Es war einmal...

Als Anfang August 2007 der siebte und damit letzte Band einer Buchreihe der berühmten Joanne K. Rowling über einen gewissen Zauberlehrling namens Harry Potter erschienen und endlich gelesen war, traf sich im frisch errichteten Kundendiskussionsforum auf amazon.de eine Gruppe von mehr oder weniger erwachsenen Menschen, um sich über das Werk auszutauschen, und schließlich, weil keiner so recht glauben wollte, dass es vorbei sein sollte, aus eigener Kraft eine bis drei Fortsetzungen zu schreiben.

Schon bald spaltete sich aus dem Hauptschreiberfeld eine kleine, aber äußerst feine Splittergruppe ab, die sich fortan "Die Hobbydramatiker" nannte. Und als es den "Hobbydramatikern" mal wieder zu langweilig wurde, entstanden die hier neu veröffentlichten "Neuen und unglaubwürdigen Schandtaten der Hobbydramatiker". Zunächst nur auf die Länge eines Posts bei amzon.de beschränkt, entwickelten sie sich schnell zu wahren Kurzgeschichten voller Nonsens und Humor aber auch tragischer Momente, die den Lesern hoffentlich genauso viel Spaß beim Lesen bringen wie uns beim Schreiben. Über Kommentare würden wir uns sehr freuen.

Die Schandtaten:

23.3. – 3:23 Uhr (1) Allerhöchste Geheimstufe (1) Angriff der Bomische (1) Die Auferstehung (1) Die Silberhochzeit (1) Die Suche (1) Die Winterverschwörung (1) Dursleys Reloaded (1) Ein Junge überlebt - etwas anders (1) Ein Schweinchen namens Dudley (1) Ein tierisches Abenteuer (1) Feenwettstreit (1) Freitag der 13. (1) Harry Potter und das Vermächtnis der Hobbydramatiker (11) Harry Potter und der verrückte Fan (1) Harry Potter und die Weihnachtsbäckerei (1) Hogwarts Hüte und Hauselfen (1) Jahrestage (1) Kurz und schmerzlos (1) LA VIE EN ROSE (1) Nachwuchs (1) Schadtat Nr. 33 - Jahrestag (1) Schandtat Numero 01 (1) Schandtat Numero 02 (1) Schandtat Numero 03 (1) Schandtat Numero 04 (1) Schandtat Numero 05 (1) Schandtat Numero 06 (1) Schandtat Numero 07 (1) Schandtat Numero 08 (1) Schandtat Numero 09 (1) Schandtat Numero 10 (1) Schandtat Numero 11 (11) Schandtat Numero 12 (1) Schandtat Numero 13 (1) Schandtat Numero 14 (1) Schandtat Numero 15 (1) Schandtat Numero 16 (1) Schandtat Numero 17 (1) Schandtat Numero 18 (1) Schandtat Numero 19 (1) Schandtat Numero 20 (1) Schandtat Numero 21 (1) Schandtat Numero 22 (1) Schandtat Numero 23 (1) Schandtat Numero 24 (1) Schandtat Numero 25 (1) Schandtat Numero 26 (1) Schandtat Numero 27 (1) Schandtat Numero 28 (1) Schandtat Numero 29 (1) Schandtat Numero 30 (1) Schandtat Numero 31 (1) Schandtat Numero 32 (1) Schandtat Numero 33 (1) The Irish Ways or How to handle a Leprechaun (1) Und nichts als die Wahrheit... (1) Urlaub auf dem Bauernhof (1) VerRückt und duchgeKNALLT? (1) Was wäre wenn ??? (1) Wie Ron Weasley Asmodeus traf… (1) Wohl bekomm's (1)

Samstag, 20. März 2010

Ein Schweinchen namens Dudley

Schandtat Numero 14

Verwirrt blickte sich Dudley Dursley in der kleinen Hütte um. Wer war dieser Riese, mit dem rosafarbenen Regenschirm? Und was wollte er von Harry? Und warum waren sie überhaupt in dieser Hütte? Fragen über Fragen.

Einen kurzen Augenblick gab Harry Potter sich der Phantasie hin, wirklich ein Zauberer zu sein und Dudley in ein Schwein zu verwandeln. Allerdings war er im Moment ziemlich überzeugt, dass dieser riesige Mensch sich schlicht und einfach geirrt hatte.

"Ich... ", richtete der bärtige Koloss das Wort an die Familie Dursley, Vater Vernon, Mutter Petunia und Söhnchen Dudley. "Ich habe Euer dickes Kind mit einem Verwandlungszauber belegt. Zuerst wächst ihm ein Ringelschwänzchen, dann breitet es sich davon ausgehend aus wie ein Wasserfleck. Zuerst bekommt er einen dicken, fetten Schweinear... ."

Harry Potter räusperte sich. Er wollte, dass der Fremde endlich zur Sache kam, und keine Schimpfwörter oder stundenlange Erklärungen hören.

Der Riese, der sich als Rubeus Hagrid, Wildhüter und Hüter der Schlüssel und Ländereien von Hogwarts vorgestellt hatte, räusperte sich verlegen und zog Harry zu sich.

"Na ja, ihr Muggel wisst schon, was ich meine. Erst dicke Haxen, dann einen Schweinebauch, und wenn er erst mal einen rosa Rüssel hat, wird der Zauber unumkehrbar sein."

Tante Petunia kreischte kurz auf und klang dabei selbst wie ein aufgebrachtes Mutterschwein.

Hagrid klopfte Harry auf die Schulter und führte ihn zur Tür der alten, abgelegenen Hütte auf der stürmischen Insel. Doch bevor er mit dem kleinen Potter nach draußen in den strömenden Regen trat, drehte er sich noch einmal zu den Dursleys um.

"Wenn ich es mir richtig überlege", begann er und zog eine riesige Tragetasche unter seinem schwarzen Fellmantel hervor. "Wenn ich also so darüber nachdenke, dann gibt es noch eine Möglichkeit, den Zauber auf Eurem Dickerchen zu stoppen."

"Wie?" quiekten die beiden mehr als pummeligen, männlichen Dursleys und die knochige, weibliche wie aus einem Mund.

Hagrid wühlte in der Tasche und schien fast bis zur Hüfte darin zu verschwinden, obwohl die Tasche von außen nicht aussah, als böte sie Platz für einen derart großen Menschen, wie Harry fand. Nach einer halben Ewigkeit zog der Halbriese einen mannshohen, verzierten Spiegel mit einem leicht beschädigten, goldenen Rahmen aus der Tasche und baute ihn vor den Muggeln auf.

"Wenn ihr brav in dieser Hütte bleibt..." Hagrid zog ein tischtuchgroßes Taschentuch hervor und begann, den Spiegel zu polieren. "... und wenn ihr hier wartet, bis Harry und ich von unseren Besorgungen aus London zurück sind... " Der Wildhüter machte einen Ausfallschritt und richtete seinen rosa Regenschirm direkt auf den Spiegel. Harry fand, es sah aus, als wolle er das alte Ding zu einem Fechtduell herausfordern. "Und wenn ihr Euch währenddessen anhört, was der Geist in diesem Spiegel zu erzählen hat, dann... vielleicht... aber auch nur vielleicht... und auch nur, wenn Ihr mir keinen anderen Grund liefert, dann werde ich den Fluch von Eurem Duddey-Spatz nehmen."

"Vernon?" quietschte Petunia Dursley und flüchtete sich mit ihrem Sohn im Schlepptau in die fleischigen Arme ihres Gatten. Die irritierten Blicke der drei huschten nervös zwischen dem Wildhüter und dem Zauberspiegel hin und her.

"Ich nehme das mal als ein klares 'Ja!' " meinte Hagrid und lachte grollend und kehlig. Dann schüttelte er den Regenschirm in Richtung Spiegel und murmelte: "FAIRYATAE!"

Und so kam es, dass nur Minuten später ein fliegendes Motorrad mit einem riesigen Wildhüter und einem noch immer erstaunten und leicht verunsicherten Zauberlehrling namens Harry Potter an Bord mit lautem Motorengeheul von einer kleinen, meerumtosten Insel abhob, während eine miefige, kleine, englische Durchschnittsfamilie gebannt auf eine silbrig-weiße Rauchwolke starrte, die sich im Inneren eines hohen Zauberspiegels wölkte.

"Ver...?" begann Petunia und drehte ihren Kopf auf ihrem langen Hals ihrem Ehemann zu, doch weiter kam sie nicht, denn Vernon stammelte: "Da... da... da... !" und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Spiegel.

"Guten Abend, meine Dame und mein Herr, liebes Kind!"

Im Spiegel stand ihnen nun statt ihrer eigenen Spiegelbilder ein blond gelockter Mann in einem mit Goldfäden durchwirkten dunkelroten Umhang mit einer riesigen, aus seinem Gesicht hervorstehenden Nase gegenüber und zeigte ihnen seine unnatürlich ebenmäßigen und blitzend weißen Zähne.

"Meine Aufgabe, verehrte Dursleys, für die nächsten Stunden oder vielleicht auch Tage wird sein, Sie mit einem der wohl weltbesten Märchen der ganzen Welt zu unterhalten und Ihnen damit die Wartezeit zu vertreiben. Also, setzen Sie sich bitte, und machen Sie es sich bequem!"

Ein großes, plüschiges Sofa materialisierte sich hinter den Dursleys und fing sie auf, als sie wie von Geisterhand zurück gestoßen wurden.

"Und viel, viel Spaß bei meiner Show!"

Der eigentümliche Mann mit dem Haifischgrinsen, dessen Alter man nur sehr schwer schätzen konnte, war aus dem Spiegel verschwunden. Stattdessen konnte man nun eine sonnenbeschienene, grüne und hügelige, englische oder irische Landschaft darin erkennen und einen Bauernhof, der sich im Sturzflug dem Betrachter näherte. Noch während Dudley Dursley versuchte, es sich trotz seines Ringelschwanzes auf dem Sofa gemütlich zu machen, begann eine angenehme und melodische Stimme zu erzählen. Und während sie erzählte, erwachte die Geschichte im Inneren des Spiegels zum Leben.

"Dies ist die spannende, lustige, alberne und tragische Geschichte von einem Schweinchen namens Dudley.

Es war einmal zu einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat und jeder Mensch magische Fähigkeiten hatte, da lebte auf einem kleinen Bauernhof inmitten von grünenden und blühenden Wäldern und Feldern ein kleines, aber einsames Schweinchen namens Dudley. Und es lebte gut und gesund und wurde dick und rund, bis zu dem Tag, an dem der Bauer sehr, sehr spät aus dem Pub heim zu Weib und Kind, Schwein und Rind kam.

Leider hatte der Bauer, der übrigens Abe Dumbledore hieß, das gesamte Geld der Familie im Pub verspielt. Die Ehefrau war sehr zornig und fragte ihren Gatten: "Und von was sollen wir jetzt die Pacht an Lord Malfoy bezahlen?"

Der Bauer überlegte sorgenvoll hin und her. "Ich werd wohl das Schweinchen auf dem Markt verkaufen müssen." - "Was?" fragte die Bäuerin. "Das süße kleine Dudley-Schweinchen? Verkauf lieber die Ziege." - "Nichts da, die Ziege bleibt hier."

Gesagt, getan. Am nächsten Morgen trieb der Bauer das Schweinchen auf den Markt, wo sich auch schnell ein Käufer fand. "Ein prächtiges Schweinchen habt Ihr da, Mr. Dumbledore. Richtig schön fett. Es wird mir einen ganz prächtigen Schinken für das nächste Weihnachtsfest liefern..."

Dudley Dursley blieb vor Entsetzen der Mund offen stehen, und er rutschte unruhig auf dem Ringelschwänzchen hin und her. "Ich will das nicht sehen. Dad, unternimm sofort etwas. Ich will wieder nach Hause!"

Doch das plüschige, weiche Sofa bildete einige starke Fangarme aus und hielt die Dursleys flauschig weich, aber gnadenlos fest. Und sie mussten sich, ob sie wollten oder nicht, das Märchen zu Ende ansehen.

"... Schnell war man sich handelseinig. Das Schweinchen wurde hinter den Karren seines neuen Besitzers, eines Schulmeisters namens Servatus Snape gebunden. Und Abe Dumbledore machte sich mit einem ganzen Sack voll Silberlingen auf den Weg zurück zu seiner kleinen Farm. Unterwegs traf er auf einen fahrenden Pub-Wagen mit Wein, Weib und Gesang, und er verspielte und verprasste seinen Erlös für das Dudley-Schweinchen sofort wieder. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden...

Servatus Snape, währenddessen, sperrte das Schweinchen namens Dudley in ein Gatter nahe eines kleinen Häuschens und der Schule und mästete und hegte und pflegte es. Alle zwei Tage kam er mit einem großen, scharfen Messer und einem riesigen Schmortopf vorbei, um Maß zu nehmen für das Weihnachtsfest, das glücklicherweise noch mehr als ein halbes Jahr in der Zukunft lag.

Das Schweinchen namens Dudley versuchte alles, um seinem Gefängnis zu entkommen, aber das Holz des Gatters war stark und das Schweinchen wurde immer fetter und fauler. Bald suhlte es sich nur noch im Matsch und sah den Vögeln im Himmel beim Fliegen zu und den Schafen nach, die Tag aus, Tag ein auf der Strasse an ihm vorbeizogen. Und er unterhielt sich mit den Kindern, die jeden Tag, nach getaner Feldarbeit zum Schulmeister Snape in den Unterricht kamen. Eine seiner besten Freundinnen wurde Lily Snape, die Tochter des Lehrers, die ihn immer öfter besuchen kam und ihm auch das ein oder andere Mal zu Fressen brachte.

Eines Tages, als Lily dem Schweinchen wieder zu Fressen brachte, kam auch ihr gestrenger Vater Servatus Snape hinzu und nahm wieder einmal Maß. "Prächtig, prächtig", murmelte er und machte sich Notizen auf einem Blatt Pergament. "Bald ist er fett genug, damit ich ihn schlachten kann."

Das Dudley-Schweinchen quiekte erschrocken auf und blickte mit jammervollem Blick auf seine Freundin Lily. Diese fasste sich schließlich ein Herz und zupfte ihrem Vater zögerlich an seinem schwarzen Gewand.

"Herr Vater, müssen wir das Schweinchen unbedingt schlachten? Ich hab' es so lieb gewonnen. Schau Dir mal diese kleinen Schweineäugelein an." Lily schaute zu ihrem Vater hoch. Der strenge Lehrmeister blickte in Lilys Augen, und seine sonst so strenge Miene wurde etwas weicher, war doch Lily seine Lieblingstochter, der er selten etwas abschlagen konnte. Er seufzte und schüttelte den Kopf.

"Lily, Lily. Ich habe viele Silberlinge, für dieses Schwein bezahlt. Wir haben es gemästet, und wenn wir es nicht schlachten, werden wir im Winter Not leiden."

Das Dudley-Schweinchen lauschte gebannt dieser Konversation. Lily kraulte die kleinen Öhrchen. "Vater, verkauf das Schwein doch wieder. Du solltest jetzt mehr Geld dafür bekommen, weil es ja nun viel fetter ist."

Servatus Snape überlegte eine Weile hin und her. Vielleicht hatte seine Tochter Recht, und er konnte das Schwein wirklich Erfolg bringend weiter verkaufen. Vielleicht konnte er sich dann ein Rind kaufen. Rindfleisch war eh viel gesünder.

Am nächsten Morgen machte er sich mit dem Schweinchen und seiner Tochter Lily auf den Weg zu Lord Malfoy. Auf dessen Burg fand jeden Freitag ein großer Markt statt. Der Weg war weit, und so brachen sie schon in den frühen Morgenstunden auf.

Unterwegs trafen sie auf eine Gruppe vom fahrenden Volk, Gaukler und Spielleute, die auch auf dem Weg zur Burg waren. In einem mit kryptischen Zeichen bemalten Wagen fuhr eine seltsam aussehende Frau. Ihre bunten Röcke und Schals flatterten im Wind und ihre vielen Armbänder klimperten. Ihr Blick fiel auf das Schweinchen, und das Dudley-Schweinchen quiekte vor Entsetzen laut auf.

Es war dies die berühmte Seherin Sybilla Trelawnex, die, wie es das Schicksal wollte, ein großes Vermögen erben sollte, sollte sie bis zum nächsten Vollmond verheiratet sein. Leider hatte sie schon vor Jahrhunderten dem männlichen Geschlechte abgeschworen und beschlossen, niemals ein menschliches Wesen zu heiraten, darum hatte sie den Entschluss gefasst, das erst beste Schwein zu ehelichen, das ihr vor die Augen kam, um das Vermögen nicht zu verlieren.

Diesen Vorsatz im Hinterkopf, stieg sie von ihrem Wagen und näherte sich der kleinen Karawane aus Vater und Tochter Snape und Schweinchen Dudley. Gerade wollte sie die Verkaufsverhandlungen beginnen, als ihr Blick von den ölig-schwarzen Augen des Servatus Snape gefangen genommen wurde. All ihre Vorsätze und Schwüre die Männer betreffend waren mit einem Wimpernschlag vergessen, und Sybilla verlor im Handumdrehen ihr Herz an den Schulmeister.

Nun traf es sich, dass auch Servatus Snape in Liebe entflammte und ohnehin schon einige Jahre Witwer war. Man kaufte also auf dem Markt von Sybillas Geld ein Rind, und kehrte dann zu dritt in das kleine, aber bescheidene Häuschen des Schulmeisters zurück. Man wollte eine große Hochzeit feiern und von nun an von Sybillas geerbtem Vermögen leben. Das Schweinchen Dudley sollte ein Teil der Familie werden und bis ans Ende seiner Tage Wohnrecht im Hause Snape erhalten.

Doch bereits hinter der nächsten Biegung des Rückweges wartete neues Unheil auf das Schweinchen namens Dudley. Hier lauerten nämlich drei berüchtigte Räuber mit den Namen Weasley, Potter und Black. Sie folgten der lustigen Schar, warteten hinter dicken Bäumen, bis sie ein Nachtlager am Wegesrand aufgeschlagen hatte, dann schnappten sie sich das Schweinchen, stopften es in einen großen Sack und flohen mit ihm über alle sieben Felder, Hügel und Berge in ihre finstere Räuberhöhle.

Kaum in ihrer Höhle voller geraubter Schätze und Gewürze angekommen, befiel die drei Räuber ein nagendes und knurrendes Hungergefühl. Schnell war man sich einig, dass es heute das fette, kleine Schweinchen zum Abendmahl geben sollte. Sie schleppten es in seinem Sack nach draußen vor die Höhle und hatten schnell ein großes Lagerfeuer entzündet. Doch so einig, wie man sich darin war, dass man das Schweinchen verspeisen wollte, so uneins war man sich über die Zubereitung.

"Wir braten es am Stück über dem Feuer! Ich hatte lange kein Spanferkel mehr!" rief Räuber Weasley und rammte einen großen Spieß in den Boden vor dem Feuer. "Nein!" warf Räuber Potter dazwischen und schleppte einen großen Kessel voller Wasser aus der Räuberhöhle. "Wir kochen es!" - "Wir zerquetschen es zu Sülze!" verlangte Räuber Black und wollte sich schon auf das Schweinchen im Sack setzen. Und schon war ein lautstarker Streit im Gange.

Und noch während sie so stritten, und noch bevor die Morgensonne sie zu Stein erstarren lassen konnte, erschien plötzlich unter lautem Dudelsack-Gequietsche eine streng dreinschauende Frau in Schottenkaros mit einer Brille auf der Nase in ihrer Mitte.

"Ich bin", stellte sie sich vor und wedelte mit einem Zauberstab, "Minerva McGoogle, die beste aller guten Feen, und ich möchte Euch einen Wunsch erfüllen!"

Augenblicklich waren die knurrenden Mägen vergessen, und die Räuber überschlugen sich mit ihren Wünschen und Forderungen, ohne wirklich darüber nachzudenken. "Ich möchte schwarzes Haar!" rief Räuber Weasley, der von Kindesbeinen an unter seinen roten Locken zu leiden gehabt hatte. "Ich will ganz hoch hinaus!" brüllte Räuber Potter, der schon immer geglaubt hatte, dass einmal etwas ganz Besonderes aus ihm werden würde. "Ich will leicht sein, wie eine Feder!" krähte Räuber Black, dessen weite Umhänge seine überflüssigen Pfunde schon lange nicht mehr kaschieren konnten.

Der strenge Gesichtsausdruck der guten Fee wurde noch verkniffener, und ihre Augenbrauen schienen plötzlich über ihrer Nase zusammenzuwachsen. "Das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal!" poltere sie. "Das geht nun wirklich nicht!"

Und mit einem lässigen Schlenker ihres Zauberstabes verwandelte sie die drei Räuber in drei Raben, die sich laut protestierend krächzend in den wolkenverhangenen Abendhimmel erhoben.

"Na ja", murmelte Minerva McGoogle und sah die Raben am Horizont verschwinden, "vielleicht geht es doch! Ich hasse Typen, die sich keine Gedanken über ihre Wünsche machen!"

Anschließend räumte sie die Räuberhöhle aus und lud alle Schätze, alles Gold und alles Geschmeide und alle Gewürze auf ihren Ochsenkarren, den sie in der Nähe hinter einem Haselnussdickicht geparkt hatte. Das Dudley-Schweinchen im Sack nahm sie auch mit und machte sich mit ihm auf den weiten und beschwerlichen Weg zu ihrem Feen-Hexen-Häuschen, irgendwo verborgen in den Highlands.

Dem armen Schweinchen wurde es wieder einmal ganz unheimlich. Das Hexenhäuschen lag wirklich arg abgelegen und bestand eigentümlicher Weise ganz aus Ingwerplätzchen. Was hatte die Hexe bloß mit ihm vor?

Minerva McGoogle ließ das Schweinchen in ihrem Wohnzimmer frei. "Pass mal schön auf. Es wird nicht an den Wänden geknabbert. Geschäfte werden nicht im Haus erledigt. Solange Du Dich an diese beiden Regeln hältst, sollten wir gut miteinander auskommen. Ich brauche nämlich ein Haustier. Meine Katze ist letzte Woche verschwunden. Und eine Hexe ohne Tier auf dem krummen Rücken geht nun einmal nicht. Aber, wenn ich Dich so ansehe, muss ich sagen, Du bist reichlich fett und damit wohl zu schwer, für meinen Rücken. Ab jetzt gibt es eine strenge Diät für Dich. Und jeden Morgen Frühsport. Mit etwas Disziplin bekommen wir das wieder hin. Du hast Glück, dass heute meine beiden liebreizenden Töchter Anna und Bolika McGoogle zu Besuch kommen. Sie sind Jury-Mitglieder bei 'Britanniens Next Top-Schweinchen' und wahre Expertinnen, was die körperliche Fitness angeht. Sie werden Sport mit Dir treiben, Dich hegen und pflegen und Dich binnen kürzester Zeit zum schlanksten, rosigsten und sympathischsten Scheinchen auf allen Inseln der britischen See machen. Dann noch ein wenig Hautpflege und das ein oder andere Lavendelduftbad, und alle Hexen und Feen des Universums werden mich um Dich beneiden!"

Das Schweinchen wusste nicht so wirklich, ob es sich freuen oder in Panik geraten sollte. DIÄT? FRÜHSPORT? HAUTPFLEGE? Das waren alles böhmische Dörfer für ihn. Es klang auf alle Fälle bedenklich. Seufzend rollte es sich in einer Zimmerecke zusammen.

Am nächsten Morgen wurde es durch lautes Quietschen geweckt. "Och, ist das süüüüüß. Und wenn es erst gebadet ist, so rooooosa. Und wenn es erst abgenommen hat, soooo sexy."

Die Schwestern Anna und Bolika waren entzückt und betrachteten und musterten das Schweinchen von allen Seiten. "Aber zuerst machen wir einen Waldlauf."

Sie trieben das Dudley-Schweinchen aus der Hütte und hetzten es gnadenlos durch den Wald. Mehrfach war es kurz vor dem Zusammenbrechen, doch die Schwestern kannten keine Gnade. Zum guten Schluss, als es schon das Gefühl hatte, tot umfallen zu müssen, nutzte es einen günstigen Augenblick und machte sich aus dem Staube.

Das Dudley-Schweinchen lief viele, viele, viele Stunden durch den Wald und war bald endgültig am Ende seiner Kräfte. Da traf es plötzlich auf ein kleines Häuschen mitten im Walde. Vorsichtig schubste es mit seinem Rüssel die Tür auf und stapfte unsicher hinein.

Um einen Tisch herum standen sieben kleine Hocker. Auf dem Tisch standen sieben kleine Teller und sieben kleine Becherchen. Weil es so großen Hunger und Durst hatte, probierte es etwas von einem Teller und trank aus einem Becher. Der Wein darin war sehr stark, und es wurde ganz müde. In einem Nebenraum standen sieben kleine Bettchen, und es plumpste in das erstbeste hinein und fiel in einen tiefen Schlaf. So hörte es nicht, wie die Bewohner der Hütte heimkehrten.

"Hiho, Hiho, was sind wir alle froh..." - "Ey Bill, hör auf zu schubsen." - "Charlie, halt mal die Laterne höher." - "Percy, Du alter Klugschwätzer..." - "Georgie, ich hab es genau gesehen, dass Du Ronny an den Haaren..."

Die seltsam gekleideten Gestalten machten wirklich einen fürchterlichen Krach, aber das Dudley-Schweinchen war so müde, dass es nicht aufwachte. Und es wusste auch nicht, dass es in einem der Bettchen der berühmten sieben Werge eingeschlafen war.

Die Werge mit den Namen Bill, Charlie, Percy, Ferd, Georgie, Ronny und Ginever arbeiteten tagsüber im Bergwerk hinter den sieben Zwergen, wo sie Gold und Edelsteine schürften und alle Arten von Erzen abbauten und zu Herzen verschmolzen. Abends kehrten sie immer erschöpft, aber fröhlich in ihre kleine Hütte hier im Wald zurück, wo ihre arme, kleine Schwester Ginever ihnen zu allem Überfluss auch noch den Haushalt führen musste.

Wie oft hatte sie sich schon gewünscht, sie hätten eine Putzfrau oder eine Köchin oder einfach eine Haushälterin, aber bisher waren all ihre Versuche, jemanden für diese Aufgabe zu entführen, schon in den Anfängen fehlgeschlagen. Die alte Watschelhexe, die Bill in einer üblen Spelunke angesprochen hatte, hatte sich lieber in einen Stein verwandelt, als ihren Berg Wäsche zu waschen. Die eingebildete Königstochter, die Georgie auf einem Jahrmarkt aufgerissen hatte, wollte lieber eine Haut weiß wie Milch oder Schnee und Haare schwarz wie Ebenholz, als Kartoffeln zu schälen. Und der Hauself schließlich, den Ronny angeschleppt hatte, hatte plötzlich ein T-Shirt mit dem Bild einer gewissen "HERMY-G" getragen und war in einen noch andauernden Streik getreten.

So musste die arme Ginever auch an diesem Abend, wie an schon so vielen zuvor, sehen, was der Kälteschrank noch hergab, und einen grauenhaften Eintopf kochen, über den ihre Brüder zwar wie immer gierig herfallen würden, der aber auch wie üblich Anlass für einen ganzen Schwall von Beschwerden sein würde.

Doch noch bevor Ginever das Feuer richtig entzündet hatte, hörte sie schon Charlie rufen: "Wer hat auf meinem Höckerchen gesessen?" Statt einer Antwort gab es einen neuen Ruf von Percy: "Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?" Und Ronny rief: "Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?"

Ginever wurde die Sache langsam mulmig und sah hinüber zum Nebenraum, in dem ihre Bettchen standen. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie an diesem Morgen die Tür fest verschlossen hatte. Jetzt stand sie einen Spalt breit offen. Mit pochendem Herzen schlich sich die jüngste der Werge in das Schlafgemach und sah schon von weitem einen dicken Berg unter ihrer Bettdecke liegen. Dieser unförmige Hügel hob und senkte sich langsam im Rhythmus eines leisen Schnarchens.

"UND WER SCHLÄFT DA IN MEINEM BETTCHEN?" kreischte Ginever so laut, dass nicht nur ihre Brüder mit ihrem Radau aufhörten, sondern auch ein kleines Schweinchen namens Dudley mit einem lauten, schnarchenden Grunzquieken zwischen den Federbetten in die Höhe fuhr.

Die Brüder kamen angepoltert, und das Schweinchen sah ängstlich umher in der stillen Hoffnung, einen Fluchtweg zu finden. Die Brüder erblickten das rosige und wohlgenährte Schwein und sahen sich grinsend an.

"Denkt Ihr auch was ich denke?" meinte Ronny und zückte mit der einen Hand ein Messer und mit der anderen den Zauberstab. Seine Brüder verstanden natürlich sofort, konnten aber nicht antworten, da sie alle eine große Pfütze im Mund hatten.

Duddy-Schweinchen blickte Ginever so treu an wie er nur konnte. Ginever, die als einzige etwas Verstand geerbt hatte, blickte ihre Brüder zornig an. "Typisch! Ihr könnt nur ans Essen denken. So ein Schweinchen ist nützlich. Ich werde ihm beibringen, wie es uns den Haushalt führen kann."

Das Schweinchen nickte ganz eifrig seine Zustimmung, und da es nicht dumm war, konnte ihm Ginever in schnellster Zeit die wichtigsten Dinge beibringen. Und schon bald war das Schweinchen namens Dudley das einzige Schweinchen im ganzen Königreich, das nicht nur Wäschewaschen, Kochen und Putzen konnte, sondern dabei auch noch abnahm und von Minute zu Minute schöner wurde. Die Öhrchen blitzten rosigrot im Morgenlicht. Die Schweineschwarte verwandelte sich in samtig-pinken Flaum.

Das kam auch Grunzilla, der alten Wildsau zu Ohren, die sich bisher für das schönste Schwein im ganzen Wald gehalten hatte. Jeden Morgen trabte sie aus ihrer Suhle an einen dunklen, schwarzen Tümpel unter einem Steinbruch, betrachtete ihr Spiegelbild und fragte: "Tümpel, Tümpel unter der Wand, wer ist die schönste Pottsau im ganzen Land?"

Und für gewöhnlich antwortete eine alte Unke, die in dem Tümpel lebte und einfach nur ihre Ruhe haben wollte, dann einfach: "Frau Wildsau, Ihr seid die schönste im ganzen Land." Zufrieden mit dieser Antwort war Grunzilla noch jedes Mal wieder von dannen gezogen.

Doch eines Morgens nicht lange nach dem Einzug von Dudley-Schweinchen ins Haus der Werge, antwortete die Unke statt ihres Standardtextes auf die Frage des Wildschweins: "Frau Wildsau, Ihr seid die Schönste hier, aber Schweinwittchen hinter den sieben Zwergen bei den sieben Wergen ist noch tausendmal schöner als Ihr!"

Dieses erboste Grunzilla über alle Maßen! Sie ging entrüstet nach Hause und dachte nach. Der Weg war weit. Sollte sie ihn auf sich nehmen? Am nächsten Tag ging sie noch einmal zum Tümpel, in der Hoffnung, dass eine andere Antwort käme. Dem war nicht so, und Grunzilla machte sich auf die Hufe, um sich dieses Schweinwittchen einmal anzusehen.

Geschickt tarnte sie sich als Marktfrau, und als das Dudley-Schweinchen vor die Tür trat, reichte sie ihm zur Verkostung einen roten Apfel. Dudley war so ausgehungert, dass er ihn gierig verschlang. Doch leider blieb ihm der Apfel im Hals stecken, und er japste nach Luft und fiel plötzlich um und blieb regungslos liegen.

Die Werge waren sehr traurig und legten das Dudley-Schweinchen in einen Sarg aus Zuckerwatte. In diesem Moment kam eine verwunschene Prinzessin des Weges. Sie verliebte sich sofort in das rosige Schweinchen und bat die Werge, es ihr zu überlassen.

"Wer bist Du?" fragte Ginever. "Man nennt mich Miss Molly, aber in Wirklichkeit bin ich Miss Piggy. Ich wurde in eine menschliche Gestalt verwandelt. Wenn ich ein Schwein küsse, das ich liebe, werde ich zurück verwandelt."

Da weinte Ginever ein wenig, aber sie willigte ein, Miss Molly das scheinbar tote Schweinchen zu überlassen. Die sieben Werge sollten Dudley-Schweinchen in seinem Zuckerwattesarg zum Schloss der Schweineprinzessin bringen. Dort wollte Miss Molly dreizehn ihrer besten Leibärzte und Hofzauberer damit betrauen, ihn wieder zum Leben zu erwecken.

Doch weit kamen sie nicht, denn schon auf halbem Weg geriet der Werg namens Ronny ins Straucheln und mit ihm alle anderen Werge und der Zuckerwattesarg. Das Schweinchen namens Dudley fiel heraus und spuckte beim leichten Aufprall auf den Waldboden den Apfelgriebsch aus, der ihm im Halse gesteckt hatte. Er hustete und prustete, und schon war die Zuckerwatte um ihn herum verschlungen und verweht.

Als nun das so genannte "Schweinwittchen" wieder die Augen aufschlug und so gar nicht tot bleiben wollte, stürzte plötzlich Grunzilla, die alte Pottsau, hinter einem Baum hervor und wollte auf Dudley losgehen. Niemals würde sie zulassen, dass dieses Ferkel das schönste Schwein im ganzen Land sein und jetzt auch noch eine Schweineprinzessin bekommen sollte. Sie wollte Dudley-Schweinchen gerade in den Rüssel beißen, als Miss Mollys Blick auf sie fiel.

In diesem Moment war es um die verzauberte Miss Piggy geschehen. Niemals zuvor in ihrem Schweineleben hatte eine andere Sau derartige Gefühle in ihr geweckt. Und Grunzilla blieb ebenfalls wie vom Donner gerührt stehen und sah Miss Molly in die blauen Äugelein. Schon beugte sich das Schwein in Menschengestalt herab und hauchte der Wildsau einen leichten Kuss auf den borstigen Rüssel.

Ein Blitz, ein grelles Licht und ein schrilles Klingeln, und vor den sieben Wergen standen drei kleine Schweinchen, das Schweinchen namens Dudley, die Wildsau namens Grunzilla und ein Schwein mit lila Lidschatten und rotlackierten Hufen und einer schlecht sitzenden Blondhaarperücke namens Miss Piggy.

Und während Miss Piggy und Grunzilla verliebt im Wald verschwanden, um am Tümpel der Unke bis an ihr Lebensende in Harmonie und Frieden zu leben, hoppelte das Schweinchen namens Dudley freudestrahlend auf Ginever und ihre Brüder zu.

Doch leider wurden Miss Piggy und die alte Pottsau Grunzilla nicht glücklich, da sie sich nicht einig werden konnten, wer denn nun die Schönste im Lande war. Und so kehrte Miss Piggy binnen weniger Stunden reumütig zum Dudley-Schweinchen zurück.

Die sieben Werge ließen ihr Schweinwittchen nur ungern ziehen. Doch sie hatten alle eine romantische Ader und gönnten dem Schweinchen die wahre Liebe, hatte es ihnen doch lange treu gedient.

Und so zogen Miss Piggy und Dudley verliebt von dannen, doch auch dieses Glück währte nicht lange, da Miss Piggy anscheinend etwas flatterhaft war. Unterwegs traf sie eine Kröte namens Trevor und verliebte sich augenblicklich in sie.

"Du bist mein wahrer Prinz, mein kleiner, grüner Frosch." Der Kröterich blähte sich empört auf. "Ich bin doch kein Frosch!" quakte er. Doch Miss Piggy ließ so etwas nicht gelten. "Papperlapapp, mon Ami. Du wirst den Namen Trevor ablegen, ich werde Dich Kermit nennen, und wir werden glücklich und zufrieden bis ans Ende unserer Tage!" Sie zog die Kröte hinter sich her, und schon waren sie verschwunden.

Das arme Dudley-Schweinchen war wieder einmal ganz allein. Doch es dauerte nicht lange, und er traf auf ein kleines Mädchen. "Wer bist Du denn?" quiekte er.

"Ich bin Dolores Umbrella. Man nennt mich auch 'Rosakäppchen', weil ich immer eine rosa Kappe trage. Ich bin auf dem Weg zu meiner Großmutter. Willst Du mich begleiten?"

Dudley nickte. 'Zu zweit ist man weniger allein', dachte er und trabte hinter Rosakäppchen her.

"Wir müssen uns nur vor dem bösen Werwolf in acht nehmen, hat die Mami gesagt. Und dürfen auf keinem Fall mit ihm reden." Dudley blickte erschrocken zum Vollmond auf, der unglücklicherweise genau in diesem Moment hinter einer dicken Bewölkung verschwand. Und so standen Dolores, das Rosakäppchen, und das Schweinchen namens Dudley nur wenige Weggabelungen später Ratzeputz Lupin, dem gefährlichsten Werwolf des ganzen Waldes gegenüber, doch sie erkannten ihn nicht, denn bei verhülltem Vollmond zeigte er sich in seiner Menschengestalt. Mit einem breiten Grinsen fragte er: "Mein liebes, kleines Rosakäppchen, wohin gehst Du noch so spät?"

"Guten Abend, werter Herr", antwortete Dolores wegen ihrer anerzogenen Höflichkeit vorerst noch ohne Argwohn. "Ich bin auf dem Weg zu meiner Großmutter, Madame Pomfritte, um ihr meinen neuen Freund, das Schweinchen namens Dudley, vorzustellen und ihr diesen Präsentkorb voller Delikatessen zu überbringen." Mit einer Handbewegung deutete sie auf Dudley und den Weidenkorb in ihrer Armbeuge.

Ein gieriger aber unbemerkter Blick des Werwolfs glitt über das kleine Schweinchen und die köstlichen Spezialitäten, denn in ihm reifte ein teuflischer Plan. "Du solltest, mein liebes Kind, Deinem Omamachen einen großen Strauß Mondblumen pflücken. Sie sind das Seltenste, das es in diesem Wald gibt, und sie blühen heute Nacht besonders schön. Deine Oma wird Dir auf ewig dankbar sein, wenn sie einen ganzen Arm voll davon in die Vase stellen kann. Und wo wir gerade dabei sind", Ratzeputzes Lächeln wurde nun wahrlich wölfisch, "wo wohnt Deine liebe, gute, alte Großmutter noch mal genau?"

Und wieder fiel Dolores "Rosakäppchen" Umbrella auf das Süßholzgeraspel herein und antwortete dummdoof, aber wahrheitsgemäß: "Immer noch Holunderbeergasse 10, gleich gegenüber von Frau Ziege und ihren sieben Scheingeistlein."

Kaum hatte der Werwolf sich mit einer ulkigen Verbeugung verabschiedet und Dolores tatsächlich begonnen, einen Blumenstrauß zu pflücken, schlug das Untier einen weiten Bogen, um vor dem Mädchen und dem Schweinchen am Haus der Großmutter zu sein.

Nach einer ganzen Weile kamen auch die beiden neuen Freunde in der Holunderbeergasse an, und gerade als Dolores an die Tür der Großmutter klopfen wollte, öffnete sich diese langsam mit einem unheimlichen Quietschen. Vorsichtig ging das kleine Mädchen hinein, das Schweinchen direkt an seinen Hacken. Sie kamen direkt in eine große Wohnstube, die die ganze untere Etage des kleinen Häuschens einnahm. Die Vorhänge waren geschlossen und in einem großen Bett am anderen Ende des Raumes lag eine undeutliche Gestalt im Zwielicht. Rosakäppchen ging auf sie zu und fragte vorsichtig: "Großmutter?"

"Ja?" kam es krächzend und leicht knurrend aus dem Bett und der Kopf der Gestalt, der in einer weißen Nachthaube steckte, drehte sich langsam in die Richtung der beiden.

"Ich bin es, liebe, liebe Großmutter!" sagte Dolores und trat näher, doch dann stockte sie. "Großmutter?" fragte sie und versuchte im Halbdunkel etwas genauer zu erkennen, indem sie die Augen etwas zukniff. "Großmutter, warum hast Du so große Ohren?"

"Damit ich Dich besser hören kann, mein Kind! Tritt doch näher!" kam als Antwort eine Stimme, die klang, als hätte sie Kreide gefressen.

"Und Großmutter?" fragte Dolores weiter. Sie war wirklich ein neugieriges, kleines Mädchen. "Warum hast Du so große Augen?"

Ein erneutes Knurren antwortete: "Damit ich Dich besser sehen kann, natürlich."

Das Schweinchen namens Dudley grunzte unruhig und näherte sich mit unauffälligen Seitenschritten dem Fenster und den schweren Vorhängen.

"Dann musst Du mir noch eines sagen, liebe, liebe Großmutter." Rosakäppchen wusste einfach nicht, wann es genug war, und hatte außerdem scheinbar nie 'Grimms Märchen' gelesen. "Warum hast Du so einen großen Mund?"

"Damit ich Dich besser... "

In diesem Moment passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Das Dudley-Schweinchen hatte in den bodenlangen Vorhang gebissen und diesen zur Seite gezogen. Genau in diesem Moment verzogen sich auch die Wolken vor dem kugelrunden Vollmond, und sein milchiges Licht fiel durch das Fenster direkt auf das Bett mit der unheimlichen Gestalt in Frauenkleidern. Mit einem entsetzlichen Heulen verwandelte sich Ratzeputz Lupin vor ihren Augen in einen rasenden Werwolf. Zeitgleich flog die Tür des Wandschranks auf und heraus kamen Rosakäppchens Großmutter und die Geiß mit ihren sieben Scheingeistlein aus der Nachbarschaft, bewaffnet mit Nudelholz und Bergen von Tüten voller Karamellbonbons.

"Wie oft haben wir Dir schon gesagt, Du sollst nicht mit Werwölfen sprechen, Deine Mutter und ich!" maulte Madame Pomfritte, die Großmutter, ihre Enkelin an. "Gut, dass mich das Werwolffrühwarnsystem schon vor Stunden gewarnt hat, dass der alte Ratzeputz im Anmarsch ist!"

Während die sieben Scheingeistlein sich in die Luft erhoben und halb durchsichtig um den Kopf des Werwolfes schwirrten, verpasste die Großmutter ihm eine Holzhammernarkose mit dem Nudelholz.

"So", meckerte die alte Geiß. "Jetzt kommt unsere Rache. Schwester Pomfritte, bereiten Sie die Operation vor."

Dudley quiekte entsetzt, während Dolores "Rosakäppchen" Umbrella schnell das Licht anknipste. "Was habt ihr mit ihm vor?" fragte auch sie entsetzt.

"Wir werden ihm den Bauch aufschneiden und ihn mit Karamellbonbons füllen, auf dass er auf ewig Sodbrennen bekomme und ihm seine blutrünstige Fressgier vergehe!" erklärte die Großmutter und hielt feierlich das Nudelholz in die Höhe.

In diesem Moment öffnete Ratzeputz Lupin schon wieder die Augen. Er schaute unglücklich unter seinen buschigen Augenbrauen hervor und winselte leicht. "Bitte, bitte, liebe Leute! Verschont mich mit dem süßen Kram! Ich habe doch schon genug unangenehmes Karies! Außerdem bin ich doch gar nicht so böse, wie ich im Moment aussehe. Ich bereue wirklich zutiefst, was ich in all den Jahren als böser Werwolf getan habe. Aber ich habe es mir nicht ausgesucht. Ein anderer, noch viel bösartigerer Werwolf hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Aber eine alte Hexe hinter den sieben Bergen, irgendwo bei der Stadt Hergen hat einen 'Wolfsbanntrank' entwickelt, der verhindern soll, dass sich Werwölfe bei Vollmond in Wölfe verwandeln. Alles, was ihr dazu noch fehlt, ist ein kleines, fettes Schweinchen, wie das dort!"

Seine krallenbewehrte Klaue deutete auf Dudley, und der Blick, der das Schweinchen traf und von den anderen Versammelten unbemerkt blieb, strafte die reumütigen und zuckersüßen Worte des Untieres Lügen.

"Bitte, gebt mir das Schweinchen und ich werde so gut wie geheilt werden und damit der allerbeste Nachbar werden, den ihr jemals gehabt habt!"

Der seltsame Werwolfcharme begann bereits auf Großmutter, Enkelin, Ziege und selbst ihre eigentümlichen Scheingeistlein zu wirken. Sie nickten sich alle zu, denn es schien ihnen vollkommen logisch und sinnvoll zu sein, was Ratzeputz da sagte. Und schon mit Blicken und Nicken waren sie sich einig. Sie würden das arme, kleine Schweinchen namens Dudley an den Werwolf ausliefern und danach glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage weiterleben. Sie hatten es ja auch kaum gekannt. Wer würde schon ein fremdes Schweinchen vermissen? Und wenn es für einen 'Wolfsbanntrank' gut war?

Das Schweinchen namens Dudley, unterdessen, hatte das Ende dieser seltsamen Unterhaltung und Beratung gar nicht erst abgewartet, und war unbemerkt durch die offen stehende Tür in die Vollmondnacht entschlüpft und hatte schon eine sichere Entfernung zwischen sich und das Haus der Großmutter gebracht, als der Werwolf erneut aufheulte, weil er erkannt hatte, dass das Schweinchen entkommen war.

Dudley-Schweinchen lief so schnell es konnte durch den Wald. Am liebsten wäre es rückwärts gelaufen, aber vorwärts war es schneller. Immer wieder sah es sich um. Dann lief es plötzlich gegen etwas, das anschließend "AUA!" schrie.

Das Schweinchen sah ängstlich hoch, aber es war nicht der Werwolf. Es war ein grün gekleideter Mann, der seltsamerweise Strumpfhosen trug. "Wer bist Du denn?" quiekte das Dudley-Schweinchen fragend.

"Mein Name, ist Arty Flitwick, und eigentlich bin ich ein Spielmann. Ich ziehe von Ort zu Ort und gebe Konzerte für zahlende Zuhörer. Aber die Zeiten sind schlecht. Die Leute haben kein Geld mehr. Aber jetzt habe ich eine neue Einkommensquelle aufgetan. Ich bin jetzt als Exorzist tätig und vertreibe die bösen Geister aus den Städten."

Das Schweinchen blickte argwöhnisch auf diese kleine Gestalt in Strumpfhosen. "Und welches Böse vertreibst Du?" fragte es den eigentlichen Spielmann. "Nun, im Moment bin ich auf dem Weg zu einem Ort, der voller Ratten steckt. Ich werde sie vertreiben und dann einen Haufen Geld, vom Bürgermeister dafür bekommen."

"Und wie vertreibst Du die Ratten?" wollte Dudley neugierig wissen. "Das weiß ich auch noch nicht so genau. Kommt Zeit, kommt Tee, kommt Rat", grinste der kleine Mann.

"Vielleicht könntest Du sie mit Deinen großen Augen hypnotisieren?" schlug das Schweinchen vor, doch Arty winkte ab. "Nein, das geht nicht. Das habe ich schon mal probiert in einer Stadt im hohen Norden. Am Ende hielten die Ratten sich für Lemminge, sind auf den höchsten Kirchturm geklettert und haben sich in die Tiefe gestürzt. Das war vielleicht eine Schweinerei! Der Marktplatz war total verdreckt, die Bürger total sauer und meine Belohnung natürlich futsch. Aber immerhin genauso futsch wie die lästigen Nagetiere!" Arty Flitwick kicherte in sich hinein.

"Und wenn Du es einfach mit 'normalen' Rattenfallen versuchst?" war Dudleys nächster Vorschlag. "Du weißt schon, Käse oder Nuss-Nougat-Creme in eine Klappfalle. Ratz-fatz, platt ist die Ratz!"

Arty rieb sich nachdenklich die Nase und schmatzte tief in Gedanken versunken. Auch von diesem Vorschlag schien er nicht vollständig überzeugt zu sein. "Nein!" sagte er schließlich. "Ich denke, ich werde den Ratten mal die Flötentöne beibringen. Kennst Du Jethro Tull? Also, dieser Ian Anderson ist ein totales Idol von mir. Wie der immer auf einem Bein stehend die Querflöte spielt. Einfach phänomenal!"

Das Schweinchen namens Dudley hatte nicht den blassesten Schimmer, wovon dieser Rattenfänger da faselte.

"Ich kenne da ein Stück von Jethro Tull, das heißt 'Cat's Squirrel'. Das werde ich den Plagegeistern vorspielen. Danach werden sie mir bestimmt überallhin folgen!"

Arty wühlte in seinem grünen Rucksack beförderte allerdings keine Querflöte, sondern einen schottenkarierten Dudelsack zu Tage. "Den hat mir eine gute, alte Freundin geschenkt", erklärte der Spielmann. "Sie ist die beste aller guten Feen und hört auf den wohlklingenden Namen 'Minerva McGoogle'. Aber ich glaube nicht, dass Du sie kennst." Der Typ hatte ja keine Ahnung, welche Erfahrungen Dudley mit dieser Fee und ihren Töchtern gemacht hatte.

"So, nun muss ich aber weiter!" erklärte der Rattenfänger plötzlich fröhlich. "Mit dem Dudelsackgejaule werde ich die Ratten in den großen Fluss und in den kollektiven Selbstmord treiben. Also, wenn Du meinen Rat willst, dann halt Dich in nächster Zeit von der Stadt fern, Schweinchen. Ich weiß nicht, in welchem Umkreis mein Instrument wirkt." Mit einem letzten Winken war Arty Flitwick auch schon wieder verschwunden.

Und wieder wanderte das Schweinchen namens Dudley weiter über Wiesen und Wälder, durch Hügel und Felder, immer auf der Suche nach dem großen Glück. Schon bald traf es auf ein junges, zerlumptes Mädchen, dessen Gesicht und strohblonden Haare über und über mit Asche beschmutzt waren. Das Mädchen saß vor einem großen Berg getrockneter Hülsenfrüchte und schien diese zu sortieren.

"Wer bist Du, wenn ich fragen darf?" fragte das Dudley-Schweinchen und steckte seinen Rüssel tief in die Hülsenfrüchte. Es waren getrocknete Linsen in einem Haufen Asche.

"Och, Du bist aber ein süßes, kleines Schweinchen!" säuselte das Mädchen. "Und so schön rosa!" Dudley verdrehte leicht die Schweinsäugelein, denn irgendwie kam ihm das bekannte vor.

"Ich bin Narzissenblödel", fuhr das Mädchen fort und tätschelte ihm die rosige Schweinebacke. "Ich wohne mit meinem Vater, meiner Stiefmutter und meinen beiden, blöden Stiefschwestern auf dem großen Gutshof da hinten."

Dudley folgte ihrem Blick in die Richtung des Anwesens und schüttelte sich leicht, als sie ihm nun auch noch in die Wange kniff. Auf dem schmalen Feldweg kamen ihnen zwei sehr unterschiedliche Gestalten, die eine lang und dürr, die andere kleiner und untersetzt, entgegen, aber er konnte sie in der Entfernung noch nicht deutlich erkennen.

"Wenn ich die Linsen aus der Asche herauslese, dann darf ich heute Abend mit Stiefmama und den Schwestern auf den großen Ball auf Burg Malfoy. Und da möchte ich so gerne hin, denn schließlich sucht Lord Luzifer Malfoy gerade eine neue Braut!" Narzissenblödel grinste leicht dümmlich und zupfte ihm an den Schweineohren. "Bitte, bitte, liebes Schweinchen, hilf' mir doch mit den Linsen. Du weißt schon! Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen." Sie zog einen Schmollmund und klimperte aufreizend mit den Wimpern.

"Na, hast Du einen neuen Freund, Narzissendödel?" fragte da eine tiefe, grollende Stimme. Die beiden undeutlichen Gestalten auf dem Weg vom Gutshof waren nun bei ihnen angekommen. Es waren Narzissenblödels böse Stiefschwestern, Vernonia ..."

Petunia Dursley auf jenem gemütlichen Plüschsofa in jener sturmumtosten Hütte auf jener klitzekleinen Insel, in dem, in der und auf der sie mit sanfter Gewalt gezwungen wurde, sich mit ihrem Mann Vernon und ihrem Söhnchen Dudley ein eigentümliches Märchen in einem mysteriösen Zauberspiegel anzusehen, rümpfte die Nase und stieß einen missbilligenden Laut aus.

Das ging nun wirklich zu weit! Diese so genannte "Stiefschwester" namens Vernonia sah haargenau wie ihr Ehemann aus, den man in ein lächerliches Rüschenkleid gesteckt und dem man eine weiße Schillerlockenperücke auf den großen, runden Kopf gestülpt hatte. Leicht beunruhigt, drehte sie ihren Kopf auf ihrem langen Hals in die Richtung ihres Gatten, um zu sehen, wie der diese Veralberung aufnahm. Doch Vernon war sprachlos und starrte nur mit offenem Mund in den Zauberspiegel.

Als Petunia wieder nach vorn sah und die zweite blöde Stiefschwester von dieser einfältigen Gans namens "Narzissenblödel" entdeckte, entfuhr ihr ein entrüstetes: "Also, wirklich!"

"... und Petuniana. Diese beiden waren hässlich wie die Nacht und auch genauso unangenehm und boshaft.

"Was ist nun?" fragte Vernonia noch einmal. "Nimmst Du dieses Ferkel mit auf den Ball?"

Da erhob sich Narzissenblödel und richtete drohend ihren Besenstiel, der neben ihr und dem Asche-Linsen-Hügel im Gras gelegen hatte, auf die beiden hässlichen Schwestern.

"Wartet es nur ab!" brüllte sie plötzlich und warf ihr verfilztes Haar in einer arroganten Geste in den Nacken. "Wenn ich erst mal Lady Malfoy bin, dann wird es Euch schlecht ergehen! Dann schließen mein Mann und ich uns dem größten, schwarzen Hexenmeister aller Zeiten an und erobern mit ihm die Welt. Und Euch lasse ich dann in blutende Täubchen verwandeln, auf dass Euch ein Sternekoch einfangen, rupfen, braten und in seinem Feinschmeckerrestaurant lauter eingebildeten Schnöseln servieren möge!" Dazu lachte sie größenwahnsinnig.

Das Schweinchen namens Dudley schlich sich vorsichtig von dannen. Es mochte die beiden Stiefschwestern nicht und das durchgeknallte Narzissenblödel auch nicht wirklich. Außerdem hatte es allmählich das Gefühl, dies alles schon einmal erlebt zu haben. Konnte es sein, dass es dies alles schon einmal hatte durchmachen müssen?

Und so lief und trippelte es weiter und weiter bis es endlich in einem Ort namens Hogshaven ankam. Dieser Ort kam ihm seltsam vertraut vor. Nur das riesige Schloss mit den vielen Dächern, Räumen und Türmen am Ufer des großen Sees hatte es so nicht in Erinnerung. Dorthin gehörte stattdessen... stattdessen... ja... dorthin gehörten stattdessen ein kleines Schulhaus, eine einfache Hütte und ein hölzernes Gatter, in dem das Schweinchen namens Dudley schon einmal eine Zeit seines Lebens verbracht hatte. Dieses Dörfchen war die Heimat vom Schulmeister Servatus Snape und seiner Tochter Lily. Dudley sah sich staunend um. Der ganze Ort wimmelte von seltsamen Menschen in seltsamer Kleidung. Fast jeder Mann und jede Frau trug einen Besen unter dem Arm und dazu lange, dünne Zauberstäbe. Doch alles war friedlich und vergnügt.

Und hinter der nächsten Häuserecke erblickte das Schweinchen endlich nach all dieser Zeit und all diesen Abenteuern und Strapazen, nach seiner unsäglichen Odyssee durch das Märchenland seine kleine Freundin Lily Snape.

"Schweinchen!" schrie diese schon von weitem und rannte freudestrahlend auf ihn zu. "Du bist es, mein liebes, liebes Schweinchen. Ich dachte schon, ich würde Dich nie, nie wieder sehen! Stell' Dir nur die Sorge vor, in der wir waren, als diese gemeinen Räuber Dich einfach entführt hatten." Als sie es erreicht hatte, wuchtete sie es vom Boden hoch, schwenkte es durch die Luft und herzte und knuddelte es.

"Stell' Dir vor, mein Vater hat die ehemalige Seherin Sybilla Trelawnex geheiratet. Sie hat jede Menge Gallonen, Knuts und Sickel geerbt, und nun ist sie die reichste Frau in der ganzen bekannten Welt. Sie haben in Windeseile dieses Zauberschloss dort drüben errichtet. Es ist wirklich phantastisch, aber leider viel zu groß für unsere kleine Familie, auch wenn Mamchen Sybilla bald Zwillinge erwartet!"

Dem Schweinchen wurde ganz anders von der ganzen Dreherei und Tanzerei, die Lily plötzlich mit ihm angefangen hatte.

"Aber wir haben eine Lösung! Siehst Du die beiden Hexen und die beiden Zauberer dort drüben bei meinem Herrn Vater und Mamchen? Das sind Helga Huffleknuff, Rowenta Ravenklatsch, Gottfried Gryffindor und Salatbar Slytherdings. Und stell' Dir vor, sie wollen mit meinen Eltern zusammen eine Schule mit angeschlossenem Internat aus unserem Schlösschen machen. Eine Schule für Zauberkraft und Hexerei! Ist das nicht super-cool? Vater Servatus und Mamchen Sybilla werden eingehen in die Geschichte als zwei der sechs Gründer der berühmtesten Schule im ganzen Universum! Man wird ganze Häuser nach ihnen benennen!"

Irgendwie hatte das Schweinchen namens Dudley da so seine Zweifel, aber es sagte nichts. Es sagte auch nichts, als das Mädchen Lily es knutschte und küsste und herzte und schmuste. Und als sie es schließlich an eine Wand warf, da verwandelte sich das Schweinchen namens Dudley in einen dicken, bulligen, habgierigen und unerzogenen Jungen namens Dudley, dem ein Ringelschwänzchen aus dem Boden seiner Hose ragte.

Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an das Ende ihrer Tage. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Und nun ist die Geschichte aus und alle geh'n vergnügt nach Haus'!"

Vernon Dursley schnaubte erbost. "Das...", begann er, "das war ja wohl, das beknackteste Märchen, das ich in meinem ganzen Leben jemals erzählt bekommen habe oder mir ansehen oder lesen musste. 'Tunia, ich habe es schon immer gesagt. Die Sippschaft von Deiner Schwester hat sie nicht mehr alle! Bei denen ist eine Schraube locker! Die spinnen die Zauberer!"

Im Inneren des Zauberspiegels war nun wieder der blond gelockte Mann in seinem mit Goldfäden durchwirkten, dunkelroten Umhang und mit der riesigen Nase im Gesicht zu sehen und grinste sie mit seinen ebenmäßigen Zähnen strahlend an.

"Servus, Dursleys!" begrüßte er die Familie erneut. "Ich hoffe, ihr hattet eine angenehme und kurzweilige Zeit mit dem wohl besten Märchen, das die Zaubererwelt derzeit zu bieten hat." Jeden möglichen Einwand der Muggel plauderte er einfach weg. "Ach ja, bevor ich es vergesse: Mein Meister Hagrid hat Ihren Neffe Harry bereits wieder auf den Weg nach Little Whinging, in den Ligusterweg Nummer 4 geschickt. Er wird in Kürze dort eintreffen. Ich denke, Sie kennen den Weg zurück dorthin?"

Die Dursleys tauschten ratlose Blicke.

"Sie sind frei!" fuhr der Zauberspiegelmoderator ganz langsam fort, als wären sie nur sehr schwer von Begriff. "Sie können gehen! Und noch etwas: Das mit dem Zauberfluch, der sich ausbreitet vom Ringelschwanz bis zur Steckdosennase, das war ein Scherz! Nur ein kleiner, gemeiner Scherz. Ihr kleines Dickerchen da neben Ihnen hat nun einen kleinen, possierlichen Schweineschwanz. Das war's! Schluss! Aus! Mehr wird erst mal nicht passieren. Dudley verwandelt sich nicht in ein Schweinchen! Es sei denn, Sie sperren Harry Potter wieder in den Schrank unter der Treppe. Also, seien Sie versichert: 'THE MAGIC WORLD IS WATCHING YOU!' Ansonsten wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Tag. Und schalten Sie auch nächstes Mal wieder ein, wenn es wieder heißt... Ach, was rede ich denn da? Wenn wir alle Glück haben, dann wird es kein nächstes Mal geben. Und Tschüß!"

Mit diesem Redeschwall verschwand der Zauberer aus dem Spiegel und machte einer Wolke Platz, die in allen Regenbogenfarben schillerte. Im nächsten Moment zerplatzte der Zauberspiegel vor den Augen der verblüfften Dursleys wie eine Seifenblase. Auch das große, plüschige Sofa löste sich in Luft auf und beförderte die Muggelfamilie damit unsanft auf den Fußboden und ihre Allerwertesten.

Vernon Dursley rappelte sich auf und klopfte sich den Staub vom staubgrauen Anzug. "Familie!" richtete er das Wort an Frau und Sohn, die verwirrt und leicht eingeschüchtert zu ihm aufsahen. "Wir werden diesen Wahnsinn sofort vergessen! Das alles hier ist nie passiert. Es gab und gibt keine Zauberei und schon gar kein Schweinchen namens Dudley. Und wenn doch, dann hat das alles überhaupt nichts, aber auch ganz und gar nichts mit uns zu tun. Wir gehen jetzt sofort zu einem Chirurgen und lassen dieses Ringelschwänzchen entfernen!"

Und nur Minuten später ruderte eine miefige, kleine, englische Familie in einem kleinen Ruderboot von einer abgelegenen Insel mit einer baufälligen Hütte darauf in Richtung Festland.

– T H E – E N D –


(Inoffizieller) Epilog [Vermutlich aus einem Paralleluniversum, in dem die Dursleys noch unbeliebter sind, als in diesem hier]:

Und dann traf ein Blitz das Boot. Ja, ich weiß, sehr unwahrscheinlich, aber es war wirklich so. Und die drei Dursleys strahlten auf wie riesige Leuchtkäfer, um dann zu verglühen. Nur drei Häufchen Asche blieben zurück. ;-)

[first published May, 20th – 24th 2008]

Samstag, 13. März 2010

"Freitag, der 13."

Schandtat Numero 13

Harry Potter saß an seinem Schreibtisch im Aurorenbüro und starrte auf eine vor ihm liegende Zeitung, ohne sie wirklich zu sehen. Kingsley Shacklebolt hatte sie ihm gegeben, als er ihm die Nachricht gebracht hatte. Ja, die Nachricht... Harry konnte es immer noch nicht ganz fassen. Ein weiteres Mal sah er auf den Artikel in der Muggelzeitung 'Las Vegas Gazette':

>Beim größten internationalen Magiertreffen in Las Vegas ist es am gestrigen Nachmittag bei der Probe zur großen gemeinsamen Abschlussshow der Magier zu einem tragischen Zwischenfall gekommen. Die Eltern des Magiers Dudley, der Übergroße, wurden von zwei weißen Tigern gefressen. Jede Hilfe kam zu spät. Nach unbestätigten Gerüchten soll der Magier Dudley, der Übergroße, einen Nervenzusammenbruch erlitten haben und in eine geheim gehaltene Klinik eingeliefert worden sein. Seine Kollegen zeigen sich sehr erschüttert über diesen tragischen Vorfall.<

Harry sah von der Zeitung auf, und sein Blick wanderte auf einen kleinen Käfig, in dem eine sehr fette, weiße Maus saß. Diese Maus war Dudley Dursley. Sein Cousin hatte keinen Nervenzusammenbruch erlitten. Der Schock über den Tod seiner Eltern hatte bewirkt, dass er sich in eine Maus verwandelt hatte. Harry konnte sich nicht an alles erinnern, was ihm der Heiler aus dem St. Mungos erklärt hatte, aber er wusste noch, dass so etwas nur äußerst selten vorkam und dass es nicht möglich war, die betreffenden Personen zurück zu verwandeln. Sie müssten es aus eigener Kraft schaffen, aber das sei noch nie vorgekommen, denn sie seien keine Animagi, die ihr Bewusstsein behielten, sondern wirklich ganz und gar Mäuse - oder andere Tiere. Es gab also kaum Hoffnung, sodass Dudley sein restliches Leben als Maus würde verbringen müssen.

Das würde ja lustig werden. Der Kater Bruce, der bei Ginny und ihm zuhause wohnte, hatte Mäuse sehr gern - zum Fressen gern! Seine neue Eule Eugenie teilte diese Vorliebe. Und sollte sich eine lebende Maus in ihr Haus verirren, so erschlug Kreacher sie mit einer Pfanne, denn er hasste Mäuse. Und Ginny hielt auch nicht viel von weißen Mäusen. Duddy-Maus würde keinen leichten Stand haben in ihrem Haushalt. Aber Harry blieb ja gar nichts anderes übrig, er trug jetzt die Verantwortung für seinen Vetter.

Allerdings schaffte es Harry nicht einmal, die Dudley-Maus am Abend dieses Tages lebend mit nach Hause zu bringen! Denn an diesem Tag folgte ein Unglück auf das andere. Der Tag war wie verhext!

Alles fing damit an, dass er zu einer Einsatzbesprechung musste, die sich länger hinzog als erwartet. Als er zu seinem Schreibtisch zurückkam, war der Käfig leer. Duddy-Maus hatte sich heraus geknabbert. Dann hatte er wohl Harrys Süßigkeitenvorrat in der Schublade gerochen und sich darüber her gemacht. Dabei hatte er auch einige wichtige Unterlagen angeknabbert. Harry fluchte herzhaft und ging auf die Knie, um nach seinem gefräßigen Vetter zu suchen.Er durchsuchte sein gesamtes Büro, doch die weiße, gefräßige Maus war wie vom Erdboden verschluckt.

Plötzlich hörte er aus dem Nebenzimmer einen entsetzten Aufschrei. Eine leise Vorahnung beschlich ihn. Gerade noch auf allen Vieren auf dem Boden herumrobbend, sprang er auf und lief mit eilenden Schritten dem hysterischen Kreischen nach. Mit einer hastigen Handbewegung öffnete er die Tür und blieb schmunzelnd im Türrahmen stehen. Mitten im Zimmer stand seine Kollegin auf ihrem Bürostuhl und fuchtelte wild mit ihrem Zauberstab herum. Dabei hatte sie einen leicht irren Ausdruck auf ihrem Gesicht.

"Da, da war sie!" piepste die junge Frau auf dem Stuhl und kleine Funken sprühten aus ihrem Zauberstab. "Oh, wie ich diese weißen Mäuse hasse!"

Harry konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es sah einfach zu lustig aus, wie sie da auf dem Stuhl stand und piepste - wie eine Maus. Lässig hob er den Zauberstab: "ACCIO, DUDDY-MAUS!"

Die Maus flog in seine Richtung, aber er konnte sie nicht fangen. Er war erbost. Er hatte so viele goldene Schnatze gefangen, und diese fette Maus nicht?! Er drehte sich rasend schnell um und lief ihr hinterher, den Gang entlang. Gerade noch sah er die Zaubermaus in einem der Fahrstühle verschwinden. Zwischen den sich schließenden Schiebetüren glaubte er zu erkennen, wie sich sein verwandelter Cousin auf die Hinterbeine hockte, höhnisch mit den Schnurrbarthaaren wackelte und mit den Vorderpfoten winkte. Dann hatte die Kabine sich auch schon geschlossen und auf den Weg nach unten gemacht.

"Und ich dachte immer, dass nur schwarze Katzen Unglück bringen. Und jetzt auch noch weiße Mäuse?" Leise vor sich hin fluchend drückte Harry den Knopf, um den zweiten Fahrstuhl in diese Etage zu rufen.

Doch der Fahrstuhl kam und kam nicht. Dann kam eine Meldung, gesprochen von einer netten, körperlosen Stimme: "Der Fahrstuhl Numero zwei steckt fest, weil ein Aufblaszauber aus Versehen abgefeuert wurde. Es wird noch eine Weile dauern, bis der Schaden behoben ist. Benutzen sie solange das Treppenhaus oder den anderen Fahrstuhl." Harry seufzte aus tiefsten Tiefen. Was für ein mistiger Tag, und es war noch nicht mal Mittag!

Und prompt, nachdem er die Tür zum Treppenhaus aufgerissen hatte und einer Leiter ausgewichen war, die dort herumstand und unter der er auf keinen Fall hindurchgehen wollte, trat er auf eine Bananenschale, rutschte darauf aus und fiel einen Treppenabsatz hinunter. Er landete unsanft in einem Schirmständer, der unter dem grottenhässlichen Gemälde eines blutroten Südseesonnenuntergangs an der Wand des nächsten Treppenabsatzes stand, und zerschmetterte dabei mit einem Bein eine uralte, magische Ming-Vase, die irgendjemand hier aus unerfindlichen Gründen abgestellt hatte.

"Fehlt nur noch ein...", dachte er noch, während er sich mit schmerzenden Knochen aufrappelte, da hatte er auch schon den Schirmständer in einen Spiegel geschmettert, während er versucht hatte, seinen zweiten Fuß daraus zu befreien.

"Na, riesenprächtig! Jetzt auch noch sieben Jahre Pech! Warum, bei Merlins Bart, hängt und steht hier nur so viel Krimskrams rum im Treppenhaus?"

Wie auf 's Stichwort, kam genau in diesem Augenblick Helga Beimery, eine besonders gluckige Zauberermutti die Treppenstufen heraufgekraxelt. "Ah, Potter. Haben Sie meine... meine...", schnaufte sie. "Haben Sie meine Ming-Vase gesehen? Darin war die Asche meiner allerliebsten, allerschönsten Hauskatze. Ich wollte sie gerade ins Auferstehungsbüro bringen."

Harry kannte diese alte Gewitterhexe nur flüchtig vom obligatorischen Morgengruß auf dem Besenparkplatz und beeilte sich nun, so wenig unhöflich wie möglich an der Beimery vorbei nach unten und auf die nächste Etage zu gelangen.

Gerade hatte er die nächste Treppenhaustür hinter sich geschlossen, da hörte er hinter sich den entsetzten und ärgerlichen Schrei der Beimery, die wohl die zertrümmerte Vase und die verstreuten Überreste ihres Lieblings entdeckt hatte. Etwas unbehaglich machte sich Harry wieder auf die Suche nach dem Fahrstuhl und natürlich Duddy-Maus.

Wenn er jetzt so nachdachte, hatte der Tag schon sehr bescheiden begonnen. Der magische Wecker hatte versagt. Ginny war zu einem Quidditchspiel in Schottland, und als Harry endlich erwacht war, war es schon 7.30 Uhr gewesen. Er hatte herzhaft geflucht und war mit dem linken Fuß zuerst aus dem Bett aufgestanden. Im Bad war ihm die Seife aus der Hand geflutscht und als er sich gebückt hatte, war er mit dem Kopf gegen das Waschbecken gestoßen. Die magische Rasierklinge war stumpf gewesen und hatte ihm einen dicken Schnitt am Hals eingebracht, der tierisch geblutet hatte. Die Jeanshose schien irgendwie zu eng gewesen zu sein, und ein Knopf war abgeplatzt. "Mist, verdammter!" hatte er geflucht und war die Treppe hinuntergestolpert.

Am Kamin im Wohnzimmer hatte er bemerkt, dass das Flohpulver, mit dem er sonst immer zur Arbeit reiste, ausgegangen war und sie vergessen hatten, neues zu besorgen. Zum Apparieren war der Weg zu weit. Sein Besen war in der Werkstatt, also war ihm nichts Anderes übrig geblieben, als erst den Bus, dann den Vorortzug und schließlich die U-Bahn zum Ministerium für Zauberei zu nehmen. Unterwegs war er angeschnorrt worden von einem schwarzgewandeten Gruftie mit einer Ratte auf der Schulter und einem Penner mit einem zahnlosen Hund. Dann war ihm sein Muggel-Kleingeld auf die Gleise des Vorortzuges gefallen, und er hatte warten müssen, bis ein Laden geöffnet hatte, damit er Geld für die U-Bahn hatte wechseln können.

Und dann zu allem Überfluss noch diese Duddy-Maus! Er ließ sich erschöpft in einen Sessel auf einem Flur des Ministeriums fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Irgendwie war heute nicht sein Tag.

"Na, Potter! Sie werden sich doch nicht von einem Muggel-Aberglauben anstecken lassen? Heute ist ein Tag, noch dazu ein Freitag wie jeder andere auch!" Gerade kam Fourleaf Clover, ein Ministeriumskollege aus der Abteilung für außerparlamentarische Wetterkontrolle breit grinsend auf Harry zu.

"Na, Klasse! Dann wird vielleicht doch noch was aus diesem Tag!" dachte Potter, blieb aber zunächst auf seinem Sessel sitzen. Sollte diese blöde Maus doch der Kuckuck holen!

Doch in diesem Moment lief eine kleine weiße Maus gefolgt von einer Katze an Harry vorbei. "Oh, nein!" stöhnte Harry und sprang aus seinem Sessel hoch und rannte den beiden Tieren hinterher. Die Viecher waren aber ziemlich schnell, und Harry war heute zu langsam.

"Wäre ich doch bloß nicht aufgestanden!" dachte er. Dann fiel es ihm siedend heiß ein. Das Hufeisen über der Türe hatte heute Morgen falsch herum gehangen!!! Jetzt fiel das ganze Glück raus. War das der Anfang des Übels gewesen?

Aus einem der vielen Büros trat gerade Ron heraus und sah, wie Harry den Gang entlang lief. "Harry warte mal! Kann ich dich kurz sprechen?" - "Keine Zeit!" rief Harry im Vorbeirennen, und Ron sah ihm etwas verwirrt hinterher.

Harry hetzte weiter und sah etwas weiter vor sich die Tür zur Kantine. "Hätte ich mir denken können, dass er zur Kantine rennt. Ich glaube auch nicht, dass er wirklich kein eigenes Bewusstsein mehr hat. Das macht er doch alles mit purer Absicht!" fluchte Harry leise vor sich hin.

Er hoffte nur, dass jetzt keiner die Tür öffnete. Er wollte sich lieber nicht das Chaos vorstellen, welches ausbrechen würde, wenn eine Maus dort entdeckt werden würde. Harry schickte ein Stoßgebet in Richtung Himmel, aber es war ja klar, kurz bevor er die beiden Tiere erreicht hatte, ging die Tür zur Kantine auf und Maus und Katze liefen hindurch. Er allerdings rannte direkt in die Person, die aus der Kantine kam und stürzte zusammen mit ihr und ihrem vollen Tablett hin.

Harry lugte vom Boden hoch und stöhnte innerlich ganz laut - während er nach außen hin ein gequältes Lächeln zeigte. Von allen möglichen Auroren-Lehrern musste er ausgerechnet in Mister Metamorphosis, den für fortgeschrittene Verwandlung und Animagie, hineinlaufen. Dieser sah ihn trocken an. "Üben sie gerade? Welches Tier soll das denn werden?"

Harry versuchte cool zu bleiben, obwohl der Lehrer DEN wunden Punkt getroffen hatte! Sein Animagus wechselte noch immer. Mal verwandelte er sich in ein putziges kleines Kaninchen - mit ROSA Fell wohlgemerkt!!! - mal in einen Königspudel mit dummen Felltroddeln an Pfoten und Schwanzspitze. Es war einfach lächerlich. Und unglaublich peinlich! Schon bei dem bloßen Gedanken daran - und an die nächste Unterrichtsstunde - lief Harry knallrot an.

Er richtete sich möglichst würdevoll auf und klopfte sich den Staub vom Umhang. "Mister Metamorphosis", richtete er das Wort an seinen Lehrer. "Haben Sie gesehen, wohin die Maus und die Katze verschwunden sind?"

"Sagen Sie nicht, das waren Azubi-Kollegen von Ihnen!" entgegnete der Zauberer mit erhobenen Augenbrauen. "Wundern würde es mich allerdings nicht. Ich tippe auf Mister Carlo Catto und Miss Danielle Souris! Das ist wirklich der schlechteste Jahrgang, den ich jemals in fortgeschrittene Verwandlung und Animagie unterrichten musste. Sie, Mister Potter, sind doch gut mit Professor Minerva McGonagall befreundet, nach allem was man so hört. Sie ist eine der besten Animagi, die die Zaubererwelt je gesehen hat. Sie sollten sie fragen, ob sie ihnen nicht Nachhilfe..."

Das wollte Harry sich nun wirklich nicht anhören. Für Standpauken war im Unterricht noch mehr als genug Zeit.

Vom anderen Ende des Ganges hörte er jetzt auch noch Ron rufen: "Harry? Harry! Jetzt warte doch mal! Ich muss dringend mit Dir reden!" Auch darauf hatte Harry keine Lust, also stieß er die Tür zur Kantine auf und mischte sich unter die Hexen und Zauberer, die ihre Tabletts hoch über die Köpfe erhoben, panisch den Fußboden nach etwas absuchten.

Plötzlich schrie eine Frau: "Da ist der Übeltäter! Ihm gehört die Maus. Ich habe ihn vorhin mit der Maus in seinem Büro gesehen", und zeigte auf Harry. Am anderen Ende der Kantine riss plötzlich Helga Beimery, die gluckige Zauberermutti die Tür auf. In den Händen hielt sie die Scherben einer antiken Ming-Vase und eine Kehrschaufel, auf der die Asche ihrer - Ja, was war es noch gleich gewesen? - Hauskatze lag. Mit wehenden Haaren und zornverzerrtem Gesicht, stapfte sie auf Harry zu.

"Potter!" schrie sie über den Tumult hinweg. "Was fällt Ihnen denn bitteschön dazu ein?" Sie winkte mit den Vasenscherben. Harry zückte instinktiv den Zauberstab, richtete ihn auf die wütende Hexe und schrie: "REPARO!"

Leider hatte der Zauberspruch, den Hermine so oft auf seine Brille angewandt hatte, nicht den gewünschten Effekt. Statt die Vase wieder zusammenzufügen, reparierte er die Stützstangen im Korsett der Beimery, die sie schon vor Jahrzehnten zerbrochen hatte, weil sie mit den Jahren zwar immer mehr an Fülle und Volumen gewonnen hatte, aber nicht auf ihr korsargiertes Lieblingskleid hatte versichten wollen. Plötzlich in ihrem Kleid eingequetscht, nahm es Helga Beimery den Atem. Sie hustete und lief puterrot an.

"Oh, warten Sie Potter!" schnaufte sie und versuchte nun, mit der Kehrschaufel ihren Korsettpanzer zu knacken. "Wenn ich das meinen Kindern Marionetta, Benjamino und Klausisto erzähle! Dann bekommen Sie die Tracht Prügel Ihres Lebens!" Als sie bemerkte, dass sie die Asche ihres Stubentigers zum wiederholten Male in der Gegend verteilt hatte, kreischte sie noch einmal extra schrill auf.

Und die ganze Zeit über hatte eine Küchenfee auf einem Hocker gestanden und gebrüllt: "EINE KATZE! IN MEINER KÜCHE IST EINE KATZE!"

Die Duddy-Maus hatte sich, beinahe unbemerkt, durch einen Spalt im Fußboden aus dem Staub gemacht.

In dem ganzen Chaos versuchte Harry den Überblick zu behalten, und als er bemerkte, dass Duddy-Maus nirgendwo mehr zu finden war, stürmte er, ohne auf die Rufe zu achten, hinaus in den Flur, gefolgt von einem inzwischen wütenden Ron, da Harry ihn anscheinend ignorierte. Ron lief hinter Harry her. "Harry, Mennoh, warte doch mal! Du läufst hier rum wie ein kopfloses Huhn! Man könnte meinen, Du hättest den Grimm gesehen!" Daraufhin blieb Harry kopfschüttelnd stehen. Ron, wie er ihn kannte und liebte. "Immer die falschen Schlüsse ziehend", dachte er.

Die Zauberer im Flur waren stehen geblieben. Jetzt flüsterten sie alle. Hermine, die den Rest gehört hatte, schaute aus einem Büro heraus und schüttelte den Kopf. Es konnte doch nicht wahr sein, was Ron da gerade gerufen hatte. Harry gab Ron einen leichten Knuff, drängte ihn zur Seite und hastete weiter.

Nach einer wahren Odyssee durch das gesamte Ministerium - wirklich jeder, dem er begegnete, schien wütend den Namen "POTTER!" auf den Lippen zu haben - landete Harry schließlich im Atrium. Direkt neben dem neu errichteten großen Springbrunnen wurde er bereits erwartet. Arthur Weasley jonglierte ein Gemälde von Hand zu Hand und versuchte währenddessen eine ganze Schar von weißen Mäusen einzufangen und zusammenzuhalten. Und jede einzelne dieser Mäuse schien ein Halsband mit einem kleinen Schildchen zu tragen. Als Harry näher kam, konnte er auch die schwarze Schrift darauf erkennen. "Eigentum von Harry Potter" stand da in engen, akkuraten Buchstaben geschrieben. Und konnte es sein, dass es von Sekunde zu Sekunde mehr Mäuse wurden, die da um den Brunnen herumwuselten?

Als Arthur Weasley ihn entdeckte, stellte er das Gemälde ab und kam freudestrahlend auf Harry zu. "Mein Junge, gut Dich zu sehen!" Er schüttelte ihm flüchtig die Hand. "Maureen aus der Kantine sagt, das hier ist Deine Maus?!" Gerade landete eine der Mäuse auf ihren vier Pfoten, verdoppelte sich und trippelte auf acht Pfoten in unterschiedliche Richtungen davon.

"Nun gut, ich meine, das sind Deine Mäuse! Ich hatte ihr, also der ersten Maus, gerade dieses Schildchen um den Hals gehängt und wollte sie gerade zu Dir ins Büro bringen, da ist sie auf dieses verfluchte Muggel-Gemälde gesprungen!" Er deutete auf das Bild, das eine Frau mit ebenmäßigen Gesichtszügen und langen, dunklen Haaren zeigte, die geheimnisvoll lächelte oder vielleicht auch nicht.

"Das ist ein sehr berühmtes Bild in der Muggel-Welt, und irgendein Zauberer muss es mit einem Verdoppelungszauber belegt haben. Einem Verdopplungszauber, der ansteckend auf weiße Mäuse wirkt, muss ich wohl hinzufügen."

Er raufte sich verlegen die Haare und zupfte unbehaglich an seiner Brille. "Ich würde Dir ja gerne helfen mit den Tieren, aber ich muss weg!" Damit packte er das Bild, auf dessen Rückseite jemand die Worte "MOONY LISA" gekritzelt hatte, und verschwand in Richtung Fahrstühle.

"Dudley, Dudley, Dudley!" knurrte Harry zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Mit einem von Dir hat man schon nichts als Ärger, egal ob als Mensch oder als Tier. Aber mit einem ganzen Atrium voll????"

In diesem Moment spürte er ein leichtes Klopfen an der Schulter. Er wirbelte herum. Da stand Ron, mit einem breiten Grinsen im sommersprossigen Gesicht. "Ich weiß ja nicht, was es ist, aber es sieht aus, als stecktest Du ganz tief in der Sch.... !"

"Und das im wahrsten Sinne!" stöhnte ein mehr als genervter Harry. Gerade hatte er nämlich eine der Mäuse hochgehoben und auf seiner Handfläche platziert. Zum Dank ließ das Duddy-Mäuschen drei hübsche kleine Mäuseköddelchen fallen und blinzelte Harry unschuldig an. Verstohlen sah Harry sich um und ließ die Köddelchen auf den Boden fallen.

"Was mache ich denn jetzt?" stöhnte er und sah Ron fragend an. Dieser grinste und lugte über seine Schulter. "Du hast Glück - da kommt die Kavallerie." Harry drehte sich und seufzte erleichtert - Hermine!

"Ich habe schon von Deinem Problem gehört, aber seit wann züchtest Du weiße Mäuse?" fragte Hermine direkt. "ICH ZÜCHTE KEINE WEISSEN MÄUSE!" kam es etwas wütend von Harry zurück. Er lehnte sich an die Wand und ließ sich langsam daran runter gleiten. "Ich kann nicht mehr. Kannst Du mir vielleicht die Adresse vom 'Rattenfänger von Hameln' besorgen?" stöhnte Harry und schaute Hermine flehend an. Ron schaute ihn verwirrt an. "Wer ist denn das?"

"Ach, vergiss es!" antwortete Harry und machte eine abwinkende Handbewegung. Er sah Hermine flehend an. "Hast Du eine Idee?" Sie überlegte: "Hmm, mal sehen ob es klappt." Sie konzentrierte sich sichtlich und machte dann eine komische Bewegung mit dem Zauberstab.

Erwartungsvoll sahen sie auf die Mäuse - und es passierte tatsächlich etwas. Die vielen Mäuse hatten plötzlich eine Konsistenz wie Quecksilber, und sie schimmerten auch so. Diese Masse gehorchte den Gesetzen der Chemie und lief zusammen. Erst gab es eine große Pfütze, dann war anstelle der Pfütze eine mannsgroße weiße Maus.

Hermine sagte: "OJE!", Harry: "So ein Sche...!", nur Ron konnte dem Ganzen etwas abgewinnen. Schnell beschwor er ein Halsband und eine Leine herbei, zog der Maus das Halsband an und meinte dann trocken: "Jetzt kannst Du sie wenigstens nicht mehr so schnell verlieren."

Harry starrte völlig geschockt erst Ron an, dann die Leine, die ihm sein Freund in die Hand gedrückt hatte, und schließlich die Riesenmaus am anderen Ende. Diese trug nun eindeutig Dudleys Gesichtszüge, hatte sich auf die Hinterbeine erhoben und die Vorderbeine in die fetten Hüften gestemmt. Mit seinen schwarzen Türknaufaugen starrte das Nagetier zurück und fragte dann mit einem deutlich piepsigen Unterton: "Is' was, Cousin?"

Hermine schrie auf. Ron packte sie an den Schultern und zog sie in seine Arme, ein Stück weg von diesem 'Monstrum'. "Harry!?" keuchte Hermine. "Sag' nicht, dass das... das... dieses... Dein... Dudley... HARRY, WAS HAST DU GETAN?" Sie schrie noch einige unerfreuliche Worte mehr, und der Kreis der Zauberer und Hexen in der Eingangshalle, die gebannt dieses Schauspiel verfolgten, wurde immer größer.

Harry wurde erst blass, dann hochrot und begann vor Zorn mit dem Fuß auf den Boden zu stampfen. Unglücklicherweise stampfte er auf die Riesenpfote von Dudley. Die Riesenmaus quiekte laut auf und machte einen Sprung zur Seite. Harry, der noch immer die Leine in der Hand hielt, wurde einfach hinterher gezogen. Von der Maus gezogen versuchte er, alles zu erklären, aber es gelang verständlicherweise nicht. Vollkommen entnervt richtete Harry den Zauberstab auf seinen Hals. "SONORUS!" Dann erklang sehr laut: "SHACKLEBOLT! WO SIND SIE?"

Die Zauberer zuckten zusammen, erst wegen der Lautstärke, dann wegen des fehlenden Respekts. Doch der Minister kam und erkannte die Lage. "Oh nein! Harry, das tut mir leid! Aber ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Seit der Muggel-Minister weiß, wie er mich erreichen kann... Immer, wenn in der Muggelwelt was schief läuft... Mal überlegen, was ich tun kann."

Allerdings konnte Harry die Überlegung von Kingsley Shacklebolt nicht mehr abwarten, da Dudley schon weiter rannte. Harry stolperte und fiel auf die Knie, doch er war nicht in der Lage wieder hochzukommen, da Dudley nicht daran dachte, stehen zu bleiben, und ihn somit weiter hinter sich her schleifte. Harry konnte die Leine nicht loslassen, da sich deren Schlaufe um sein Handgelenk festgezogen hatte.

"Dudley, bleib stehen!" schrie Harry, doch dieser hörte nicht hin und lief auf die Tür zum Treppenhaus zu. Dort blieb er kurz stehen, öffnete die Tür - Harry hatte somit endlich die Möglichkeit sich zu erheben - und hechtete anschließend die Treppe - immer noch mit Harry im Schlepptau - hinauf.

"DUDLEY!" schrie Harry keuchend und diesmal drehte Dudley sich auch kurz um, grinste und meinte: "Na, schon aus der Puste?" Nach Luft schnappend, mit Seitenstechen und hochrot im Gesicht blickte Harry empört seinen Mäusecousin an. "Bleib... jetzt... endlich... stehen! Seit... wann... kannst... Du... so... schnell... laufen?" Harry holte tief Luft und fuhr dann fort: "Und sprechen? Und eigentlich solltest Du das doch gar nicht können. Du bist doch nur eine Maus! NUR NOCH EINE MAUS!"

Dudley blieb stehen, drehte sich um und sah Harry nachdenklich an. "Also gut. Daran ist diese Hexe Schuld. Ich bin ihr auf einem der Gänge begegnet. Sie meinte, sie hätte noch eine Rechnung mit Dir offen. Du hast ihr wohl vor einigen Wochen einen üblen Streich gespielt. Sie hat mich verhext." Harry dachte angestrengt nach. "Doch nicht etwa Memoranda Folder? Das war nicht ich! Das war Ron!" Dudley zuckte nur mit seinen Mäuseschultern. Was ging das ihn an?

Und während Harry noch immer leicht beleidigt vor sich hin murmelte, dass das alles Rons Schuld sei, wurde die Maus immer kleiner und kleiner und kleiner. Und plötzlich hatte Harry nur noch die leere Leine mit dem Halsband in der Hand, auf die er völlig perplex hinunter starrte, bevor er den Kopf schüttelte, wie um sich aus seiner Trance zu lösen, um dann, wieder ganz Herr seiner Sinne, den Boden nach Dudley abzusuchen.

Doch der war schon wieder entwischt. So was Blödes, dachte Harry, musste der Zauber ausgerechnet jetzt aufhören zu wirken? Na ja, Memoranda war nicht gerade eine der begabtesten Hexen. Außerdem hatte sie ein Gedächtnis wie ein Sieb, allerdings wie ein extrem überdurchlässiges mit nur einem einzigen, riesigen Loch, durch das wirklich alles durch fiel.

Harry öffnete die nächst beste Tür und heraus quollen Dutzende von schwarzen Katzen, die angriffslustig fauchten und sich mit ausgefahrenen Krallen auf ihn stürzten. Das war ja mal ein Freitag, der 13., mit all diesen Unglückszeichen und Boten.

Und plötzlich schwebte hoch über ihm eine kleine, weiße Maus an einem gefalteten Papierdrachen bedenklich schnell gen Fußboden. Harry sah sie, die Katzen und konnte nur noch brüllen: "NEIN!"

In diesem Moment kam ein kleiner Windstoß durchs Fenster und bescherte dem Papierdrachen noch mal einen winzigen Auftrieb, sodass Duddy-Maus über die Katzen hinweg flog. Und flog und flog und flog, durch die Gänge des Ministeriums, gefolgt von einem Harry, der zuvor hektisch über die Katzen gestolpert war und sich arg zerkratzt wieder aufgerafft hatte, nachdem er sich mit einem "IMMOBILUS"-Zauber von den Katzen befreien musste.

Er folgte der fliegenden Maus durch die Gänge, immer wieder anderen Hexen und Zauberern ausweichend und "Haltet die Maus auf!" rufend, bis sie in den neuen Ministeriumsanbau gelangten, in dem sich eine Reihe von Cafés und Restaurants befanden. Dudley flog immer weiter, bis er in einem chinesischen Restaurant landete.

Harry stöhnte laut auf, kannte er doch Dudleys Vorliebe für chinesisches Essen. Der neue China-Express 'In Kog Nitos zauberhafte Zaubereien' war ein beliebter Treffpunkt in der magischen Welt geworden. Harry sah Dudley im hinteren Teil des Restaurants verschwinden, konnte ihm aber nicht sofort folgen. Nach vorne gebeugt und die Hände auf die Oberschenkel gestützt, versuchte er Luft in seine Lungen zu pumpen. Verdammt, dachte er, ich muss mehr Sport machen. Er versuchte das Seitenstechen und die Luftnot zu ignorieren, und richtete sich auf.

So schnell es ihm möglich war, ging er in das Restaurant und suchte mit den Augen alles schnell ab. Er sah den Mauseschwanz in der Küche verschwinden, aus der es verführerisch nach irgendeinem Entengericht roch. Harry hastete in die Richtung und konnte gerade rechtzeitig einen weiteren "IMMOBILUS"-Zauber sagen, bevor der Koch Dudley um einen Mäusekopf kürzer machte. Duddy-Maus befreite sich direkt aus der Hand des Kochs und lief durch den Lieferanteneingang nach draußen auf den Flur, wo sie sich in einem Müllsack verfing, und von einem Kellner eingefangen und in ein Einweckglas gesperrt wurde. Harry wurde währenddessen von zwei anderen Kellnern festgehalten, und der Aushilfskoch schritt mit erhobenem Messer auf ihn zu. Harry schluckte und sagte mit zittriger und leicht heiser Stimme: "Tut jetzt nichts Unüberlegtes!"

Die Kellner und der Aushilfskoch sahen sich an und verstanden ihn offensichtlich nicht. Harry wünschte sich ganz konzentriert Babelfische in die Ohren der Kellner. So was hatte er noch nie probiert, er hatte nur davon gelesen, aber es schien zu klappen. Er sprach das Personal erneut an, und sie verstanden ihn - und auch in Zukunft alles. Er klärte die Sache durch geschickte Desinformation und den ein und anderen Gedächtniszauber. Schließlich bekam er die Maus ausgehändigt, befreite sie aus ihrem Glasgefängnis und steckte sie in seine Jackentasche. Den Reißverschluss zog er vorsichtshalber zu.

Er ging zurück ins Büro und ließ sich erschöpft auf seinen Stuhl fallen. Alles, was er brauchte, war ein wenig Ruhe, einen Kaffee und was zu Essen. Er hatte doch bisher nur gefrühstückt.

Doch schon hörte er ein wütendes Klopfen an der Tür. Und schon stürmte Fourleaf Clover herein, sein irischer Kollege, der sonst immer eine Ausgeburt des Glücks und der Freundlichkeit war. Doch davon gab es in diesem Augenblick keine Spur an ihm. Sein grün-kariertes Jackett war an mehreren Stellen zerrissen, ebenso wie seine Hosenbeine. Und über seine Wange verlief ein blutender, langer Kratzer.

"Potter! Auf die Beine! Durch das ganze Ministerium schweben angriffslustige schwarze Katzen und greifen alles an, was ihnen in die Quere kommt! Warum nur habe ich das Gefühl, dass Sie etwas damit zu tun haben? Los, Hintern hoch! Jeder Mann wird gebraucht." Harry folgte ihm schnell hinaus. Sein Mittagessen würde warten müssen.

Währenddessen machte sich seine Jacke mit der in die Tasche eingeschlossenen Duddy-Maus darin vom Stuhl aus unbemerkt auf ihre eigene Wanderung, durch Ritzen und Löcher, Türen und Fenster, Decken und Wände. Von niemandem bemerkt schaffte die Jacke es bis in die Mysteriumsabteilung.

Dort angekommen hatte Dudley-Maus es geschafft sich aus der Tasche heraus zu knabbern. Die Maus setzte sich auf die Hinterpfoten und sah sich um. Ein Bogen erweckte ihr Interesse. Die Maus hoffte, dahinter etwas zu essen zu finden, und trippelte darauf zu. Sie schnupperte und fand wohl, dass es dahinter gut roch. Fast hätte man meinen können, dass sie einen energischen Gesichtsausdruck aufsetzte. Sie ging durch... verschwand... und wurde wieder zurück befördert! Dann ertönte eine tiefe wohltönende Stimme: "Nur für Menschen, die auch so aussehen - Du Menschenmaus!" Dudley-Maus schüttelte den Kopf so dolle, dass die Ohren schlackerten, und rannte so schnell ihn die kurzen Mäusebeine trugen davon.

Inzwischen, irgendwo auf den Gängen, lieferten Harry und einige Kollegen sich mit den schwarzen Katzen einen harten Kampf. Eine Person mit einem Riesenstapel Papieren versuchte, sich durch dieses Kampfgetümmel einen Weg zu bahnen.

"Mister Potter, Mister Potter, da sind sie ja endlich. Ich suche sie schon überall." - "Ich habe jetzt keine Zeit!" rief Harry dieser unbekannten Person entgegen. "Sie sollten sich aber Zeit nehmen, denn es ist sehr wichtig." - "Und das wäre? Wer sind Sie überhaupt?" kam es von Harry genervt, denn er schüttelte gerade eine Katze ab, die sich in seinem Arm festgekrallt hatte. "Mein Name ist Michael Adams, und ich arbeite in der Schadensabteilung. Dies sind 150 Schadensanzeigen..." - Er überreichte Harry den Stapel Blätter. - "...und somit sind es 150 Schäden, die Sie und Ihre Maus am heutigen Tag bisher verursacht haben und für die sie zur Rechenschaft gezogen werden."

Harry rang noch immer mit der durchgedrehten Katze und stopfte sie in einen Sack, den ein Kollege bereithielt, als er den Ringkampf gewonnen hatte. Dabei stieß er Michael Adams an, der auch prompt den Stapel mit Schadensanzeigen fallen ließ und damit auf dem Fußboden verteilte.

"Das wird Ihnen auch nicht helfen, Mister Potter. Selbst wenn Sie die Schäden ignorieren, werden Ihnen die Kosten einfach vom nächsten Gehalt, aber ich sollte lieber sagen, von den nächsten Gehältern, abgezogen. Aber wo wir hier schon mal so gemütlich beisammen stehen!" Er kam verschwörerisch an Harrys Seite und flüsterte ihm ins Ohr. "Wo ist eigentlich das Büro von Minister Shacklebolt? Wann macht er Feierabend? Wann verlässt er das Ministerium ohne Personenschutz?" Statt des Papierstapels hielt er nun eine Flotte-Schreibe-Feder in der Hand, offenbar bereit, sich Notizen zu machen.

Doch noch bevor Harry sich Gedanken über diese merkwürdigen Fragen machen konnte, schallte eine ohrenbetäubend laut verstärkte Stimme durch alle Gänge und Flure des Zaubereiministeriums: "EINDRINGLINGSALARM! EINDRINGLINGSALARM! EINDRINGLINGE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! EINGREIFTEAM SOFORT IN DIE MYSTERIUMSABTEILUNG! EINDRINGLINGSALARM! ..."

Duddy-Maus, der gerade versucht hatte, eines der riesigen, fliegenden Gehirne anzuknabbern, starrte wie hypnotisiert auf das rote Alarmlicht, das in der Mysteriumsabteilung zu blinken begonnen hatte. Ängstlich und nervös ließ er den Mäusekopf kreisen, als sich sämtliche Türen der Abteilung plötzlich mit lautem Knallen automatisch schlossen. Jetzt war er eingesperrt und wurde so panisch, wie es sich für eine kleine Maus gehörte. Sein kleines Mäuseherz klopfte viel zu schnell. Die kleine "unschuldige" Maus rannte im Kreis und suchte einen Ausweg, aber sie konnte keinen finden.

Inzwischen näherten sich dem Eingang Schritte, und man konnte Stimmen hören. Eine davon gehörte Harry Potter, der laut vor sich hin fluchte: "Dudley! Dauernd dieser dämliche Dudley!"

Die verstärkte Alarmstimme hatte inzwischen ihren Text geändert. "MÄUSE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! MÄUSE IN DER MYSTERIUMSABTEILUNG! ..." schallte es nun immer wieder durch das gesamte Mysterium.

Harry hatte eine der Türen, hinter denen Dudley-Maus in der Falle saß, als erster erreicht, aber gerade, als er an der altmodischen Türklinke rütteln wollte, wurde er von Fourleaf Clover unsanft zur Seite gedrängt. "Lassen Sie mich durch. Ich bin Mitarbeiter der Mysteriumsabteilung. Sie gefährden ein wichtiges Experiment!"

Als er Harrys fassungslosen und leicht ungläubigen Blick bemerkte, beeilte er sich zu versichern: "Ja, ja, ich weiß, ich weiß! Alle glauben, ich arbeite für die Abteilung für außerparlamentarische Wetterkontrolle, aber Sie können mir ruhig glauben. Ich bin einer von diesen 'Unsäglichen'! Und wenn Sie mich nicht sofort durch lassen, und wenn die Mäuse, vor denen da gewarnt wird, die sind, mit denen ich seit Monaten experimentiere, dann werden sie das versuchen, für das ich sie gezüchtet habe. Natürlich immer unter der Vorraussetzung, dass sie sich wirklich aus ihrem Labyrinth befreit haben!"

"Das ist mit Sicherheit mein schock-verzauberter Cousin!" wollte Harry brüllen, um dann die Frage zu stellen: "Für was, bei Merlins verlorenen Murmeln, haben Sie denn Mäuse in Ihrer Abteilung für Mysterien gezüchtet?" Doch er brauchte es gar nicht auszusprechen, denn Clover gab ihm auch so Antworten, als hätte er seine Gedanken gelesen.

"Jede Maus, der man erlaubt, ihr volles Gehirnpotential zu nutzen, hat nur ein einziges Ziel in ihrem kurzen Leben: den Versuch, die Weltherrschaft an sich zu reißen!"

Harry schüttelte ungläubig den Kopf. Das war doch total verrückt. Er beobachtete, wie Fourleaf Clover etwas aus seiner Hosentasche zog, das wie eine tote, goldene Schlange aussah. Der 'Unsägliche' murmelte einige unverständliche Worte, dann schlängelte sich das längliche Ding in drei der vier Schlüssellöcher, versteifte sich und sperrte die Tür auf.

Der achteckige Raum, in den Harry nun schauen konnte, schien vollkommen leer zu sein. An seiner Decke blinkte ein rotes Licht und warf abwechselnd streifenförmige Schatten auf jede der acht Wände, in denen sich jeweils eine ähnliche Tür befand wie die, die Clover gerade geöffnet hatte. Erst nach einigem genaueren Hinsehen konnte Harry die kleine, weiße Maus erkennen, die schwer atmend in der Mitte des Raumes lag.

"Das ist keine von meinen", entfuhr es Fourleaf Clover entrüstet. "Das ist eine ganz gewöhnliche Versuchsmaus! Meine Supermäuse sind byzantinische Wüstenspringmäuse mit wesentlich längeren Ohren und einem viel, viel dickeren..."

Doch Harry ließ ihn nicht ausreden. Er stolperte hastig in den Raum, hob seinen verwandelten Cousin auf und prüfte, ob er noch atmete. "Ich kann hier nichts erkennen!" meinte er empört. "Ich bringe ihn nach oben in eines der Büros mit magischem Tageslicht!"

Auf dem Weg zum Fahrstuhl hörte er noch Fourleaf Clover hinter sich her fluchen: "Ich weiß nicht welche, aber das wird Konsequenzen für Sie haben, Potter! Verlassen Sie sich darauf!"

Kaum im Atrium angekommen, erwartete Harry schon die nächste Überraschung. "Harry? Was ist hier eigentlich los?" Er wirbelte herum. Vor ihm stand Ginny, mit zerzaustem Haar und scheinbar vor Wut gerötetem Gesicht. Ginny? Aber die war doch in Schottland zu einem Quidditchspiel und sollte erst morgen wieder zurückkommen. Und wer, bei Merlins was auch immer, hatte sie so erregt und wütend gemacht?

In diesem Moment fühlte er einen stechenden Schmerz im rechten Handballen. Duddy-Maus war aus seiner scheinbaren Ohnmacht erwacht, hatte ihn unterhalb des Daumens mit seinen spitzen, scharfen Mausezähnchen gebissen und war mal wieder auf den Fußboden entwischt. Schon sah Harry seinen langen, rosa Nagerschwanz hinter dem goldenen Brunnen verschwinden.

Harry wollte gerade hinter her hechten, wurde jedoch von Ginny daran gehindert. "Nicht jetzt, Ginny," stöhnte Harry. "Ich muss unbedingt, diese Maus..." Weiter kam er nicht, denn Ginny hatte ausgeholt und ihm eine saftige Ohrfeige verpasst. "Ja, genau! Immer diese Mäuse! Auch mir hat ein kleines Mäuschen was geflüstert. Wie konntest Du nur?" Wut und Empörung standen in ihrem Gesicht. Harry hielt sich immer noch verdutzt die Wange. "Häh?" war alles was ihm einfiel. Dieser Tag war ja wirklich zum Mäuse melken. "Ich hab keine Ahnung was Du meinst, Ginny. Und ich hab auch keine Zeit, mir jetzt darüber Gedanken zu machen. Da ist eine kleine Maus, die ich jetzt unbedingt finden muss!" Er wandte sich von Ginny ab und lief zum goldenen Brunnen im Atrium. Hinter ihm heulte Ginny schmerzhaft auf. "Das wird Dir noch leid tun. Ich gehe jetzt Ron suchen und erzähl ihm alles."

Harry, verstand noch immer nur Bahnhof, aber es war ihm im Moment auch egal, musste er doch unbedingt Duddy-Maus finden, bevor er noch mehr Schaden anrichtete.

Und weiter ging die wilde Jagd quer durch sämtliche Flure, Büros und Gänge des Ministeriums. Und überall hinterließ die Duddy-Maus eine Spur der Verwüstung. Mehrmals war Harry kurz davor, den Nager zu erwischen, doch jedes Mal entkam er um Haaresbreite.

Und plötzlich, als er gerade aus dem Archiv kam, das nur noch aus einem Schneesturm aus aufgewirbelten Karteikarten bestand, stand Harry vor Ron und Ginny, die ihn wutentbrannt anstarrten. "Ich dachte, Du wärst mein Freund!" brüllte Ron, und sein Gesicht wurde so rot wie seine Haare. "Wie konntest Du das meiner einzigen Schwester antun? Noch dazu mit dieser... dieser... dieser..."

Ginnys Kreischen bohrte sich wie Scherben in Harrys Gehörgänge. "WAS HAT DIESE MAUREEN, WAS ICH NICHT HABE?" - "Maureen?" fragte Harry verwirrt. "Maureen, die Küchenfee? Ich verstehe überhaupt gar nichts mehr!"

Hinter der Ecke zum nächsten Gang kam die nervige Maus noch einmal zurück und schien ihm höhnisch zuzuwinken. Harry schaute gehetzt zwischen ihr und den Weasley-Geschwistern hin und her.

"Ich glaube, es gibt nur noch eins für Dich zu tun!" stellte Ron fest. "Um das wieder gut zu machen, verrätst Du Ginny sofort, wo das Büro von Minister Shacklebolt ist, wann der Minister Feierabend macht und wo er hier in London wohnt."

Was hatte denn das nun wieder zu bedeuten? Hatten denn heute alle den Verstand verloren? "Ich fange jetzt diese Maus!" murmelte Harry vor sich hin und rannte weiter. Im nächsten Moment traf ihn etwas Leichtes am Kopf. Es sah aus wie ein Papierflugzeug. Harry faltete das fliegende Memo aus einander und riss entsetzt Augen und Mund auf. Konnte das wirklich wahr sein, was er da lesen musste?

"Duddy-Maus ist eine lebende Zeitbombe und soll den Zaubereiminister in die Luft sprengen!" Kein Absender. Getippt mit einer Art Schreibmaschine. Papier, das alle im Ministerium benutzten. Harry konnte nicht erkennen, von wem diese Nachricht kam. Ein Scherz? Ein schlechter Scherz?

Er sah sich um. Es war niemand mehr in seiner Nähe. Vor ihm hoppelte Dudley-Maus durch den Gang auf eine Tür zu, hinter der sich tatsächlich das Büro von Zaubereiminister Kingsley Shacklebolt befand, wie Harry mit einem Mal klar wurde. Egal, von wem das Memo kam, er musste Dudley aufhalten, koste es, was es wolle. Harry ließ das Blatt Papier fallen und spurtete los.

Die Bürotür hatte am unteren Ende ein Loch, genau in Dudley-Mäuse-Größe, und in eben diesem Augenblick schlüpfte das Nagetier hindurch.

Harry rüttelte am Türknauf. Abgeschlossen! Er klopfte, bekam aber keine Antwort. "Nein!" schrie Harry und warf sich mit Schulter und Oberarm gegen das Holz der Tür. Noch einmal nahm er Anlauf und krachte dagegen, aber noch immer rührte die Tür sich nicht.

Dawlish, Miller und andere voll ausgebildete Auroren aus Kingsley Shacklebolts Leibgarde tauchten mit gezückten Zauberstäben im Flur auf und riefen ärgerlich: "Potter, was soll denn der Aufstand? Gehen Sie von der Tür weg und lassen Sie dem Minister seine Ruhe!"

"Nein!" schrie Harry noch einmal, genau in dem Moment, in dem die Bürotür scheppernd nach innen fiel. Er stolperte in den Raum. Kingsley saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl. Die Schuhe hatte er ausgezogen, und seine besockten Füße lagen überkreuzt auf einem Stapel mit Papieren auf dem Schreibtisch vor ihm. In der Hand hielt er einen Becher Tee. Auf seinem Schoss lag die HEXENWOCHE, in der er gerade gelesen hatte. "Potter, was... ?" begann er seine letzten Worte.

Harrys Blick fiel auf die Duddy-Maus direkt unter dem Schreibtisch. Sie hatte sich wieder auf die Hinterbeine gehockt und winkte Harry ein letztes Mal mit der Vorderpfote zu.

Dann ging ein Rucken und Zucken durch den kleinen Nagetierkörper, das immer heftiger wurde. Er dehnte sich aus und zerbarst schließlich mit einem grellen Licht und einem Trommelfell zerfetzenden Knall. Das gesamte Büro mit Minister, Möbeln, Büchern und Papieren verschwand in einer Wolke aus Hitze und Staub.

"NEIN!" brüllte Harry und spürte, wie ihn der Schock schrumpfen ließ. Er schien durch seine eigene Kleidung, Pullover, Umhang, Jeans, zu fallen und plötzlich die Welt vom Fußboden aus zu betrachten. Seine Nase wurde immer länger, verformte sich zu einer Schnauze. Ihm wuchsen lange Barthaare. Er hatte plötzlich vier Pfoten, ein weißes Fell, zwei vorstehende Zähnchen und zwei abstehende Öhrchen. Alles, was von seinem erneuten Aufschrei übrig blieb, war ein leises Fiepen. Der Schock hatte bewirkt, dass er sich in eine Maus verwandelt hatte.

***

Plötzlich hörte Harry Applaus. Um ihn herum klatschte eine ganze Gruppe von Leuten. "Applaus?" dachte er verwirrt. "Wofür bekomme ich denn jetzt Applaus? Für einen Sch....-Tag? Dafür, dass ich ein Attentat auf den Zaubereiminister nicht verhindern konnte? Dafür, dass ich mich gerade in eine Maus verwandelt habe?" Er sah sich vorsichtig um. Sein Blickwinkel verriet ihm, dass er wieder seine normale Größe hatte.

"So!" hörte er da eine ungeduldige Stimme. "Und nun der nächste, bitte!"

Er fühlte, wie er am Arm gepackt und zur Seite geführt wurde. Dazu hörte er eine Stimme an seinem Ohr: "Potter, auf ein Wort!" Er sah sich verwirrt und leicht orientierungslos um. Dies war offensichtlich nicht das Büro des Zaubereiministers und auch nicht einer der Gänge des Ministeriums, durch die er den ganzen Tag über geirrt und gestolpert war auf der Jagd nach seinem Mause-Cousin. In diesem großen Raum, der wie eine Turnhalle oder sonst ein Übungssaal wirkte, waren viele Menschen, alles Hexen und Zauberer, versammelt, denen er heute schon einmal begegnet war. Da waren Ron und Hermine, Kingsley Shacklebolt, Arthur Weasley, Ginny, aber auch Fourleaf Clover, Helga Beimery, Michael Adams und Memoranda Folder, ja selbst Maureen, die Küchenfee. Sie standen alle in einem Halbkreis und unterhielten sich nun zwanglos, nachdem sie aufgehört hatten zu applaudieren.

Harry sah zu dem Zauberer auf, der ihn zu seinem Schreibtisch am Eingang des großen Raumes führte. Es war Mister Metamorphosis, sein Lehrer und Trainer für fortgeschrittene Verwandlung und Animagie. Metamorphosis setzte sich auf den thronartigen Stuhl hinter dem Schreibtisch, nahm Feder und Pergament zur Hand und kritzelte einige Notizen darauf.

"Potter, das war schon mal nicht schlecht", begann er und schrieb weiter. "Es ist Ihnen gelungen, die Übung doch noch zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Zum einen meine Gratulation, dass sie sich diesmal voll und ganz in eine Maus verwandelt haben. Kein rosa Kaninchen diesmal und auch kein ungestalter Königspudel. Vielleicht wollen Sie an der Form noch etwas arbeiten, aber diesmal waren Sie voll und ganz Maus. Dafür einen Pluspunkt." Er machte einen Strich auf einer der beiden Seiten einer Tabelle, die er auf das Pergament gezeichnet hatte.

"Und noch ein Pluspunkt dafür, dass Sie alles versucht haben, ihren verwandelten Cousin am Leben zu halten. Sie haben wirklich alles getan, um all die Grausamkeiten und Gemeinheiten zu vergessen, die ihnen Ihr Vetter in der Vergangenheit angetan hat. Einen halben Minuspunkt dafür, dass Sie auch noch versucht haben, ihn zu retten, als bereits alle Hoffnung vergebens war. Hier hätte ihr Selbsterhaltungstrieb schneller anspringen müssen. Ein Pluspunkt dafür, dass Sie versucht haben, den Minister zu retten, und ein Minuspunkt dafür, dass es nicht geklappt hat und Sie die eingetroffene Verstärkung nicht gleich umfassend über den Stand der Dinge informiert haben, dürften sich aufheben. Außerdem ist Michael Adams an dieser Stelle der Illusion etwas die Phantasie durchgegangen. Eine Zeitbombe in einer Maus? Und ein anonymes Memo, das nur Sie darüber informiert? Also, bitte! Vergessen wir das ganz schnell wieder. Aber noch ein Minus", diesmal machte Metamorphosis einen ganzen Strich auf der 'Soll-Seite' der Tabelle, "für Ihren mangelhaften Einsatz der OKKLUMENTIK. Die meisten Anwesenden aus dem Prüfungsteam beherrschen LEGILIMENTIK, und Sie haben es uns einfach viel zu einfach gemacht, in ihren Gedanken und Erinnerungen nach ihren Schwachstellen und Geheimnissen zu suchen."

Mister Metamorphosis sah auf und Harry lange forschend ins Gesicht. "Und wenn ich Ihren Gesichtsausdruck richtig deute", sagte er schließlich, "hatten Sie bis vor einigen Minuten völlig vergessen, dass heute, am Freitag, dem 13., ihre Zwischenprüfung in 'Abwehr gegen Gedankenkontrolle und Vorspiegelung falscher Tatsachen' ist. Sie haben tatsächlich geglaubt, dieser Tag passiert wirklich, oder? Potter, Potter, Potter!" Er schüttelte leicht den Kopf. "Und das, wo Ihnen jeder Ausbilder in jeder Unterrichtseinheit immer wieder und wieder zu erklären versucht, dass jeder schwarze Magier zuerst versuchen wird, den Geist eines Auroren zu verwirren, zu besetzen oder zu zerstören."

Er atmete tief durch und schien eine Weile nachzudenken. "Na, gut, Da bleibt ein halber Punkt auf der 'Haben-Seite' übrig. Dann drücke ich mal alle Hühner- und sonstigen Augen zu und sage: Sie haben bestanden, Mister Harry Potter."

Er stand auf und schüttelte Harry die Hand. "Aber ein bisschen Übung kann selbst Ihnen nicht schaden. Versprochen?" fügte er noch augenzwinkernd hinzu. Dann wandte er sich wieder der versammelten Zauberergemeinschaft zu, klatschte in die Hände und rief fröhlich: "So, wer ist der Nächste? Miss Granger? Bitte treten sie in die Mitte des Kreises."

Harry kratzte sich noch immer leicht verwirrt die Stirn.

– The End –

[first published May, 13th – 14th 2008]

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