Es war einmal...

Als Anfang August 2007 der siebte und damit letzte Band einer Buchreihe der berühmten Joanne K. Rowling über einen gewissen Zauberlehrling namens Harry Potter erschienen und endlich gelesen war, traf sich im frisch errichteten Kundendiskussionsforum auf amazon.de eine Gruppe von mehr oder weniger erwachsenen Menschen, um sich über das Werk auszutauschen, und schließlich, weil keiner so recht glauben wollte, dass es vorbei sein sollte, aus eigener Kraft eine bis drei Fortsetzungen zu schreiben.

Schon bald spaltete sich aus dem Hauptschreiberfeld eine kleine, aber äußerst feine Splittergruppe ab, die sich fortan "Die Hobbydramatiker" nannte. Und als es den "Hobbydramatikern" mal wieder zu langweilig wurde, entstanden die hier neu veröffentlichten "Neuen und unglaubwürdigen Schandtaten der Hobbydramatiker". Zunächst nur auf die Länge eines Posts bei amzon.de beschränkt, entwickelten sie sich schnell zu wahren Kurzgeschichten voller Nonsens und Humor aber auch tragischer Momente, die den Lesern hoffentlich genauso viel Spaß beim Lesen bringen wie uns beim Schreiben. Über Kommentare würden wir uns sehr freuen.

Die Schandtaten:

23.3. – 3:23 Uhr (1) Allerhöchste Geheimstufe (1) Angriff der Bomische (1) Die Auferstehung (1) Die Silberhochzeit (1) Die Suche (1) Die Winterverschwörung (1) Dursleys Reloaded (1) Ein Junge überlebt - etwas anders (1) Ein Schweinchen namens Dudley (1) Ein tierisches Abenteuer (1) Feenwettstreit (1) Freitag der 13. (1) Harry Potter und das Vermächtnis der Hobbydramatiker (11) Harry Potter und der verrückte Fan (1) Harry Potter und die Weihnachtsbäckerei (1) Hogwarts Hüte und Hauselfen (1) Jahrestage (1) Kurz und schmerzlos (1) LA VIE EN ROSE (1) Nachwuchs (1) Schadtat Nr. 33 - Jahrestag (1) Schandtat Numero 01 (1) Schandtat Numero 02 (1) Schandtat Numero 03 (1) Schandtat Numero 04 (1) Schandtat Numero 05 (1) Schandtat Numero 06 (1) Schandtat Numero 07 (1) Schandtat Numero 08 (1) Schandtat Numero 09 (1) Schandtat Numero 10 (1) Schandtat Numero 11 (11) Schandtat Numero 12 (1) Schandtat Numero 13 (1) Schandtat Numero 14 (1) Schandtat Numero 15 (1) Schandtat Numero 16 (1) Schandtat Numero 17 (1) Schandtat Numero 18 (1) Schandtat Numero 19 (1) Schandtat Numero 20 (1) Schandtat Numero 21 (1) Schandtat Numero 22 (1) Schandtat Numero 23 (1) Schandtat Numero 24 (1) Schandtat Numero 25 (1) Schandtat Numero 26 (1) Schandtat Numero 27 (1) Schandtat Numero 28 (1) Schandtat Numero 29 (1) Schandtat Numero 30 (1) Schandtat Numero 31 (1) Schandtat Numero 32 (1) Schandtat Numero 33 (1) The Irish Ways or How to handle a Leprechaun (1) Und nichts als die Wahrheit... (1) Urlaub auf dem Bauernhof (1) VerRückt und duchgeKNALLT? (1) Was wäre wenn ??? (1) Wie Ron Weasley Asmodeus traf… (1) Wohl bekomm's (1)

Samstag, 13. November 2010

Die Winterverschwörung


Schandtat Numero 23

Sie zog die nassen Handschuhe aus und rieb sich die klammen Finger. Warum musste eigentlich immer sie in aller Herrgottsfrühe raus und den Schnee vom Gehsteig schippen? Hier konnte sie den Zauberstab nicht benutzen, weil es etwas zu auffällig wäre, wenn plötzlich der ganze Schnee weg wäre. Warum mussten sie auch in eine Muggelgegend ziehen? Langsam kam sie sich schon vor wie eine von diesen englischen Hausfrauen. Fehlten nur noch eine Kittelschürze und eine Fensterbank, auf die sie sich mit den Oberarmen abstützen konnte, um durch das geöffnete Fenster die Menschen auf der Straße zu beobachten und zu beschimpfen, wenn sie es für nötig hielt, also eigentlich immer. Sie schüttelte amüsiert über diese Gedanken das wild gelockte Haar.

Aber Muggel hin, Muggel her. Einen kleinen wortlosen Zauber ohne Zauberstab konnte sie sich nicht verkneifen. Und so begannen sich ihre Nachbarn schon zu wundern, dass sie den Gehweg so leicht und so lange von Eis und Schnee freihalten konnte, während keine zwei Meter weiter vor dem Nachbarhaus sich die weiße Pracht schon wieder zentimeterhoch anhäufte.

So, jetzt noch einen kleinen Fön- und Aufwärmzauber im Wohnzimmer am Kamin, und die klammen Finger und die morgendliche Last des Schneeschippens wären vergessen.

Die Hintertür fiel scheppernd ins Schloss und auf dem Flur waren laute Schritte von schweren Winterstiefeln zu hören.

"Bin da! Wer noch?" klang Rons Organ an Hermines Ohren und dann zwei dumpfe Aufprälle, die ihr sagten, dass er mal wieder seine Fuß- und sonstige Bekleidung überall im Haus verteilte. Wieder schüttelte sie leicht den Kopf, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.

"Hermine? Wo bist Du?"

In diesem Moment weckte etwas außerhalb des Wohnzimmerfensters Hermines Aufmerksamkeit. Dieser Teil des Hauses lag im Parterre und so konnte sie jetzt einen alten Mann mit einem langen, weißen Bart und etwas, das aussah wie ein Eisbärenfellmantel, auf dem Gehweg draußen vorbei gehen sehen. Als hätte dieser sonderbare Mann ihren Blick gespürt, blieb er stehen und wandte den Kopf in ihre Richtung. Er hatte eine sehr helle Hautfarbe und seine Augen schienen bis auf die Iris vollständig weiß zu sein. Konnte jemand, der so aussah, ein Muggel sein?

Doch Hermine blieb keine Zeit für weitere Gedanken, denn in diesem Augenblick überzog sich die Fensterscheibe in Sekundenschnelle mit wild verzweigten Eisblumen und Kristallen. Dann gab es ein ohrenbetäubendes Kreischen, und das Fensterglas schien ins Innere des Wohnzimmers zu implodieren. Dazu erfasste ein eisiger Wirbelsturm Gardinen und Möbel und überzog sie augenblicklich mit einem glitzernden Schneeüberzug. Das Kaminfeuer erlosch mit einem verzweifelten Zischen.

"Hermine?" Rons Ruf drückte eine gewisse Besorgnis aus. "Woher kommt denn dieser Luftzug?"

Der bärtige weiße Mann mit dem weißen Mantel und der Fellmütze auf dem Gehweg ruderte wild mit den Armen. "Nein! Nein, das tut mir leid! Das wollte ich nicht! Das ist nicht richtig!"

Doch mit jedem Wort und jeder Geste schien der Schneesturm im Wohnzimmer von Ron und Hermine stärker zu werden und größere Verwüstungen anzurichten.

"Reparo!" brüllte Hermine über das Heulen der Luftmassen und das Gebrabbel des alten Mannes hinweg, und für einen kurzen Moment sprangen die Glasscherben zurück in den Fensterrahmen, froren aber im Handumdrehen wieder zu, um dann wieder zu zerspringen.

"Was soll das? Wer sind Sie?" brüllte Hermine den alten Mann an. Er konnte nichts Anderes als ein Zauberer sein.

"Ich will das nicht! Es passiert einfach! Haben Sie einen Garten hinter dem Haus, junge Frau? Wenn ja, treffen wir uns besser da und in einigem Abstand zum Haus. Vielleicht richte ich auf freierem Feld nicht so viel Schaden an."

Seine Stimme klang wie das Rumpeln einer gewaltigen Lawine aus feuchten Schneemassen, die polternd und rauschend zu Tal stürzten. Noch bevor Hermine antworten konnte, war der fremde Mann auf den schmalen Durchgang, der zwischen ihrem und dem Nachbarhaus nach hinten in den kleinen Garten führte, zugestapft. Sich Handschuhe, Strickmütze und Wintermantel wieder überwerfend, hastete Hermine zur Hintertür, schnappte sich im Rauseilen den völlig überrumpelten Ron, der sich gerade noch notdürftig die Stiefel wieder überstreifen konnte, und zischte ihm zu: "Mitkommen!"

Draußen stand der seltsame Mann mitten auf der zugeschneiten Rasenfläche in der Nähe der Vogeltränke. Um ihn herum schneite es heftiger als vor dem Haus oder im Rest der Stadt, und sein Atem schien nicht nur die Fensterscheiben der Häuser im Umkreis zum Beschlagen sondern auch noch zum Zufrieren, aber aus dieser gewissen Entfernung zum Glück nicht zum Bersten zu bringen. Der Alte wrang nervös die Hände in den weißen Pelzfäustlingen, als Hermine wutschnaubend auf ihn zu stürmte.

"Was fällt Ihnen eigentlich ein? Und was genau tun Sie hier eigentlich?" herrschte sie ihn an.

"Genau!" ergänzte Ron, obwohl er nicht den geringsten Schimmer hatte, was hier eigentlich vor sich ging.

"Es tut mir so unendlich, unendlich leid!" wimmerte der Mann und Eiszapfen splitterten dabei aus seinem Bart. Dazu kullerten ihm dicke Tränentropfen aus den farblosen Augen, die sich, kaum hatten sie seine Wangen erreicht, in besonders dicke Schneeflocken verwandelten. Unter weiteren Entschuldigungen und auch Verbeugungen, stammelte er Erklärungen: "Ich bin... ich... ich bin... Mein Name ist... Väterchen... Väterchen Frost. Es tut mir so unendlich... unendlich... leid. Ich weiß nicht, was dieses Jahr los ist. Ich habe keine Ahnung. Ich habe das alles nicht gewollt. Aber ich kann... ich kann... ich komme... einfach nicht zurück zum Nordpol. Ich habe schon alles versucht, jeden Zauber, jede Mitfahrgelegenheit... Und meine Anwesenheit in diesen Breitengraden löst eine Winterkatastrophe nach der anderen aus. Es tut mir so, so leid!"

Ron und Hermine schauten sich vollkommen sprachlos an. Dann stupste Ron Hermine in die Seite. "Im Büro gab es auch schon laute Spekulationen, warum der Winter diesmal so lange anhält. Da wurde schon spekuliert, ob nicht ein paar Dementoren ihr Unwesen irgendwo treiben. Hast du jemals etwas über diesen 'Väterchen Frost' gehört?"

Hermine nickte. "Es ist eine Gestalt, über die in Märchen und so erzählt wird. Zumindest in der Muggelwelt, als ich noch ein Kind war. Ich hab nie geglaubt, dass es diese Person wirklich gibt!"

Die reichlich fließenden Tränen von Väterchen Frost hatten unterdessen die Ausmaße eines mittleren Schneesturms angenommen.

"Da macht es wohl auch nicht wirklich Sinn, ihn hereinzubitten und ihm eine Tasse heißen Tee anzubieten?" Rons Blick konnte zweifelnder nicht sein. Wäre Väterchen Frost nicht schon vor Kälte starr, so hätte ihn spätestens diese Einladung erstarren lassen.

"Um Himmels Willen, das wäre sein Tod! Außerdem würde er unser schönes Zuhause vernichten!" rief Hermine gleichzeitig. "Wir sollten vernünftig überlegen, warum er den Weg zurück zum Nordpol nicht findet und wie wir ihm helfen können."

"Aber muss das denn unbedingt hier in der Eiseskälte sein? Können nicht wenigstens wir reingehen und einen heißen Kakao trinken? Oder besser noch einen Glühwein? Und was essen?" bibberte Ron.

"Jetzt sei doch nicht so piselich", gab Hermine zurück. "Denk' an den armen, alten Mann hier, der völlig desorientiert ist und..."

Weiter kam sie nicht. Ein ohrenbetäubender Knall erschütterte Haus, Garten, Vogeltränke und alle Anwesenden. Auf dem Dach des gemütlichen, kleinen Reihenhauses in der Muggelvorstadt war mit lautem Getöse ein großes Schlittengespann mit elf Rentieren gelandet, und ein dicker Mann in einem roten Mantel und mit einem langen, weißen Bart kam in den kleinen Garten herunter geschwebt.

"Ho! Ho! Ho!" polterte er. "Väterchen Frost? Kommt der nicht aus dem Osten? Ich bin der Weihnachtsmann, auch Santa Claus genannt, und meine Rentiere und ich irren nun schon seit über drei Wochen durch diese Breitengrade, und auch wir können den Heimweg zum Nordpol nicht finden. Die armen Tierchen sind schon ganz erschöpft. Rudolfs Näschen leuchtet schon gar nicht mehr so schön rot wie sonst immer."

Ron starrte den in Rot gekleideten Mann entgeistert an, doch bevor er auch nur ein Wort heraus bringen konnte, versank die Welt um ihn herum in ein dichtes Weiß. Massenhaft Schneeflocken fielen vom Himmel. Und nicht nur das. Mit einem lauten Knall, landete ein weiteres Gefährt, diesmal jedoch nicht auf dem Dach, sondern mitten im wirbelnden Schnee des Hinterhofes. Ganz weiß war sie, die Kutsche, gezogen von zwei weißen Hirschen. Eine elegante Dame, gekleidet in weißen Pelzen stieg anmutig heraus und gesellte sich zu dem Quartett. "Guten Tag, ich bin die Schneekönigin und ich..."

Doch bevor sie ihren Satz beenden konnte wurde sie schon von einer erbosten Hermine unterbrochen. "Lassen Sie mich raten! Sie können ihren Weg zum Nordpol nicht finden und irren schon seit Wochen durch die Gegend."

Die Schneekönigin betrachtete Hermine mit einem eisigen Blick aus ihren stahlblauen Augen. "Das ist in der Tat der Fall. Das Nordlicht scheint verschwunden, kleine Lady..."

Abermals wurde sie unterbrochen, denn nichts hasste Hermine mehr, als 'kleine Lady' genannt zu werden. "Aber warum, zum Merlin, landen Sie alle hier? Hier ist doch nicht King's Cross! Unser Hinterhof ist doch kein Basislager für gestrandete Reisende!"

Ron, dem es mittlerweile arg kalt geworden war - stand er doch schon bis zu den Knien im dicken Schnee - wurde es auch langsam zu dumm. Väterchen Frost, Santa Claus und jetzt noch die Schneekönigin. Was zum Donnerdrummel wollten all diese Personen von ihnen?

Hermine seufzte und muckelte sich noch mehr in ihren Mantel, rief ihre alberne, aber warme Mütze zu sich und versuchte das Ganze logisch anzugehen. Klimaerwärmung! Konnte das vielleicht die Magnetstrahlen verändern die Väterchen Frost, Santa Claus und die Schneekönigin brauchten, um nach Hause zu finden? Könnte ein Navi helfen? Oder Harry? Sie dachte kurz nach und flohte Harry an. Vielleicht hatte er eine Idee.

Währenddessen unterhielten sich diese angeblichen Märchenfiguren und hofften, dass Hermine und Ron eine Lösung finden würden. Immerhin saß die Prinzessin Frühling fast schon im Startloch.

Ron betrachtete die beiden älteren Herren und die strahlend schöne, kalte Königin mit wachsendem Unbehagen. Vor Kälte schlotternd stapfte er auf der Stelle von einem Fuß auf den anderen. "Kann ich Euch nicht doch etwas Warmes zu Trinken anbieten?"

Die Schneekönigin warf ihm einen mehr als herablassenden Blick zu.

"Oder wie wäre es dann mit einem Eis? Erdbeer? Schoko? Banane vielleicht?"

In diesem Moment kam Hermine durch die Hintertür zurück in den Garten im Hinterhof. Sie hatte Harry Potter nicht erreichen können. Vielleicht war er wieder einmal in Aurorendingen unterwegs. Wie es aussah, mussten Ron und sie dieses frostige Abenteuer allein bewältigen.

Ron sah Hermine neugierig an. Als diese den Kopf schüttelte seufzte er tief und sah die seltsamen Besucher an. Er wollte sie loswerden, etwas essen und dann ins Bett. Allerdings waren die Chancen darauf verschwindend gering. Wie er seine Hermine kannte, würde sie ihn in eine Bibliothek zerren, um eine Lösung zu finden. Dabei hatte er sooo einen Hunger und fror so erbärmlich. Den Warmhaltezauber hatte er mal wieder vergessen, und Hermine war in ihrem 'Ich-löse-alles-Modus', sodass sie es nicht bemerkte. Er rollte die Augen und dachte daran, dass er gedacht hatte, nach der Schule und der Vernichtung Lord Voldemorts hätte er ein bequemes Leben. Falsch gedacht, dachte er sich.

"Adamssohn!" Ron fuhr zusammen, als er eine große, kalte Hand auf seiner Schulter fühlte. Er wirbelte herum und sah eine weitere bleiche, in dicke Pelze gewandete Dame neben sich stehen. Sie war mit einem weiteren Schlitten, gezogen von zwei Rentieren, in ihrem kleinen Hinterhofgarten gelandet. Allmählich wurde es wirklich eng hier.

"Ich bin Jardis, die Weiße Hexe, Herrscherin von Narnia, und Du sagst mir augenblicklich, wo ich den Löwen namens Aslan finden kann!"

Hermine ging beherzt dazwischen. "Sie gehören nun eindeutig zur Konkurrenz!" fauchte sie die unnatürlich große Frau an. "Auch sieben Bände, aber wesentlich weniger umfangreich und dafür mit einer mehr als offensichtlichen, christlichen Botschaft."

Ron sah seine Frau bewundernd an. Alles, was sie sagte, klang klug und belesen, auch wenn er nicht ein Wort davon verstand. Dann zog er Hermine außer Hörweite ihrer vier ungewöhnlichen Gäste. "Die müssen hier weg!" sagte er mit verschwörerischer Stimme. "Ich habe da auch schon so eine Idee. Ich habe gestern mit Hagrid gesprochen. Er hat gefragt, ob wir ihn nicht mal wieder besuchen möchten. Wie wäre es, wenn wir das Väterchen, den Santa, die Königin und diese Hexe und ihr versammeltes Viehzeug erst mal im Verbotenen Wald zwischenparken? Der ist relativ weit weg von der nächsten menschlichen Ansiedlung. Du kannst in der Bibliothek von Hogwarts nach einer Lösung für das Problem dieser vier Wintergestalten suchen. Hagrid kann sich um die Tiere kümmern. Und da es im Wald, wie Hagrid sagt, im letzten Sommer und Herbst ein gewaltiges Schneckenproblem gab, tut dem ein bisschen mehr Eis und Schnee bestimmt auch mal ganz gut."

Hermine gab ihm einen dicken Schmatz auf den Mund. "Manchmal bist Du echt zu was zu gebrauchen!"

Nachdem sie die vier Gestalten in ihren Plan eingeweiht hatten, nahmen sie im Schlitten des Weihnachtsmanns Platz, und in wilder Fahrt ging es durch die Luft über verschneite Städte, Felder, Wiesen und Wälder in Richtung Hogwarts. Die Weiße Hexe mit ihrem Schlitten und die Schneekönigin mit Väterchen Frost in ihrer Kutsche folgten ihnen in geringem Abstand.

Ron wurde es auf einmal sehr, sehr kalt und seine Nackenhaare stellten sich auf. Als er sich umdrehte, sah er, dass die Weiße Hexe und auch die frostig-schöne Schneekönigin sich direkt hinter ihm gegenseitig wütende Blicke zuwarfen, wobei die eine einen Bottich mit türkischem Honig in ihrer Pelzjacke verschwinden ließ und die andere einen Eiszapfen in ihre Haare steckte. Und irgendwie schienen beide weißen Frauen Väterchen Frost schöne Augen zu machen. Was war denn da los? Etwas irritiert drehte Ron sich nach vorn zum Weihnachtsmann.

"Sagen Sie, Santa Claus?" fragte er. "Sind Sie eigentlich verheiratet?"

"Also hören Sie mal! Natürlich bin ich verheiratet! Mit Frau Santa Claus." Auf einen merkwürdigen Blick seines Rentieres Rudolf hin, das seinen Kopf nach hinten und ihm zugewandt hatte, fuhr Herr Santa leise fort: "Wir leben in Trennung. Nach den Feiertagen bekam ich plötzlich eine Nachricht durch einen der Weihnachtselfen, dass sie mich verlassen habe. Sie hätte genug davon, dass ich in der Welt herumreise und sie nichts Anderes als den Nordpol zu sehen bekomme, dass sie außerdem die ganze Arbeit hätte und ich dafür den ganzen Dank erhielte. Sie ist in der Karibik."

"Mist!" grummelte sich Ron in einen nicht vorhandenen Bart. Also würde aus seinem frisch ersonnenen Plan, die Weiße Hexe mit Väterchen Frost und die Schneekönigin mit Santa Claus zu verkuppeln und sie alle vier auf diese Weise vielleicht los zu werden, nun doch nichts werden. Also musste er sich etwas Anderes ausdenken, oder Hermine allein nach einer Lösung suchen lassen.

Mittlerweile hatten sie Hogsmeade erreicht, eine Spur von Schneechaos quer durchs Land hinterlassend. Hermine wies Santa Claus an, wo er den Schlitten landen sollte. Die Kutsche der Schneekönigin und der Schlitten der Weißen Hexe folgten. Ganz am Rand des Verbotenen Waldes fiel nun dichter Schnee und es wurde frostig kalt.

"Könnt ihr das nicht mal abstellen?" fragte Ron vorwurfsvoll, stand er doch schon wieder bibbernd bis zu den Knien in einer Schneewehe. "Bei dieser Kälte kann man ja nicht denken."

"Das hört erst auf, wenn wir in unsere Schnee- und Eispalästen am Nordpol zurückgekehrt sind. Aber da wir den Weg nicht finden, wird es hier auf immer Winter sein", antwortete die Schneekönigin, und wie zur Bestätigung ihrer Worte setzte ein noch heftigerer Schneefall ein.

Hermine hatte in der Zwischenzeit einen Patronuszauber mit einer Nachricht an Hagrid geschickt, und es dauert nicht lange, da kam der riesige Wildhüter von Hogwarts, dick eingemummelt in seinen Fellmantel, auch schon durch den Schnee gestapft.

Als er sich den Besuchern immer mehr näherte, fielen ihm fast die Augen heraus bei dem Anblick der beiden frostigen Damen. Wie eine Motte vom Licht schien er von ihnen angezogen zu werden und wankte träumerisch auf sie zu. "Meine holden Schönheiten, Rubeus Hagrid mein Name. Stets zu Ihren Diensten, die Damen!" sprach er und verbeugte sich ungelenk.

"Was ist denn mit dem los?" staunten Ron und Hermine.

Doch Hagrids Faszination von den beiden eiskalten Königinnen kühlte merklich ab, als die beiden Frauen begannen, sich zu streiten und sich zu beschimpfen.

"Mein Eispalast ist das Schönste, was man jemals nördlich des Polarkreises gesehen hat", prahlte die Schneekönigin.

"Pah!" höhnte die Weiße Hexe. "Eine abgetakelte Bruchbude ist das, Du bleiches Gespenst. Nichts misst sich an Schönheit mit mir und meinen Eisskulpturen!"

Die vier Wintergestalten hatten sich von ihren Kutschen und Schlitten und ihren Zugtieren entfernt, standen im Kreis und brüllten aufeinander ein.

"Die Weihnachtsgeschenke, die meine Weihnachtselfen in meiner Weihnachtsgeschenkefabrik herstellen, sind die aller-, allerbesten und lassen jedes Kinderauge leuchten!" schrie der Weihnachtsmann Väterchen Frost an.

"Du verschenkst doch nur Billigware aus Taiwan, Du rote Fettbacke!" entgegnete dieser.

Und während sie stritten, wehte der Wind um sie herum immer ungemütlicher.

"Was'n hier los?" fragte Hagrid verblüfft.

In aller Eile versuchten Hermine und Ron, ihn auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Selbst seine Idee, den Verbotenen Wald mit etwas Extraschnee und Extrafrost von den Schnecken zu befreien, ließ Ron nicht unerwähnt, nicht ohne Stolz auf diesen guten und zugleich praktischen Einfall.

"Die Schnecken sind schon lange Geschichte, Ron", brummte Hagrid. "Alle gefressen von den Schrumpfhörnigen Schnarchkacklern."

Hermines verächtliches Schnauben bei der Erwähnung dieser magischen Geschöpfe irritierte ihn etwas.

"Doch, doch. Ich hatte eine ganze Rotte hier im Herbst zum Schuljahresbeginn. Auf der Koppel da drüben." Er zeigte auf ein eingezäuntes Stück verschneiter Wiese am Rand des großen Waldes. "Nette kleine Kerlchen sind das. Und so schlau. Und kurz nach dem ersten Schneefall haben sie sich zwischen die Baumwurzeln zurückgezogen und sich verpuppt. Bin wirklich gespannt, was im Frühjahr aus den Kokons schlüpft. Steinhart sind die, wie Granit. Und dabei schwingen sie wie Trommelfelle."

Ein verträumtes Lächeln stahl sich auf das Gesicht des Wildhüters und Lehrers für Pflege Magischer Geschöpfe. Doch dann fiel sein Blick auf die Hirsche der Schneekönigin und die Rentiere des Weihnachtsmanns und der Weißen Hexe. "Also, das ist doch..." Er stemmte zornig die Hände in die Seiten. "Was haben sie denn mit euch Schönheiten gemacht? Ihr seid ja total müde und erschöpft!"

Er spannte die Zugtiere aus ihren Geschirren und trieb sie mit seinen riesigen Pranken auf die Koppel, die er für die Schnarchkackler angelegt hatte. Dann stampfte er ohne ein weiteres Wort oder einen weiteren Blick für Ron und Hermine durch den hohen Schnee in Richtung Schlossgelände, wo er etwas Heu und Stroh für die Wildtiere besorgen wollte. Vielleicht hatte er auch noch irgendwo einen großen, leckeren Salzkristall für sie zum Lecken.

Hermine und Ron blieben zurück mit dem frostigen und gerade ziemlich streitbaren Quartett, Hermine noch immer kopfschüttelnd über Hagrids Erwähnung der Schrumpfhörnigen Schnarchkackler. Luna Lovegood hätte sicher ihre verzückteste Freude daran gehabt.

Ihre Aufmerksamkeit wurde wieder von den Streitenden angezogen, als die Schneekönigin mit widerlich süßlicher Stimme Väterchen Frost fragte: "Wo hast Du eigentlich Deine Enkelin Schneeflöckchen gelassen?"

Als Antwort erhielt sie nur ein fast unverständliches Gebrabbel, dem man nur die Worte 'Karibik' und 'verbotene Kinderarbeit' entnehmen konnte.

"So ein Zufall!" Die Schneekönigin lächelte ein eiskaltes Lächeln, das die Hölle zum Zufrieren hätte bringen können, und ihre blauen Augen versprühten spitze Hagelkörner. "Dorthin habe ich auch meinen kleinen Freund Kai und seine unerträgliche Schwester Gerda geschickt. Sag' mal", sie lehnte sich verschwörerisch zu Väterchen Frost hinüber, "weiß Snegurotschka von dem Plan, die Karibik und dann die ganze Welt mit ewigem Eis und Schnee zu überziehen? Arbeitet sie mit am Winterplan?"

Hermine, die dieses Gespräch aufgeschnappt hatte, sog empört die Luft ein. Na, diesen Plan galt es aber auf jeden Fall zu vereiteln. Drei Monate Winter, schön und gut, aber eine weiße und kalte Welt bis in alle Ewigkeit? Nur über ihre Leiche!

Hermine konnte beobachten, wie sich nun auch die Weiße Hexe und Santa Claus zu den beiden gesellten, und erstere auch gleich nachfragte: "Wer hat eigentlich Frau Holle zur Mitarbeit bewegen können? Die ist doch sonst nie so eifrig dabei, wenn wir Pläne schmieden?"

Mister Santa sah die beiden Frauen an, als ob er gar nicht wisse, worum es eigentlich ging in ihrer kleinen Unterhaltung, während die Schneekönigin nur mit den Schultern zuckte und Väterchen Frost die Stirn runzelte.

Auch Hermine runzelte die Stirn und überlegte, ob sie bei Väterchen Frost und Santa vielleicht Unterstützung finden könnte. Aber wie konnte sie das am geschicktesten herausfinden? Zitternd und bibbernd versuchte sie nachzudenken, dann sah sie ein, dass es so keinen Zweck hatte und rief kurz entschlossen: "Bitte ein Hauself zu mir!"

Es ploppte, und ein ihr unbekannter Elf erschien. "Was kann ich für Misses tun?"

"Ein paar Decken, Schokolade und ganz viel Kakao, bitte", kam es wie aus der Pistole geschossen.

"Was willst Du denn jetzt damit?" fragte Ron seine Frau, am ganzen Körper schlotternd. "Lass' uns doch lieber in Hagrids Hütte gehen. Da ist es bestimmt auch schön warm am Kamin und so. Und Kakao und Schokolade bekommen wir bestimmt auch von ihm."

"Warte kurz", unterbrach ihn Hermine, während sie weiter versuchte, Gesprächsfetzen von dem winterlichen Quartett aufzuschnappen.

"Du hast ein Gedächtnis wie ein Sieb, werte Weiße Hexe, so genannte Königin von Narnia", raunzte die Schneekönigin gerade ihre Kollegin an. "Hast Du vergessen, dass Du mir Deine Schwarzzwerge und Wölfe ausgeliehen hast und ich sie zu Frau Holle geschickt habe? Wenn alles gut gegangen ist, dann sitzt die alte Schachtel jetzt gefesselt in ihrem Keller, und Deine Diener lassen es bis in alle Ewigkeit schneien. Schüttelt die Betten! Schüttelt! Schüttelt!" rief sie mit einem gemeinen Gesichtsausdruck hinauf in Richtung Himmel und in das ständig zunehmende Schneegestöber.

"Natürlich", zischte die Weiße Hexe Jardis und kniff den Mund zusammen, "natürlich erinnere ich mich! War ja zum größten Teil mein eigener Plan. Aber ihn da", sie zeigte mit hassverzerrtem Gesicht auf den Weihnachtsmann in seinem roten Mantel, "ihn da brauchen wir nicht mehr. In meinem Land Narnia, wo ich nun seit beinahe hundert Jahren herrsche, haben wir schon ewigen Winter, aber niemals Weihnachten. Und das ist auch gut so. Soll er doch zu seiner Frau in die Karibik verschwinden! Oder sich am besten gleich ganz aus dem Staub machen. Hier werden wir auch keine Verwendung mehr für ihn haben, wenn ich erst mal Herrscherin über die Welt der Adamssöhne und Evastöchter bin!"

Die Reaktion der anderen wartete Hermine nicht mehr ab. Was war eigentlich los? Frau Holle gefangen? Das ganze schien ja eine regelrechte Winterverschwörung zu sein. Sie musste jetzt dringend in die Bibliothek von Hogwarts und nach einer Lösung in den Büchern dort suchen, wenn hier schon lauter Roman- und Märchenfiguren durch die Gegend liefen. Vielleicht würde ihr auch ein Gespräch mit Madame Pince, der Bibliothekarin, weiterhelfen.

Sie drückte Ron den Kakao, die Schokolade und die Decken, die der Hauself inzwischen gebracht hatte, in die Hand und raunte ihm zu: "Warte hier auf Hagrid und behalte diese Gestalten im Auge. Sieh' zu, dass die erst mal hier bleiben und nicht durch die Gegend laufen und noch mehr Chaos anrichten!" Dann stapfte sie durch den immer tiefer werdenden Schnee in Richtung Schloss davon.

"Na, prima!" murrte Ron und nahm einen ordentlichen Schluck heiße Schokolade. "Aber in dieser Kälte halte ich das nicht mehr lange aus", murmelte er zwischen klappernden Zähnen. Er zückte seinen Zauberstab und begann die meterhoch liegenden Schneemassen in Würfel zu pressen. Anschließend ließ er die Würfel sich zu einem stattlichen Iglu formieren. Dann schnitt er mit einem erneuten Schlenker seines Zauberstabs eine Öffnung heraus. "Bitte einzutreten, die Herrschaften. Ist vielleicht nicht so stattlich wie Ihre Schnee- und Eispaläste, aber doch etwas geschützter, als hier in diesem eisigen Wind herumzustehen."

"Eisiger Wind? Was für ein eisiger Wind?" wollte die Weiße Hexe pikiert wissen. "Das ist doch ein himmlisches Wetter!"

"Das sehe ich ebenso: Ein wundervolles Wetter! All der schöne Schnee, der vom Himmel fällt und die Landschaft in ein weißes Kleid hüllt! Was kann es Schöneres geben!" pflichtete die Schneekönigin ihr bei.

Also verkroch Ron sich allein im Iglu, die Bande draußen im Winterwetter immer im Auge. War vielleicht wirklich keine so gute Idee gewesen, die vier einzusperren, lieber wollte er versuchen, selber wieder wärmer zu werden und die Kälte auszusperren. Im Moment machten sie noch keine Anstalten, sich von ihm zu entfernen. Sie stritten mal wieder. Und Ron wartete. Sekunden wurden zu Minuten, Minuten zu Stunden, so schien es ihm.

Hagrid kam mit Heu und Stroh, frischem Wasser und einigen Salzlecksteinen zurück. Er versorgte die Hirsche und Rentiere, dann versuchte er sich zu Ron in das Iglu zu zwängen. Erst nachdem sie einige Schneequader aus dem gewölbten Dach entfernt und nach oben hin angebaut hatten, passte der Wildhüter hinein.

"Komische Gesellschaft das!" brummte er und nickte in Richtung der beiden weißen Frauen und der alten Knacker. "Hermine sucht eine Lösung? Schlaues Mädchen, deine Hermine!"

Gerade als die Weiße Hexe und die Schneekönigin sich in den Haare darüber lagen, wer denn nun die Weltherrschaft an sich reißen würde und vor allem, wo denn nun der Weltherrschaftssitz sein sollte, kam Hermine wieder zurück, wie nicht anders erwartet mit einem dicken Buch unter dem Arm. Sie trat auf Ron zu und klatschte ihm den dicken Schinken vor die Brust.

"Da, lies!" sagte sie knapp. "Seite 102, und ein bisschen schnell, wenn ich bitten darf!"

Zu Hagrid gewandt fuhr sie fort: "Hagrid, jetzt musst Du eine Zeit lang auf unsere 'Gäste' aufpassen. Ron und ich müssen uns auf eine Rettungsmission begeben."

Hagrid richtete sich auf und brachte somit nun doch Rons Iglu zum Einsturz. Kaum hatte er sich zu seiner vollen Größe aufgerichtet, wurde er auch schon von den beiden Königinnen umringt. Sie zwirbelten seinen Bart, sodass dieser im Nu mit Eiskristallen durchsetzt war.

"Ich habe ihn zuerst gesehen!" keifte die Schneekönigin. "Er wird mein Prinzgemahl!"

Doch die Weiße Hexe versuchte permanent, sich zwischen die beiden zu drängen. "Von der Größe her passt er viel besser zu mir!"

Hermine nickte. Auf diese Weise waren sie wenigstens eine Weile beschäftigt. Und sie packte Ron am Arm und zog ihn mit sich in die Straßen von Hogsmeade.

Ron versuchte unterdessen das Buch, das ihm Hermine gegeben hatte, im Laufen auf der angegebenen Seite zu lesen. Er blätterte schnell, hielt aber kurz inne, um zu fragen: "Ein Märchenbuch? Glaubst du, dass uns das jetzt weiter hilft?"

"Du hast wohl vergessen, wie gut uns die Märchen von Beedle, dem Barden geholfen haben, damals im Kampf gegen Lord Voldemort. Madame Pince meint auch, jedes Märchen hat einen wahren Kern. Hast du inzwischen das auf Seite 102 gelesen?"

Ron hatte endlich die passende Seite gefunden, während sie schon die Hauptstraße von Hogsmeade entlang eilten. "Frau Holle?" las er laut vor. "Haben die Schneekönigin und die Hexe nicht vorhin von so einer Frau gesprochen?"

"Du hast es erfasst. Aber jetzt lies endlich. Vielleicht findest Du etwas in dem Märchen, das uns helfen kann, Frau Holle aus der Gewalt der Diener der Weißen Hexe zu befreien. Und wenn es erst mal aufhört, so wild zu schneien, dann finden wir vielleicht auch eine Möglichkeit diese Wintergestalten wieder loszuwerden."

Ron überflog und las und blätterte. "Goldmarie… Pechmarie… Spinnen am Brunnen… Brotbacken… Äpfelernten… Bettenmachen und Ausschütteln… Was soll denn das alles? Und wo wollen wir überhaupt hin?"

Hermine blieb kurz stehen und sah ihn leicht genervt an. Als Ron zu ihr aufsah, bemerkte er, dass sie direkt vor den 'Drei Besen', dem Gasthaus an der Hauptstraße von Hogsmeade, standen. Hermine zeigte auf die Eingangstür. "Durch den Schankraum geht es in die Küche, und von dort in einen Hinterhof. Und was gibt es in diesem Hinterhof?"

Ron zuckte resigniert die Schultern. Er hatte keine Ahnung und auch keine rechte Lust auf Ratespielchen.

"EINEN BRUNNEN natürlich. Alles, was wir tun müssen, um ins Land von Frau Holle zu gelangen, ist, in diesen Brunnen hinab zu steigen. Jedenfalls glaube ich das. Und Madame Pince und dieser neue Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste meinten auch, dass es durchaus möglich sein könnte, dass…"

Ron unterbrach sie: "Moment mal. Du meinst, man kann einfach in jeden beliebigen Brunnen steigen und schon ist man im Land von dieser Holle? Wir sind aber nicht Goldron und Pechhermine! Außerdem habe ich keine Lust auf Brotbacken und Apfelbäumeschütteln und Bettenmachen und den ganzen Mist. Mennoh, ich hatte doch eigentlich Feierabend und wollte mir im Flohnetzwerk das Toppspiel der Quidditch-Liga anschauen und hinterher vielleicht noch mit Harry ein Butterbier trinken."

Doch Hermine duldete keinen Widerspruch, zog ihn einfach mit sich ins Wirtshaus und an den überraschten Gästen und der Wirtin vorbei durch die Hintertür wieder hinaus auf den Brunnen zu. Und dann fielen sie mehr als dass sie in die Tiefe hinab stiegen und kamen tatsächlich auf einer Wiese wieder heraus. Dies musste das Land von Frau Holle sein. Und hier war nicht Winter.

Rons Befürchtungen, hier arbeiten zu müssen, damit alles ein gutes Ende nahm, bewahrheiteten sich jedoch nicht. Die Blumenwiese war vertrocknet, der Apfelbaum mit den überreifen Äpfeln gefällt, und der Backofen mit dem fertigen Brot, das Goldmarie und Pechmarie hatten herausholen sollen, lag zertrümmert am Boden.

"Langsam jetzt! Und vorsichtig!" flüsterte Hermine nach einer Weile, als sie sich einem Haus mit sehr großen Fenstern näherten. Hier musste Frau Holle wohnen. Von drinnen kam lautes Geheule und Gejohle. Wölfe konnten sie erkennen und kleine, dunkle Zwerge. Das mussten die Helfershelfer der Weißen Hexe Jardis sein. Und da lag auch ein großes, dickes Federbett in einem der Fenster und eine kleine, schmutzige Gestalt hüpfte darauf herum.

"Und jetzt?" flüsterte Ron, während sie sich hinter einem vertrockneten Dornenstrauch verbargen.

"Jetzt vertreiben wir die üble Bande und befreien Frau Holle!"

Doch Hermine fand, dass sich ihre Stimme zuversichtlicher anhörte, als sie war, denn sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie das anstellen sollten.

Und Ron musste mehr als einmal gegen das in ihm wachsende Unbehagen anschlucken. Gegen Wölfe und wilde Zwerge kämpfen, um eine beängstigende Frau mit sehr großen Zähnen zu befreien, wie es über Frau Holle im Märchenbuch hieß. Na, das konnte ja heiter werden.

"Ich werde es mit dem Amnesia-Zauber versuchen", murmelte Hermine. "Wenn die Wölfe und Zwerge vergessen haben, wer sie hier her geschickt hat und warum sie hier sind, können wir sie vielleicht dazu bewegen, sich auf den Weg in die Heimat zu machen."

"Vielleicht?" Ron packte Hermine hektisch am Ärmel, doch es war schon zu spät. Hermine richtete ihren Zauberstab auf das Haus. "OBLIVIATE!"

Das Geheule und Gejohle verstummte augenblicklich, und Hermine warf Ron einen triumphierenden Blick zu. Nach und nach kamen die Zwerge und Wölfe aus dem Haus getrottet. Hermine, die sich nun nicht länger verbarg, grüßte jeden freundlich und schickte sie mit einem "Vielen Dank, aber Ihre Dienste werden nicht länger benötigt..." auf den Weg.

"So, jetzt müssen wir Frau Holle finden", meinte sie dann und schleppte den widerstrebenden Ron in das Haus. Dort fanden sie ein wildes Durcheinander von Betten, Kissen und Federn vor.

"Haben die hier gewütet!" staunte Ron.

"Widerliches Pack", grummelte Hermine und sah sich suchend im Zimmer um. Dann ging sie auf eine Tür zu.

"Sieh' mal, Hermine", rief Ron sie zurück und zeigte auf ein langes Rohr, das durch den Fußboden nach unten gerichtet war, aus dem aber Tageslicht zu dringen schien. Er sah hinein. "Das ist Hogwarts", stammelte er.

"Lass' sehen!" Hermine schob ihn beiseite. "Wirklich. Und der Schnee hat endlich aufgehört. Merlin sei Dank. Aber es ist klarer Himmel." Dann schwieg sie kurz. "Ich denke, es muss jetzt sehr kalt dort sein, Ron. Ich höre heulenden Wind und sehe umknickende Bäume! Der halbe Verbotene Wald steht schon nicht mehr und – Oh, nein, einige Tiere...!" Sie schluckte. "Hagrid schaufelt sich gerade durch den Schnee und kann sich kaum noch bewegen. Wir müssen uns beeilen! Dieser Horror-Winter ist noch nicht vorbei."

Sie sahen sich weiter im kleinen Haus von Frau Holle um. Sie kamen in eine kleine Küche, aus der außer der Tür, durch die sie hereingekommen waren, noch zwei weitere wieder hinaus führten. Ron öffnete die erste. "Hier geht eine schmale Holztreppe nach oben", sagte er. "Hat die Schneekönigin nicht gesagt, diese Holle liegt gefesselt in ihrem Keller?"

Hermine nickte stumm und ging auf die andere Tür zu. "Dann muss das hier die Kellertür sein, oder hast du sonst noch eine Tür oder Treppe gesehen, die nach unten führt?"

Doch Ron konnte keine Antwort mehr geben, denn in diesem Augenblick sprangen ein großer, grauer Wolf und ein grimmiger Schwarzzwerg durch das Glas des geschlossenen Küchenfensters. Der Wolf sprang Ron an, warf ihn um und stellte sich mit seinen Vorderpfoten und seinem ganzen Gewicht auf seine Brust, während der Zwerg Hermine von hinten packte und ihr die Arme auf den Rücken bog.

"Du glaubst doch nicht im Ernst, dass deine Erdenmagie uns Narnianen etwas anhaben kann, Evastochter?" Er ließ ein tiefes, freudloses Lachen hören. "Wir sind Diener der Weißen Königin Jardis. Maugrim hier ist sogar der Hauptmann ihrer Geheimpolizei. Unsere Verbündeten sind nur unterwegs, um Verstärkung zu holen!"

Der Wolf fletschte die Zähne nah vor Rons Gesicht und knurrte: "Du redest zuviel, Zwerg! Was machen wir jetzt mit diesen hier?"

"Fesseln und hinunter zu der Alten!" triumphierte der kleine Mann.

Von draußen war nun das laute, hektische Geschepper von Glöckchen zu hören. Als der Zwerg Hermine zur Kellertür führte, konnte sie einen Blick auf die Landschaft vor dem Haus von Frau Holle werfen. Die verdorrten Wiesen und Sträucher waren nun auch von einer dicken Schnee- und Eisschicht bedeckt, und aus einer grauen Schneesturmwolke am Horizont bewegten sich schwarze Punkte, die zunehmend näher kamen und größer wurden.

Ron war auch wieder auf den Beinen, aber der Wolf hielt seinen Ärmel mit seinem starken, scharfen Gebiss gepackt. Auch er sah, dass sich da irgendetwas oder irgendjemand in großem Tempo näherte. Schon konnte er eine Kutsche, gezogen von zwei weißen Hirschen, und zwei Schlitten mit Rentiergespannen erkennen.

"Die hier müssen warten!" kläffte Maugrim, der Wolf. "Unsere Herrscherin ist eingetroffen."

Das mittlere Rentiergespann lenkte die Weiße Hexe. Schwarzzwerge saßen um sie herum. Wölfe liefen zwischen den Gefährten und flankierten sie. Mit lautem Kampfgeschrei feuerte Jardis die Tiere und ihre Mitstreiter an. In der Kutsche saßen die Schneekönigin und Väterchen Frost. Auf dem Schlitten des Weihnachtsmanns, der von einem Zwerg gelenkt wurde, lagen statt Geschenken, aber trotzdem fein säuberlich verschnürt und verpackt, der Santa Claus selbst und - sie mussten ihn, wusste der Donnerdrummel wie, überwältigt haben - HAGRID!

Unter wildem Getöse kam die Schar vor dem Haus von Frau Holle zum Stehen. Die Weiße Hexe stieg ab und riss mit wildem Schwung, von dem das Holz und der Fußboden erbebten, die Haustür auf. "Sieg!" brüllte sie. "Ein Sieg auf der ganzen Linie! Bringt mir meinen Zauberstab! Ich verwandele die alte Wetterhexe und ihre Helfershelfer zu Stein! Und dann lasst' es schneien! Und ich werde Herrscherin über die Erde und den ewigen Winter!"

Bei ihrem bösartigen Lachen stellten sich Ron die Nackenhaare auf.

Die Wölfe und Zwerge hatten sich ehrfurchtsvoll und ängstlich um ihre Gebieterin gescharrt und sahen unterwürfig zu ihr auf, während einer ihrer Diener in ihrem Gepäck auf ihrem Rentierschlitten wühlte und ihr ihren Zauberstab brachte. Maugrim, der Hauptmann der Geheimpolizei, und der Zwerg, der Hermine gepackt hatte, waren unmerklich ein Stück von den beiden abgerückt.

In diesem Moment hörte Ron ein leises Geräusch an der Tür, hinter der sie die Kellertreppe vermutet hatten. Vor seinen staunenden Augen senkte sich ganz leicht die Türklinke. Doch die Tür war abgeschlossen, und der Schlüssel steckte von außen. Auch Hermine hatte es bemerkt und gab Ron ein möglichst unauffälliges Zeichen mit Augen und Brauen, er solle nicht so offensichtlich dort hinstarren.

Jardis inspizierte inzwischen den Raum mit dem großen, röhrenförmigen Fernrohr, von dem aus man scheinbar die ganze Welt sehen konnte, und dem Fenster, von dem aus man die Betten schütteln und es somit auf der ganzen Welt schneien lassen konnte. "Ja!" lachte sie. "So wird es funktionieren!" Dann wandte sie sich in Richtung Küche und richtete ihren versteinernden Zauberstab auf Ron und Hermine. "Und nun zu Euch!"

In diesem Moment hastete Ron, der der Kellertür am nächsten war, auf den Schlüssel zu, drehte ihn herum und drückte die Klinke hinunter. Hermine zückte zur gleichen Zeit ihren eigenen Zauberstab und schrie "PROTEGO!" in der Hoffnung, sich und Ron auf diese Weise schützen zu können.

Mit einem gewaltigen Schwung sprang die Kellertür auf, und darin stand die dickste und runzligste und zugleich freundlichste Frau, die Ron jemals gesehen hatte. Ihre hellen Augen blitzten beinahe fröhlich, und wer immer ihre Zähne als lang und spitzt beschrieben hatte, musste sich geirrt haben, denn sie waren ebenmäßig und weiß zwischen ihren Lippen zu erkennen, als sie alle Anwesenden strahlend anlächelte. Das musste sie sein - Frau Holle! Und wie es aussah, hatte sie sich selbst von ihren Fesseln befreien können.

Als ihre Blicke jedoch denen der Weißen Hexe begegneten wurden sie hart und grimmig. Sie breitete in einer ausholenden Geste die Arme aus und klatschte dann in die Hände.

"EVANESCO!" dröhnte ihr gewaltiger Ruf durch ihr Haus und das ganze Land draußen vor den Fenstern.

Die Wölfe und Zwerge erstarrten für kurze Zeit in ihren Bewegungen, dann verschwanden sie still und leise, jeder mit einem Plopp wie vom Zerplatzen einer Seifenblase.

"SO!" Frau Holles dröhnende Stimme ließ die Luft erzitternd, während sie, langsam einen Fuß vor den anderen setzend, auf die Weiße Hexe zuschritt.

Väterchen Frost und die Schneekönigin, die aus der Kutsche gestiegen waren, versuchten, sich nun hinter Jardis' Rücken wegzuducken.

"Ihr glaubt also, ihr könnt Frau Holle, die größte und wichtigste Wetterzauberin auf der Welt und in allen Universen, einfach so gefangen nehmen, einsperren und dann alles so mir nichts Dir nichts mit ewigem Winter überziehen?"

"Das war alles ihre Idee!" wimmerte die Schneekönigin und zeigte hinter ihrem Rücken auf Jardis, die Weiße Hexe. "Mich trifft keine Schuld!"

"GENUG!" brachte Frau Holle sie zum Schweigen.

Jardis hatte erneut ihren Zauberstab erhoben und zielte damit auf die alte Frau, doch diese vollführte eine kaum sichtbare Handbewegung, und der Zauberstab zerbrach in zwei Hälften.

"Nein!" jammerte die Weiße Hexe und versuchte nun ihrerseits, Väterchen Frost und die Schneekönigin als Schutzschilde zwischen sich und Frau Holle zu bringen, die Hälften ihres Stabes fest an sich gedrückt.

"Ich bin hier die Herrin über Eis und Schnee, Regen und Sonnenschein. Niemand außer mir und niemand ohne meine Erlaubnis darf hier die Betten ausschütteln. Merkt Euch das gut!" Frau Holle hatte die drei Wintergestalten in den Raum mit dem Bettzeug und dem großen Fernrohr zurückgedrängt. Nach einem kurzen Blick durch das Rohr und einem kleinen Zauber, der einen beinahe mannshohen Ring in der Luft erscheinen ließ, fuhr sie fort: "Nehmt eure Spießgesellen!"

Aus dem Ring, der eine Art Riss in der Luft und eine Öffnung in der Welt von Frau Holle umrandete, stolperten zwei kleine Mädchen, ein kleiner Junge und eine rundliche und rosige, ältere Dame in einem scharlachroten Badeanzug.

"Snegurotschka! Schneeflöckchen!" rief Väterchen Frost aus und schloss seine Enkelin beschützend in die Arme.

"Kai und Gerda, zu mir!" donnerte die Schneekönigin wesentlich unfreundlicher.

Nur die ältere Dame im Badeanzug, die offenbar gerade mitten aus einem Sonnenbad gerissen worden war, sah sich verstört und Hilfe suchend um.

"Also, nehmt eure Spießgesellen, und dann verschwindet auf der Stelle dorthin, wo ihr hergekommen seid und hingehört!" Mit einem weiteren, noch lauteren Ausruf - "EVANESCA!" - klatschte Frau Holle erneut in die Hände und alle Personen im Haus bis auf Ron und Hermine und die ältere Dame im Badeanzug waren verschwunden.

"Wow!" stieß Ron hervor. "Das war echt Klasse!"

Frau Holle war wieder ganz die nette, alte Dame mit dem verschmitzen, runzeligen Gesicht. "Folgen Sie mir, Misses Santa Claus", sagte sie zu der Frau in Scharlachrot. "Ich denke, es gibt da noch ein Weihnachtsgeschenk auszupacken für diese Saison."

Die Kutsche der Schneekönigin und der Schlitten der Weißen Hexe waren mit ihnen verschwunden. Am Rentierschlitten des Weihnachtsmanns angekommen, hatten Frau Holle und die anderen Santa Claus und Hagrid schnell von ihren Fesseln befreit. Santa schloss glücklich seine Frau in die Arme und hüllte sie dann schnell in einen seiner Reservemäntel.

Nachdem Frau Holle Rudolf, dem rotnasigen Rentier, etwas ins Ohr geflüstert und ihm einen Klaps auf die Hinterläufe gegeben hatte, erhoben sich Mister und Misses Santa Claus in ihrem Schlittengespann in die Lüfte in Richtung Nordpol.

"Ho! Ho! Ho!" hörten sie den Weihnachtsmann noch rufen. "Bis nächste Weihnachten, Frau Holle!"

Der Schnee ringsum das Haus von Frau Holle hatte nun auch zu tauen begonnen, und durch kleine Wasserpfützen schimmerten frisches, grünes Gras und erste, neue Schneeglöckchen.

Die alte Frau führte Ron, Hermine und Hagrid zurück in ihr Haus, wo Ron eine beängstigende Idee kam. "Wir müssen hier jetzt aber nicht für Sie arbeiten, damit wir wieder nach Hause kommen, oder?"

Hermine warf ihm einen tadelnden Blick zu, doch Frau Holle lächelte.

"Nein, ich denke ihr habt schon genug für mich getan. Aber wenn ich euch jetzt nach Hause schicke, dann erwartet ihr doch hoffentlich nicht, dass ich euch mit Bergen von Gold überhäufe, oder?"

"Nein, nein!" beeilte Hermine sich zu erwidern, bevor Ron noch etwas Dummes sagen konnte. "Es reicht uns vollkommen, dass wir diese Wintergestalten nun endlich wieder los sind." Dann, nach einem Moment der Ruhe, fügte sie fast kleinlaut hinzu: "Sie können es doch jetzt endlich aufhören lassen zu schneien und Frühling werden lassen, oder? Das Schneeschippen und die Kälte werden etwas anstrengend auf die Dauer."

Doch Frau Holle lachte nur ein glockenhelles Lachen und zwinkerte ihnen fröhlich zu. "Tut mir leid. Ein zwei Monate herrscht noch der Winter auf der Erde. Ich kann also für nichts garantieren. Und ihr müsst mir noch eine kurze Zeit meinen Spaß lassen. Hatte lange nicht mehr die Gelegenheit, alles so richtig schön weiß einzufärben. Aber ihr dürft mir glauben, der nächste Frühling kommt bestimmt."

Sie klatschte wieder in die Hände, und noch bevor der Laut verklungen war, saß Hagrid wieder in seiner Hütte auf dem Schlossgelände von Hogwarts, und Ron und Hermine waren zurück in ihrem kleinen, aber gemütlichen Haus in einer muggeligen Vorstadtgegend von London.

Nur Minuten später legte Ron seinen Arm um Hermine und ließ seine Zehen, die in selbstgestrickten Socken von Misses Weasley steckten, vor einem warmen und wohligen Kaminfeuer wackeln. "Sieht aus, als hätten wir zwei diesmal die Welt gerettet!" murmelte er zufrieden und nahm einen tiefen Schluck aus einem Becher heiße Schokolade mit einem Schuss Feuerwhiskey. "Und alles ganz ohne Harrys Hilfe!"

Hermine nickte zustimmend und schaute in ihren eignen Becher und lächelte zufrieden.

*** ENDE ***

[first published January, 21st – 26th 2010]

Samstag, 14. August 2010

Kurz und schmerzlos

Schandtat Numero 22

Es war ein warmer Sommerabend, und ein grauhaariger Mann mit verstrubbeltem, wenn auch inzwischen lichtem Haar saß auf einer Veranda in einem Schaukelstuhl und schaute dem weit entfernten Gewitter zu. Wenn man nicht gewusst hätte, wer er war, man hätte ihn nicht erkannt, seine grünen Augen etwas trüb, die berühmte Narbe zwischen den Falten auf der Stirn kaum zu erkennen.

Harry Potter war alt geworden. Heute war sein 111. Geburtstag, den er im Kreise seiner mittlerweile doch recht großen Familie feiern würde. Ein Großteil seiner seit letzter Woche 27 Urenkel und 39 Enkel von 12 Kindern – 'Da hatte Sybill Trelawney doch tatsächlich noch eine wahre Prophezeiung zustande gebracht, damals im 5. Schuljahr', dachte Harry grinsend - von 5 Ehefrauen - Ginny hatte ihn und die Kinder (drei an der Zahl in drei Jahren) bereits nach 5 Jahren Ehe für einen französischen Quidditch-Star verlassen, da ihr das Leben mit Harry zu ruhig und unglamourös (ihre Worte) gewesen war - war bereits da und im Haus hinter ihm mit den Vorbereitungen für seine Geburtstagsfeier beschäftigt.

Harry seufzte und drehte einen kleinen, goldenen Ring zwischen seinen Fingern. Heute war der große Tag. Heute würde er sich in sein vermutlich letztes Abenteuer stürzen. Sein Testament war gemacht. Er würde seinen gesamten Besitz nicht etwa seinen unzähligen Anverwandten hinterlassen sondern einem weit entfernten Vetter dreiundzwanzigsten Grades von Ron Weasley namens Fredo Tütlin, als Zeichen dafür, dass er seine Exfrau Ginny noch immer liebte und ihrer Familie noch immer freundschaftlich verbunden war. Heute würde er es noch einmal so richtig krachen lassen auf seinem großen Fest. Dann würde er eine Abschiedsrede halten, die sich gewaschen hatte, seinen magischen Ring aufsetzen und für immer aus dem hügeligen England verschwinden.

Sein jüngst wieder entdeckter, urältester Freund, Gundolf, der weiße Zauberer, der für seine phantastischen Laser-Lightshows bekannt war, hatte ihm bei seinen Vorbereitungen geholfen und würde ihn ein Stück auf seinem Weg in Welten und Gegenden, die nie ein Zauberer zuvor gesehen hatte, begleiten. Er kannte ihn schon aus einem seiner früheren Leben in einer weit, weit entfernten Galaxie. War es das letzte gewesen oder das vorletzte? Harry runzelte nachdenklich seine eh schon runzelige Stirn.

Egal, beschloss er nach einer Weile, in der er ergebnislos versucht hatte, sich zu erinnern. Es war jedenfalls das Leben gewesen in dem Darth Voldemort ihm gesagt hatte, er sei sein Vater. Und dann hatte der ihm auch noch die Zauberstabhand abgehext! Komische Zauberstäbe hatten sie damals gehabt. Sie hatten so seltsam geleuchtet und zischende Geräusche gemacht.

Diese Reisen, durch Raum und Zeit waren wirklich sehr verwirrend gewesen, vor allem wenn sich plötzlich ein Dimensionsloch geöffnet hatte. Und erst die Verschiebungen im Raum-Zeit-Kontinuum! Von den Paralleluniversen ganz zu schweigen! Aber er hatte sich stets an die oberste Direktive gehalten und hatte nie die Zeitlinie verändert. Oder doch?

Harrys verwirrter Geist versuchte, sich mit etwas Realem zu beschäftigen. Ob er wohl noch die Namen seiner diversen Ehefrauen und Freundinnen auf die Reihe brachte? An Ginny Weasley – Ehefrau Nr. 1 - konnte er sich gut erinnern. Danach kam Ehefrau Nr. 2 - Luna Lovegood. Warum er sie geheiratet hatte, blieb ihm bis heute ein Rätsel. Doch sie hatte ihm wunderschöne Kinder geschenkt mit den wohlklingenden Namen Tinky-Winky, Dippsy, Lala und Po.

Mit glasigem Blick und Spuckefäden im Mundwinkel dachte er noch eine Weile an seine diversen anderen Ehen und Frauen, dann öffnete ihm jemand den Mund und schob ihm eine handvoll Medikamente hinein.

"Genug gesponnen und gesabbert, alter Mann! Und raus aus dem strömenden Regen!" murmelte ein junger Mann in weißer Kleidung, der Zivildienstleistende namens Gundolf nämlich, und schob den tatterigen Harry Potter in seinem Rollstuhl in die Nervenheilanstalt zurück, in der er schon so lange lebte, bildete der arme, alte Kerl sich doch schon seit nunmehr 100 Jahren - seit seinem 11. Geburtstag, um genau zu sein - ein, ein Zauberer und Held einer verborgenen Gemeinschaft von Hexen und Magiern zu sein.

E - N - D - E }]

[first published June, 19th 2009]

Samstag, 31. Juli 2010

Jahrestage

Schandtat Numero 21

Es war der fünfte Jahrestag des Sieges des Jungen, der lebt, über Du-weißt-schon-wen - oder wie die hier Anwesenden sie nannten: Der Dunkle Lord und das Potter-Balg. Am heutigen Abend saßen die Todesser, die nicht in Askaban einsaßen, die sich aus der Verantwortung für ihre Taten herausreden oder -kaufen konnten und die, die noch immer nicht geschnappt worden waren, in der Villa von Lucius Malfoy zu einem konspirativ-geselligen Treffen beisammen.

Lucius Malfoy erhob sich mit einem Glas edelsten Weines in der Hand. "Lasst uns auf die trinken, die nicht mehr unter uns sind. Auf die Toten! Mögen sie in Frieden ruhen!" Die anderen Anwesenden erhoben ebenfalls ihre Gläser. "Auf die Gefangenen! Mögen sie durchhalten, bis wir sie befreien! Auf die Verräter! Mögen sie eines langsamen, qualvollen Todes sterben! Auf den Dunklen Lord!"

"Auf den Dunklen Lord!" kam es als vielstimmiges Echo. "Auf dass er bald wiederkehre!"

Nachdem diesem alljährlichen Ritual Genüge getan war, setzten sie sich wieder in ihre bequemen Sessel. "Und was machen wir dieses Jahr?" kam die Frage von einem der Todesser. "Ich langweile mich noch zu Tode." Dies erntete zustimmendes Gemurmel.

"Im Nachbarort findet eine Ü40-Party statt. Wie wäre es damit?" schlug ein neu aufgenommener Todesser vor. "Wie bitte?" fragte Lucius nach. "Das ist doch jetzt nicht Dein Ernst! WIR SIND TODESSER UND GEHEN NICHT IN EINE MUGGELDISCO, UM PARTY ZU MACHEN!" fuhr er dann etwas lauter fort. "Seid Ihr zahm geworden im Laufe der Zeit? Nein, wir müssten etwas besonders Grausames geschehen lassen, das den Idealen unseres großen Meisters gerecht wird. Etwas, das die muggelfreundlichen Zauberer nie wieder vergessen werden, und am Besten auch die Muggel selbst trifft!"

Etwas abseits von den älteren Zaubern, saß eine kleine Gruppe junger Zauberer und wisperte miteinander. "Blah, Blah, Blah!" flüsterte Draco Malfoy und strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. "Jedes Jahr der gleiche Mist. Beim garstigen Gellert Grindelwald, wie mir das jedes Jahr wieder auf den Keks geht. Unsere Alten jammern der Vergangenheit hinterher, besaufen sich und dann am nächsten Tag geht jeder wieder seinen eigenen Geschäften nach. Ich wünschte, ich könnte sie allesamt verschwinden lassen, damit wir endlich ans Ruder kommen."

Pansy Parkinson strahlte ihn an. "Du sprichst mir aus der Seele, Draco! Das ist wirklich erbärmlich. Wo wir doch schon so tolle Pläne haben... " - "Welche Pläne?" Gregory Goyle, der mit einem halben Ohr den Gesprächen der Älteren lauschte, wandte sich nun wieder seinen Freunden zu. Draco schüttelte ungläubig den Kopf. "Na, heutzutage geht man halt mit subtileren Mitteln vor, um die Weltherrschaft zu erlangen. Brachiale Gewalt, Mord und so, sind da so was von out!"

***

Während die alten und jungen Anhänger Voldemorts nachdachten, was sie denn nun machen sollten, langweilte der Junge, der immer noch lebte, sich auf einem Empfang, der - mal wieder - ihm zu Ehren abgehalten wurde. Er versuchte interessiert den bekannten Reden zu folgen, kämpfte aber darum, die Augen offen zu halten. Es war ja so öde!

Wenn wenigstens George Weasley da gewesen wäre. Der hatte die letzte Feier richtig gut aufgepeppt und mit seinen neu entwickelten Illusions- und Rauchzaubern für eine Panik unter den Zauberern und für Lachsalven bei ihm und seinen Freunden gesorgt. Aber der tourte gerade mit seiner Freundin durch Afrika.

***

Lucius Malfoy wähnte sich in der Zwischenzeit im falschen Film. Worauf hatte er sich denn da nun wieder eingelassen? Mit düsterer Mine blickte er wieder auf das Prospekt in seinen Händen. "Das Abenteuer Ihres Lebens! Zauberhafte Reise für den Senior-Zauberer. Starten Sie noch einmal durch! Erleben Sie mit Gleichgesinnten noch einmal etwas Spannendes!"

So weit so schlecht, hatten er und seine Freunde sich doch über Langeweile beklagt, und als Draco ihm dann diese Reise vorgeschlagen hatte, hatte er ohne zu zögern zugegriffen. Jetzt saß er hier im Fahrenden Ritter zusammen mit seiner Frau und mit seinen zwei engsten Freunden Goyle und Borgin. Die guckten allesamt genauso grimmig. Der Rest der Reisegesellschaft bestand nämlich überwiegend aus älteren Zauberern und Hexen, die allesamt Muggel- und Schlammblutfreunde waren. Zu allem Unglück saßen auch noch Augusta Longbottom und Xenophilius Lovegood vor ihm und gackerten wie die Hühner über jeden blöden Witz, den Horace Slughorn zum Besten gab. Beim garstigen Gellert Grindelwald, wie konnte er sich bloß aus dieser Situation befreien?

Er verfluchte seinen Sohn. Der hatte ihm wohl einige wesentliche Informationen vorenthalten. Ihm wurde immer schlechter, was er teilweise auf die Busfahrt schob, aber auch an dem Gespräch zwischen Augusta und Xenophilius lag, lobten sie doch gerade Harry Potter in den Himmel! Wie gern hätte er ihnen einen klitzekleinen Fluch auf den Hals gehext, aber das ging nicht. Ihr Reisebegleiter hatte alle Zauberstäbe bei Beginn der Fahrt einkassiert.

***

"So, die Alten wären wir alle los! Jetzt kann Phase zwei beginnen!" erklärte Draco. Goyle wollte gerade nachfragen, was denn Phase zwei sei, als Blaise Zabini ihm mit einer anderen Frage zuvor kam: "Was macht Dich eigentlich so verdammt sicher, dass wir…, also DU es besser machst als unsere Alten und das eklige Schlangengesicht?"

Alle sahen Draco gespannt an. Das wollten sie auch gerne wissen, denn keiner hatte Lust am Ende in Askaban zu landen. Draco ließ sie noch einige dramatische Sekunden warten bevor er antwortete: "Weil ich etwas habe, was sie nicht hatten!" - "Und das wäre?" hakte Theodore Nott nach.

"Harry Potter!"

Allgemeines ungläubiges Staunen und Sprachlosigkeit folgten Dracos Aussage, bis Blaise sich als erster wieder erholte. "Potter? Harry Potter? Der-Junge-der-lebt-Potter? Der-Held-der-Zaubererwelt-und-Bezwinger-des-Irren-Potter?" Draco nickte mit vor Triumph leuchtenden Augen. "Aber... Wie? Wie hast Du das geschafft?"

"Also... Alles begann letztes Ostern, als ich Harry als Überraschung ein ganz besonderes Ei ins Nest gelegt habe... Es war ein wunderschöner, warmer Frühlingstag, als ich anmutig wie stets durch Godric's Hollow schritt. (Malfoy-Regel Nr. 173: 'Beim Betreten feindlichen Gebietes NIEMALS unauffällig verhalten, DAS fällt nur auf! Stets so verhalten, als ob man genau da wäre, wo man sein sollte und vor allem als ob einem Malfoy die Welt gehöre'). Am Himmel war kein Wölkchen zu sehen, und die Sonne schien majestätisch auf mich herab (natürlich tat sie das). Ich legte einen Sonnenschutzzauber auf mich (Malfoy-Regel Nr. 97: 'Ein Malfoy hat keine Sonnenbräune!') und einen Kältezauber auf das Ei. Schließlich sollte nicht DAS EI dahinschmelzen! ..."

"Draco!" seufzte Pansy Parkinson und schien bereits ihrerseits dahin zu schmelzen beim bloßen Anblick ihres Schwarms. "Du bist so cool. Wir sollten heiraten, ganz schnell schnellen und schmutzigen *PIEP!* haben und einen Sohn namens 'Scorpius' zeugen!"

Draco warf ihr einen mehr als giftigen und zornigen Blick zu. "Pansy, mein mehr als fleischiges Wollmäuschen", flüsterte er mit einem bösartigen Grinsen im Gesicht, "Du vergisst Malfoy-Regel Nr. 666: 'Niemand unterbricht Draco Malfoy!'"

"Jetzt blas Dich nicht so auf, Blondie!" brummte Blaise Zabini genervt. "Wir wissen doch alle, dass Du mal wieder total dick aufträgst. Was soll denn passiert sein? Potter hat das Osterei gefuttert? Und dann? Ist aus seinem Körper der Dunkle Lord geschlüpft? Und wenn ja, welcher Dunkle Lord? Darth Vader, oder was? Du ödest mich an, Malfoy. Und können wir nicht mal eine Geschichte erleben, ohne dass Super-Auroren-Borealis-Potter darin vorkommt?" Mit diesen Worten stand Zabini auf und ging hinaus in die Halle, um zuerst das Badezimmer aufzusuchen und sich hinterher an den Feuerwhiskey-Vorräten der Malfoys zu bedienen oder umgekehrt.

Während er sich gemütlich einen hinter die Binde kippte und versuchte darüber nachzudenken, wieso Draco Potter hatte kamen ihm mit jedem Glas verrücktere Dinge in den Kopf. Irgendwann besiegte der Feuerwhiskey das Hirn, und Blaise schlief im Sessel vor dem Kamin ein.

***

Währenddessen versuchte Lucius Malfoy sich im Fahrenden Ritter an zauberstabloser Magie, um Longbottom und Lovegood zum Schweigen zu bringen, aber das Zauberstablose war noch nie sein Ding gewesen.

Seine Frau Narzissa rümpfte die Nase und meinte: "Lass mich mal!" - "Als ob Du es besser könntest! Du warst genauso..." Lucius verstummte und starrte sie mit großen Augen an. Früher hatte sie das noch nicht gekonnt!

Mit einem teuflischen Grinsen sah sie ihn an und wandte sich den Muggel- und Schlammblutfreunden und Harry-Potter-Verehrern aus ihrer Reisegruppe zu. "Entschuldigung, darf ich sie mal kurz unterbrechen?" fragte Narzissa.

"Was möchten sie denn?" entgegnete Augusta Longbottom etwas irritiert. "Sie kennen doch Harry Potter so gut! Könnten sie mir vielleicht ein Autogramm von ihm besorgen, mit Widmung?" fragte Narzissa etwas schüchtern nach.

Lucius sah bei den Worten seiner Frau erschrocken auf, konnte sich aber leider nicht dazu äußern, da er zum Schweigen verurteilt war, darum versuchte er sich mit Zeichensprache verständlich zu machen.

***

Endlich hatte Harry es geschafft, sich von seiner tödlich langweiligen Jahrestags-Veranstaltung wegzuschleichen. Es wurde aber auch langsam Zeit, dass ihm ein unauffälliger Abgang gelang, denn seine große Liebe wartete bereits seit Ostern sehnsüchtig auf ihn.

***

Zwischenzeitlich war Draco endlich zum Ende seiner Geschichte gekommen und dazu übergegangen seine Pläne für die Zukunft darzulegen: "... und dann werden wir eine Zauberer-Monarchie einführen. Und ich werde König."

"Und wer wird Deine Königin?" lallte ein gerade wieder dazu gestoßener Blaise Zabini und kicherte alkoholselig vor sich hin. Draco schien darüber noch nicht nachgedacht zu haben. "Stimmt, ich brauche ja auch einen Thronfolger, um meine Dynastie zu begründen. Hmmm..." Sein Blick fiel spekulierend auf Pansy.

Diese schüttelte vehement den Kopf. "Keine Chance! Da musst Du Dir schon eine andere suchen! Königin will ich nicht sein! Da tut einem ja vom vielen Winken nur der Arm weh!"

Draco überlegte noch ein wenig. "Ich hab's! Dann also Ginevra Weasley! Die ist reinblütig, da versteht sie das Konzept solcher Ehen. Sie wird damit zufrieden sein." - "Und Harry?" wollte Theodore Nott wissen. "Na, der wird meine königliche Mätresse!" sinnierte Malfoy.

"Ich will aber nicht Deine Mätresse werden! Ich will Deine Königin sein!" quengelte da niemand anders als Harry Potter persönlich von der Haustüre her, der gerade rechtzeitig bei seinem Liebsten angekommen war, um seine letzten Worte mitzubekommen.

"Natürlich, mein Liebster!" beschwichtigte Draco ihn sofort. "Komm her, Du Süßer! Hier nimm eins von Deinen Lieblings-Eierlikör-Schoko-Eiern!" Harry griff sofort gierig zu und mampfte glücklich vor sich hin.

Draco wandte sich flüsternd an seine Slytherin-Freunde. "Ich muss dringend einen neuen Liebestrank ansetzten!" Jetzt hatte er Harry Potter. Aber hatte er ihn wirklich?

(Ende?)

[first published June, 19th 2009]

Sonntag, 27. Juni 2010

Allerhöchste Geheimstufe

Schandtat Numero 20

Es war ein dunkler, einsamer Abend in Hogsmeade. Düstere Nebelschwaden zogen durch die Straßen und ein nasskalter Schneeregen veranlasste die Besucher des sonst so gastfreundlichen Dorfes, in ihren warmen Zimmern zu verharren, denn die Straßen hatten sich durch das durchgängige Winterwetter in Matschstraßen mit fast kniehohen Schlaglöchern verwandelt. Seit drei Monaten regnete oder schneite es im dauernden Wechsel, und die Zauberer sehnten sich hier nach wärmenden Sonnenstrahlen und den ersten Spuren des Frühlings.

Doch ganz so einsam war es nicht. Drei Gestalten huschten durch die Straßen. Und wenn ein Fußgänger unterwegs gewesen wäre, hätte er einen schlaksigen jungen Mann mit roten Haaren derbe fluchen hören können, als er in ein unsichtbares Wasserloch in der Straße trat, lang hinschlug und dreck- und kotbespritzt wieder aufstand. Der Fußgänger hätte einen großen, dürren Mann mit dunklen Haaren lachen hören können und hätte kleine Sternenspuren entdeckt, die vom Zauberstab der jungen Frau mit den wuschligen Haaren sprangen, mit dem sie den Ungeschickten vom Dreck befreite.

"Seid ruhig, ihr beiden", knurrte sie dabei leise. "Es darf keiner mitbekommen, dass wir in Hogsmeade sind! Ihr wisst doch, allerhöchste Geheimstufe hat uns Präsident Shacklebolt aufgetragen. Los, es ist nicht mehr weit bis zum Eberkopf."

"Dann lasst uns schneller gehen! Diese Feuchtigkeit und Kälte geht mir bis auf die Knochen. Man könnte meinen, es seien Dementoren unterwegs! Meinst Du ....?" fragte der Rothaarige leicht nervös seinen besten Freund.

Der schüttelte beruhigend den Kopf. "Die Dementoren sind ja alle auf eine entlegene Insel verbannt und werden dort gut bewacht. Mich beunruhigt vielmehr dieser Geheimauftrag von Shacklebolt. Warum, bei Merlins Bart, will er die Farbe der Unterwäsche der Professoren von Hogwarts wissen? Und warum soll von diesem Wissen die Sicherheit der Zaubererwelt abhängen? Und warum wurden gerade wir mit diesem Auftrag los geschickt? Fragen über Fragen. Aber jetzt lasst uns erst einmal unsere Zimmer im Eberkopf beziehen und uns dann einen Plan überlegen."

Die Zaubererumhänge fest um sich gezogen, Zaubererhüte tief ins Gesicht gezogen, Schals fest um Hals und untere Gesichtshälfte gewickelt, auf diese Weise vermummt, um nicht sofort erkannt zu werden, denn diese drei waren in der Zaubererwelt bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund, betraten sie den Eberkopf, die zwielichtigere der beiden Zaubererkneipen des Ortes, und sahen sich aufmerksam unter den anderen Anwesenden um, bevor sie an den Wirt hinter seinem Tresen herantraten.

"Ich weiß Bescheid!" murmelte Aberforth Dumbledore, der Wirt des Eberkopfes, als sich ihm die drei zu erkennen gegeben hatten. "Alles streng geheim. Kingsley hat mir eine mehr als verschlüsselte Nachricht geschickt, die ich erst entziffern konnte, nachdem ich sie vier Tage in Erdbeersirup eingeweicht, dann noch mal zwölf Stunden zum Trocknen in den Rauchfang im Kamin gehängt und anschließend von meiner Lieblingsziege Grisella habe abschlecken lassen. Ihr müsst also unerkannt und unbemerkt ins Schloss. Und dann war da noch irgendwas mit Dessous oder so. Leider gibt es den Geheimgang hinter dem Portrait meiner Schwester in den Raum der Wünsche nicht mehr. Ist bei irgendeinem dummen Schülerstreich magisch implodiert. Ariana verkriecht sich seitdem fast nur noch ganz am Rand des Bildes, um ja nicht dem schwarzen Loch zu nahe zu kommen, das da nun im Hintergrund aufgemalt ist. Ihr müsst also einen anderen Weg ins Schloss finden. Alles ganz schön verzwickt!"

Mit diesen Worten drehte er sich zu einem kleinen Schlüsselbord an der Wand hinter der Theke um und reichte ihnen einen kleinen, verschnörkelten Zimmerschlüssel.

"Tut mir Leid", meinte er achselzuckend, "aber ich habe nur noch ein Doppelzimmer für euch drei. Es ist gerade so was wie eine weltweite Lehrerkonferenz oben im Schloss. Alle anderen Zimmer sind belegt. Und mit was für Gestalten, sage ich Euch. Aber vielleicht müsst ihr ja gar nicht über Nacht bleiben. Es brennt jedenfalls ein ordentliches Feuerchen da drinnen, wo ihr euch aufwärmen und trocknen könnt. Geht doch schon mal nach oben, dann bringe ich euch noch drei Becher ordentlich heißen Kakao. Der wärmt von innen!"

Die drei 'Geheimagenten' des gerade frisch zum Präsidenten gewählten ehemaligen Zaubereiministers Kingsley Shacklebolt sahen sich schulterzuckend an und stiegen dann die schiefe Treppe nach oben zu 'ihrem' Zimmer.

Harry Potter, Hermine Granger und Ron Weasley hatten sich gerade der feuchten und kalten Umhänge entledigt und wärmten sich die Hände an dem prasselnden Kaminfeuer, als es auch schon klopfte, und Aberforth mit einem Tablett in der Hand da stand. "Hier, euer Kakao. Ich hab auch ein paar Nusshörnchen gebacken. Bestimmt habt ihr Hunger." Er stellte das Tablett auf den Tisch und ging wieder Richtung Treppe.

Ron nahm sich ein Hörnchen, drehte es hin und her. "Igitt", murmelte er. "Die sind ja steinhart. Da ist wohl die Hefe nicht aufgegangen."

Harry warf ihm einen irritierten Blick zu. "Lass das, Ron! Stellen wir erst einmal eine Liste der Lehrer auf."

Hermine nahm einen Schluck von ihrem Kakao. "Hmmm", meinte sie, "da wären McGonagall, Hooch, Sprout, Flitwick, Hagrid, Slughorn, Trelawney..." - "Firenze und Binns", fiel ihr Ron ins Wort.

Harry verschluckte sich fast an seinem Kakao. "Ich glaub, die beiden können wir von unserer Liste streichen. Firenze trägt keine Unterwäsche und Professor Binns ist ein Geist. Aber vor allem, brauchen wir erst einmal einen Plan, wie wir ins Schloss gelangen."

Sie tranken ihren Kakao und grübelten vor sich hin, dann fing Harry an zu lachen, fast verschluckte er sich. Die anderen sahen ihn fragend an. Er meinte: "Ich stelle mir gerade schon mal vor, welche Dessous McGonagall hat. Bestimmt alle mit Schottenmuster!"

Die beiden anderen fielen in sein Lachen ein, und Hermine setzte noch einen drauf: "Trelawney hat bestimmt ganz viele Rüschen!" Bei dieser Vorstellung prusteten alle los und es begann erst einmal ein lustiges Raten, welcher Lehrer wohl welche Unterwäsche trug.

Darüber vergaßen sie kurzfristig, dass sie einen Plan brauchten. Doch dann fiel Hermine etwas ein. "In der Muggelwelt gibt es nicht nur diese Tupperware-Partys, sondern auch Dessous-Partys. Wenn wir einfach so was machen würden..." Erwartungsvoll schaute sie ihre Freunde an.

"Um ehrlich zu sein", maulte Ron, "will ich mir gar nicht vorstellen, was die Trelawney oder irgendein anderer Prof drunter an hat. Und sehen will ich das schon gar nicht. Mir wird schon übel, wenn ich nur dran denke." Und tatsächlich wurde er bereits etwas käsig um die Nase.

"Und um noch mal auf diese Nusshörnchen zurückzukommen: Ich glaube, es hat keiner Aberforth gezwungen, jedes x-beliebige Rezept auszuprobieren, das ihm irgendwann mal vor die Füße geflattert ist!"

"Naja, aber wenn seine große Leidenschaft nun mal das Backen ist?" gab Hermine zu bedenken.

"Wenn das wirklich so wäre, dann wüsste er auch, dass man Nusshörnchen keinesfalls aus Hefeteig, sondern aus Mürbeteig herstellt. Und dass schon eine einzige ranzige Nuss den ganzen Geschmack verderben kann. Und…"

"Jaja, ist ja schon gut, Ron!" unterbrach ihn Harry, dem es ziemlich wurscht war, ob die Nusshörnchen nun aus Hefe- oder Mürbe- oder sonst welchem Teig gebacken waren. "Ich finde den Gedanken an eine solche Dessousparty…" Weiter kam er nicht.

"Waschtag!" mit weit aufgerissenen Augen und wild gestikulierenden Armen und Händen hatte Aberforth Dumbledore die Zimmertür aufgerissen und hüpfte nun aufgeregt vor den dreien auf und ab. "In der Schule ist heute Waschtag!"

Ron sah Harry an, Harry Hermine und Hermine warf ihr wuscheliges Haar in den Nacken und heftete ihren kritischen Blick auf den Wirt des Eberkopfes. "Waschtag?" fragte sie leise. "Im Schloss? Bei dem Sauwetter?"

"Gerade bei dem Wetter!" beharrte Dumbledore. "Hagrid ist gerade unten im Wirtshaus. Der Krake im See wird schon seit Tagen mit Kernseifeflocken gefüttert und muss die Wäsche der Lehrer und Schüler einweichen, durchkneten und ordentlich schubbern und rubbeln. Und wenn sie dann sauber ist, dann wird sie in den Regen gehängt. So wird die Seife ausgewaschen und man spart sich den Weichspüler. Und wenn alles blitzeblank und sauber ist, dann errichtet Professor Flitwick seinen patentierten Regenschutzschirm und die Wäsche kann in der klaren, reinen schottischen Luft trocknen."

"Wäschereigeschichten! Toll!" Ron verdrehte genervt die Augen. "Und Hagrid setzt sich wahrscheinlich auf alles drauf, wenn es getrocknet ist, und alles ist glatt und platt? Und was hat das alles mit der Lehrerunterwäsche zu tun?"

"Lasst mich doch einfach ausreden!" Aberforth bediente sich geistesabwesend an den übrig gelassenen Nusshörnchen, biss herzhaft hinein und schien sich nicht im geringsten daran zu stören, dass sie steinhart waren und er nun mit vollem Mund weiter sprechen musste. "Pfdie Lehrer woll'n natü'ich nich', dass pfdie Pschüler Unsinn mit ihrer Unterwäsche mach'n", nuschelte er und Nussbrocken flogen ihm dabei aus dem Mund. Er schluckte und fuhr sich dabei mit dem Handrücken über die Lippen. "Die Unterwäsche der Professoren wird abseits von der übrigen Wäsche getrocknet, mit einem extramagischen Schutz über dem Regenschutzschirmschild. Und ratet, wo die Leinen für die Lehrerbuchsen sind!"

Hermine verzog das Gesicht und machte eine ungeduldige Geste mit der Hand. Harry zuckte unwissend die Schultern. Und Ron schnaufte hörbar und verdrehte die Augen.

"Ganz in der Nähe der Peitschenden Weide!" verkündete Aberforth, der sich offenbar mehr Begeisterung erhofft hatte.

Und prompt ging ein Ruck durch Harry. Ihm war offenbar gerade ein Licht aufgegangen, denn er strahlte über beide Wangen. "Peitschende Weide?" Mit einem leisen "Ja!" ballte er die Finger der rechten Hand zur Faust und zog triumphierend und ruckartig den Ellenbogen an den Körper. "Peitschende Weide? Geheimgang? HEULENDE HÜTTE! Leute, das ist unser Weg auf 's Schlossgelände!"

Hermine hatte die Lage sofort erkannt und blickte mit strahlenden Augen in die Runde. "Klasse, Harry! Genau so kann es klappen! Wir legen uns im Gang an der Peitschenden Weide auf die Lauer, und dann brauchen wir nur zu warten, bis die Träger, der dort aufgehängten Unterwäsche kommen, um sie ab zu nehmen. Keiner sieht uns, und wir haben unseren Geheimauftrag ruck zuck erledigt und können wieder zurück nach London."

Ron spielte immer noch geistesabwesend mit einem Nusshörnchen. "Eh, sag' mal Harry... Hat Shacklebolt eigentlich irgendetwas davon geschrieben, warum es so wichtig ist, welche Farbe die Unterwäsche der Lehrer hat?"

Harry kratzte sich am Kopf und holte noch einmal den Brief von Shacklebolt heraus. "Nöh! Nicht die geringste Ahnung, warum das so wichtig ist. Hier steht nur, dass wir es heraus finden sollen und dass es geheim und ganz dringend ist."

Aberforth war schon wieder auf gesprungen. "Dann trödelt hier gefälligst nicht herum, sondern macht euch auf den Weg."

"Müssen wir wirklich durch die Heulende Hütte gehen? Gibt es keinen anderen Weg?" hakte Ron ängstlich nach.

"Was ist denn mit Dir los?" fragte Hermine verwundert.

"Nichts! Nur ich will da nicht rein!" entgegnete Ron.

"Ron, Du weißt, dass es da nicht spukt. Du kennst doch die Geschichte", mischte sich Harry ein.

"TROTZDEM WILL ICH DA NICHT REIN!" antwortete Ron trotzig.

"Pappalapapp!" entgegnete Harry. "Jetzt memm' hier mal nicht rum! Willst Du Auror werden oder was? Außerdem wissen wir doch, wer für das Geheule in der Hütte verantwortlich war, oder? Es hat da nie gespukt und wird es vielleicht niemals!"

Und schneller als es Ron lieb sein konnte hatten sich Harry und Hermine wieder in ihre gerade erst getrockneten Kleidungsstücke gehüllt und so gut es ging vermummt, damit man sie im Schankraum unten und auf den Strassen und Gassen von Hogsmeade nicht erkannte.

Mit einem nur undeutlich durch die Zähne grummelnden Ron erreichten die drei Freunde schließlich im Grauen eines ungemütlichen und feuchten Morgens die Heulende Hütte und den Geheimgang. Und es war Ron, der sich daran erinnerte, welchen Knoten an der Baumwurzel der Peitschenden Weide er am Ende des Tunnels drücken mussten, damit der lebendige Baum das Umsichschlagen mit seinen Ästen aufgab, und dabei kam er mit nur einer leichten Schramme auf der Wange und einem Klaps auf den Allerwertesten davon.

Und so standen sie nun auf dem Schlossgelände und starrten staunend, mit weit offenen Mündern den ihnen allen wohlbekannten Baum an. Man hatte die Peitschende Weide selbst in eine überdimensionale Wäschespinne verwandelt. An ihren jetzt nur leicht vom Wind bewegten Zweigen und Ästen hingen die verschiedensten Stücke der Unterbekleidung. Fleischfarbene Liebestöter, übergroße Büstenhalter, ausgeleierte Boxershorts und Feinripphemden und Höschen in allen Farbschattierungen, die man sich nur denken konnte. Sogar einige bunt geblümte Tanga-Strings waren dabei.

Mit offenen Mündern standen sie davor, und Hermine fing an zu grinsen. "Gut, das ist die Wäsche. Aber wem gehört was?" Fragend sah sie ihre Freunde an.

Harry runzelte die Stirn, dann hellte sich sein Gesichtsausdruck auf. "Vielleicht haben die Teile ja Namensschilder. Wer guckt nach?"

Er und Hermine sahen Ron an, der sofort rote Ohren bekam. "ICH GUCKE NICHT NACH! ICH PACK DAS NICHT AN!!!"

Harry hatte eine Idee. "Ob ich wohl Winky rufen kann? Die kennt sich doch bestimmt mit der Unterwäsche aus."

"Besser nicht," antwortete Hermine. "Es ist doch streng geheim. Lass uns einfach warten. Hagrids Unterwäsche können wir schon einmal definitiv erkennen. Niemand sonst trägt diese Größe. Ein eindeutiges Braun würde ich sagen!" Auf einem Pergament, das sie vorbereitet hatte, schrieb sie jetzt hinter Hagrids Namen ein Braun.

Harry stieß Ron grinsend an und deutete auf einen weißen, überdimensionalen Büstenhalter. "Sag' mal, welche Lehrerin hatte denn einen solch großen..."

Doch Ron unterbrach ihn: "Wer will das denn wissen bei diesen ollen Dingern!" Er verdrehte die Augen "Was aber diese Mini-Tangas betrifft. Hmm, die würde ich vielleicht sogar anfassen, um den Namen rauszukriegen..."

Doch weiter kam er nicht, denn ein gezischtes "Hört ihr jetzt mal auf so typisch männlich zu denken und konzentriert euch auf unsere Aufgabe!? Entweder ihr guckt bei allen oder bei keiner!" ließ die beiden jungen Männer einen Moment betreten drein schauen.

"Och, Hermine", meinte Ron dann spitzbübisch. "Guck Dir die Dinger doch mal an. Würden Dir auch gut stehen!"

Sie errötete leicht und hauchte: "Danke für das Kompliment, aber weißt Du wie unbequem die sein können? Du hast ja auch keine!"

Dies wiederum brachte Ron dazu, um die Nase rot zu werden.

Harry stöhnte: "Könnt Ihr eure Vorlieben für Unterwäsche ein anderes Mal diskutieren? Hermine, gibt es keinen Zauber - einen Enthüllungszauber oder so - den wir benutzen könnten?"

"Ich könnte etwas versuchen." Hermine richtete ihren Zauberstab auf die Wäsche. Nichts geschah, und sie seufzte enttäuscht. "Sie haben sie doch tatsächlich mit speziellen Zaubern geschützt!"

"Vielleicht sind irgendwann mal Schüler auf die gleiche Idee wie Kingsley gekommen und seitdem wird sie geschützt. Wer das wohl gewesen sein könnte?" meinte Harry grinsend. Also bei Sirius und seinem Vater könnte er sich das gut vorstellen. Die hätten die Unterwäsche vermutlich noch zusätzlich irgendwie verhext! Ron dachte da eher an die Zwillinge Fred und George. Denen war in ihrer Schulzeit alles zuzutrauen gewesen!

Hermines Gedanken gingen in eine völlig andere Richtung. Sie dachte über weitere Zauber nach, die sie vielleicht anwenden könnten, um ihren Aufenthalt in der Kälte zu verkürzen.

Plötzlich wurden ihre Gedanken von Ron unterbrochen. "Wisst Ihr was? Das hätten wir schon viel früher mal machen sollen!"

"WAS?" fragte Hermine ungläubig in einem ohrenbetäubend schrillen Ton nach. "Und das von dem, der am liebsten gar nicht mitgekommen wäre?"

"Es wäre doch interessant gewesen, zu erfahren, welche Unterwäsche Dumbledore so getragen hat. Oder...", Ron hielt sich den Bauch vor Lachen, "...oder Snape!"

"Also, das bringt hier ja irgendwie alles nichts", murmelte Harry. "Außerdem bin ich auch nicht besonders scharf auf die Unterwäsche unserer ehemaligen Lehrer und Lehrerinnen. Habe meine Ginny auch viel lieber ohne... ."

"Schon gut, schon gut!" unterbrach ihn Hermine. "Wenigstens hat es aufgehört zu schneien oder zu regnen. Und über den Bergen im Osten geht allmählich eine wolkenverhangene Sonne auf."

Und während Harry sich noch fragte, ob es eine gute Idee war, frisch gewaschene Wäsche über Nacht an einen Baum in den Schneeregen zu hängen, Regenschutzschildzauber hin oder her, erwachte die Peitschende Weide wieder zum Leben und begann, mit feuchter Unterwäsche auf die drei Freunde einzudreschen und sie ihnen um die Ohren zu hauen.

"Achtung!" keuchte Ron.

"Vorsicht!" rief Harry.

"Ihhhhhh!" quiekte Hermine, als ihr ein quatschnasses Muscle-Shirt mitten ins Gesicht klatschte.

Die Peitschende Weide schlug ihnen die Klamotten nur so um die Ohren. Keiner hatte eine Chance den Baum zu stoppen.

Da ertönte plötzlich ein vielstimmiges "Määäähhhh!", und eine Herde Schafe schien sie schadenfroh zu beobachten.

"Hilfe!" schrie Ron, dem plötzlich der überdimensional große Büstenhalter auf den Ohren saß. "Ich glaub, die Peitschende Weide hat jetzt den Schleudergang ein gelegt."

Harry betrachtete die Schafe und kam sich genau so dumm vor. "Hermine! Unternimm mal etwas!"

"Wieso eigentlich immer ich?", fragte Hermine schnippisch. "Schließlich seid ihr die Sonderelite. Wo bleibt denn das Ergebnis eurer Super-Auroren-Ausbildung?"

Harry und Ron sahen sie böse an, wobei es bei beiden etwas dämlich aussah. Der Büstenhalter hatte es sich auf Rons Kopf bequem gemacht, während Harry eine Unterhose am Hals hatte.

"Jungs, wo ihr die Sachen eh umhängen habt, da könnt ihr auch gleich gucken ob Namensschilder drin sind!"

Harry tat wie ihm geheißen. "Mist, alles in alten Runen. Also doch ein Fall für Dich, werte Hermeline!"

Die machte sich auch gleich grummelnd an die Arbeit. "Also hier stehen nur Initialen drin: S.T."

Ron hatte Liste und Feder zur Hand genommen, und schrieb: Liebestöter, fleischfarben, S.T. "Und wer ist nun S.T.?"

"Ron, Du bist echt unglaublich! S.T. ist Sybill Trelawney. Weiter jetzt! Harry reich mir mal die Strings." Nachdem Harry Hermine das Gewünschte gereicht hatte, warteten sie auf ihre Ansage. Aber sie schwieg nur minutenlang und schüttelte dann den Kopf. "Das glaube ich jetzt nicht!"

"Was ist los?" fragte Harry nach. "Was steht denn da drin?"

"Also dieser", damit hielt sie einen bunt geblümten String-Tanga hoch, "gehört... also ich glaub es einfach nicht ..."

"Nun aber raus mit der Sprache", drängte Ron.

"Filius Flitwick!"

Harry und Ron starrten sie ungläubig an. Harry erholte sich zuerst. "Na wenn's ihm gefällt..."

"Wem gehört der andere?"

"Das ist noch unglaublicher! Minerva McGonagall!"

"Das hätten wir uns denken können", meinte Harry, den allem Anschein nach nun gar nichts mehr schocken konnte. "Ich meine, der ist immerhin in Schottenkaros gehalten."

So ordneten sie eine ganze Weile die Wäsche den einzelnen Lehrern zu. Die Liste wurde immer länger. Eine blaue Unterhose war mit Besen bedruckt und gehörte natürlich, wie könnte es anders sein, Madam Hooch. Dann waren sie endlich fertig.

"Wem gehört denn jetzt der Riesen-BH?"

"Steht doch da, Ron. Professor Vektor."

"Was unterrichtet die denn? Ist die neu?"

"Nein, Ron", meinte Hermine der Verzweiflung nahe. "Sie ist schon vor unserer Zeit da gewesen. Sie unterrichtet Arithmantik."

"WOW! Vielleicht hätte ich das Fach doch mal belegen sollen!"

"RON!" schimpfte Hermine.

Doch bevor die beiden sich in eine ihrer üblichen Streitereien hineinsteigern konnten unterbrach Harry sie. "Kommt! Lasst uns abhauen! Bevor noch jemand kommt. Unseren Auftrag haben wir erfüllt. Also können wir jetzt endlich zurück!"

"Jo!" meinte Ron. "Scheint so, als ob wir alle Farben haben. Übrigens... will noch jemand ein Nusshörnchen? Obwohl sie so hart sind, schmecken sie eigentlich ganz gut."

Hermine schüttelte nur den Kopf und verschwand im Eingang des geheimen Ganges zwischen den Wurzeln der Peitschenden Weide, um zurück zur Heulenden Hütte zu gelangen. Von dort aus ging es weiter nach Hogsmeade, wo sie schon von einem aufgeregten Aberforth empfangen wurden. "Und?" fragte er. "Hat es geklappt?"

Harry nickte und Hermine zog das Pergament aus der Tasche. "Ich schreib' jetzt mal schnell eine Eule an Shacklebolt und hoffe, dass wir die magische Welt erneut vor einer Gefahr retten konnten. Denn Gefahren lauern ja schließlich überall und die Schatten der Vergangenheit... sind ja auch nicht so ohne." Aberforth überließ Harry bereitwillig eine Eule, und so ging ein Pergament auf Reisen.

"Jetzt braucht ihr euch aber nicht mehr zu verstecken", meinte Aberforth anschließend und lud unsere Helden zu einem gemütliches Frühstück in seinem Schankraum ein.

Doch kaum hatten Ron, Hermine und Harry ihr erstes Butterbier getrunken, belebte sich der Schankraum zusehend, und nach und nach trudelten alle Lehrer von Hogwarts ein, bestellten ebenfalls Butterbier oder einen Feuerwhiskey oder auch einen Kochsherry.

Das Trio sah sich an und musste sich schwer beherrschen, nicht laut zu lachen. Vor allen Dingen Ron hatte arge Probleme, wann immer er in die Richtung der Kakao trinkenden Professor Vektor sah. Der gestrige Tag und die Nacht waren dabei so lang und anstrengend gewesen, dass es ihnen nicht einmal in den Sinn kam, wie seltsam diese trinkseelige Versammlung am frühen Morgen war.

Und während das Gelage des Lehrkörpers sich einem vorläufigen Höhepunkt näherte, wurde Harry plötzlich von etwas Weichem und Federigem am Kopf getroffen. Direkt neben seiner Schläfe hatte sich eine winzige Blitz-Telegram-Eule materialisiert und streckte ihm nun vorwurfsvoll und mit einem leisen, aber schrillen Piepsen eine Nachricht ins Gesicht, die sie im Schnabel hielt.

Harry nahm den Zettel an sich, und das Botentier verschwand mit einem grimmigen Blick in den gelben Augen und einem leisen 'Plopp!' dahin, woher es so plötzlich gekommen war. Harry runzelte die Stirn. Da war das Siegel von Zaubereipräsident Shacklebolt auf dem Zettel. Konnte das schon eine Antwort auf seine Eule sein? Dafür kam sie dann aber doch etwas sehr schnell? Oder doch nicht?

Hastig brach er das Wachssiegel auf und entfaltete die Nachricht möglichst unauffällig unter dem Tisch. Das war eindeutig die Handschrift von Kingsley. "KAMIN IM GÄSTEZIMMER - FLOHPULVER!" stand dort in hastig hingekritzelten Grossbuchstaben und "MÜSSEN REDEN - SCHNELL - K.S."

Harry warf Hermine und Ron, die mitgelesen hatten, einen verwirrten Blick zu und gemeinsam stahlen sie sich aus dem Schankraum die Treppe zu ihrem Doppelzimmer hinauf.

Shacklebolt war noch nicht im Kamin aufgetaucht, so ergingen die drei sich in den wildesten Vermutungen. Sie reichten von Shacklebolt, der vielleicht mal zur Vorbeugung ins St. Mungos sollte, bis dahin, ob verschiedene Unterhosenformen in einem Zusammenhang damit stehen könnten, wie man die Weltherrschaft erlangte. Was wiederum die Frage aufwarf, welcher Unterhosentyp Voldemort wohl gewesen war. Ron und Hermine sahen Harry fragend an. Dieser nahm die Hände hoch und sagte abwehrend: "Hey, ich habe den Deppen nur umgebracht, und nicht geguckt was der drunter hatte!"

Plötzlich zischte das Kaminfeuer, loderte kurz auf, und dann war mit einem Mal das strahlende Gesicht von Kingsley Shacklebolt zu sehen. "Glückwunsch, lieber Harry, liebe Hermine und lieber Ron. Ihr seid tatsächlich die Ersten, die es geschafft haben, dieses Rätsel zu lösen. Jedes Jahr, schicken wir an einem ganz besonderen Tag unsere drei besten Zauberer-Azubis nach Hogwarts, um heraus zu bekommen, welche Farbe die Unterwäsche der Lehrer hat. Doch bis zu diesem heutigen Tage hat es noch nie jemand geschafft, das Rätsel komplett zu lösen. Vor Jahren hat es mal jemand geschafft, an die Unterwäsche von Dumbledore heran zu kommen. Ich glaube, sie war in Himmelblau gehalten... Aber ich will jetzt nicht in Erinnerungen kramen, sondern Euch meinen Dank und mein Lob, zu dieser glanzvollen Tat übermitteln. Jetzt geht wieder nach unten und lasst Euch feiern!"

Bevor einer unserer Helden auch nur ein Wort erwidern konnte, war das Gesicht von Shacklebolt auch schon wieder verschwunden.

"Häh?" Ron blickte verwirrt zu Harry. Der blickte ebenso verwirrt zu Hermine. Diese zuckte nur mit den Schultern. "Keine Ahnung, was er damit jetzt sagen wollte. Was ist denn das für ein ganz besonderer Tag?"

Harry schüttelte noch immer ungläubig den Kopf. "Alles äußerst seltsam. Irgendwie habe ich gerade ein ganz dummes Gefühl..."

"Na dann lasst uns mal wieder in den Schankraum gehen. Ich hab einen tierischen Hunger."

"Na, dass ist ja mal wieder typisch für Dich, Ron." Leicht genervt blickte Hermine ihren Freund an, ließ sich jedoch bereitwillig von ihm zur Treppe ziehen und betrat mit Ron und Harry den Schankraum.

Dieser hatte sich in der Zwischenzeit in einen wilden Partyraum verwandelt. Überall hingen Luftballons und Lichterketten. Zum Entsetzen unserer drei trugen alle anwesenden Lehrer nur ihre Unterwäsche und dazu bunte und teilweise bewegliche Party-Hüte auf den Köpfen. In den Händen schwenkten sie Fähnchen, auf denen ein bestimmtes Datum zu lesen war.

Harry, Hermine und Ron liefen genauso rot und kariert an wie die Unterwäsche von Minerva McGonagall, als ihnen schlagartig der Grund für ihren Geheimauftrag mit der allerhöchsten Geheimstufe aufging.

"APRIL, APRIL!!!"

_E_N_D_E_

[first published March, 1st – 14th 2009]

Sonntag, 13. Juni 2010

VerRückt und durch.ge.KNALLT!?

Schandtat Numero 19

Harry Potter fluchte kräftig vor sich hin und verwünschte, dass er Auror geworden war. Observationen bei gefühlten minus zehn Grad machten einfach keinen Spaß, und der Wärmeschutzzauber half heute nicht. Er wünschte sich an einen sonnigen Strand. Mit seinen Gedanken war Harry gerade mit Ginny im Meer und lieferte sich mit ihr eine Wasserschlacht, als er plötzlich einen Aufschrei hörte und sich somit wieder in der eisigen Zeit befand. Er sah nach oben zum Fenster, aus welchem der Schrei kam, und in diesem Moment wurde ein Eimer Wasser über ihn ausgeschüttet. "Das ist die gerechte Strafe für 's Spannen!" kam es laut von dort oben.

Harry fluchte erneut dermaßen, dass die Worte sich weigern geschrieben zu werden, und verließ seinen Posten. Er hatte ja so was von keine Lust mehr! Außerdem hatte er noch kein einziges Weihnachtsgeschenk gefunden und Heiligabend rückte unerbittlich näher. Während er noch wütend vor sich hin grummelte, nahm er unwillkürlich ein kurzes Sirren zu seiner Rechten wahr, dem ein blendender Blitz folgte. Etwas erschrocken fuhr er zusammen und versuchte zu erkennen, was der Blitz gebracht hatte. Als er es erkennen konnte fiel er auf den Allerwertesten und staunte nicht schlecht. DAMIT hatte er nicht gerechnet!

Vorsichtig rutschte er auf dem Hosenboden etwas näher heran. Harry war so perplex, dass er glatt vergaß aufzustehen. Ein etwa halbmeterhoher Schokoladenweihnachtsmann, dem an einem Kettchen ein übergroßes rotes 'K' um den Hals baumelte, stand vor ihm und zwinkerte ihm belustigt zu. Harry hob den rechten Arm, um den vom Himmel gefallenen Überraschungsgast zu berühren. "Hey, nichts da! Anfassen is' nicht!" tönte der Weihnachtsmann mit etwas schriller Stimme, die Harry auf seltsame Art bekannt vorkam. "Wenn Du mich weiter anfasst, dann schmelze ich!"

Harry robbte einmal um den kleinen, braunen und lecker duftenden Kerl herum. Woher kannte er nur diese Stimme? Er streckte trotz der Warnung einen Zeigefinger vor und berührte das Männlein an der Nasenspitze. Sofort blätterte der Schokoladenüberzug des Riechorgans ab und mit ihm große Flächen der Gesichtsbedeckung. Der falsche Weihnachtsmann war niemand anderes als Kreacher, der Hauself, der Harry nun mit einer Mischung aus Schuldbewusstsein und Vorwurf anfunkelte. Harry guckte etwas irritiert und ihm wurde langsam bewusst, dass er wohl auf der Couch eingeschlafen war, und Kreacher ihn soeben aus einem Traum gerissen hatte.

Irritiert sah er sich um. Hier sah es so ganz anders aus, als er es in Erinnerung hatte! Wo war die Weihnachtsdeko? Und was suchte der kleine Tisch neben der Couch? Und das Licht, das durch das Fenster fiel, sah auch so anders aus. Wann war er eigentlich eingeschlafen? Und wie lange hatte er geschlafen? Er sah auf seine Uhr. Entsetzt starrte er auf die Datumsanzeige. Das konnte nicht stimmen! Ende Februar?????? Bevor er eingeschlafen war, war es kurz vor Weihnachten gewesen! Da war er sich ganz sicher!!!!!!

"Kreacher", meinte Harry schwach, "wie lange, bei Merlins Bart, habe ich geschlafen - oder was auch immer? Was ist passiert?"

"Master Harry darf jetzt nicht böse werden, aber Kreacher hat Master Harry einen Schlaftrunk gegeben, weil er nicht schlafen konnte, und Kreacher hat sich etwas mit der Dosierung vertan", kam es schüchtern von dem Hauselfen.

"Hauselfen!" entfuhr es Harry wütend, als er schnell wie der Blitz auf die Beine sprang. "Bockmist und Bullenschei..., freigelassen gehören die, alle miteinander!"

Mit einer schnellen Bewegung hatte er sich Schuh und vor allem Socke vom linken Fuß gerissen und band das Kleidungsstück um Kreachers Hals, etwas zu fest, wie es schien, denn die Hautfarbe des alten, faltigen Hauselfen wechselte in alarmierender Geschwindigkeit von einem blassen Grau-Grün in ein ziemlich ungesundes Violett-Blau.

"Ich schenke Dir die Freiheit, Du elender Kriecher!" knurrte Harry und trug den röchelnden Kreacher zur Hintertür. Dort angelangt, ließ er ihn los und gab ihm einen ordentlichen Tritt, sodass das arme Wesen im hohen Bogen über die Mauer zum Nachbargrundstück flog. "Ich schenke Dir die Freiheit! Mach' was drauf!" höhnte Potter ihm hinterher.

Dann stampfte er zurück ins Wohnzimmer und begann, alle Möbel und sonstigen Einrichtungsgegenstände neu anzuordnen, indem er sie kurz und klein schlug. "Bockmist, Bullenschei...!" brüllte er immer wieder. "Dieser ganze Zauberkram geht mir so was von auf den ... . Aber damit ist nun Schluss! Aus und vorbei. Bye-Bye, Grimmauld Place. Auf Nimmerwiedersehen, Ministerium und Aurorenzentrale. Es gibt keine Hexen und Zauberer! Außerdem wäre ich viel lieber ein attraktiver Vampirteenager, der irgendwelche Menschenmädchen umgarnt und um den Verstand bringt! ICH BIN DANN MAL WEG!"

Bei den letzten, gebrüllten Worten fiel auch schon die Haustür hinter ihm ins Schloss, und der junge Zauberer namens Harry Potter, der Auserwählte, der Bezwinger von Lord Voldemort, blieb für eine sehr, sehr lange Zeit verschwunden.

Verschwunden aus der Zauberwelt, aber er tauchte im regnerischen Forks wieder auf und überlegte wie er sich an Bella - oder auch Edward - ranmachen konnte. An Bella, um Aufmerksamkeit zu erregen? An Edward, um vielleicht gebissen zu werden? Seufzend stellte er fest, das er wie so oft unbedacht gehandelt hatte. Er suchte eine Unterkunft und fand diese bei den Werwölfen. Dort versuchte er einen neuen Plan zu schmieden.

Die Werwölfe duldeten ihn für eine Weile, da ja zur Zeit kein Vollmond war. Doch das ewige Gejammer von Harry ging ihnen bald auf die Nerven und sie baten ihn höflichst doch wieder zu verschwinden. "Du hast doch bestimmt irgendein Talent, mit dem Du junge Mädels um den Verstand bringen kannst," sagte der Anführer der Werwölfe namens Hugh Johnman. "Geh' in die Stadt, denn hier im Wald findest Du bestimmt keine Mädels!"

Also machte sich Harry wieder auf den Weg in die nächst beste Stadt, die wie alle nächst besten, größeren Städte in England London war. Unterwegs blieb sein Blick auf einem Poster an einer Wand hängen. Auf diesem stand: 'England sucht den Superstar! Hast Du ein Talent? Kannst Du Singen, Schauspielern, Jonglieren? Dann komm zum großen Casting am 11. März.' Harrys Stimmung besserte sich schlagartig. Das war seine große Chance.

Doch schon im nächsten Moment sah er einen bettelnden Typen mit einer hässlichen eckigen, schwarzen Brille an einem U-Bahn-Eingang auf einer Decke sitzen und die Hand aufhalten. Auf einem Schild, das sein einäugiger und dreibeiniger Mischlingsrüde neben ihm um den Hals trug, stand in ziemlich schlechtem Englisch geschrieben: 'Ich bin Daniel Göbelbrück, Ex-Finalist aus einer deutschen Castingshow, und mich kennt keine Sau mehr. Eine milde Gabe für mich und meinen Produzenten.'

Harry hatte ganz plötzlich keine Lust mehr, an einer Casting-Show teilzunehmen, und so wanderte sein Blick in ein nahegelegenes Schaufenster.

'HATTY PROPPER' grinste es ihn da in zackigen Buchstaben von einem Buchdeckel entgegen. Darunter stand der Untertitel 'Lehr- und Wanderjahre einer Hexe in der heutigen Zeit.'

Das durfte doch nicht wahr sein. So ein Buch mit so einem Titel in einer Muggelbuchhandlung mitten im Muggel-London? Wo blieb denn da die Geheimhaltung? Und als er auch noch die anderen sechs Bände über Hatty Propper und ihre Schuljahre in der Zaubererakademie Hogwasch entdeckte, begann Harry Potter einen bis heute beispiellosen Zerstörungslauf durch die britische Hauptstadt, bei dem die zertrümmerte Buchhandlungsschaufensterscheibe nur der Anfang und eher einer der geringsten Schäden sein sollte.

Denn nachdem er recht ziellos eine Buchhandlung nach der anderen mit kristallfarbenen Scherben und zerrissenen Papier verschönerte, wurde er beinahe von einer Meute Menschen überrannt. Zum Teil abenteuerlich angemalt, mit rot-weißen Schals und Trikots, auf denen irgendetwas mit London stand, Dosen voller Bier in der Hand, liefen sie singend durch die Stadt und gröhlten irgendetwas mit 'Totenhem Hotspurz - wir machen euch fertig!' und ballten dabei aggressiv die Fäuste. Ohne nachzudenken schloss Harry sich ihnen an. Das hier kam seiner Stimmung gerade recht, denn es erinnerte ihn doch sehr an die Rivalitäten im Quidditch zwischen Slytherin und Gryffindor.

Es würde ihm bestimmt gut tun, sich mal nach Muggelart abzureagieren. Er musste dringend mal Dampf ablassen! Bei einem 18-Stunden-Arbeitstag blieb dazu keine Zeit, irgendwann musste er schließlich auch mal schlafen. Und Schwarzmagier ein wenig mit dem Cruciatus-Fluch bearbeiten war strikt verboten. Wenn er nicht bald etwas gegen den ganzen aufgebauten Frust und den Auswirkungen des Stresses tat, dann würde er noch verrückt werden! Oder war er das vielleicht schon?

Harry begann zu summen:

Hey,
hier kommt Harry.
Vorhang auf für meine Horrorshow.
Hey,
hier kommt Harry.
Vorhang auf für ein kleines bisschen Horrorshow!

Auf dem Kreuzzug gegen die Ordnung und die scheinbar heile Welt
zelebrieren wir die Zerstörung
Gewalt und Brutalität.

Erst wenn wir unsere Opfer leiden seh'n,
spüren wir Befriedigung.
Es gibt nichts mehr,
was uns jetzt aufhält.
in unserer gnadenlosen Wut.

Hey,
hier kommt Harry.
Vorhang auf für meine Horrorshow.

...

Am folgenden Montag war im Tagespropheten zu lesen:

Der Junge, der überlebt, der Auserwählte, unser aller Retter - Verrückt und durchgeknallt!

Wie uns heute bekannt wurde, wurde Harry James Potter am gestrigen Sonntagabend in die geschlossene Abteilung des St.-Mungo-Hospitals für magische Krankheiten und Verletzungen eingeliefert. Die Heiler des St. Mungos verweigern nähere Informationen über seinen Zustand. Das Ministerium macht keine Angaben darüber, wie es zu dem Zusammenbruch kam. Eine anonyme Quelle sprach jedoch von einer 'Gewaltorgie'. Es heißt, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Ministeriumsmitarbeitern ausrücken musste, um Schäden zu beseitigen und Gedächtnisse zu verändern. Gerüchten zufolge sollen seine Auroren-Kollegen entsetzt gewesen sein von Harry Potters Anblick und Verhalten. Aber ist es wirklich so überraschend? Oder haben wir alle nicht vielmehr schon seit Jahren so etwas befürchtet? Bereits in seinem vierten Schuljahr hat er, wie meine hochgeschätzte Kollegin Rita 'Skeeter' Kimmkorn recherchierte, eindeutige Anzeichen einer Geistesstörung gezeigt. Und die Ereignisse der darauf folgenden Jahre, die äußerste emotionale Belastung, der Stress, die Hoffnungen aller, die auf ihm ruhten, haben sein seelisches und geistiges Gleichgewicht sicher noch mehr durcheinander gebracht. Haben wir alle vielleicht zu viel von dem Auserwählten verlangt? Einem jungen Menschen, der kaum mehr als ein Kind war, unser aller Schicksal und Wohl aufzubürden und auch in späteren Jahren immer wieder von ihm zu erwarten, dass er 'den Tag rettet', war das wirklich fair seinem bereits geschwächten Geist gegenüber? Wir können nur hoffen, dass der Junge der überlebte, keinen bleibenden Schaden davongetragen hat, und die Heiler des St. Mungos ihm helfen können, sich zu erholen. Aber es bleibt fraglich, ob man ihm je wieder eine solche Verantwortung wie in den vergangenen Jahren aufbürden kann - oder sollte. Unser aller Gedanken sind bei dem armen, jungen Mann, der sich in der geschlossenen Abteilung des St.-Mungo-Hospitals für magische Krankheiten und Verletzungen von einem schweren Nervenzusammenbruch - oder Schlimmerem - erholt.

E – N – D – E

[first published March, 5th 2009]

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