abzusuchen.
Doch der war schon wieder entwischt. So was Blödes, dachte Harry, musste der Zauber ausgerechnet jetzt aufhören zu wirken? Na ja, Memoranda war nicht gerade eine der begabtesten Hexen. Außerdem hatte sie ein Gedächtnis wie ein Sieb, allerdings wie ein extrem überdurchlässiges mit nur einem einzigen, riesigen Loch, durch das wirklich alles durch fiel.
Harry öffnete die nächst beste Tür und heraus quollen Dutzende von schwarzen Katzen, die angriffslustig fauchten und sich mit ausgefahrenen Krallen auf ihn stürzten. Das war ja mal ein Freitag, der 13., mit all diesen Unglückszeichen und Boten.
Und plötzlich schwebte hoch über ihm eine kleine, weiße Maus an einem gefalteten Papierdrachen bedenklich schnell gen Fußboden. Harry sah sie, die Katzen und konnte nur noch brüllen: "NEIN!"
In diesem Moment kam ein kleiner Windstoß durchs Fenster und bescherte dem Papierdrachen noch mal einen winzigen Auftrieb, sodass Duddy-Maus über die Katzen hinweg flog. Und flog und flog und flog, durch die Gänge des Ministeriums, gefolgt von einem Harry, der zuvor hektisch über die Katzen gestolpert war und sich arg zerkratzt wieder aufgerafft hatte, nachdem er sich mit einem "IMMOBILUS"-Zauber von den Katzen befreien musste.
Er folgte der fliegenden Maus durch die Gänge, immer wieder anderen Hexen und Zauberern ausweichend und "Haltet die Maus auf!" rufend, bis sie in den neuen Ministeriumsanbau gelangten, in dem sich eine Reihe von Cafés und Restaurants befanden. Dudley flog immer weiter, bis er in einem chinesischen Restaurant landete.
Harry stöhnte laut auf, kannte er doch Dudleys Vorliebe für chinesisches Essen. Der neue China-Express 'In Kog Nitos zauberhafte Zaubereien' war ein beliebter Treffpunkt in der magischen Welt geworden. Harry sah Dudley im hinteren Teil des Restaurants verschwinden, konnte ihm aber nicht sofort folgen. Nach vorne gebeugt und die Hände auf die Oberschenkel gestützt, versuchte er Luft in seine Lungen zu pumpen. Verdammt, dachte er, ich muss mehr Sport machen. Er versuchte das Seitenstechen und die Luftnot zu ignorieren, und richtete sich auf.
So schnell es ihm möglich war, ging er in das Restaurant und suchte mit den Augen alles schnell ab. Er sah den Mauseschwanz in der Küche verschwinden, aus der es verführerisch nach irgendeinem Entengericht roch. Harry hastete in die Richtung und konnte gerade rechtzeitig einen weiteren "IMMOBILUS"-Zauber sagen, bevor der Koch Dudley um einen Mäusekopf kürzer machte. Duddy-Maus befreite sich direkt aus der Hand des Kochs und lief durch den Lieferanteneingang nach draußen auf den Flur, wo sie sich in einem Müllsack verfing, und von einem Kellner eingefangen und in ein Einweckglas gesperrt wurde. Harry wurde währenddessen von zwei anderen Kellnern festgehalten, und der Aushilfskoch schritt mit erhobenem Messer auf ihn zu. Harry schluckte und sagte mit zittriger und leicht heiser Stimme: "Tut jetzt nichts Unüberlegtes!"
Die Kellner und der Aushilfskoch sahen sich an und verstanden ihn offensichtlich nicht. Harry wünschte sich ganz konzentriert Babelfische in die Ohren der Kellner. So was hatte er noch nie probiert, er hatte nur davon gelesen, aber es schien zu klappen. Er sprach das Personal erneut an, und sie verstanden ihn - und auch in Zukunft alles. Er klärte die Sache durch geschickte Desinformation und den ein und anderen Gedächtniszauber. Schließlich bekam er die Maus ausgehändigt, befreite sie aus ihrem Glasgefängnis und steckte sie in seine Jackentasche. Den Reißverschluss zog er vorsichtshalber zu.
Er ging zurück ins Büro und ließ sich erschöpft auf seinen Stuhl fallen. Alles, was er brauchte, war ein wenig Ruhe, einen Kaffee und was zu Essen. Er hatte doch bisher nur gefrühstückt.
Doch schon hörte er ein wütendes Klopfen an der Tür. Und schon stürmte Fourleaf Clover herein, sein irischer Kollege, der sonst immer eine Ausgeburt des Glücks und der Freundlichkeit war. Doch davon gab es in diesem Augenblick keine Spur an ihm. Sein grün-kariertes Jackett war an mehreren Stellen zerrissen, ebenso wie seine Hosenbeine. Und über seine Wange verlief ein blutender, langer Kratzer.
"Potter! Auf die Beine! Durch das ganze Ministerium schweben angriffslustige schwarze Katzen und greifen alles an, was ihnen in die Quere kommt! Warum nur habe ich das Gefühl, dass Sie etwas damit zu tun haben? Los, Hintern hoch! Jeder Mann wird gebraucht." Harry folgte ihm schnell hinaus. Sein Mittagessen würde warten müssen.
Währenddessen machte sich seine Jacke mit der in die Tasche eingeschlossenen Duddy-Maus darin vom Stuhl aus unbemerkt auf ihre eigene Wanderung, durch Ritzen und Löcher, Türen und Fenster, Decken und Wände. Von niemandem bemerkt schaffte die Jacke es bis in die Mysteriumsabteilung.
Dort angekommen hatte Dudley-Maus es geschafft sich aus der Tasche heraus zu knabbern. Die Maus setzte sich auf die Hinterpfoten und sah sich um. Ein Bogen erweckte ihr Interesse. Die Maus hoffte, dahinter etwas zu essen zu finden, und trippelte darauf zu. Sie schnupperte und fand wohl, dass es dahinter gut roch. Fast hätte man meinen können, dass sie einen energischen Gesichtsausdruck aufsetzte. Sie ging durch... verschwand... und wurde wieder zurück befördert! Dann ertönte eine tiefe wohltönende Stimme: "Nur für Menschen, die auch so aussehen - Du Menschenmaus!" Dudley-Maus schüttelte den Kopf so dolle, dass die Ohren schlackerten, und rannte so schnell ihn die kurzen Mäusebeine trugen davon.
Inzwischen, irgendwo auf den Gängen, lieferten Harry und einige Kollegen sich mit den schwarzen Katzen einen harten Kampf. Eine Person mit einem Riesenstapel Papieren versuchte, sich durch dieses Kampfgetümmel einen Weg zu bahnen.
"Mister Potter, Mister Potter, da sind sie ja endlich. Ich suche sie schon überall." - "Ich habe jetzt keine Zeit!" rief Harry dieser unbekannten Person entgegen. "Sie sollten sich aber Zeit nehmen, denn es ist sehr wichtig." - "Und das wäre? Wer sind Sie überhaupt?" kam es von Harry genervt, denn er schüttelte gerade eine Katze ab, die sich in seinem Arm festgekrallt hatte. "Mein Name ist Michael Adams, und ich arbeite in der Schadensabteilung. Dies sind 150 Schadensanzeigen..." - Er überreichte Harry den Stapel Blätter. - "...und somit sind es 150 Schäden, die Sie und Ihre Maus am heutigen Tag bisher verursacht haben und für die sie zur Rechenschaft gezogen werden."
Harry rang noch immer mit der durchgedrehten Katze und stopfte sie in einen Sack, den ein Kollege bereithielt, als er den Ringkampf gewonnen hatte. Dabei stieß er Michael Adams an, der auch prompt den Stapel mit Schadensanzeigen fallen ließ und damit auf dem Fußboden verteilte.
"Das wird Ihnen auch nicht helfen, Mister Potter. Selbst wenn Sie die Schäden ignorieren, werden Ihnen die Kosten einfach vom nächsten Gehalt, aber ich sollte lieber sagen, von den nächsten Gehältern, abgezogen. Aber wo wir hier schon mal so gemütlich beisammen stehen!" Er kam verschwörerisch an Harrys Seite und flüsterte ihm ins Ohr. "Wo ist eigentlich das Büro von Minister Shacklebolt? Wann macht er Feierabend? Wann verlässt er das Ministerium ohne Personenschutz?" Statt des Papierstapels hielt er nun eine Flotte-Schreibe-Feder in der Hand, offenbar bereit, sich Notizen zu machen.
Doch noch bevor Harry sich Gedanken über diese merkwürdigen Fragen machen konnte, schallte eine ohrenbetäubend laut verstärkte Stimme durch alle Gänge und Flure des Zaubereiministeriums: "EINDRINGLINGSALARM! EINDRINGLINGSALARM! EINDRINGLINGE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! EINGREIFTEAM SOFORT IN DIE MYSTERIUMSABTEILUNG! EINDRINGLINGSALARM! ..."
Duddy-Maus, der gerade versucht hatte, eines der riesigen, fliegenden Gehirne anzuknabbern, starrte wie hypnotisiert auf das rote Alarmlicht, das in der Mysteriumsabteilung zu blinken begonnen hatte. Ängstlich und nervös ließ er den Mäusekopf kreisen, als sich sämtliche Türen der Abteilung plötzlich mit lautem Knallen automatisch schlossen. Jetzt war er eingesperrt und wurde so panisch, wie es sich für eine kleine Maus gehörte. Sein kleines Mäuseherz klopfte viel zu schnell. Die kleine "unschuldige" Maus rannte im Kreis und suchte einen Ausweg, aber sie konnte keinen finden.
Inzwischen näherten sich dem Eingang Schritte, und man konnte Stimmen hören. Eine davon gehörte Harry Potter, der laut vor sich hin fluchte: "Dudley! Dauernd dieser dämliche Dudley!"
Die verstärkte Alarmstimme hatte inzwischen ihren Text geändert. "MÄUSE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! MÄUSE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! ..." schallte es nun immer wieder durch das gesamte Mysterium.
Harry hatte eine der Türen, hinter denen Dudley-Maus in der Falle saß, als erster erreicht, aber gerade, als er an der altmodischen Türklinke rütteln wollte, wurde er von Fourleaf Clover unsanft zur Seite gedrängt. "Lassen Sie mich durch. Ich bin Mitarbeiter der Mysteriumsabteilung. Sie gefährden ein wichtiges Experiment!"
Als er Harrys fassungslosen und leicht ungläubigen Blick bemerkte, beeilte er sich zu versichern: "Ja, ja, ich weiß, ich weiß! Alle glauben, ich arbeite für die Abteilung für außerparlamentarische Wetterkontrolle, aber Sie können mir ruhig glauben. Ich bin einer von diesen 'Unsäglichen'! Und wenn Sie mich nicht sofort durch lassen, und wenn die Mäuse, vor denen da gewarnt wird, die sind, mit denen ich seit Monaten experimentiere, dann werden sie das versuchen, für das ich sie gezüchtet habe. Natürlich immer unter der Vorraussetzung, dass sie sich wirklich aus ihrem Labyrinth befreit haben!"
"Das ist mit Sicherheit mein schock-verzauberter Cousin!" wollte Harry brüllen, um dann die Frage zu stellen: "Für was, bei Merlins verlorenen Murmeln, haben Sie denn Mäuse in Ihrer Abteilung für Mysterien gezüchtet?" Doch er brauchte es gar nicht auszusprechen, denn Clover gab ihm auch so Antworten, als hätte er seine Gedanken gelesen.
"Jede Maus, der man erlaubt, ihr volles Gehirnpotential zu nutzen, hat nur ein einziges Ziel in ihrem kurzen Leben: den Versuch, die Weltherrschaft an sich zu reißen!"
Harry schüttelte ungläubig den Kopf. Das war doch total verrückt. Er beobachtete, wie Fourleaf Clover etwas aus seiner Hosentasche zog, das wie eine tote, goldene Schlange aussah. Der 'Unsägliche' murmelte einige unverständliche Worte, dann schlängelte sich das längliche Ding in drei der vier Schlüssellöcher, versteifte sich und sperrte die Tür auf.
Der achteckige Raum, in den Harry nun schauen konnte, schien vollkommen leer zu sein. An seiner Decke blinkte ein rotes Licht und warf abwechselnd streifenförmige Schatten auf jede der acht Wände, in denen sich jeweils eine ähnliche Tür befand wie die, die Clover gerade geöffnet hatte. Erst nach einigem genaueren Hinsehen konnte Harry die kleine, weiße Maus erkennen, die schwer atmend in der Mitte des Raumes lag.
"Das ist keine von meinen", entfuhr es Fourleaf Clover entrüstet. "Das ist eine ganz gewöhnliche Versuchsmaus! Meine Supermäuse sind byzantinische Wüstenspringmäuse mit wesentlich längeren Ohren und einem viel, viel dickeren..."
Doch Harry ließ ihn nicht ausreden. Er stolperte hastig in den Raum, hob seinen verwandelten Cousin auf und prüfte, ob er noch atmete. "Ich kann hier nichts erkennen!" meinte er empört. "Ich bringe ihn nach oben in eines der Büros mit magischem Tageslicht!"
Auf dem Weg zum Fahrstuhl hörte er noch Fourleaf Clover hinter sich her fluchen: "Ich weiß nicht welche, aber das wird Konsequenzen für Sie haben, Potter! Verlassen Sie sich darauf!"
Kaum im Atrium angekommen, erwartete Harry schon die nächste Überraschung. "Harry? Was ist hier eigentlich los?" Er wirbelte herum. Vor ihm stand Ginny, mit zerzaustem Haar und scheinbar vor Wut gerötetem Gesicht. Ginny? Aber die war doch in Schottland zu einem Quidditchspiel und sollte erst morgen wieder zurückkommen. Und wer, bei Merlins was auch immer, hatte sie so erregt und wütend gemacht?
In diesem Moment fühlte er einen stechenden Schmerz im rechten Handballen. Duddy-Maus war aus seiner scheinbaren Ohnmacht erwacht, hatte ihn unterhalb des Daumens mit seinen spitzen, scharfen Mausezähnchen gebissen und war mal wieder auf den Fußboden entwischt. Schon sah Harry seinen langen, rosa Nagerschwanz hinter dem goldenen Brunnen verschwinden.
Harry wollte gerade hinter her hechten, wurde jedoch von Ginny daran gehindert. "Nicht jetzt, Ginny," stöhnte Harry. "Ich muss unbedingt, diese Maus..." Weiter kam er nicht, denn Ginny hatte ausgeholt und ihm eine saftige Ohrfeige verpasst. "Ja, genau! Immer diese Mäuse! Auch mir hat ein kleines Mäuschen was geflüstert. Wie konntest Du nur?" Wut und Empörung standen in ihrem Gesicht. Harry hielt sich immer noch verdutzt die Wange. "Häh?" war alles was ihm einfiel. Dieser Tag war ja wirklich zum Mäuse melken. "Ich hab keine Ahnung was Du meinst, Ginny. Und ich hab auch keine Zeit, mir jetzt darüber Gedanken zu machen. Da ist eine kleine Maus, die ich jetzt unbedingt finden muss!" Er wandte sich von Ginny ab und lief zum goldenen Brunnen im Atrium. Hinter ihm heulte Ginny schmerzhaft auf. "Das wird Dir noch leid tun. Ich gehe jetzt Ron suchen und erzähl ihm alles."
Harry, verstand noch immer nur Bahnhof, aber es war ihm im Moment auch egal, musste er doch unbedingt Duddy-Maus finden, bevor er noch mehr Schaden anrichtete.
Und weiter ging die wilde Jagd quer durch sämtliche Flure, Büros und Gänge des Ministeriums. Und überall hinterließ die Duddy-Maus eine Spur der Verwüstung. Mehrmals war Harry kurz davor, den Nager zu erwischen, doch jedes Mal entkam er um Haaresbreite.
Und plötzlich, als er gerade aus dem Archiv kam, das nur noch aus einem Schneesturm aus aufgewirbelten Karteikarten bestand, stand Harry vor Ron und Ginny, die ihn wutentbrannt anstarrten. "Ich dachte, Du wärst mein Freund!" brüllte Ron, und sein Gesicht wurde so rot wie seine Haare. "Wie konntest Du das meiner einzigen Schwester antun? Noch dazu mit dieser... dieser... dieser..."
Ginnys Kreischen bohrte sich wie Scherben in Harrys Gehörgänge. "WAS HAT DIESE MAUREEN, WAS ICH NICHT HABE?" - "Maureen?" fragte Harry verwirrt. "Maureen, die Küchenfee? Ich verstehe überhaupt gar nichts mehr!"
Hinter der Ecke zum nächsten Gang kam die nervige Maus noch einmal zurück und schien ihm höhnisch zuzuwinken. Harry schaute gehetzt zwischen ihr und den Weasley-Geschwistern hin und her.
"Ich glaube, es gibt nur noch eins für Dich zu tun!" stellte Ron fest. "Um das wieder gut zu machen, verrätst Du Ginny sofort, wo das Büro von Minister Shacklebolt ist, wann der Minister Feierabend macht und wo er hier in London wohnt."
Was hatte denn das nun wieder zu bedeuten? Hatten denn heute alle den Verstand verloren? "Ich fange jetzt diese Maus!" murmelte Harry vor sich hin und rannte weiter. Im nächsten Moment traf ihn etwas Leichtes am Kopf. Es sah aus wie ein Papierflugzeug. Harry faltete das fliegende Memo aus einander und riss entsetzt Augen und Mund auf. Konnte das wirklich wahr sein, was er da lesen musste?
"Duddy-Maus ist eine lebende Zeitbombe und soll den Zaubereiminister in die Luft sprengen!" Kein Absender. Getippt mit einer Art Schreibmaschine. Papier, das alle im Ministerium benutzten. Harry konnte nicht erkennen, von wem diese Nachricht kam. Ein Scherz? Ein schlechter Scherz?
Er sah sich um. Es war niemand mehr in seiner Nähe. Vor ihm hoppelte Dudley-Maus durch den Gang auf eine Tür zu, hinter der sich tatsächlich das Büro von Zaubereiminister Kingsley Shacklebolt befand, wie Harry mit einem Mal klar wurde. Egal, von wem das Memo kam, er musste Dudley aufhalten, koste es, was es wolle. Harry ließ das Blatt Papier fallen und spurtete los.
Die Bürotür hatte am unteren Ende ein Loch, genau in Dudley-Mäuse-Größe, und in eben diesem Augenblick schlüpfte das Nagetier hindurch.
Harry rüttelte am Türknauf. Abgeschlossen! Er klopfte, bekam aber keine Antwort. "Nein!" schrie Harry und warf sich mit Schulter und Oberarm gegen das Holz der Tür. Noch einmal nahm er Anlauf und krachte dagegen, aber noch immer rührte die Tür sich nicht.
Dawlish, Miller und andere voll ausgebildete Auroren aus Kingsley Shacklebolts Leibgarde tauchten mit gezückten Zauberstäben im Flur auf und riefen ärgerlich: "Potter, was soll denn der Aufstand? Gehen Sie von der Tür weg und lassen Sie dem Minister seine Ruhe!"
"Nein!" schrie Harry noch einmal, genau in dem Moment, in dem die Bürotür scheppernd nach innen fiel. Er stolperte in den Raum. Kingsley saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl. Die Schuhe hatte er ausgezogen, und seine besockten Füße lagen überkreuzt auf einem Stapel mit Papieren auf dem Schreibtisch vor ihm. In der Hand hielt er einen Becher Tee. Auf seinem Schoss lag die HEXENWOCHE, in der er gerade gelesen hatte. "Potter, was... ?" begann er seine letzten Worte.
Harrys Blick fiel auf die Duddy-Maus direkt unter dem Schreibtisch. Sie hatte sich wieder auf die Hinterbeine gehockt und winkte Harry ein letztes Mal mit der Vorderpfote zu.
Dann ging ein Rucken und Zucken durch den kleinen Nagetierkörper, das immer heftiger wurde. Er dehnte sich aus und zerbarst schließlich mit einem grellen Licht und einem Trommelfell zerfetzenden Knall. Das gesamte Büro mit Minister, Möbeln, Büchern und Papieren verschwand in einer Wolke aus Hitze und Staub.
"NEIN!" brüllte Harry und spürte, wie ihn der Schock schrumpfen ließ. Er schien durch seine eigene Kleidung, Pullover, Umhang, Jeans, zu fallen und plötzlich die Welt vom Fußboden aus zu betrachten. Seine Nase wurde immer länger, verformte sich zu einer Schnauze. Ihm wuchsen lange Barthaare. Er hatte plötzlich vier Pfoten, ein weißes Fell, zwei vorstehende Zähnchen und zwei abstehende Öhrchen. Alles, was von seinem erneuten Aufschrei übrig blieb, war ein leises Fiepen. Der Schock hatte bewirkt, dass er sich in eine Maus verwandelt hatte.
***
Plötzlich hörte Harry Applaus. Um ihn herum klatschte eine ganze Gruppe von Leuten. "Applaus?" dachte er verwirrt. "Wofür bekomme ich denn jetzt Applaus? Für einen Sch....-Tag? Dafür, dass ich ein Attentat auf den Zaubereiminister nicht verhindern konnte? Dafür, dass ich mich gerade in eine Maus verwandelt habe?" Er sah sich vorsichtig um. Sein Blickwinkel verriet ihm, dass er wieder seine normale Größe hatte.
"So!" hörte er da eine ungeduldige Stimme. "Und nun der nächste, bitte!"
Er fühlte, wie er am Arm gepackt und zur Seite geführt wurde. Dazu hörte er eine Stimme an seinem Ohr: "Potter, auf ein Wort!" Er sah sich verwirrt und leicht orientierungslos um. Dies war offensichtlich nicht das Büro des Zaubereiministers und auch nicht einer der Gänge des Ministeriums, durch die er den ganzen Tag über geirrt und gestolpert war auf der Jagd nach seinem Mause-Cousin. In diesem großen Raum, der wie eine Turnhalle oder sonst ein Übungssaal wirkte, waren viele Menschen, alles Hexen und Zauberer, versammelt, denen er heute schon einmal begegnet war. Da waren Ron und Hermine, Kingsley Shacklebolt, Arthur Weasley, Ginny, aber auch Fourleaf Clover, Helga Beimery, Michael Adams und Memoranda Folder, ja selbst Maureen, die Küchenfee. Sie standen alle in einem Halbkreis und unterhielten sich nun zwanglos, nachdem sie aufgehört hatten zu applaudieren.
Harry sah zu dem Zauberer auf, der ihn zu seinem Schreibtisch am Eingang des großen Raumes führte. Es war Mister Metamorphosis, sein Lehrer und Trainer für fortgeschrittene Verwandlung und Animagie. Metamorphosis setzte sich auf den thronartigen Stuhl hinter dem Schreibtisch, nahm Feder und Pergament zur Hand und kritzelte einige Notizen darauf.
"Potter, das war schon mal nicht schlecht", begann er und schrieb weiter. "Es ist Ihnen gelungen, die Übung doch noch zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Zum einen meine Gratulation, dass sie sich diesmal voll und ganz in eine Maus verwandelt haben. Kein rosa Kaninchen diesmal und auch kein ungestalter Königspudel. Vielleicht wollen Sie an der Form noch etwas arbeiten, aber diesmal waren Sie voll und ganz Maus. Dafür einen Pluspunkt." Er machte einen Strich auf einer der beiden Seiten einer Tabelle, die er auf das Pergament gezeichnet hatte.
"Und noch ein Pluspunkt dafür, dass Sie alles versucht haben, ihren verwandelten Cousin am Leben zu halten. Sie haben wirklich alles getan, um all die Grausamkeiten und Gemeinheiten zu vergessen, die ihnen Ihr Vetter in der Vergangenheit angetan hat. Einen halben Minuspunkt dafür, dass Sie auch noch versucht haben, ihn zu retten, als bereits alle Hoffnung vergebens war. Hier hätte ihr Selbsterhaltungstrieb schneller anspringen müssen. Ein Pluspunkt dafür, dass Sie versucht haben, den Minister zu retten, und ein Minuspunkt dafür, dass es nicht geklappt hat und Sie die eingetroffene Verstärkung nicht gleich umfassend über den Stand der Dinge informiert haben, dürften sich aufheben. Außerdem ist Michael Adams an dieser Stelle der Illusion etwas die Phantasie durchgegangen. Eine Zeitbombe in einer Maus? Und ein anonymes Memo, das nur Sie darüber informiert? Also, bitte! Vergessen wir das ganz schnell wieder. Aber noch ein Minus", diesmal machte Metamorphosis einen ganzen Strich auf der 'Soll-Seite' der Tabelle, "für Ihren mangelhaften Einsatz der OKKLUMENTIK. Die meisten Anwesenden aus dem Prüfungsteam beherrschen LEGILIMENTIK, und Sie haben es uns einfach viel zu einfach gemacht, in ihren Gedanken und Erinnerungen nach ihren Schwachstellen und Geheimnissen zu suchen."
Mister Metamorphosis sah auf und Harry lange forschend ins Gesicht. "Und wenn ich Ihren Gesichtsausdruck richtig deute", sagte er schließlich, "hatten Sie bis vor einigen Minuten völlig vergessen, dass heute, am Freitag, dem 13., ihre Zwischenprüfung in 'Abwehr gegen Gedankenkontrolle und Vorspiegelung falscher Tatsachen' ist. Sie haben tatsächlich geglaubt, dieser Tag passiert wirklich, oder? Potter, Potter, Potter!" Er schüttelte leicht den Kopf. "Und das, wo Ihnen jeder Ausbilder in jeder Unterrichtseinheit immer wieder und wieder zu erklären versucht, dass jeder schwarze Magier zuerst versuchen wird, den Geist eines Auroren zu verwirren, zu besetzen oder zu zerstören."
Er atmete tief durch und schien eine Weile nachzudenken. "Na, gut, Da bleibt ein halber Punkt auf der 'Haben-Seite' übrig. Dann drücke ich mal alle Hühner- und sonstigen Augen zu und sage: Sie haben bestanden, Mister Harry Potter."
Er stand auf und schüttelte Harry die Hand. "Aber ein bisschen Übung kann selbst Ihnen nicht schaden. Versprochen?" fügte er noch augenzwinkernd hinzu. Dann wandte er sich wieder der versammelten Zauberergemeinschaft zu, klatschte in die Hände und rief fröhlich: "So, wer ist der Nächste? Miss Granger? Bitte treten sie in die Mitte des Kreises."
Harry kratzte sich noch immer leicht verwirrt die Stirn.
– The End –
[first published May, 13th – 14th 2008]

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