Harry ließ seinen Kopf mit einem dumpfen *Klonck!* auf den Tisch fallen.
"Au", klagte er leise. 'Wie bin ich nur hier rein geraten?' fragte er sich nun schon zum wiederholten Male. 'Was habe ich dem Schicksal getan, dass es mich hierher gebracht hat?'
Nun, daran, dass er HIER war, war er selbst schuld. Er war in seinem zweiten Jahr der Aurorenausbildung, und man hatte ihm angeboten - also nicht nur ihm, sondern allen Auszubildenden - an einem 'Schüleraustausch' teilzunehmen. Da Harry England noch nie verlassen hatte, außer um nach Hogwarts zu kommen, welches in Schottland lag, und während ihrer Horkrux-Suche-und-Finde-Camping-Tour, während der er nun wirklich Besseres zu tun gehabt hatte, als die 'Reise' zu genießen, hatte ihn die Aussicht, mal raus zu kommen, begeistert. Auch, wenn es 'nur' nach Irland ging und damit nicht zu vergleichen mit Hermine, die Ron in den letzten beiden Jahren nach Frankreich und Spanien geschleppt hatte. Oder Ginny, die mit ihrer Quidditch-Mannschaft schon in verschiedenen Ländern auf verschiedenen Kontinenten zu Spielen gewesen war. Wenn er allerdings geahnt hätte, was auf ihn zukommen würde...
Es war Mitte März, und der St. Patrick's Day endlich angebrochen. Das war nicht nur ein Feiertag bei den irischen Muggeln, sondern auch die irischen Zauberer und Hexen feierten diesen Tag. Es war sogar einer der höchsten ihrer Feiertage. Die Muggel würden es zwar nie glauben, aber St. Patrick war ein Zauberer gewesen - behaupteten zumindest die Iren. Ob das wirklich stimmte, bezweifelte Harry. Er hatte keine Hinweise in irgendeinem Buch finden können. Er hatte den Verdacht, dass sie einfach einen Grund zum ausgelassenen Feiern gesucht - und gefunden - hatten. Die gesamte magische Gemeinschaft - nicht nur Menschen, sondern auch alle anderen magischen Wesen - spielte in den Tagen um dieses Datum herum völlig verrückt! Und Harry war mitten hinein geraten!
Dabei hatte der Tag so schön begonnen. Die Sonne schien strahlend hell vom Himmel, trotz der noch kühlen Temperaturen...
Dick eingemummelt machte sich Harry zusammen mit seinen Mitstudenten Ron Weasley und Phil Munroe auf den Weg zur Parade, die in Ballymoney, einem kleinen Ort an der Küste stattfinden sollte. Hier lebten Muggel und Zauberer schon seit Jahrhunderten friedlich miteinander, und der Höhepunkt war in jedem Jahr die Parade zum St. Patrick's Day, die vom Dorfplatz aus starten sollte.
Doch bevor sie aus der Tür treten konnten, wurden sie von Shana O'Malley aufgehalten. "So geht das aber nicht, Jungs! Da fehlen noch wichtige Details in eurem Outfit." Mit gekonnten Strichen malte sie den drei Jungs grüne Kleeblätter auf die Wangen, betrachtete ihr Werk kritisch und zauberte dann noch drei grüne Mützen herbei.
"Irgendetwas fehlt aber noch. Ich komme nur nicht drauf", murmelte sie in ihren nicht vorhandenen Bart. Sie trat zwei Schritte zurück, legte den Kopf leicht schief und betrachtete die drei minutenlang, ohne sich zu rühren. Irritiert wechselten die Jungs ein paar Blicke, und Ron fragte halblaut, ob sie nun in Trance gefallen wäre.
"Ah, ich denke, das war's!" meinte Shana nachdem sie jedem ein - wohlgemerkt - leeres Glas in die Hand gedrückt hatte. Den Jungs standen die Fragezeichen praktisch ins Gesicht geschrieben. "Und nun los! Raus mit Euch. Habt Spaß!" scheuchte sie sie hinaus.
Harry hatte das Dorf noch nicht in voller Dekoration gesehen und war schlichtweg überwältigt. Grün. Alles war grün! Ein Blick zu Ron zeigte ihm deutlich, dass sich diese Farbe mit dessen rotem Haar auf brutalste Weise biss. Ob er sie ihm vielleicht grün färben sollte? Gesagt, getan.
'Schon besser', dachte Harry sich schmunzelnd und bewunderte weiter das Dorf. Die Feierlichkeiten würden eine ganze Woche andauern. Und jeden Tag gab es mindestens eine Parade: Die der Hexen, die Green-Sorcerer-Parade, eine der Kobolde und eine der Leprechauns und noch einige andere. Harry hatte sogar das Gerücht von einer Banshee-Parade gehört - aber DAS konnte einfach nicht stimmen!
Harry sah sich um und bewunderte den großen Brunnen mit der Selkie-Figur darauf, die Wasser spuckte. Obwohl... Die Flüssigkeit war grün, und er sah immer wieder Leute mit Gläsern die Flüssigkeit auffangen und dann trinken. Das würde dann wohl ihre leeren Gläser erklären. Ob er auch mal probieren sollte?
Doch bevor er seine Gedanken in die Tat umsetzen konnte, wurde er durch lautstarken Lärm und Getöse abgelenkt, das aus dem örtlichen Pub hervorkam. Schon flog die Tür auf und ein Pulk von etwa 20 Personen ergoss sich ineinander verkeilt auf die Straße. Die Fäuste wirbelten in alle Richtungen und Zauberflüche flogen wild durcheinander. Der Instinkt eines angehenden Aurors steckte schon tief in Harry, und so war sein erster Gedanke: 'Überfall! Deatheaters!'
Doch dann realisierte er, dass die übrigen Passanten keineswegs besorgt waren, sondern sich köstlich zu amüsieren schienen. Vereinzelt gab es auch Anfeuerungsrufe, und kleine Männchen mit roten Bärten und grünen Hüten schienen Wetteinsätze entgegen zu nehmen, denn Knuts und Sickel wechselten eifrig den Besitzer.
"Ich glaub 's nicht", erklang plötzlich Rons Stimme neben ihm. "Das ist doch Seamus!"
Und tatsächlich, mitten im Pulk kämpfender Männer war das rote Gesicht Seamus Finnigans zu sehen, Freund aus Hogwartstagen. Freudestrahlend zog er zwei gläserne Krüge aus seinem Zaubererumhang. Sie waren bis zum Rand mit Goldmünzen gefüllt, als er sie in Richtung der beiden alten Freunde schwenkte.
"Leprechaun-Gold, Leute!" lallte Seamus mit schon leicht beschwerter Zunge. "Leider nur falsches Leprechaun-Gold! Aber ich habe schon mindestens zehnmal von dem Kleetrunk aus dem Selkie-Brunnen getrunken und mich mit einem halben Dutzend Typen geprügelt. Dieses Jahr ist der bester St. Patrick's Day, den ich je hatte. Ein Hoch auf den alten Patrick! Und Grün steht Dir gut, Ron!" Er wollte mit Ron anstoßen, doch dann schüttete er ärgerlich die unechten Goldmünzen aus einem seiner Krüge.
"Nun, nun!" Ein weiteres kleines Männlein mit roten Haaren und rotem Bart in grünen Kniebundhosen hatte sich unbemerkt der kleinen Gruppe genähert. Es trug eine grüne Jacke und einen grünen Hut mit breiter Krempe und einer goldenen Schnalle an einem schwarzen Hutband. "Hier wird also der Name des heiligen Patrick missbraucht!"
Harry und Ron sahen Seamus fragend an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern und machte eine kreisende Geste mit seinem Zeigefinger in Richtung des Männleins. "Leprechauns", wisperte er kaum noch hörbar, "alle etwas eigen, wenn nicht total durchgeknallt!"
Der Leprechaun betrachtete sein eigenes Spiegelbild in den glänzenden Schnallen seiner schwarzen Schuhe und kaute dabei gedankenverloren auf seiner hölzernen Tabakspfeife herum.
"Wie war das noch? Wie schrieb doch einst Wiki Pedia, die alte Enzyklopädie-Hexe, in ihrem dritten Brief an die Midi-Chlorianer?
Der St. Patrick’s Day - oder irisch Lá Fhéile Pádraig - ist der am 17. März begangene Gedenktag zu Ehren des irischen Nationalheiligen Patrick von Irland, der an einem 17. März im 5. Jahrhundert gestorben sein soll. Er gilt als der erste christliche Missionar in Irland.
Der 17. März ist ein gesetzlicher Feiertag in der Republik Irland, in Nordirland, im britischen Überseegebiet Montserrat sowie der kanadischen Provinz Neufundland. Der St. Patrick’s Day wird weltweit von Iren, irischen Emigranten und zunehmend auch von Nicht-Iren gefeiert.
In Dublin und den meisten anderen irischen Städten machen große Paraden und vielfältige laute Aktivitäten den St. Patrick’s Day zu einem bunten Volksfest. Die weltweit größten Paraden finden in Dublin, New York, Boston, New Orleans, Chicago, Manchester und Savannah statt; und selbst in der britischen Hauptstadt London finden jährlich eine Parade und ein Festival statt.
Am 17. März ist Grün die vorherrschende Farbe der feiernden Iren in aller Welt. In einigen Städten, zum Beispiel Chicago, werden am St. Patrick’s Day sogar die Flüsse grün eingefärbt. Hierzu wird Uranin verwendet. Auch Bier - aber nicht das irische Guinness - wird an diesem Tag manchmal grün eingefärbt."
"Ähm, schön", sagte Harry, nur um überhaupt irgendetwas zu sagen. Und plötzlich hatte er eine Art Vision von Draco Malfoy, der behauptete, gar nicht der Sohn von Narcissa und Lucius Malfoy und auch gar kein Zauberer zu sein, sondern der einzig wahre heilige Patrick. Nach ihm behaupteten das noch verschiedene andere Leute, ihn selbst, Harry, eingeschlossen. Neville Longbottom tauchte vor seinem inneren Auge auf, ebenso Ron Weasley und Severus Snape. Und alles endete mit einem Sturm auf den Buckingham Palast der englischen Muggelkönigin zusammen mit einem Eisbären und einem Fußballspieler namens David Beckham. Harry schüttelte sich, um diese Gedanken aus dem Kopf zu vertreiben.
'Hatten wir das alles nicht schon mal? Außerdem habe ich doch noch gar nichts getrunken!'
"Hey, Du Wicht!" hörte er Rons Stimme neben sich. Dieser schlenkerte wild seinen Fuß hin und her, denn der Leprechaun hatte ihn gepackt und versuchte ihm durch den Schuh in den großen Zeh zu beißen. Ein weiterer kleiner Mann mischte sich ein.
"Keine Kämpfe ohne Wetteinsätze auf den Gewinner!" verkündete er feierlich, woraufhin die raufende Meute auf der Straße betrunkenen Beifall klatschte.
"Was soll der Mist?" dröhnte nun wieder Ron.
"Ballymoneys St. Patrick's-Day-Feiern sind und bleiben die besten!" keifte der Leprechaun, der die Enzyklopädie-Hexe zitiert hatte. "Und meinen Kessel voller Gold am Ende des Regenbogens werdet ihr niemals finden!"
Damit ließ er Rons Fuß los und verschwand in der Menge. "Und wer ist eigentlich Shana O'Malley?" konnten sie ihn noch eine Weile keifen hören.
Mit zerknautschtem Gesicht hielt Ron sich den Fuß. "Der kleine Mistkerl hat mich gebissen!" verkündete er und warf Harry einen erstaunten und zugleich empörten Blick zu.
"Leute, Leute, Leute!" ertönte da eine neue Stimme. "Kein Patrick auf diesem Planeten hätte gern Streit an seinem Ehrentage!"
Dann ertönten die kratzigen Klänge einer Fiedel. Ein weiterer Leprechaun – 'Ist hier irgendwo ein Nest?' fragte sich Harry – spielte mit stampfenden Füßen zum Tanze auf. Und die Menschenmenge in den Straßen begann einen wilden und unwiderstehlichen Stepptanz mit hocherhobenen und wirbelnden Beinen.
"Ui, Lord Of The Dark Dance...", rief Seamus noch, bevor er sich mitten unter die nun tanzende Menge mischte. "War zu Zeiten eines anderen Lords verboten! Der dachte immer, er wäre damit gemeint."
"Die spinnen, die Iren", meinte Ron trocken. "Um das ertragen zu können, brauch' ich etwas Starkes zu trinken. Los! Auf in den Pub!"
"Sollten wir nicht mal dieses grüne Wässerchen aus dem Brunnen probieren?" fragte Phil und schwenkte mit seinem leeren Glas hin und her.
"Ay, Lad, das ist die richtige Haltung!" knurrte ein kleines Männchen, das eine gewisse Ähnlichkeit mit anderen kleinen Männchen in Grün aufwies. "Kleeblatttrunk an St. Patrick's Day... und das Glück ist Dir hold!"
"Na, dann...", seufzte Harry und zog Ron hinter sich her.
"Ihh, das sieht aber nicht gesund aus", protestierte er noch, doch kaum hatte er einen Schluck probiert, verwandelte sich seine Mine in ein strahlendes Grinsen. "WOW! Das schmeckt fantastisch!"
Die Musik in den Straßen hatte sich allmählich von stampfenden Tanzrhythmen hin zu engelsgleichen Gesängen von schlanken, langhaarigen Frauen zu leichter Harfenmusik geändert. Die Menge aus Menschen und anderen magischen Geschöpfen wiegte sich zum Takt der Musik hin und her, viele sogar mit geschlossenen Augen. Und zugleich nahm der Andrang auf den Kleetrunk-Brunnen wieder zu.
Plötzlich fühlte Harry, wie ihm jemand auf die Schulter klopfte. Neben ihm war ein kleiner, untersetzter Mann mit einem dunkelgrünen Tweed-Cape aufgetaucht und räusperte sich, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
"Mister Potter?" fragte er. "Sie sind es. Natürlich sind Sie Harry Potter! Diese… diese…", er fuchtelte mit dem Zeigefinger in Richtung von Harrys Blitznarbe, "… diese da auf ihrer Stirn ist einfach unverkennbar!" Der rothaarige und grünäugige Mann gluckste zufrieden, wobei sein Doppelkinn in Bewegung geriet.
'Warum sehen hier nur alle so aus, als wären sie mit Ron verwandt?' fragte sich Harry in Gedanken. 'Wenigstens, was die Haarfarbe angeht? Und wenn ich ihm die Haare nicht gerade grün gefärbt habe, was er immer noch nicht bemerkt hat!'
"Mister Harry Potter!" Der kleine Mann schüttelte ihm offenbar hocherfreut die Hand. "Mein Name ist Miles O'Brien. Ich weiß, es ist eine Schande, dass wir uns noch nicht getroffen haben und dann jetzt hier und unter diesen Umständen. Aber ich bin der irische Zaubereiminister, und ich habe Sie und Ihre Mitstudenten für diesen Auroren-Ausbildungs-Austausch angefordert." Sein Grinsen wurde immer breiter. Ron neben Harry hatte sein Glas abgesetzt und lauschte aufmerksam den Worten des Ministers.
"Sehr erfreut", entgegnete Harry, erwiderte den Händedruck und wollte Ron und Phil vorstellen. "Das hier ist mein Freund und Mitstudent Ron Weasley und das dort unser Kollege Phil…" Doch als er sich suchend nach Phil Munroe umsah, konnte er ihn nirgends entdecken. Die Menschenmenge war inzwischen in ein bier- und whiskeyseliges Schunkeln und Schwanken verfallen und musste Phil mit sich gerissen haben.
"Ja, ja, schon gut!" meinte der irische Zaubereiminister etwas ungehalten, ohne auch nur das geringste Interesse an Ron zu zeigen. Er hakte sich bei Harry ein, zog ihn mit sich auf die Straße und hinein in den wogenden Menschenstrom. Ron allerdings ließ sich nicht abschütteln und blieb den beiden dicht auf den Fersen, darauf bedacht, nur ja kein Wort ihrer Unterhaltung zu verpassen.
"Es ist mir wirklich eine Ehre, Mister Potter, Sie, den berühmten Harry Potter, im Namen aller Hexen und Zauberer Irlands in unserem Land begrüßen zu dürfen!" fuhr Miles O'Brien fort. "Und das sage ich auch im Namen des Leiters der irischen Aurorenzentrale, der zufällig auch ich bin."
Er lächelte gequält und versuchte ein Zwinkern. Sie hatten sich unbemerkt einem Strom von Hexen und Zauberern angeschlossen, die singend und tanzend den Ort Ballymoney verließen und sich auf einer staubigen Straße dem River Bann näherten.
"Wie Sie sicher wissen, sind wir von der zauberischen Gemeinschaft den Muggeln schon um einiges voraus, was die Einheit Irlands angeht. Wir magischen Iren sind eins, egal ob Nordirland oder Republik. Und auch wenn unser schönes Ballymoney im ehemaligen Nordirland liegt, so gibt es doch keinen Zwist unter uns irischen Brüdern oder zwischen uns und den Brüdern und Schwestern von der Nachbarinsel…"
Sein Tonfall wurde von Minute zu Minute langweiliger und einschläfernder. Harry sah aus den Augenwinkeln wie Ron schräg neben ihm demonstrativ gähnte und sich dann andeutungsweise den Zeigefinger in den weit geöffneten Mund steckte, um seinen Unmut zu bekunden.
"Doch leider ist die wirtschaftliche Krise der Muggelwelt auch am magisch-vereinten Irland nicht spurlos vorbeigegangen", fuhr Minister O'Brien monoton fort, egal, was um sie herum gerade gesungen oder getrunken wurde.
"Die Goldreserven des irischen Zaubereiministeriums sind so gut wie aufgebraucht, deshalb musste ich einige Stellen streichen. Deshalb bin ich auch Zaubereiminister und Leiter der Aurorenzentrale in einer Person, und leite zugleich noch die Abteilung zur Führung und Aufsicht Magischer Geschöpfe. Und das bringt mich zu einem Anliegen, verehrter Mister Potter!" Miles O'Brien blieb so plötzlich stehen, dass Ron in sie hineinstolperte und Harry auf die Hacken trat.
Genau in diesem Moment zog eine Gruppe von mehreren Leprechauns einen großen Kessel voller Gold auf einem hölzernen Bollerwagen an ihnen vorbei die Straße hinunter. Einer der kleinen Kerle saß feixend auf dem Wagen und warf das Gold mit beiden Händen in die Luft, wo es sich augenblicklich in glitzernde Kleeblätter verwandelte, bevor es sich ganz und gar auflöste. Und die ganze Zeit schienen die kleinen Männlein den Zaubereiminister boshaft anzugrinsen. Dieser seufzte und schüttelte den Kopf.
"Ich glaube, diese Leprechauns haben etwas mit dem Verschwinden von Galleonen, Sickeln und Knuts im ganzen Land zu tun. Da stimmt etwas nicht!" raunte er Harry verschwörerisch zu. Ron war ganz Ohr und kam immer näher. "Seit Irland die letzte Quidditch-Weltmeisterschaft gegen Rumänien verloren hat, sind die kleinen Kerle nicht mehr zu bändigen."
"Moment mal", mischte Ron sich in die Unterhaltung ein. "Das letzte Spiel von Rumänien gegen Irland war das Endspiel in der vorletzten Quidditch-Weltmeisterschaft. Da bin ich zufällig gewesen. Und das hat Irland gewonnen, auch wenn Viktor Krum den goldenen Schnatz gefangen hat. In der letzten Weltmeisterschaft haben die beiden Mannschaften es nicht mal in die Finalrunde geschafft und auch nicht gegen einander gespielt!"
O'Brien schüttelte den Kopf, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen, nahm aber erstmals so etwas wie Notiz von Ron. "Dann war es eben die vorletzte Weltmeisterschaft. Mir doch egal. Damit kenne ich mich nicht so genau aus. Die Sportabteilung im Ministerium habe ich sowieso schon geschlossen. Darum kann ich mich nicht auch noch kümmern!"
Er zog ein Taschentuch in den irischen Landesfarben aus seinem Cape und tupfte sich damit die schweißnasse Stirn ab. Erst jetzt fiel Harry auf, dass der ganze Minister in die Farben der irischen Nationalflagge gekleidet war. Seine Hose war orange, sein Hemd weiß und sein Tweed-Cape dunkelgrün.
"Wie dem auch sein!" Miles O'Brien warf Ron einen strengen Blick zu, der ihm sagen sollte, dass er keine weiteren Unterbrechungen wünsche. "Die Leprechauns werden immer mehr und mehr und immer dreister. Sie nehmen sich Frechheiten heraus, die sie sich Jahrhunderte lang nicht erlaubt hätten. Ich glaube, da ist eine Verschwörung im Gange. Vielleicht sogar mit der Großen Banshee selbst. Leider bin ich zurzeit etwas knapp an Personal. Sie wissen ja, die finanzielle Lage des Ministeriums und Irlands im Allgemeinen."
Wieder wischte er sich die Stirn und räusperte sich. "Also schön, einer der Gründe, weshalb ich Sie und ihre Mitstudenten zu unserem 'Austausch' angefordert habe, verehrter Mister Potter, ist der, dass ich Sie bitten möchte, Augen und Ohren offen zu halten. Finden Sie heraus, warum die Leprechauns außer Rand und Band sind. Beobachten Sie sie. Verfolgen Sie sie, wenn es sein muss. Aber bitte, finden Sie etwas heraus!"
"Ja, also…", setzte Harry zu einer Frage an. "Glauben Sie denn, dass schwarze Magie oder dunkle Magier dahinter stecken könnten? Ich meine, ist es denn die Aufgabe der Aurorenzentrale, magische Geschöpfe wie die Leprechauns zu überwachen?"
"Wer weiß, wer weiß!" raunte O'Brien nebulös. "Aber genug der Fragen. Fangen Sie einfach an. Und das am besten nicht erst nach diesem Fest hier, sondern jetzt und gleich hier auf der Stelle. Selten sind so viele Leprechauns auf so engem Raum und in freier Wildbahn versammelt!" Unbemerkt hatte sich der irische Zaubereiminister einige Schritte von ihnen entfernt.
"Sind denn schon andere Auroren mit diesem Fall beschäftigt?" fragte Harry und musste dazu seine Stimme erheben, weil die feiernde Menge gerade wieder besonders laut johlte.
"Andere Auroren?" O'Briens Grinsen war eine Spur zu schief, fand Harry. "Leider musste ich die anderen Auroren vor einigen Stunden entlassen. Sie wissen ja, Krise und Sparzwänge und so. Aber Sie machen das schon, Mister Potter! Sie finden schon heraus, was mit den Leprechauns nicht stimmt. Sie und Mister Ronsley hier und dieser andere englische Typ." Er deutete vage in die sie umgebene Menge, bevor er selber von ihr verschluckt wurde.
Harry reckte den Hals, konnte ihn aber nirgendwo mehr entdecken. 'Komischer Typ!' Was war hier nur los?
Er warf Ron einen fragenden Blick zu. Der versuchte gerade die Luft aus seinem leeren Glas zu schütteln. "Etwas strange, der gute Minister, was?" grinste Ron. "Aber wir sind von Zaubereiministern ja nichts Anderes gewöhnt. Kingsley Shacklebolt mal ausgenommen, vielleicht."
Er umfasste Harrys Schulter und schunkelte etwas mit ihm im Takt einer neuen Melodie. "Komm schon, Harry! Du wirst doch wohl jetzt nicht an Arbeit denken? Heute sind wir zum Feiern hier. St. Patrick, er lebe hoch! Und hoch die Tassen! Du weißt schon!"
Harry runzelte die Stirn, nicht sicher, was er von all dem halten sollte.
Plötzlich flüsterte es von links hinter ihm in sein Ohr. "Glauben Sie ihm kein Wort. Nein, drehen Sie sich nicht um!" zischte wer auch immer, als Harry genau das tun wollte. "Der werte Herr Minister hat einfach zu viel Klee-Honigmet getrunken, dann redet er immer so ein wirres Zeug. Sind gaaaaaanz harmlos die Leprechauns. Das können Sie mir glauben."
Nun ließ Harry sich nicht mehr aufhalten und drehte sich schnell um. Aber die flüsternde Person war schon verschwunden. Wie hatte er das nur so schnell geschafft? Und wer war das überhaupt gewesen? Hatte er vielleicht Recht? Der Minister schien schon etwas beduselt. Das Ganze wurde immer mysteriöser.
'Vielleicht sollte ich einen irischen Auroren - oder Ex-Auroren - suchen?' fragte Harry sich unschlüssig. 'Oder Du lässt die Finger davon und amüsierst Dich endlich mal!!!' rief ihm eine innere Stimme zu, die sich stark nach Sirius anhörte. Harry musste grinsen und der Stimme Recht geben. Vorerst. Vielleicht. Oder?
"Hey!" schrie Ron plötzlich auf. "Was war das denn gerade für ein Ding da hinten links auf Deinem Rücken? Konnte gar nichts erkennen! War zu schnell wieder weg!"
"Wer wird denn so viele Fragen fragen?" Ein kleines Wesen, das ungefähr die Größe eines Leprechauns hatte, schüttelte unter einer grünen Kapuze den Kopf. "Kommt lieber mit auf die Brücke über den River Bann. Da schlagen wir gleich die große, traditionelle Patrick-Piñata auf!"
"Die große was…?" Doch Harrys Frage wurde nicht beantwortet, denn auch das kleine Wesen war so schnell verschwunden, wie es aufgetaucht war.
Dafür war der klugscheißerische Leprechaun plötzlich wieder da und zitierte erneut Wiki Pedia, die alte Enzyklopädie-Hexe:
"Wiki Pedia schrieb in ihrem Brief an die Kornkreismaler:
Die Piñatas sind bunt gestaltete Figuren, heutzutage aus Pappmaché, früher aus mit Krepp-Papier umwickelten Tontöpfen, die bei Kindergeburtstagsfeiern mit Süßigkeiten, traditionell jedoch mit Früchten wie Mandarinen, Zuckerrohren, Guaven, Tejocotes, Jicamas oder Erdnüssen - gefüllt sind. Sie sind in Lateinamerika, vor allem in Mexiko, zur Weihnachtszeit und in Spanien zu Ostern verbreitet.
Aber glaubt dem südamerikanischen Austausch-Gecko-Dämon kein Wort. Hier zum St. Patrick's Day gibt es keine Piñatas. Gab nie welche und wird auch keine geben. Aber auf der Brücke werden gleich die großen Bierfässer angestochen. Jeder, der sich auf dem Wasser richtig in Stellung bringt, bekommt so viel Freibier, wie er nur trinken kann. Direkt von der Brücke in den Mund! Gártha, meine Herren! Gártha!"
"Na, da sind wir doch dabei, oder Leute?" Seamus Finnigan war plötzlich wieder zwischen Harry und Ron aufgetaucht und drückte die Köpfe der beiden zwischen seinen Armbeugen zusammen.
"Worauf warten wir?" strahlte Ron und hielt schon sein leeres Glas bereit. "Auf zum Fluss!"
"Mein Ruderboot liegt gleich da hinten!" brüllte Seamus und deutete in Richtung eines Gebüschs am Ufer des River Bann. Harry trottete noch etwas nachdenklich hinterher.
Der Leprechaun sah ihnen zufrieden nach und rieb sich die kleinen Hände. Ein fieses Grinsen schlich sich auf sein bärtiges Gesicht und breitete sich immer weiter auf. "Ja, Lads, geht nur! Trinkt und tanzt und feiert, als würde es kein Morgen geben. Alles läuft nach Plan, wenn ihr Euch nur ordentlich amüsiert." Er tippte sich an seinen hohen Hut und war im nächsten Augenblick verschwunden.
Unten am Fluss angekommen, herrschte schon ein ziemlich Durcheinander. Am Kai versuchten Boote in allen Größen abzulegen, um zur Flussmitte unter die Brücke zu gelangen. Seamus zerrte an der Leine, mit der das Ruderboot befestigt war, und nötigte Harry und Ron, jeweils ein Ruder in die Hand zu nehmen. Er selbst sprang nach einem kräftigen Abstoß hinten ins Boot und nahm das Kommando in die Hand.
"Zu gleich!" schrie er Ron und Harry zu. "Pullt! Nicht das Ruder in die Luft! Ins Wasser und dann durchziehen...", blaffte er Ron an. "Arrgh..., doch nicht abwechselnd... Zu gleich!" Auch Harry erntete einen strengen Blick, nachdem sich das kleine Ruderboot ungefähr fünf Minuten im Kreis gedreht hatte.
"Was für eine doofe Anstrengung, nur um an etwas Bier zu kommen", maulte Ron. "Wir hätten in den Pub gehen sollen."
Auf dem Fluss herrschte rege Betriebsamkeit, und jedes Boot kämpfte um einen günstigen Platz unter der Brücke. Darauf standen drei riesige Kutschwagen mit imposanten Fässern, die nun nach einigen launigen Worten angestochen wurden. Bier spritzte und floss in alle Richtungen und wurde von durstigen Mündern direkt geschluckt oder in großen Eimern aufgefangen. Ron und Harry hielten ihre Gläser in die Luft.
"Etwas mehr nach rechts...."
"Nein, nach links und dann still stehen bleiben..."
Das Boot schwankte bedenklich, als Harry sich nach rechts und Ron sich nach links lehnte. Nur Seamus stand glückselig am Heck und schluckte und schluckte das Bier, das sich von der Brücke ergoss. Dazwischen stimmte er immer mal wieder in das Lied ein, dessen Töne von einer Band, die auf der Brücke spielte, zu ihnen herunter wehten.
Nach einigen weiteren Liedern machte die Band eine Pause, und es ertönten glockenhelle Stimmen, die ihre Aufmerksamkeit erregten. Als sie näher kamen und Harry verstehen konnte, was sie riefen, konnten seine Begleiter ihm die Verblüffung ansehen.
"SETZT DEN ZAUBEREIMINISTER AB - EURE ZEIT WIRD KNAPP! SETZT DEN ZAUBEREIMINISTER AB - EURE ZEIT WIRD KNAPP!"
Und aus einer anderen Richtung:
"IN DREI WOCHEN SIND WAHLEN - DANN HABEN EIN ENDE EURE QUALEN!"
Aus allen Richtungen schallte es ihnen entgegen:
"WÄHLT COLLINS ZUM MINISTER, DENN DER BESTE IST ER! GEBT IHM EURE STIMMEN, DAMIT IRLAND IN GOLD KANN WIEDER SCHWIMMEN! DIE UNTERSTÜTZUNG DER LAPRECHAUNS HAT ER, DER WEISE GEVATTER! AUCH DIE SIDH SIND AUF SEINER SEITE, DAMIT ER UNSER LAND KLUG LEITE!"
Auf Harrys fragenden Blick hin erklärte einer der Iren, der in dem Boot gleich neben ihrem saß und - sehr verwunderlich - noch recht nüchtern war: "Das sind Propaganda-Elfen. Sie werden von Politikern angeheuert, um deren Wahlkampf zu leiten. Von ihnen sind auch die Slogans."
Und dann erschien ein Drache über ihren Köpfen, der ein großes Banner hinter sich herziehend eine Runde über dem Fluss und den Ort flog.
"DIESES FEST WIRD GESPONSERT VON IHREM KANDIDATEN COLLINS UND SEINEN FREUNDEN DEN LEPRECHAUNS!" stand auf dem Banner.
Harry konnte nur ungläubig den Kopf schütteln, während er auf ein Zeichen von Seamus hin das Boot zum Ufer ruderte, nachdem der Bierstrom versiegt war. Ron hatte einiges mehr intus als Harry und hatte das Rudern nach einigen erfolglosen Versuchen komplett eingestellt, und so ruderte Harry sie alleine zurück.
Kaum dort angekommen, konnte er erkennen, dass auf einem Platz Tische aufgestellt waren, auf denen eine ganze Reihe Flaschen stand. In Seamus Augen trat ein Leuchten, so wie auch in die Augen der anderen, die Harry in seiner Nähe sehen konnte. "Oh, das Wasser des Lebens!"
"HÄ???" machte Ron, erhielt jedoch keine Antwort mehr. Schulterzuckend folgte er dem Strom und zerrte Harry hinter sich her. Schnell hatte er zwei Gläser dieses 'Wassers des Lebens' erkämpft und, nachdem er Harry eines gereicht hatte, daran gerochen. Er schien sichtlich enttäuscht. "Das ist doch nur Feuerwhiskey."
"Wie bitte? Was haben Sie da gesagt junger Mann? Das ist doch kein schnöder Feuerwhiskey! Das ist richtiges, dreißig Jahre gereiftes, nach traditioneller Art, ganz ohne Magie hergestelltes 'Uisge Beatha'!" herrschte ein kleines, runzeliges Männchen im obligatorischen Grün neben ihm Ron an. "Schnöder Feuerwhiskey? Also wirklich... Banause! Lassen Sie das nur nicht die Falschen hören!"
Und während Harry sich noch nach seinem ersten Schluck von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit schüttelte, tippte ihm schon wieder jemand auf die Schulter.
"Potter! Potter! Potter!" Der kleine, dickliche Mann schüttelte den Kopf, sodass sein Fettpölsterchen am Doppelkinn bedenklich von seiner Seite zur anderen schwappte. Sein dunkelgrünes Tweed-Cape sah inzwischen eher braun aus und hatte einige unschöne Flecken. "Sie trinken hier, und meine politischen Gegner missbrauchen den St. Patrick's Day zu Wahlkampfzwecken!"
Der irische Zaubereiminister Miles O'Brien schluchzte theatralisch auf und nahm sich dann selbst einen Becher Whiskey. "Ich sage doch", lallte er zwischen zwei großen Schlucken, "die Leprechauns haben sich gegen mich und ganz Irland verschworen. Und Collins, dieser dreckige Schafhirte, macht auch noch mit. So kann das nicht weiter gehen! Ich muss etwas unternehmen!"
Er knallte seinen Whiskeybecher auf den nächsten Tisch und sprang dann selbst bedenklich schwankend hinterher. Mit heiserer und doch lauter Stimme begann er zu sprechen: "Zauberer! Mitbürger! Freunde! Hört mich an! Ich Euer Zaubereiminister, Miles O'Brien…"
Weiter kam er nicht, denn zuerst streifte ihn das Banner eines äußerst tief fliegenden Drachen an der Stirn. Das brachte ihn derartig aus dem Konzept, dass er vergaß, was er sagen wollte, und sich stattdessen mit einem lauten Rums auf den Hosenboden setzte.
Zugleich näherte sich dem Platz mit den Whiskey-Tischen eine Gruppe Hexen und Zauberer in langen, schwarzen Umhängen. Sie trugen alle leuchtende Abzeichen an der Brust, auf denen in hellen Buchstaben "Auroren-Vereinigung" stand.
"WIR WOLLEN UNSERE JOBS ZURÜCK!" skandierten die gefeuerten Ex-Auroren und umringten wütend den Tisch mit dem Zaubereiminister.
"Die Leprechauns sind schuld!" quiekte Miles O'Brien. "Diese hinterhältigen Kerle sind an allem schuld!"
Und obwohl niemand eindeutig auf der Seite des Zaubereiministers war und auch niemand wirklich gegen die Ex-Auroren war im Handumdrehen eine zünftige Keilerei im Gange. Harry und Ron standen urplötzlich in einem Hagel aus fliegenden Fäusten, Gläsern, Tischen und Fässern.
"Iontach!" rief Seamus übermütig aus. Und: "Ionsaí!" Er konnte zwar kaum noch geradeaus schauen, strahlte aber über das ganze Gesicht. "Dieses Jahr haue ich sie alle um! Schade, dass ich kein Holzbein habe, sonst könnte ich mir eine Kerbe reinschnitzen für jeden Typen, den ich umhaue!"
Harry und Ron wechselten einige unangenehme Blicke. Dann brachten sie ihre Gläser und sich selbst in einem Hauseingang in Sicherheit, während auf dem Platz und in den Seitenstraßen eine wilde Massenrauferei tobte.
"Die spinnen, die Iren", wiederholte Ron nun zum wiederholten Mal, betrachtete jedoch gleichzeitig fasziniert die Faustkämpfe um ihn herum. "Ob man da nicht helfen sollte? Aber wem? Ach, egal..." Er warf sein Glas zur Seite und mischte sich unter die Masse noch bevor Harry etwas sagen konnte.
Dafür tauchte das klugscheißerische, grüne Männchen wieder an seiner Seite auf.
"Wie schon die berühmte Hexe Wiki Pedia an die Ufologen schrieb:
Eine Schlägerei ist eine gewalttätige Auseinandersetzung mindestens zweier Personen. In der Mehrzahl der Ereignisse schlagen sich Männer. Eine amerikanische Studie sieht darin einen Zusammenhang zwischen hormoneller Einstellung (Testosteron), juveniler Entwicklung und der Gewaltanwendung bei Auseinandersetzungen.
Die Schlägerei besteht aus dem gegenseitigen Austausch von Schlägen und hat in der Regel eine Vorgeschichte. Oft spielt Ehre oder Stolz eine große Rolle. Des Weiteren erhöht in diesem Zusammenhang häufig Alkoholkonsum die entsprechende Gewaltbereitschaft. Mit zunehmender Teilnehmerzahl wird eine Schlägerei oft auch als Massenschlägerei bezeichnet."
Noch bevor Harry fragen konnte, was es mit dieser ominösen Hexe Pedia auf sich hatte, die hier schon öfter zitiert worden war, wurde seine Aufmerksamkeit von einem weiteren Leprechaun abgelenkt, der auf halber Höhe an seiner Jacke zupfte.
"Eine kleine Wette? Auf ihren grünhaarigen Freund? Nur 10 Galleonen. Die Quote ist allerdings schlecht... 57:1! Aber, wenn er doch gewinnen sollte, könnten Sie ein reicher Mann werden."
"Ich wette doch nicht darauf, dass mein Freund windelweich gehauen wird!" protestierte Harry, aber der Buchmacher-Leprechaun hatte sich schon schulterzuckend wieder getrollt. Dafür huschte Ron kurz am Hauseingang vorbei.
"Die sind echt irre, die Iren!" keuchte er und reckte beide Daumen in die Höhe. Er hatte ein blaues Auge und sein linkes Ohr war rot und geschwollen. Außerdem blutete er leicht aus einem kleinen Riss auf der rechten Wange, und irgendwie wirkten seine Schneidezähne schiefer als sonst. "Die spinnen, die Iren!"
"Nicht alle Iren und nicht die ganze Zeit!" korrigierte ihn eine weibliche Stimme. Die Haustür, vor der sie standen hatte sich geöffnet, und hinter Harry stand nun Shana O'Malley, die Wirtin der Pension, in der Harry, Ron und Phil Munroe während ihres Aufenthalts auf der grünen Insel wohnten.
"Alkohol und diese spezielle St.-Patrick's-Day-Magie machen wilde Tiere aus unseren Lads!" meinte sie kopfschüttelnd und gleichzeitig voller Zuneigung. "Aber in diesem Jahr ist es irgendwie besonders schlimm!" Harry konnte nur zustimmend nicken.
In den Straßen hatten mittlerweile die Fäuste aufgehört zu fliegen. Stattdessen hatten sich lange Menschenketten gebildet, in denen vor allem Männer die Arme untergehakt hatten und nun wieder zu einem Stimmungslied schunkelten.
Doch schon im nächsten Augenblick war die Luft wieder erfüllt von wütenden Sprechchören.
"ST. PATRICK WAR EIN LEPRECHAUN! ST. PATRICK WAR EIN LEPRECHAUN!"
Eine ganze Horde der kleinen Kerlchen marschierte über den Platz und die Straßen am Fluss entlang und schwenkte aufgebracht ihre Hüte in den geballten Fäusten über sich in der Luft.
Zur gleichen Zeit regnete es jede Menge grüner Kleeblätter auf die Straßen und Plätze. Sie waren alle vierblättrig. Harry hob eins auf und in silberner Schrift stand darauf geschrieben:
"MICHAEL COLLINS FOR MINISTER!"
Der Leprechaun mit dem großen Wissen über die Schriften der Enzyklopädie-Hexe Wiki Pedia hatte sich an die Spitze seiner protestierenden Artgenossen gesetzt, betrachtete ebenfalls die Kleeblätter und grinste zufrieden. Neben ihm ging ein großer, dünner Mann mit langen, zotteligen Grauhaaren und einer dicken Knubbelnase.
"Das ist Michael Collins!" japste Shana O'Malley neben Harry. Aus der Gegenrichtung kam der Zaubereiminister mit einigen Begleitern hinter sich genau auf Collins und die Leprechauns zu. "Jetzt wird es interessant!"
Doch Harry war abgelenkt von einem Spruchband, das knapp über ihren Köpfen vorüberwehte. Es wurde gezogen von einer ganzen Schar junger Hexen und Zauberer, die auf Besen flogen und alle eine verblüffende Ähnlichkeit mit Miles O'Brien hatten.
"O'BRIEN IST UNSER MANN!" war darauf in blutroten, zerlaufenen Buchstaben zu lesen. Die Flieger setzten zur Landung an und stellten sich O'Brien zur Seite.
Und so kamen die beiden verfeindeten Gruppen zum Stehen, mit einem Abstand von nur wenigen Metern und dem Hauseingang, in dem Shana, Ron und Harry standen, zwischen sich. Eine gespannte Ruhe kehrte ein, die aber sogleich wieder vom offensichtlichen Anführer der Leprechauns gebrochen wurde.
"Wie schrieb schon Wiki Pedia, die weise, alte Enzyklopädie-Hexe in ihrem Brief an die Kreuzritter?" schleuderte er dem Zaubereiminister und seinen Leuten entgegen.
"Michael Collins oder irisch Micheál Ó Coileáin wurde geboren am 16. Oktober 1890 in Sam's Cross, nahe Clonakilty, in der Grafschaft Cork und ist nicht gestorben am 22. August 1922 in Béal na mBláth - irisch für 'Mund der Blumen' - nahe Bandon, ebenfalls in der Grafschaft Cork. Er war ein Führer des irischen Unabhängigkeitskampfes von 1919 bis 1922, ein Mitglied der Delegation, welche den Anglo-Irischen Vertrag aushandelte, Vorsitzender der Provisorischen Regierung und Oberbefehlshaber der irischen Streitkräfte und ist der beste Zaubereiminister, den dieses Land jemals haben wird!"
"Dieser Mann ist ein Betrüger!" keifte Miles O'Brien. "Und der echte Michael Collins ist am 22. August 1922 gestorben!" Er zitterte und sein ganzer, speckiger Körper waberte vor Aufregung. "Dieser dreckige Schafhirte da kann ja nicht mal Milch in Butter oder Käse verwandeln! Wie will er da alle irischen Hexen und Zauberer regieren? Und ihr hinterhältigen Leprechauns habt das ganze Gold des Ministeriums gestohlen!"
"Wenn hier einer stiehlt, dann bist Du das, Du Schwindelminister!" Harry brauchte einen Moment, bis er erkannte, dass es Michael Collins war, der da mit einer hohen Fistelstimme sprach.
"Außerdem", polterte O'Brien zurück, "ist der St. Patrick's Day nicht die Zeit für Wahlkämpfe!"
Lautes Gejohle erklang auf beiden Seiten, und die beiden Gruppen, die sich gerade noch gegenüber gestanden hatten, fielen über einander her. Collins und O'Brien packten sich gegenseitig bei der Gurgel und wälzten sich über die Straße. Leprechauns hatten sich mit Zähnen und Klauen in Hosenbeinen verbissen oder knüppelten mit kleinen Gehstöcken gegen Schienbeine. Die gefeuerten Ex-Auroren verteilten Faustschläge, mehr oder weniger wahllos, wie Harry fand. Kleeblätter und Spruchbänder sowie Tische und Stühle wurden zerfetzt und verwandelten sich zusammen mit den Kämpfern in eine undurchsichtige Staubwolke.
Da übertönte ein gewaltiger Gongschlag den Schlachtenlärm, und eine klare, vom vielen Singen im Pub geschulte Stimme, ließ alle raufenden Herren und Wesen für einen Moment innehalten.
"SEID IHR DENN ALLE VON DER WILDEN BANSHEE GEBISSEN?"
Harry dröhnte der Kopf vom Widerhall des Gongs, den Shana O'Malley herbeigezaubert hatte, und er hielt sich die Ohren zu, so laut war ihre Stimme.
"HÖRT SOFORT AUF! WAS HABEN SIE EUCH DENN HEUTE INS BIER UND IN DEN WHISKEY GETAN? SCHLUSS JETZT MIT DIESER EWIGEN KEILEREI!"
Collins und O'Brien hielten sich an den Aufschlägen der Umhänge des jeweils anderen fest und sahen benommen zur Pensionswirtin herüber. Sie knurrten sich noch wütend an, aber scheinbar schien keiner mehr ohne den anderen auf den eigenen Beinen stehen zu können.
"Wir brauchen eine Schlichtung!" quiekte Collins.
"Verhandlungen! Verhandlungen!" krächzte O'Brien.
"Wir brauchen einen Schiedsrichter!" entgegnete Collins.
"Potter macht das!" O'Briens dicker Zeigefinger wies auf Harry. "Potter kann das!"
Und im Nuh war ein großer, runder Verhandlungstisch auf das Straßenpflaster vor dem Hauseingang gezaubert. Und obwohl dieser Tisch rund war, schafften es Collins und O'Brien und ihre jeweiligen Unterstützer, sich genau gegenüber voneinander zu platzieren, mit Harry, Ron und Shana O'Malley irgendwo als Puffer zwischen ihnen.
Der klugscheißende Leprechaun saß im Schneidersitz genau in der Tischmitte und jonglierte mit einigen großen Goldmünzen.
"Und Wiki Pedia schrieb im zweiten Kapitel ihres fünften Briefes an die Hobbydramatiker:
Der Leprechaun ist ein Feenwesen aus der irischen Mythologie und gehört zu den Naturgeistern. Er wird oft mit dem verborgenen Gold am Ende des Regenbogens in Verbindung gebracht wird. Der Leprechaun gilt neben der irischen Harfe als Wahrzeichen Irlands."
"Der Leprechaun ist ein hinterhältiger Trickser und Falschspieler!" polterte Miles O'Brien und donnerte mit beiden Fäusten auf den Tisch. "Er verbreitet nur Lügen und Unwahrheiten und missbraucht das Wort der weisen Pedia!"
"Und O'Brien ist ein Unterschläger, und hat nur noch seine riesige Familie hinter sich", ließ Michael Collins seine ungewöhnlich hohe Stimme ertönen.
Harry fiel auf, dass die Besenflieger, die das PRO-O'Brien Banner zwischen sich getragen hatten, hasserfüllt die Fäuste ballten. Wenn das nicht Söhne und Töchter des Zaubereiministers waren, wollte er augenblicklich einen versalzenen Teller Irish Stew roh und auf einmal schlucken.
"Meine Frau meint auch, dass ich sowieso der bessere Zaubereiminister bin!" fuhr Collins fort. "Und außerdem sehe ich viel besser aus als der da, sagt meine Frau!"
Und plötzlich waren alle Augen auf ihren Schlichter und Schiedsrichter gerichtet, als erwarteten alle seine Zustimmung oder irgendeine gerechte und weise Entscheidung.
Harry ließ seinen Kopf mit einem dumpfen *Klonck!* auf den Tisch fallen.
"Au", klagte er leise. 'Wie bin ich nur hier rein geraten?' fragte er sich nun schon zum wiederholten Male. 'Was habe ich dem Schicksal getan, dass es mich hierher gebracht hat?'
Und er wusste kaum noch, warum ihm der Kopf so schwer geworden war, ob vom übermäßigen Alkoholkonsum oder von all den sinnlosen Diskussionen und Streitereien.
"Uncool!" keuchte Ron irgendwo in seiner Nähe.
'Ha, der hat gut reden. Er wird ja auch nicht für so einen... Unsinn eingespannt. Warum reagieren die Leute nur immer so... so... ahgrr... wenn sie den Namen Harry Potter hören oder gar die Narbe sehen? Warum nochmal bin ich nicht ausgewandert? Irgendwo hin, wo man noch nie von mir gehört hat? Auf den Mond oder den Mars? Gibt es da nicht diese magische Kolonie auf dem Mars? Habe ich nicht mal so etwas gehört? Ob die da Nachrichten von der Erde bekommen? In dem Fall hätte ich da auch keine Ruhe. Mmmh…'
Harry wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er spürte, wie ihm jemand auf die Schulter klopfte. Resignierend hob er seinen Kopf und sah die versammelte Runde an, die noch immer auf seine Entscheidung wartete. "Äh... ja... sollte das nicht besser eine Frau entscheiden. Ich meine, da bin ich nun nicht der richtige Ansprechpartner."
Harry hörte ein Kichern, das eindeutig von Ron kam. 'Dieser... dieser... grummel...' Ihm wollte einfach keine Bezeichnung für seinen "Freund" einfallen. Zumindest hatte man sich jetzt mit der Entscheidung der äußerst wichtigen Frage über das Aussehen der beiden Minister-Kandidaten Shana O'Malley zugewandt.
"Tja, also..., kommt es nicht viel mehr auf die innere Schönheit an?" versuchte sie sich rauszureden. Aber keine Chance.
"Und wessen 'innere Schönheit' ist schöner?" blaffte O'Brien sie an.
"Wenn Sie es denn unbedingt wissen wollen", motzte Shana zurück, "dann muss ich Sie leider davon in Kenntnis setzen, dass Ihr Rivale Ihnen da haushoch überlegen ist!!!"
Plötzlich war ein lautes *PLOPP!* zu hören, allerdings kein Apparations-Plopp. Harry sah sich verwirrt nach der Geräuschquelle um und ließ seinen Blick über die anwesenden Personen schweifen. O'Brien sah äußerst missmutig und verärgert aus. Blitzte da Enttäuschung in seinen Augen auf? Shana sah plötzlich ganz verzückt drein. Collins ... 'Halt! Was war das? Collins? Collins? HÄ????'
Dort, wo eben noch ein eher unansehnlicher, großer, dünner Mann mit langen, zotteligen Grauhaaren und einer dicken Knubbelnase gesessen hatte, da saß nun ein großer und sportlicher Mann, etwa Ende 30, der Selbstbewusstsein und vor allem Autorität ausstrahlte.
'Was ist denn nun los?' fragte sich Harry.
Der Mann stand auf und ging auf Shana zu, verbeugte sich, ergriff ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. Mit einer tiefen und angenehmen Stimme hauchte er: "Ich danke Ihnen, meine teure Dame! Sie haben den Fluch gebrochen, mit dem dieser", er zeigte auf Minister O'Brien, "Verbrecher mich belegt hat. Danke!"
"Nichts zu danken. Gerne geschehen." Shana schien kurz davor zu sein, vor Verzückung in Ohnmacht zu fallen. Kaum hatte der Mann, der dann wohl der wahre Michael Collins war, ihr den Rücken gekehrt, fächelte sie sich hektisch Luft zu und seufzte wiederholt.
"Ich denke, wir können diese Farce jetzt beenden!" meinte Collins. DA konnte ihm Harry nur zustimmen. "Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, Mister Potter." Harry nickte ihm nur zu. Was wohl noch alles passieren würde an diesem verrückten Tag?
Und bevor er es sich versah, hatten sich schon wieder zwei streitende Lager gebildet. Magische Wesen wie Leprechauns, Kobolde, Elfen und andere auf der einen und die Menschen auf der anderen Seite.
"Verbrecher!" rief ein Leprechaun aufgebracht.
"IHR seid die Verbrecher!" rief die andere Seite. Allen voran O'Brien, der wieder etwas von gestohlenem Gold schrie.
Harry konnte kaum ausmachen, wer wem was vorwarf, als ein alles übertönender Schrei verkündete:
"UND ST. PATRICK WAR DOCH EIN LEPRECHAUN!"
'Na, wenn die keine anderen Probleme haben', dachte Harry kopfschüttelnd. Er sah im Geiste schon wieder die Fäuste fliegen, da trat Collins zwischen die beiden streitenden Parteien. Er wandte sich den Leprechauns zu und sagte nur ein Wort: "Beweise!"
Und schon war Ruhe. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion, jedoch ohne jegliche Aggressivität.
Während Ron interessiert dem Informations- und Meinungsaustausch lauschte, beobachtete Harry Michael Collins, der lächelnd auf ihn zukam eher misstrauisch. Denn was keiner außer ihm gesehen zu haben schien, war, dass er, während er sich den Leprechauns zugewandt hatte, hinter seinem Rücken in Richtung Menschen unauffällige, sparsame Bewegungen mit seinem Zauberstab vollführt hatte.
Als Collins bei Harry ankam und seine verschlossene Miene sah, fing er an zu lachen und meinte dann beruhigend: "Deeskalationszauber. Die wirken bei Leprechauns und vielen anderen magischen Wesen leider nicht. Bei ihnen muss man anders vorgehen, wenn man weiß wie. Ich möchte mich Ihnen noch einmal ordentlich vorstellen: Ich bin Michael Collins, der baldige irische Zaubereiminister. Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mister Potter." Harry ergriff die ihm dargebotene Hand. "Freut mich auch."
"Tja, man muss schon wissen, wie man mit ihnen umgeht, mit den Leprechauns. Das sind sehr empfindliche Wesen. Leicht zu kränken. Der baldige Ex-Zaubereiminister hat dafür absolut kein Händchen. Eigentlich sind sie friedliebende, lebensfrohe und vor allem äußerst wissbegierige und an allem interessierte Wesen. Eine friedliche Diskussion ziehen sie einem Faustkampf vor. Allerdings gehen sie einem Kampf auch nicht aus dem Weg. Daher meine Bitte um Beweise. Das hat sie effektiv von einem Kampf abgelenkt. Keiner kann sie schlagen, wenn es ums Diskutieren geht. Sie werden sehen, Mister Potter, am Ende glaubt jeder hier, dass St. Patrick ein Leprechaun war."
Wieder lachte Collins fröhlich, bevor er wieder ernst wurde. "Es tut mir leid, dass der bald scheidende Minister Sie in diese unselige Angelegenheit mit reinziehen wollte. Das ist alles ganz allein seine Schuld! Er war schon immer eifersüchtig auf mich, und er weiß, dass er nur wenige Chancen hat, wiedergewählt zu werden. Nicht bei dem, was er angestellt hat. Und er irrt sich, wenn er glaubt, dass das keiner weiß!
Sie müssen wissen, er hat die Leprechauns zutiefst beleidigt. Die Leprechauns verwalten den irischen Staatsschatz. Sie schützen ihn und sie vermehren ihn. Es wird gemunkelt, dass sie sogar in Muggeldinge investieren. Irgendwas mit Solar und Wind. Keine Ahnung. Aber sie liegen nie falsch! Machen niemals Verluste!
Der demnächst gewesene Minister hat jedoch beschlossen, Gold bei den Kobolden anzulegen. Und zwar in seeehr dubiose Geschäfte. Damit hat er die Leprechauns gekränkt - und zudem einiges Gold verloren. Daraufhin hat der Oberste Rat der Leprechauns beschlossen, den Goldhahn zuzudrehen. Tja, sobald O'Brien weg ist, werden wir keine monetären Probleme mehr haben. Mir wird so etwas nicht passieren. Ich bin sozusagen ein Leprechaun-Experte. Habe sogar welche in meinem Stammbaum, ist schon einige Generationen her, aber immerhin."
DAS konnte Harry dann doch nicht so ganz glauben. Aber ihm war Michael Collins für den Moment sehr sympathisch.
"Ja, Mister Potter, man muss wissen, wie man mit ihnen umzugehen hat. Vielleicht schreibe ich eines Tages ein Buch, einen Leitfaden für meine Nachfolger: 'HOW TO HANDLE A LEPRECHAUN'. Doch genug davon. Heute ist ein Feiertag! Politik und Wahlkampf können wir auch morgen wieder machen!" Laut rief er in die Runde: "Freibier für alle! Und Musik! Wir müssen singen und tanzen!"
Ein schräges Jaulen erklang, als hätte jemand einem Drachen auf den Schwanz getreten. Harry sah sich mit gerümpfter Nase um und entdeckte eine Gruppe von Musikern mit kleinen, irischen Dudelsäcken. Davor drehte sich etwa ein halbes Dutzend kleiner Leprechaun-Frauen im Tanz. Ihre langen, roten Haare unter ihren grünen Hüten wehten im Takt der Musik. Eine Gesangsgruppe aus wunderschönen Hexen sang dazu die alte, irische Volksweise:
Ein schnarrendes Kichern erklang. Harry saß noch immer am runden Verhandlungstisch und blickte dem Anführer der Leprechauns nun direkt in die Augen, als er den Kopf leicht zur Seite drehte. Nur ein kleiner Schritt nach vorne und die Nase des kleinen, bärtigen Manns mit den spitzen Ohren hätte seine berührt.
"HOW TO HANDLE A LEPRECHAUN?" gluckste der Kleine. "Dass ich nicht lache! Es gibt nur einen Weg, einen Leprechaun zu behandeln, und das ist, ihn einzufangen. Stell' eine Falle auf, tu' eine Goldmünze hinein, und wir können nicht widerstehen. Fessele uns mit einem Seil, und wir werden Dir den Weg zu unserem versteckten Goldschatz zeigen. So haben es die Hexen und Zauberer, ja früher sogar viele Muggel, seit Jahrhunderten lang gemacht.
Das waren noch Zeiten, als selbst die Muggel noch an Magie glaubten. Jede Leprechaun-Familie lebte auf ihrer eigenen Menschenfarm. Wir ärgerten Mann und Frau und Kind und Huhn und Kuh und Schaf und Pferd. Oder wir halfen ihnen still und heimlich, je nach Lust und Laune.
Und heute? Die Bauernhöfe werden zu Nahrungsfabriken. Die Menschen zieht es in große Städte, wo sie in Hochhäusern leben und arbeiten. Hast Du schon mal versucht, einen Kessel voller Gold in einem Großraumbüro zu vergraben?"
Als Harry verneinend den Kopf schüttelte, kam der klugscheißerische Leprechaun noch näher an ihn heran und sprach so leise in sein Ohr, dass ihn niemand sonst verstehen konnte: "Wir verstehen gar nichts vom Geldmarktgeschäft, wenn Du es wissen willst. Und unsere 'Investitionen', wie Collins es nennt, haben die Muggelwirtschaft in eine Krise gestürzt. Wir können das Gold nur einsammeln und sicher verwahren. Aber wenn keins mehr da ist…". Er zuckte bedauernd die Schultern.
"Die weise Hexe Wiki Pedia", fuhr der kleine Kerl noch immer im verschwörerischen Flüsterton fort, "hat sonst zu allen Dingen einen Brief an alle möglichen Gruppen geschrieben, auch wenn die es meistens gar nicht lesen und hören wollten. Aber für jemanden wie diesen Michael Collins hatte sie nur eine kleine Randnotiz in einem Memo an die magische Müllentsorgung übrig."
Harrys Augen folgten dem ausgestreckten und geschnitzten Gehstock des Leprechauns, dessen Spitze jetzt auf den attraktiven Ministerkandidaten zeigte. Dieser war umringt von einer Schar junger Hexen, die bei jedem seiner Worte und jeder seiner Gesten in hysterisches und verzücktes Lachen und Kichern ausbrachen. Und obwohl er eigentlich das Gegenteil verkündet hatte und heute keinen Wahlkampf mehr machen wollte, verteilte er kleine Bildchen mit seinem ansehnlichen Gesicht und der Aufschrift:
"WÄHLT COLLINS ZUM MINISTER!"
Shana O'Malley, die einer Pub-Bedienung dabei half, Bier und Whiskey auszuschenken, warf diesem Treiben einige skeptische und missbilligende Blicke zu.
"Ein Blender, so schreibt die weise Pedia", verkündete der Leprechaun, "ist ein Angeber, ein Mensch, der jemanden blendet, also betrügt - mit anderen Worten ein Betrüger, ein Hochstapler! Aber das sind nicht die 'Irish Ways'. Denk mal darüber nach, Harry Potter!" Und schon war er verschwunden.
Aber Harry blieb keine Zeit, sich Gedanken über die Worte des kleinen Wesens zu machen. Seamus Finnigan hatte sich neben ihn an den Tisch gehockt und ihm die flache Hand auf die Schulter gelegt. "Was hockst Du hier rum, Kumpel? So ganz auf dem Trockenen?"
Er hob seine freie Hand und schon im nächsten Augenblick hatten sie zwei Krüge mit grün gefärbtem Bier vor sich stehen. Ron war auch wieder da und prostete ihnen strahlend zu.
"Das Fest ist fast vorbei!" erklärte Seamus. "Wenn wir uns nicht beeilen, dann finden wir keinen guten Platz mehr am Fluss zum großen Abschlussfeuerwerk!"
Und so machten sie sich in der Abenddämmerung auf den Weg zu den Ufern des River Banns, auf dem schon hunderte Boote und kleine Schiffe schwammen, von denen aus Hexen und Zauberer bunte Raketen in den Himmel zaubern sollten.
"Schade, dass der Auroren-Austausch bald wieder zu Ende ist. Habt ihr was von den Paraden mitbekommen?"
Entgeistert sahen Harry und Ron Phil Munroe, ihren Mitauszubildenden an. 'Woher kommt der denn plötzlich wieder?' fragte sich Harry. 'Erst verschwindet er für Stunden und jetzt tut er, als wäre er nie weg gewesen.'
"Übrigens, Deine Haare sind immer noch grün, Ron", meinte Phil beiläufig und redete stockend weiter, während Ron kopfschüttelnd Harrys Haarfärbezauber endlich wieder rückgängig machte, nachdem er sich in der spiegelnden Wasseroberfläche betrachtet hatte.
"Ich habe gehört, die Green-Sorcerer-Parade soll echt klasse gewesen sein dieses Jahr. Alle haben sich wieder viel Mühe gegeben. Habe ich mir sagen lassen", stammelte Munroe.
Dann murmelte er eine umständliche und unverständliche Geschichte über eine Blumenelfe, die ihn entführt und stundenlang gefangen gehalten hätte. Doch als eine irische Schönheit neben ihm auftauchte, die ihm eine Hand um die Hüfte legte und raunte: "Du hast Dein Feierglas auf meinem Sofa vergessen, Sweety!" wurde Harry grinsend klar, dass diese Elfe wohl eher eine reizvolle, junge, irische Blumenverkäuferin gewesen sein dürfte.
Dann erleuchteten bunte Gemälde aus Funken und Flammen die Nachtluft, als das Feuerwerk den Himmel über Irland zum Glühen brachte und den St. Patricks Day damit festlich ausklingen ließ.
Nicht lange nach einem letzten Schluck Kleetrunk aus dem Brunnen mit der Selkie-Figur und nachdem sich Harry und Ron von ihrem alten Freund und Mitschüler Seamus Finnigan verabschiedet hatten, sanken sie müde und erschöpft, aber auch irgendwie zufrieden und berauscht von den Erlebnissen dieses Tages in ihre warmen, weichen Pensionsbetten.
Am nächsten Tag war dann tatsächlich der Auroren-Ausbildungs-Austausch plötzlich beendet, etwas überraschend und verfrüht, denn eigentlich hatten sie noch eine weitere Woche auf der grünen Insel verbringen sollen. Der noch amtierende Zaubereiminister Miles O'Brien drückte den drei britischen Auszubildenden persönlich ihre Schiffstickets in die Hände mit den Worten, er könne sie jetzt nicht mehr gebrauchen und müsse sich voll und ganz auf seine Wiederwahl konzentrieren. Also reisten Harry und Ron und Phil schon wenige Stunden später ab.
Zurück in London blieb Harry wieder kaum Zeit, über seine irischen Erlebnisse nachzudenken. Der spannende und aufregende Alltag eines angehenden Auroren und sein romantisches Wiedersehen mit seiner großen Liebe Ginny lenkten ihn sehr schnell ab und ließen seine irischen Begegnungen und Erfahrungen etwas in den Hintergrund treten.
Erst als Ron ihm einige Wochen später in der Frühstückspause den Tagespropheten reichte, kamen die Erinnerungen mit einem Schlag zurück. "Schau' mal", meinte Ron und kaute an einem Mund voll Schokofröschen, "wer in Irland neuer Zaubereiminister geworden ist!"
Harry biss noch einmal von seinem Sandwich ab und nahm die Zeitung an sich. Seine ersten Blicke fielen auf die Schlagzeile:
"ERSTE FRAU ZUM ZAUBEREIMINISTER DER MAGISCHEN REPUBLIK ÉIRE GEWÄHLT"
In kleineren Buchstaben konnte er lesen:
"Die vereinigte Gemeinschaft der Hexen und Zauberer der grünen Insel Irland hat erstmals in ihrer Geschichte einen weiblichen Zaubereiminister. Nachdem sich alle männlichen Kandidaten bereits im Vorfeld als Betrüger, Hochstapler und Blender entpuppt hatten, wählten die Iren am letzten Freitag die ehemalige Pensionsbesitzerin Shana O'Malley zur neuen Leiterin ihres Ministeriums. Unser Bild zeigt sie kurz nach Bekanntgabe ihres erdrutschartigen Sieges beim Händeschütteln mit Beag Fear, dem Vertreter des Obersten Rats der Leprechauns, der ihr vor allem in der Bewältigung der irischen Finanzkrise seine volle Unterstützung zusagte."
Das bewegte Bild neben dem Artikel zeigte, das freundliche Gesicht Shana O'Malleys, das der magischen Kamera zugewandt war, während sie, auf ein Knie gebeugt, dem kleinen, klugscheißenden Leprechaun, die Hand gab. Dieser lächelte ebenfalls zur Seite, und das Zwinkern seiner pfiffigen, grünen Augen schien allein für Harry bestimmt zu sein.
'Das kam jetzt etwas überraschend!' dachte Harry noch, dann murmelte er kopfschüttelnd: "The Irish Ways! Who understands the Irish Ways?"
"Au", klagte er leise. 'Wie bin ich nur hier rein geraten?' fragte er sich nun schon zum wiederholten Male. 'Was habe ich dem Schicksal getan, dass es mich hierher gebracht hat?'
Nun, daran, dass er HIER war, war er selbst schuld. Er war in seinem zweiten Jahr der Aurorenausbildung, und man hatte ihm angeboten - also nicht nur ihm, sondern allen Auszubildenden - an einem 'Schüleraustausch' teilzunehmen. Da Harry England noch nie verlassen hatte, außer um nach Hogwarts zu kommen, welches in Schottland lag, und während ihrer Horkrux-Suche-und-Finde-Camping-Tour, während der er nun wirklich Besseres zu tun gehabt hatte, als die 'Reise' zu genießen, hatte ihn die Aussicht, mal raus zu kommen, begeistert. Auch, wenn es 'nur' nach Irland ging und damit nicht zu vergleichen mit Hermine, die Ron in den letzten beiden Jahren nach Frankreich und Spanien geschleppt hatte. Oder Ginny, die mit ihrer Quidditch-Mannschaft schon in verschiedenen Ländern auf verschiedenen Kontinenten zu Spielen gewesen war. Wenn er allerdings geahnt hätte, was auf ihn zukommen würde...
Es war Mitte März, und der St. Patrick's Day endlich angebrochen. Das war nicht nur ein Feiertag bei den irischen Muggeln, sondern auch die irischen Zauberer und Hexen feierten diesen Tag. Es war sogar einer der höchsten ihrer Feiertage. Die Muggel würden es zwar nie glauben, aber St. Patrick war ein Zauberer gewesen - behaupteten zumindest die Iren. Ob das wirklich stimmte, bezweifelte Harry. Er hatte keine Hinweise in irgendeinem Buch finden können. Er hatte den Verdacht, dass sie einfach einen Grund zum ausgelassenen Feiern gesucht - und gefunden - hatten. Die gesamte magische Gemeinschaft - nicht nur Menschen, sondern auch alle anderen magischen Wesen - spielte in den Tagen um dieses Datum herum völlig verrückt! Und Harry war mitten hinein geraten!
Dabei hatte der Tag so schön begonnen. Die Sonne schien strahlend hell vom Himmel, trotz der noch kühlen Temperaturen...
Dick eingemummelt machte sich Harry zusammen mit seinen Mitstudenten Ron Weasley und Phil Munroe auf den Weg zur Parade, die in Ballymoney, einem kleinen Ort an der Küste stattfinden sollte. Hier lebten Muggel und Zauberer schon seit Jahrhunderten friedlich miteinander, und der Höhepunkt war in jedem Jahr die Parade zum St. Patrick's Day, die vom Dorfplatz aus starten sollte.
Doch bevor sie aus der Tür treten konnten, wurden sie von Shana O'Malley aufgehalten. "So geht das aber nicht, Jungs! Da fehlen noch wichtige Details in eurem Outfit." Mit gekonnten Strichen malte sie den drei Jungs grüne Kleeblätter auf die Wangen, betrachtete ihr Werk kritisch und zauberte dann noch drei grüne Mützen herbei.
"Irgendetwas fehlt aber noch. Ich komme nur nicht drauf", murmelte sie in ihren nicht vorhandenen Bart. Sie trat zwei Schritte zurück, legte den Kopf leicht schief und betrachtete die drei minutenlang, ohne sich zu rühren. Irritiert wechselten die Jungs ein paar Blicke, und Ron fragte halblaut, ob sie nun in Trance gefallen wäre.
"Ah, ich denke, das war's!" meinte Shana nachdem sie jedem ein - wohlgemerkt - leeres Glas in die Hand gedrückt hatte. Den Jungs standen die Fragezeichen praktisch ins Gesicht geschrieben. "Und nun los! Raus mit Euch. Habt Spaß!" scheuchte sie sie hinaus.
Harry hatte das Dorf noch nicht in voller Dekoration gesehen und war schlichtweg überwältigt. Grün. Alles war grün! Ein Blick zu Ron zeigte ihm deutlich, dass sich diese Farbe mit dessen rotem Haar auf brutalste Weise biss. Ob er sie ihm vielleicht grün färben sollte? Gesagt, getan.
'Schon besser', dachte Harry sich schmunzelnd und bewunderte weiter das Dorf. Die Feierlichkeiten würden eine ganze Woche andauern. Und jeden Tag gab es mindestens eine Parade: Die der Hexen, die Green-Sorcerer-Parade, eine der Kobolde und eine der Leprechauns und noch einige andere. Harry hatte sogar das Gerücht von einer Banshee-Parade gehört - aber DAS konnte einfach nicht stimmen!
Harry sah sich um und bewunderte den großen Brunnen mit der Selkie-Figur darauf, die Wasser spuckte. Obwohl... Die Flüssigkeit war grün, und er sah immer wieder Leute mit Gläsern die Flüssigkeit auffangen und dann trinken. Das würde dann wohl ihre leeren Gläser erklären. Ob er auch mal probieren sollte?
Doch bevor er seine Gedanken in die Tat umsetzen konnte, wurde er durch lautstarken Lärm und Getöse abgelenkt, das aus dem örtlichen Pub hervorkam. Schon flog die Tür auf und ein Pulk von etwa 20 Personen ergoss sich ineinander verkeilt auf die Straße. Die Fäuste wirbelten in alle Richtungen und Zauberflüche flogen wild durcheinander. Der Instinkt eines angehenden Aurors steckte schon tief in Harry, und so war sein erster Gedanke: 'Überfall! Deatheaters!'
Doch dann realisierte er, dass die übrigen Passanten keineswegs besorgt waren, sondern sich köstlich zu amüsieren schienen. Vereinzelt gab es auch Anfeuerungsrufe, und kleine Männchen mit roten Bärten und grünen Hüten schienen Wetteinsätze entgegen zu nehmen, denn Knuts und Sickel wechselten eifrig den Besitzer.
"Ich glaub 's nicht", erklang plötzlich Rons Stimme neben ihm. "Das ist doch Seamus!"
Und tatsächlich, mitten im Pulk kämpfender Männer war das rote Gesicht Seamus Finnigans zu sehen, Freund aus Hogwartstagen. Freudestrahlend zog er zwei gläserne Krüge aus seinem Zaubererumhang. Sie waren bis zum Rand mit Goldmünzen gefüllt, als er sie in Richtung der beiden alten Freunde schwenkte.
"Leprechaun-Gold, Leute!" lallte Seamus mit schon leicht beschwerter Zunge. "Leider nur falsches Leprechaun-Gold! Aber ich habe schon mindestens zehnmal von dem Kleetrunk aus dem Selkie-Brunnen getrunken und mich mit einem halben Dutzend Typen geprügelt. Dieses Jahr ist der bester St. Patrick's Day, den ich je hatte. Ein Hoch auf den alten Patrick! Und Grün steht Dir gut, Ron!" Er wollte mit Ron anstoßen, doch dann schüttete er ärgerlich die unechten Goldmünzen aus einem seiner Krüge.
"Nun, nun!" Ein weiteres kleines Männlein mit roten Haaren und rotem Bart in grünen Kniebundhosen hatte sich unbemerkt der kleinen Gruppe genähert. Es trug eine grüne Jacke und einen grünen Hut mit breiter Krempe und einer goldenen Schnalle an einem schwarzen Hutband. "Hier wird also der Name des heiligen Patrick missbraucht!"
Harry und Ron sahen Seamus fragend an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern und machte eine kreisende Geste mit seinem Zeigefinger in Richtung des Männleins. "Leprechauns", wisperte er kaum noch hörbar, "alle etwas eigen, wenn nicht total durchgeknallt!"
Der Leprechaun betrachtete sein eigenes Spiegelbild in den glänzenden Schnallen seiner schwarzen Schuhe und kaute dabei gedankenverloren auf seiner hölzernen Tabakspfeife herum.
"Wie war das noch? Wie schrieb doch einst Wiki Pedia, die alte Enzyklopädie-Hexe, in ihrem dritten Brief an die Midi-Chlorianer?
Der St. Patrick’s Day - oder irisch Lá Fhéile Pádraig - ist der am 17. März begangene Gedenktag zu Ehren des irischen Nationalheiligen Patrick von Irland, der an einem 17. März im 5. Jahrhundert gestorben sein soll. Er gilt als der erste christliche Missionar in Irland.
Der 17. März ist ein gesetzlicher Feiertag in der Republik Irland, in Nordirland, im britischen Überseegebiet Montserrat sowie der kanadischen Provinz Neufundland. Der St. Patrick’s Day wird weltweit von Iren, irischen Emigranten und zunehmend auch von Nicht-Iren gefeiert.
In Dublin und den meisten anderen irischen Städten machen große Paraden und vielfältige laute Aktivitäten den St. Patrick’s Day zu einem bunten Volksfest. Die weltweit größten Paraden finden in Dublin, New York, Boston, New Orleans, Chicago, Manchester und Savannah statt; und selbst in der britischen Hauptstadt London finden jährlich eine Parade und ein Festival statt.
Am 17. März ist Grün die vorherrschende Farbe der feiernden Iren in aller Welt. In einigen Städten, zum Beispiel Chicago, werden am St. Patrick’s Day sogar die Flüsse grün eingefärbt. Hierzu wird Uranin verwendet. Auch Bier - aber nicht das irische Guinness - wird an diesem Tag manchmal grün eingefärbt."
"Ähm, schön", sagte Harry, nur um überhaupt irgendetwas zu sagen. Und plötzlich hatte er eine Art Vision von Draco Malfoy, der behauptete, gar nicht der Sohn von Narcissa und Lucius Malfoy und auch gar kein Zauberer zu sein, sondern der einzig wahre heilige Patrick. Nach ihm behaupteten das noch verschiedene andere Leute, ihn selbst, Harry, eingeschlossen. Neville Longbottom tauchte vor seinem inneren Auge auf, ebenso Ron Weasley und Severus Snape. Und alles endete mit einem Sturm auf den Buckingham Palast der englischen Muggelkönigin zusammen mit einem Eisbären und einem Fußballspieler namens David Beckham. Harry schüttelte sich, um diese Gedanken aus dem Kopf zu vertreiben.
'Hatten wir das alles nicht schon mal? Außerdem habe ich doch noch gar nichts getrunken!'
"Hey, Du Wicht!" hörte er Rons Stimme neben sich. Dieser schlenkerte wild seinen Fuß hin und her, denn der Leprechaun hatte ihn gepackt und versuchte ihm durch den Schuh in den großen Zeh zu beißen. Ein weiterer kleiner Mann mischte sich ein.
"Keine Kämpfe ohne Wetteinsätze auf den Gewinner!" verkündete er feierlich, woraufhin die raufende Meute auf der Straße betrunkenen Beifall klatschte.
"Was soll der Mist?" dröhnte nun wieder Ron.
"Ballymoneys St. Patrick's-Day-Feiern sind und bleiben die besten!" keifte der Leprechaun, der die Enzyklopädie-Hexe zitiert hatte. "Und meinen Kessel voller Gold am Ende des Regenbogens werdet ihr niemals finden!"
Damit ließ er Rons Fuß los und verschwand in der Menge. "Und wer ist eigentlich Shana O'Malley?" konnten sie ihn noch eine Weile keifen hören.
Mit zerknautschtem Gesicht hielt Ron sich den Fuß. "Der kleine Mistkerl hat mich gebissen!" verkündete er und warf Harry einen erstaunten und zugleich empörten Blick zu.
"Leute, Leute, Leute!" ertönte da eine neue Stimme. "Kein Patrick auf diesem Planeten hätte gern Streit an seinem Ehrentage!"
Dann ertönten die kratzigen Klänge einer Fiedel. Ein weiterer Leprechaun – 'Ist hier irgendwo ein Nest?' fragte sich Harry – spielte mit stampfenden Füßen zum Tanze auf. Und die Menschenmenge in den Straßen begann einen wilden und unwiderstehlichen Stepptanz mit hocherhobenen und wirbelnden Beinen.
"Ui, Lord Of The Dark Dance...", rief Seamus noch, bevor er sich mitten unter die nun tanzende Menge mischte. "War zu Zeiten eines anderen Lords verboten! Der dachte immer, er wäre damit gemeint."
"Die spinnen, die Iren", meinte Ron trocken. "Um das ertragen zu können, brauch' ich etwas Starkes zu trinken. Los! Auf in den Pub!"
"Sollten wir nicht mal dieses grüne Wässerchen aus dem Brunnen probieren?" fragte Phil und schwenkte mit seinem leeren Glas hin und her.
"Ay, Lad, das ist die richtige Haltung!" knurrte ein kleines Männchen, das eine gewisse Ähnlichkeit mit anderen kleinen Männchen in Grün aufwies. "Kleeblatttrunk an St. Patrick's Day... und das Glück ist Dir hold!"
"Na, dann...", seufzte Harry und zog Ron hinter sich her.
"Ihh, das sieht aber nicht gesund aus", protestierte er noch, doch kaum hatte er einen Schluck probiert, verwandelte sich seine Mine in ein strahlendes Grinsen. "WOW! Das schmeckt fantastisch!"
Die Musik in den Straßen hatte sich allmählich von stampfenden Tanzrhythmen hin zu engelsgleichen Gesängen von schlanken, langhaarigen Frauen zu leichter Harfenmusik geändert. Die Menge aus Menschen und anderen magischen Geschöpfen wiegte sich zum Takt der Musik hin und her, viele sogar mit geschlossenen Augen. Und zugleich nahm der Andrang auf den Kleetrunk-Brunnen wieder zu.
Plötzlich fühlte Harry, wie ihm jemand auf die Schulter klopfte. Neben ihm war ein kleiner, untersetzter Mann mit einem dunkelgrünen Tweed-Cape aufgetaucht und räusperte sich, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
"Mister Potter?" fragte er. "Sie sind es. Natürlich sind Sie Harry Potter! Diese… diese…", er fuchtelte mit dem Zeigefinger in Richtung von Harrys Blitznarbe, "… diese da auf ihrer Stirn ist einfach unverkennbar!" Der rothaarige und grünäugige Mann gluckste zufrieden, wobei sein Doppelkinn in Bewegung geriet.
'Warum sehen hier nur alle so aus, als wären sie mit Ron verwandt?' fragte sich Harry in Gedanken. 'Wenigstens, was die Haarfarbe angeht? Und wenn ich ihm die Haare nicht gerade grün gefärbt habe, was er immer noch nicht bemerkt hat!'
"Mister Harry Potter!" Der kleine Mann schüttelte ihm offenbar hocherfreut die Hand. "Mein Name ist Miles O'Brien. Ich weiß, es ist eine Schande, dass wir uns noch nicht getroffen haben und dann jetzt hier und unter diesen Umständen. Aber ich bin der irische Zaubereiminister, und ich habe Sie und Ihre Mitstudenten für diesen Auroren-Ausbildungs-Austausch angefordert." Sein Grinsen wurde immer breiter. Ron neben Harry hatte sein Glas abgesetzt und lauschte aufmerksam den Worten des Ministers.
"Sehr erfreut", entgegnete Harry, erwiderte den Händedruck und wollte Ron und Phil vorstellen. "Das hier ist mein Freund und Mitstudent Ron Weasley und das dort unser Kollege Phil…" Doch als er sich suchend nach Phil Munroe umsah, konnte er ihn nirgends entdecken. Die Menschenmenge war inzwischen in ein bier- und whiskeyseliges Schunkeln und Schwanken verfallen und musste Phil mit sich gerissen haben.
"Ja, ja, schon gut!" meinte der irische Zaubereiminister etwas ungehalten, ohne auch nur das geringste Interesse an Ron zu zeigen. Er hakte sich bei Harry ein, zog ihn mit sich auf die Straße und hinein in den wogenden Menschenstrom. Ron allerdings ließ sich nicht abschütteln und blieb den beiden dicht auf den Fersen, darauf bedacht, nur ja kein Wort ihrer Unterhaltung zu verpassen.
"Es ist mir wirklich eine Ehre, Mister Potter, Sie, den berühmten Harry Potter, im Namen aller Hexen und Zauberer Irlands in unserem Land begrüßen zu dürfen!" fuhr Miles O'Brien fort. "Und das sage ich auch im Namen des Leiters der irischen Aurorenzentrale, der zufällig auch ich bin."
Er lächelte gequält und versuchte ein Zwinkern. Sie hatten sich unbemerkt einem Strom von Hexen und Zauberern angeschlossen, die singend und tanzend den Ort Ballymoney verließen und sich auf einer staubigen Straße dem River Bann näherten.
"Wie Sie sicher wissen, sind wir von der zauberischen Gemeinschaft den Muggeln schon um einiges voraus, was die Einheit Irlands angeht. Wir magischen Iren sind eins, egal ob Nordirland oder Republik. Und auch wenn unser schönes Ballymoney im ehemaligen Nordirland liegt, so gibt es doch keinen Zwist unter uns irischen Brüdern oder zwischen uns und den Brüdern und Schwestern von der Nachbarinsel…"
Sein Tonfall wurde von Minute zu Minute langweiliger und einschläfernder. Harry sah aus den Augenwinkeln wie Ron schräg neben ihm demonstrativ gähnte und sich dann andeutungsweise den Zeigefinger in den weit geöffneten Mund steckte, um seinen Unmut zu bekunden.
"Doch leider ist die wirtschaftliche Krise der Muggelwelt auch am magisch-vereinten Irland nicht spurlos vorbeigegangen", fuhr Minister O'Brien monoton fort, egal, was um sie herum gerade gesungen oder getrunken wurde.
"Die Goldreserven des irischen Zaubereiministeriums sind so gut wie aufgebraucht, deshalb musste ich einige Stellen streichen. Deshalb bin ich auch Zaubereiminister und Leiter der Aurorenzentrale in einer Person, und leite zugleich noch die Abteilung zur Führung und Aufsicht Magischer Geschöpfe. Und das bringt mich zu einem Anliegen, verehrter Mister Potter!" Miles O'Brien blieb so plötzlich stehen, dass Ron in sie hineinstolperte und Harry auf die Hacken trat.
Genau in diesem Moment zog eine Gruppe von mehreren Leprechauns einen großen Kessel voller Gold auf einem hölzernen Bollerwagen an ihnen vorbei die Straße hinunter. Einer der kleinen Kerle saß feixend auf dem Wagen und warf das Gold mit beiden Händen in die Luft, wo es sich augenblicklich in glitzernde Kleeblätter verwandelte, bevor es sich ganz und gar auflöste. Und die ganze Zeit schienen die kleinen Männlein den Zaubereiminister boshaft anzugrinsen. Dieser seufzte und schüttelte den Kopf.
"Ich glaube, diese Leprechauns haben etwas mit dem Verschwinden von Galleonen, Sickeln und Knuts im ganzen Land zu tun. Da stimmt etwas nicht!" raunte er Harry verschwörerisch zu. Ron war ganz Ohr und kam immer näher. "Seit Irland die letzte Quidditch-Weltmeisterschaft gegen Rumänien verloren hat, sind die kleinen Kerle nicht mehr zu bändigen."
"Moment mal", mischte Ron sich in die Unterhaltung ein. "Das letzte Spiel von Rumänien gegen Irland war das Endspiel in der vorletzten Quidditch-Weltmeisterschaft. Da bin ich zufällig gewesen. Und das hat Irland gewonnen, auch wenn Viktor Krum den goldenen Schnatz gefangen hat. In der letzten Weltmeisterschaft haben die beiden Mannschaften es nicht mal in die Finalrunde geschafft und auch nicht gegen einander gespielt!"
O'Brien schüttelte den Kopf, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen, nahm aber erstmals so etwas wie Notiz von Ron. "Dann war es eben die vorletzte Weltmeisterschaft. Mir doch egal. Damit kenne ich mich nicht so genau aus. Die Sportabteilung im Ministerium habe ich sowieso schon geschlossen. Darum kann ich mich nicht auch noch kümmern!"
Er zog ein Taschentuch in den irischen Landesfarben aus seinem Cape und tupfte sich damit die schweißnasse Stirn ab. Erst jetzt fiel Harry auf, dass der ganze Minister in die Farben der irischen Nationalflagge gekleidet war. Seine Hose war orange, sein Hemd weiß und sein Tweed-Cape dunkelgrün.
"Wie dem auch sein!" Miles O'Brien warf Ron einen strengen Blick zu, der ihm sagen sollte, dass er keine weiteren Unterbrechungen wünsche. "Die Leprechauns werden immer mehr und mehr und immer dreister. Sie nehmen sich Frechheiten heraus, die sie sich Jahrhunderte lang nicht erlaubt hätten. Ich glaube, da ist eine Verschwörung im Gange. Vielleicht sogar mit der Großen Banshee selbst. Leider bin ich zurzeit etwas knapp an Personal. Sie wissen ja, die finanzielle Lage des Ministeriums und Irlands im Allgemeinen."
Wieder wischte er sich die Stirn und räusperte sich. "Also schön, einer der Gründe, weshalb ich Sie und ihre Mitstudenten zu unserem 'Austausch' angefordert habe, verehrter Mister Potter, ist der, dass ich Sie bitten möchte, Augen und Ohren offen zu halten. Finden Sie heraus, warum die Leprechauns außer Rand und Band sind. Beobachten Sie sie. Verfolgen Sie sie, wenn es sein muss. Aber bitte, finden Sie etwas heraus!"
"Ja, also…", setzte Harry zu einer Frage an. "Glauben Sie denn, dass schwarze Magie oder dunkle Magier dahinter stecken könnten? Ich meine, ist es denn die Aufgabe der Aurorenzentrale, magische Geschöpfe wie die Leprechauns zu überwachen?"
"Wer weiß, wer weiß!" raunte O'Brien nebulös. "Aber genug der Fragen. Fangen Sie einfach an. Und das am besten nicht erst nach diesem Fest hier, sondern jetzt und gleich hier auf der Stelle. Selten sind so viele Leprechauns auf so engem Raum und in freier Wildbahn versammelt!" Unbemerkt hatte sich der irische Zaubereiminister einige Schritte von ihnen entfernt.
"Sind denn schon andere Auroren mit diesem Fall beschäftigt?" fragte Harry und musste dazu seine Stimme erheben, weil die feiernde Menge gerade wieder besonders laut johlte.
"Andere Auroren?" O'Briens Grinsen war eine Spur zu schief, fand Harry. "Leider musste ich die anderen Auroren vor einigen Stunden entlassen. Sie wissen ja, Krise und Sparzwänge und so. Aber Sie machen das schon, Mister Potter! Sie finden schon heraus, was mit den Leprechauns nicht stimmt. Sie und Mister Ronsley hier und dieser andere englische Typ." Er deutete vage in die sie umgebene Menge, bevor er selber von ihr verschluckt wurde.
Harry reckte den Hals, konnte ihn aber nirgendwo mehr entdecken. 'Komischer Typ!' Was war hier nur los?
Er warf Ron einen fragenden Blick zu. Der versuchte gerade die Luft aus seinem leeren Glas zu schütteln. "Etwas strange, der gute Minister, was?" grinste Ron. "Aber wir sind von Zaubereiministern ja nichts Anderes gewöhnt. Kingsley Shacklebolt mal ausgenommen, vielleicht."
Er umfasste Harrys Schulter und schunkelte etwas mit ihm im Takt einer neuen Melodie. "Komm schon, Harry! Du wirst doch wohl jetzt nicht an Arbeit denken? Heute sind wir zum Feiern hier. St. Patrick, er lebe hoch! Und hoch die Tassen! Du weißt schon!"
Harry runzelte die Stirn, nicht sicher, was er von all dem halten sollte.
Plötzlich flüsterte es von links hinter ihm in sein Ohr. "Glauben Sie ihm kein Wort. Nein, drehen Sie sich nicht um!" zischte wer auch immer, als Harry genau das tun wollte. "Der werte Herr Minister hat einfach zu viel Klee-Honigmet getrunken, dann redet er immer so ein wirres Zeug. Sind gaaaaaanz harmlos die Leprechauns. Das können Sie mir glauben."
Nun ließ Harry sich nicht mehr aufhalten und drehte sich schnell um. Aber die flüsternde Person war schon verschwunden. Wie hatte er das nur so schnell geschafft? Und wer war das überhaupt gewesen? Hatte er vielleicht Recht? Der Minister schien schon etwas beduselt. Das Ganze wurde immer mysteriöser.
'Vielleicht sollte ich einen irischen Auroren - oder Ex-Auroren - suchen?' fragte Harry sich unschlüssig. 'Oder Du lässt die Finger davon und amüsierst Dich endlich mal!!!' rief ihm eine innere Stimme zu, die sich stark nach Sirius anhörte. Harry musste grinsen und der Stimme Recht geben. Vorerst. Vielleicht. Oder?
"Hey!" schrie Ron plötzlich auf. "Was war das denn gerade für ein Ding da hinten links auf Deinem Rücken? Konnte gar nichts erkennen! War zu schnell wieder weg!"
"Wer wird denn so viele Fragen fragen?" Ein kleines Wesen, das ungefähr die Größe eines Leprechauns hatte, schüttelte unter einer grünen Kapuze den Kopf. "Kommt lieber mit auf die Brücke über den River Bann. Da schlagen wir gleich die große, traditionelle Patrick-Piñata auf!"
"Die große was…?" Doch Harrys Frage wurde nicht beantwortet, denn auch das kleine Wesen war so schnell verschwunden, wie es aufgetaucht war.
Dafür war der klugscheißerische Leprechaun plötzlich wieder da und zitierte erneut Wiki Pedia, die alte Enzyklopädie-Hexe:
"Wiki Pedia schrieb in ihrem Brief an die Kornkreismaler:
Die Piñatas sind bunt gestaltete Figuren, heutzutage aus Pappmaché, früher aus mit Krepp-Papier umwickelten Tontöpfen, die bei Kindergeburtstagsfeiern mit Süßigkeiten, traditionell jedoch mit Früchten wie Mandarinen, Zuckerrohren, Guaven, Tejocotes, Jicamas oder Erdnüssen - gefüllt sind. Sie sind in Lateinamerika, vor allem in Mexiko, zur Weihnachtszeit und in Spanien zu Ostern verbreitet.
Aber glaubt dem südamerikanischen Austausch-Gecko-Dämon kein Wort. Hier zum St. Patrick's Day gibt es keine Piñatas. Gab nie welche und wird auch keine geben. Aber auf der Brücke werden gleich die großen Bierfässer angestochen. Jeder, der sich auf dem Wasser richtig in Stellung bringt, bekommt so viel Freibier, wie er nur trinken kann. Direkt von der Brücke in den Mund! Gártha, meine Herren! Gártha!"
"Na, da sind wir doch dabei, oder Leute?" Seamus Finnigan war plötzlich wieder zwischen Harry und Ron aufgetaucht und drückte die Köpfe der beiden zwischen seinen Armbeugen zusammen.
"Worauf warten wir?" strahlte Ron und hielt schon sein leeres Glas bereit. "Auf zum Fluss!"
"Mein Ruderboot liegt gleich da hinten!" brüllte Seamus und deutete in Richtung eines Gebüschs am Ufer des River Bann. Harry trottete noch etwas nachdenklich hinterher.
Der Leprechaun sah ihnen zufrieden nach und rieb sich die kleinen Hände. Ein fieses Grinsen schlich sich auf sein bärtiges Gesicht und breitete sich immer weiter auf. "Ja, Lads, geht nur! Trinkt und tanzt und feiert, als würde es kein Morgen geben. Alles läuft nach Plan, wenn ihr Euch nur ordentlich amüsiert." Er tippte sich an seinen hohen Hut und war im nächsten Augenblick verschwunden.
Unten am Fluss angekommen, herrschte schon ein ziemlich Durcheinander. Am Kai versuchten Boote in allen Größen abzulegen, um zur Flussmitte unter die Brücke zu gelangen. Seamus zerrte an der Leine, mit der das Ruderboot befestigt war, und nötigte Harry und Ron, jeweils ein Ruder in die Hand zu nehmen. Er selbst sprang nach einem kräftigen Abstoß hinten ins Boot und nahm das Kommando in die Hand.
"Zu gleich!" schrie er Ron und Harry zu. "Pullt! Nicht das Ruder in die Luft! Ins Wasser und dann durchziehen...", blaffte er Ron an. "Arrgh..., doch nicht abwechselnd... Zu gleich!" Auch Harry erntete einen strengen Blick, nachdem sich das kleine Ruderboot ungefähr fünf Minuten im Kreis gedreht hatte.
"Was für eine doofe Anstrengung, nur um an etwas Bier zu kommen", maulte Ron. "Wir hätten in den Pub gehen sollen."
Auf dem Fluss herrschte rege Betriebsamkeit, und jedes Boot kämpfte um einen günstigen Platz unter der Brücke. Darauf standen drei riesige Kutschwagen mit imposanten Fässern, die nun nach einigen launigen Worten angestochen wurden. Bier spritzte und floss in alle Richtungen und wurde von durstigen Mündern direkt geschluckt oder in großen Eimern aufgefangen. Ron und Harry hielten ihre Gläser in die Luft.
"Etwas mehr nach rechts...."
"Nein, nach links und dann still stehen bleiben..."
Das Boot schwankte bedenklich, als Harry sich nach rechts und Ron sich nach links lehnte. Nur Seamus stand glückselig am Heck und schluckte und schluckte das Bier, das sich von der Brücke ergoss. Dazwischen stimmte er immer mal wieder in das Lied ein, dessen Töne von einer Band, die auf der Brücke spielte, zu ihnen herunter wehten.
"As I was going over the far famed Kerry Mountains
I met with Captain Farrell and his money he was counting.
I first produced my pistol, and then produced my rapier.
Said stand and deliver, for I am a bold deceiver,
musha ring dumma do damma da
whack for the daddy 'ol
whack for the daddy 'ol
there's whiskey in the jar...."
I met with Captain Farrell and his money he was counting.
I first produced my pistol, and then produced my rapier.
Said stand and deliver, for I am a bold deceiver,
musha ring dumma do damma da
whack for the daddy 'ol
whack for the daddy 'ol
there's whiskey in the jar...."
Nach einigen weiteren Liedern machte die Band eine Pause, und es ertönten glockenhelle Stimmen, die ihre Aufmerksamkeit erregten. Als sie näher kamen und Harry verstehen konnte, was sie riefen, konnten seine Begleiter ihm die Verblüffung ansehen.
"SETZT DEN ZAUBEREIMINISTER AB - EURE ZEIT WIRD KNAPP! SETZT DEN ZAUBEREIMINISTER AB - EURE ZEIT WIRD KNAPP!"
Und aus einer anderen Richtung:
"IN DREI WOCHEN SIND WAHLEN - DANN HABEN EIN ENDE EURE QUALEN!"
Aus allen Richtungen schallte es ihnen entgegen:
"WÄHLT COLLINS ZUM MINISTER, DENN DER BESTE IST ER! GEBT IHM EURE STIMMEN, DAMIT IRLAND IN GOLD KANN WIEDER SCHWIMMEN! DIE UNTERSTÜTZUNG DER LAPRECHAUNS HAT ER, DER WEISE GEVATTER! AUCH DIE SIDH SIND AUF SEINER SEITE, DAMIT ER UNSER LAND KLUG LEITE!"
Auf Harrys fragenden Blick hin erklärte einer der Iren, der in dem Boot gleich neben ihrem saß und - sehr verwunderlich - noch recht nüchtern war: "Das sind Propaganda-Elfen. Sie werden von Politikern angeheuert, um deren Wahlkampf zu leiten. Von ihnen sind auch die Slogans."
Und dann erschien ein Drache über ihren Köpfen, der ein großes Banner hinter sich herziehend eine Runde über dem Fluss und den Ort flog.
"DIESES FEST WIRD GESPONSERT VON IHREM KANDIDATEN COLLINS UND SEINEN FREUNDEN DEN LEPRECHAUNS!" stand auf dem Banner.
Harry konnte nur ungläubig den Kopf schütteln, während er auf ein Zeichen von Seamus hin das Boot zum Ufer ruderte, nachdem der Bierstrom versiegt war. Ron hatte einiges mehr intus als Harry und hatte das Rudern nach einigen erfolglosen Versuchen komplett eingestellt, und so ruderte Harry sie alleine zurück.
Kaum dort angekommen, konnte er erkennen, dass auf einem Platz Tische aufgestellt waren, auf denen eine ganze Reihe Flaschen stand. In Seamus Augen trat ein Leuchten, so wie auch in die Augen der anderen, die Harry in seiner Nähe sehen konnte. "Oh, das Wasser des Lebens!"
"HÄ???" machte Ron, erhielt jedoch keine Antwort mehr. Schulterzuckend folgte er dem Strom und zerrte Harry hinter sich her. Schnell hatte er zwei Gläser dieses 'Wassers des Lebens' erkämpft und, nachdem er Harry eines gereicht hatte, daran gerochen. Er schien sichtlich enttäuscht. "Das ist doch nur Feuerwhiskey."
"Wie bitte? Was haben Sie da gesagt junger Mann? Das ist doch kein schnöder Feuerwhiskey! Das ist richtiges, dreißig Jahre gereiftes, nach traditioneller Art, ganz ohne Magie hergestelltes 'Uisge Beatha'!" herrschte ein kleines, runzeliges Männchen im obligatorischen Grün neben ihm Ron an. "Schnöder Feuerwhiskey? Also wirklich... Banause! Lassen Sie das nur nicht die Falschen hören!"
Und während Harry sich noch nach seinem ersten Schluck von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit schüttelte, tippte ihm schon wieder jemand auf die Schulter.
"Potter! Potter! Potter!" Der kleine, dickliche Mann schüttelte den Kopf, sodass sein Fettpölsterchen am Doppelkinn bedenklich von seiner Seite zur anderen schwappte. Sein dunkelgrünes Tweed-Cape sah inzwischen eher braun aus und hatte einige unschöne Flecken. "Sie trinken hier, und meine politischen Gegner missbrauchen den St. Patrick's Day zu Wahlkampfzwecken!"
Der irische Zaubereiminister Miles O'Brien schluchzte theatralisch auf und nahm sich dann selbst einen Becher Whiskey. "Ich sage doch", lallte er zwischen zwei großen Schlucken, "die Leprechauns haben sich gegen mich und ganz Irland verschworen. Und Collins, dieser dreckige Schafhirte, macht auch noch mit. So kann das nicht weiter gehen! Ich muss etwas unternehmen!"
Er knallte seinen Whiskeybecher auf den nächsten Tisch und sprang dann selbst bedenklich schwankend hinterher. Mit heiserer und doch lauter Stimme begann er zu sprechen: "Zauberer! Mitbürger! Freunde! Hört mich an! Ich Euer Zaubereiminister, Miles O'Brien…"
Weiter kam er nicht, denn zuerst streifte ihn das Banner eines äußerst tief fliegenden Drachen an der Stirn. Das brachte ihn derartig aus dem Konzept, dass er vergaß, was er sagen wollte, und sich stattdessen mit einem lauten Rums auf den Hosenboden setzte.
Zugleich näherte sich dem Platz mit den Whiskey-Tischen eine Gruppe Hexen und Zauberer in langen, schwarzen Umhängen. Sie trugen alle leuchtende Abzeichen an der Brust, auf denen in hellen Buchstaben "Auroren-Vereinigung" stand.
"WIR WOLLEN UNSERE JOBS ZURÜCK!" skandierten die gefeuerten Ex-Auroren und umringten wütend den Tisch mit dem Zaubereiminister.
"Die Leprechauns sind schuld!" quiekte Miles O'Brien. "Diese hinterhältigen Kerle sind an allem schuld!"
Und obwohl niemand eindeutig auf der Seite des Zaubereiministers war und auch niemand wirklich gegen die Ex-Auroren war im Handumdrehen eine zünftige Keilerei im Gange. Harry und Ron standen urplötzlich in einem Hagel aus fliegenden Fäusten, Gläsern, Tischen und Fässern.
"Iontach!" rief Seamus übermütig aus. Und: "Ionsaí!" Er konnte zwar kaum noch geradeaus schauen, strahlte aber über das ganze Gesicht. "Dieses Jahr haue ich sie alle um! Schade, dass ich kein Holzbein habe, sonst könnte ich mir eine Kerbe reinschnitzen für jeden Typen, den ich umhaue!"
Harry und Ron wechselten einige unangenehme Blicke. Dann brachten sie ihre Gläser und sich selbst in einem Hauseingang in Sicherheit, während auf dem Platz und in den Seitenstraßen eine wilde Massenrauferei tobte.
"Die spinnen, die Iren", wiederholte Ron nun zum wiederholten Mal, betrachtete jedoch gleichzeitig fasziniert die Faustkämpfe um ihn herum. "Ob man da nicht helfen sollte? Aber wem? Ach, egal..." Er warf sein Glas zur Seite und mischte sich unter die Masse noch bevor Harry etwas sagen konnte.
Dafür tauchte das klugscheißerische, grüne Männchen wieder an seiner Seite auf.
"Wie schon die berühmte Hexe Wiki Pedia an die Ufologen schrieb:
Eine Schlägerei ist eine gewalttätige Auseinandersetzung mindestens zweier Personen. In der Mehrzahl der Ereignisse schlagen sich Männer. Eine amerikanische Studie sieht darin einen Zusammenhang zwischen hormoneller Einstellung (Testosteron), juveniler Entwicklung und der Gewaltanwendung bei Auseinandersetzungen.
Die Schlägerei besteht aus dem gegenseitigen Austausch von Schlägen und hat in der Regel eine Vorgeschichte. Oft spielt Ehre oder Stolz eine große Rolle. Des Weiteren erhöht in diesem Zusammenhang häufig Alkoholkonsum die entsprechende Gewaltbereitschaft. Mit zunehmender Teilnehmerzahl wird eine Schlägerei oft auch als Massenschlägerei bezeichnet."
Noch bevor Harry fragen konnte, was es mit dieser ominösen Hexe Pedia auf sich hatte, die hier schon öfter zitiert worden war, wurde seine Aufmerksamkeit von einem weiteren Leprechaun abgelenkt, der auf halber Höhe an seiner Jacke zupfte.
"Eine kleine Wette? Auf ihren grünhaarigen Freund? Nur 10 Galleonen. Die Quote ist allerdings schlecht... 57:1! Aber, wenn er doch gewinnen sollte, könnten Sie ein reicher Mann werden."
"Ich wette doch nicht darauf, dass mein Freund windelweich gehauen wird!" protestierte Harry, aber der Buchmacher-Leprechaun hatte sich schon schulterzuckend wieder getrollt. Dafür huschte Ron kurz am Hauseingang vorbei.
"Die sind echt irre, die Iren!" keuchte er und reckte beide Daumen in die Höhe. Er hatte ein blaues Auge und sein linkes Ohr war rot und geschwollen. Außerdem blutete er leicht aus einem kleinen Riss auf der rechten Wange, und irgendwie wirkten seine Schneidezähne schiefer als sonst. "Die spinnen, die Iren!"
"Nicht alle Iren und nicht die ganze Zeit!" korrigierte ihn eine weibliche Stimme. Die Haustür, vor der sie standen hatte sich geöffnet, und hinter Harry stand nun Shana O'Malley, die Wirtin der Pension, in der Harry, Ron und Phil Munroe während ihres Aufenthalts auf der grünen Insel wohnten.
"Alkohol und diese spezielle St.-Patrick's-Day-Magie machen wilde Tiere aus unseren Lads!" meinte sie kopfschüttelnd und gleichzeitig voller Zuneigung. "Aber in diesem Jahr ist es irgendwie besonders schlimm!" Harry konnte nur zustimmend nicken.
In den Straßen hatten mittlerweile die Fäuste aufgehört zu fliegen. Stattdessen hatten sich lange Menschenketten gebildet, in denen vor allem Männer die Arme untergehakt hatten und nun wieder zu einem Stimmungslied schunkelten.
"And it's no, nay, never!
No, nay, never, no more,
Will I play the wild rover.
No never no more!"
No, nay, never, no more,
Will I play the wild rover.
No never no more!"
Doch schon im nächsten Augenblick war die Luft wieder erfüllt von wütenden Sprechchören.
"ST. PATRICK WAR EIN LEPRECHAUN! ST. PATRICK WAR EIN LEPRECHAUN!"
Eine ganze Horde der kleinen Kerlchen marschierte über den Platz und die Straßen am Fluss entlang und schwenkte aufgebracht ihre Hüte in den geballten Fäusten über sich in der Luft.
Zur gleichen Zeit regnete es jede Menge grüner Kleeblätter auf die Straßen und Plätze. Sie waren alle vierblättrig. Harry hob eins auf und in silberner Schrift stand darauf geschrieben:
"MICHAEL COLLINS FOR MINISTER!"
Der Leprechaun mit dem großen Wissen über die Schriften der Enzyklopädie-Hexe Wiki Pedia hatte sich an die Spitze seiner protestierenden Artgenossen gesetzt, betrachtete ebenfalls die Kleeblätter und grinste zufrieden. Neben ihm ging ein großer, dünner Mann mit langen, zotteligen Grauhaaren und einer dicken Knubbelnase.
"Das ist Michael Collins!" japste Shana O'Malley neben Harry. Aus der Gegenrichtung kam der Zaubereiminister mit einigen Begleitern hinter sich genau auf Collins und die Leprechauns zu. "Jetzt wird es interessant!"
Doch Harry war abgelenkt von einem Spruchband, das knapp über ihren Köpfen vorüberwehte. Es wurde gezogen von einer ganzen Schar junger Hexen und Zauberer, die auf Besen flogen und alle eine verblüffende Ähnlichkeit mit Miles O'Brien hatten.
"O'BRIEN IST UNSER MANN!" war darauf in blutroten, zerlaufenen Buchstaben zu lesen. Die Flieger setzten zur Landung an und stellten sich O'Brien zur Seite.
Und so kamen die beiden verfeindeten Gruppen zum Stehen, mit einem Abstand von nur wenigen Metern und dem Hauseingang, in dem Shana, Ron und Harry standen, zwischen sich. Eine gespannte Ruhe kehrte ein, die aber sogleich wieder vom offensichtlichen Anführer der Leprechauns gebrochen wurde.
"Wie schrieb schon Wiki Pedia, die weise, alte Enzyklopädie-Hexe in ihrem Brief an die Kreuzritter?" schleuderte er dem Zaubereiminister und seinen Leuten entgegen.
"Michael Collins oder irisch Micheál Ó Coileáin wurde geboren am 16. Oktober 1890 in Sam's Cross, nahe Clonakilty, in der Grafschaft Cork und ist nicht gestorben am 22. August 1922 in Béal na mBláth - irisch für 'Mund der Blumen' - nahe Bandon, ebenfalls in der Grafschaft Cork. Er war ein Führer des irischen Unabhängigkeitskampfes von 1919 bis 1922, ein Mitglied der Delegation, welche den Anglo-Irischen Vertrag aushandelte, Vorsitzender der Provisorischen Regierung und Oberbefehlshaber der irischen Streitkräfte und ist der beste Zaubereiminister, den dieses Land jemals haben wird!"
"Dieser Mann ist ein Betrüger!" keifte Miles O'Brien. "Und der echte Michael Collins ist am 22. August 1922 gestorben!" Er zitterte und sein ganzer, speckiger Körper waberte vor Aufregung. "Dieser dreckige Schafhirte da kann ja nicht mal Milch in Butter oder Käse verwandeln! Wie will er da alle irischen Hexen und Zauberer regieren? Und ihr hinterhältigen Leprechauns habt das ganze Gold des Ministeriums gestohlen!"
"Wenn hier einer stiehlt, dann bist Du das, Du Schwindelminister!" Harry brauchte einen Moment, bis er erkannte, dass es Michael Collins war, der da mit einer hohen Fistelstimme sprach.
"Außerdem", polterte O'Brien zurück, "ist der St. Patrick's Day nicht die Zeit für Wahlkämpfe!"
Lautes Gejohle erklang auf beiden Seiten, und die beiden Gruppen, die sich gerade noch gegenüber gestanden hatten, fielen über einander her. Collins und O'Brien packten sich gegenseitig bei der Gurgel und wälzten sich über die Straße. Leprechauns hatten sich mit Zähnen und Klauen in Hosenbeinen verbissen oder knüppelten mit kleinen Gehstöcken gegen Schienbeine. Die gefeuerten Ex-Auroren verteilten Faustschläge, mehr oder weniger wahllos, wie Harry fand. Kleeblätter und Spruchbänder sowie Tische und Stühle wurden zerfetzt und verwandelten sich zusammen mit den Kämpfern in eine undurchsichtige Staubwolke.
Da übertönte ein gewaltiger Gongschlag den Schlachtenlärm, und eine klare, vom vielen Singen im Pub geschulte Stimme, ließ alle raufenden Herren und Wesen für einen Moment innehalten.
"SEID IHR DENN ALLE VON DER WILDEN BANSHEE GEBISSEN?"
Harry dröhnte der Kopf vom Widerhall des Gongs, den Shana O'Malley herbeigezaubert hatte, und er hielt sich die Ohren zu, so laut war ihre Stimme.
"HÖRT SOFORT AUF! WAS HABEN SIE EUCH DENN HEUTE INS BIER UND IN DEN WHISKEY GETAN? SCHLUSS JETZT MIT DIESER EWIGEN KEILEREI!"
Collins und O'Brien hielten sich an den Aufschlägen der Umhänge des jeweils anderen fest und sahen benommen zur Pensionswirtin herüber. Sie knurrten sich noch wütend an, aber scheinbar schien keiner mehr ohne den anderen auf den eigenen Beinen stehen zu können.
"Wir brauchen eine Schlichtung!" quiekte Collins.
"Verhandlungen! Verhandlungen!" krächzte O'Brien.
"Wir brauchen einen Schiedsrichter!" entgegnete Collins.
"Potter macht das!" O'Briens dicker Zeigefinger wies auf Harry. "Potter kann das!"
Und im Nuh war ein großer, runder Verhandlungstisch auf das Straßenpflaster vor dem Hauseingang gezaubert. Und obwohl dieser Tisch rund war, schafften es Collins und O'Brien und ihre jeweiligen Unterstützer, sich genau gegenüber voneinander zu platzieren, mit Harry, Ron und Shana O'Malley irgendwo als Puffer zwischen ihnen.
Der klugscheißende Leprechaun saß im Schneidersitz genau in der Tischmitte und jonglierte mit einigen großen Goldmünzen.
"Und Wiki Pedia schrieb im zweiten Kapitel ihres fünften Briefes an die Hobbydramatiker:
Der Leprechaun ist ein Feenwesen aus der irischen Mythologie und gehört zu den Naturgeistern. Er wird oft mit dem verborgenen Gold am Ende des Regenbogens in Verbindung gebracht wird. Der Leprechaun gilt neben der irischen Harfe als Wahrzeichen Irlands."
"Der Leprechaun ist ein hinterhältiger Trickser und Falschspieler!" polterte Miles O'Brien und donnerte mit beiden Fäusten auf den Tisch. "Er verbreitet nur Lügen und Unwahrheiten und missbraucht das Wort der weisen Pedia!"
"Und O'Brien ist ein Unterschläger, und hat nur noch seine riesige Familie hinter sich", ließ Michael Collins seine ungewöhnlich hohe Stimme ertönen.
Harry fiel auf, dass die Besenflieger, die das PRO-O'Brien Banner zwischen sich getragen hatten, hasserfüllt die Fäuste ballten. Wenn das nicht Söhne und Töchter des Zaubereiministers waren, wollte er augenblicklich einen versalzenen Teller Irish Stew roh und auf einmal schlucken.
"Meine Frau meint auch, dass ich sowieso der bessere Zaubereiminister bin!" fuhr Collins fort. "Und außerdem sehe ich viel besser aus als der da, sagt meine Frau!"
Und plötzlich waren alle Augen auf ihren Schlichter und Schiedsrichter gerichtet, als erwarteten alle seine Zustimmung oder irgendeine gerechte und weise Entscheidung.
Harry ließ seinen Kopf mit einem dumpfen *Klonck!* auf den Tisch fallen.
"Au", klagte er leise. 'Wie bin ich nur hier rein geraten?' fragte er sich nun schon zum wiederholten Male. 'Was habe ich dem Schicksal getan, dass es mich hierher gebracht hat?'
Und er wusste kaum noch, warum ihm der Kopf so schwer geworden war, ob vom übermäßigen Alkoholkonsum oder von all den sinnlosen Diskussionen und Streitereien.
"Uncool!" keuchte Ron irgendwo in seiner Nähe.
'Ha, der hat gut reden. Er wird ja auch nicht für so einen... Unsinn eingespannt. Warum reagieren die Leute nur immer so... so... ahgrr... wenn sie den Namen Harry Potter hören oder gar die Narbe sehen? Warum nochmal bin ich nicht ausgewandert? Irgendwo hin, wo man noch nie von mir gehört hat? Auf den Mond oder den Mars? Gibt es da nicht diese magische Kolonie auf dem Mars? Habe ich nicht mal so etwas gehört? Ob die da Nachrichten von der Erde bekommen? In dem Fall hätte ich da auch keine Ruhe. Mmmh…'
Harry wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er spürte, wie ihm jemand auf die Schulter klopfte. Resignierend hob er seinen Kopf und sah die versammelte Runde an, die noch immer auf seine Entscheidung wartete. "Äh... ja... sollte das nicht besser eine Frau entscheiden. Ich meine, da bin ich nun nicht der richtige Ansprechpartner."
Harry hörte ein Kichern, das eindeutig von Ron kam. 'Dieser... dieser... grummel...' Ihm wollte einfach keine Bezeichnung für seinen "Freund" einfallen. Zumindest hatte man sich jetzt mit der Entscheidung der äußerst wichtigen Frage über das Aussehen der beiden Minister-Kandidaten Shana O'Malley zugewandt.
"Tja, also..., kommt es nicht viel mehr auf die innere Schönheit an?" versuchte sie sich rauszureden. Aber keine Chance.
"Und wessen 'innere Schönheit' ist schöner?" blaffte O'Brien sie an.
"Wenn Sie es denn unbedingt wissen wollen", motzte Shana zurück, "dann muss ich Sie leider davon in Kenntnis setzen, dass Ihr Rivale Ihnen da haushoch überlegen ist!!!"
Plötzlich war ein lautes *PLOPP!* zu hören, allerdings kein Apparations-Plopp. Harry sah sich verwirrt nach der Geräuschquelle um und ließ seinen Blick über die anwesenden Personen schweifen. O'Brien sah äußerst missmutig und verärgert aus. Blitzte da Enttäuschung in seinen Augen auf? Shana sah plötzlich ganz verzückt drein. Collins ... 'Halt! Was war das? Collins? Collins? HÄ????'
Dort, wo eben noch ein eher unansehnlicher, großer, dünner Mann mit langen, zotteligen Grauhaaren und einer dicken Knubbelnase gesessen hatte, da saß nun ein großer und sportlicher Mann, etwa Ende 30, der Selbstbewusstsein und vor allem Autorität ausstrahlte.
'Was ist denn nun los?' fragte sich Harry.
Der Mann stand auf und ging auf Shana zu, verbeugte sich, ergriff ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. Mit einer tiefen und angenehmen Stimme hauchte er: "Ich danke Ihnen, meine teure Dame! Sie haben den Fluch gebrochen, mit dem dieser", er zeigte auf Minister O'Brien, "Verbrecher mich belegt hat. Danke!"
"Nichts zu danken. Gerne geschehen." Shana schien kurz davor zu sein, vor Verzückung in Ohnmacht zu fallen. Kaum hatte der Mann, der dann wohl der wahre Michael Collins war, ihr den Rücken gekehrt, fächelte sie sich hektisch Luft zu und seufzte wiederholt.
"Ich denke, wir können diese Farce jetzt beenden!" meinte Collins. DA konnte ihm Harry nur zustimmen. "Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, Mister Potter." Harry nickte ihm nur zu. Was wohl noch alles passieren würde an diesem verrückten Tag?
Und bevor er es sich versah, hatten sich schon wieder zwei streitende Lager gebildet. Magische Wesen wie Leprechauns, Kobolde, Elfen und andere auf der einen und die Menschen auf der anderen Seite.
"Verbrecher!" rief ein Leprechaun aufgebracht.
"IHR seid die Verbrecher!" rief die andere Seite. Allen voran O'Brien, der wieder etwas von gestohlenem Gold schrie.
Harry konnte kaum ausmachen, wer wem was vorwarf, als ein alles übertönender Schrei verkündete:
"UND ST. PATRICK WAR DOCH EIN LEPRECHAUN!"
'Na, wenn die keine anderen Probleme haben', dachte Harry kopfschüttelnd. Er sah im Geiste schon wieder die Fäuste fliegen, da trat Collins zwischen die beiden streitenden Parteien. Er wandte sich den Leprechauns zu und sagte nur ein Wort: "Beweise!"
Und schon war Ruhe. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion, jedoch ohne jegliche Aggressivität.
Während Ron interessiert dem Informations- und Meinungsaustausch lauschte, beobachtete Harry Michael Collins, der lächelnd auf ihn zukam eher misstrauisch. Denn was keiner außer ihm gesehen zu haben schien, war, dass er, während er sich den Leprechauns zugewandt hatte, hinter seinem Rücken in Richtung Menschen unauffällige, sparsame Bewegungen mit seinem Zauberstab vollführt hatte.
Als Collins bei Harry ankam und seine verschlossene Miene sah, fing er an zu lachen und meinte dann beruhigend: "Deeskalationszauber. Die wirken bei Leprechauns und vielen anderen magischen Wesen leider nicht. Bei ihnen muss man anders vorgehen, wenn man weiß wie. Ich möchte mich Ihnen noch einmal ordentlich vorstellen: Ich bin Michael Collins, der baldige irische Zaubereiminister. Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mister Potter." Harry ergriff die ihm dargebotene Hand. "Freut mich auch."
"Tja, man muss schon wissen, wie man mit ihnen umgeht, mit den Leprechauns. Das sind sehr empfindliche Wesen. Leicht zu kränken. Der baldige Ex-Zaubereiminister hat dafür absolut kein Händchen. Eigentlich sind sie friedliebende, lebensfrohe und vor allem äußerst wissbegierige und an allem interessierte Wesen. Eine friedliche Diskussion ziehen sie einem Faustkampf vor. Allerdings gehen sie einem Kampf auch nicht aus dem Weg. Daher meine Bitte um Beweise. Das hat sie effektiv von einem Kampf abgelenkt. Keiner kann sie schlagen, wenn es ums Diskutieren geht. Sie werden sehen, Mister Potter, am Ende glaubt jeder hier, dass St. Patrick ein Leprechaun war."
Wieder lachte Collins fröhlich, bevor er wieder ernst wurde. "Es tut mir leid, dass der bald scheidende Minister Sie in diese unselige Angelegenheit mit reinziehen wollte. Das ist alles ganz allein seine Schuld! Er war schon immer eifersüchtig auf mich, und er weiß, dass er nur wenige Chancen hat, wiedergewählt zu werden. Nicht bei dem, was er angestellt hat. Und er irrt sich, wenn er glaubt, dass das keiner weiß!
Sie müssen wissen, er hat die Leprechauns zutiefst beleidigt. Die Leprechauns verwalten den irischen Staatsschatz. Sie schützen ihn und sie vermehren ihn. Es wird gemunkelt, dass sie sogar in Muggeldinge investieren. Irgendwas mit Solar und Wind. Keine Ahnung. Aber sie liegen nie falsch! Machen niemals Verluste!
Der demnächst gewesene Minister hat jedoch beschlossen, Gold bei den Kobolden anzulegen. Und zwar in seeehr dubiose Geschäfte. Damit hat er die Leprechauns gekränkt - und zudem einiges Gold verloren. Daraufhin hat der Oberste Rat der Leprechauns beschlossen, den Goldhahn zuzudrehen. Tja, sobald O'Brien weg ist, werden wir keine monetären Probleme mehr haben. Mir wird so etwas nicht passieren. Ich bin sozusagen ein Leprechaun-Experte. Habe sogar welche in meinem Stammbaum, ist schon einige Generationen her, aber immerhin."
DAS konnte Harry dann doch nicht so ganz glauben. Aber ihm war Michael Collins für den Moment sehr sympathisch.
"Ja, Mister Potter, man muss wissen, wie man mit ihnen umzugehen hat. Vielleicht schreibe ich eines Tages ein Buch, einen Leitfaden für meine Nachfolger: 'HOW TO HANDLE A LEPRECHAUN'. Doch genug davon. Heute ist ein Feiertag! Politik und Wahlkampf können wir auch morgen wieder machen!" Laut rief er in die Runde: "Freibier für alle! Und Musik! Wir müssen singen und tanzen!"
Ein schräges Jaulen erklang, als hätte jemand einem Drachen auf den Schwanz getreten. Harry sah sich mit gerümpfter Nase um und entdeckte eine Gruppe von Musikern mit kleinen, irischen Dudelsäcken. Davor drehte sich etwa ein halbes Dutzend kleiner Leprechaun-Frauen im Tanz. Ihre langen, roten Haare unter ihren grünen Hüten wehten im Takt der Musik. Eine Gesangsgruppe aus wunderschönen Hexen sang dazu die alte, irische Volksweise:
"In Dublin's fair city
Where the girls are so pretty,
I first set my eyes on sweet Molly Malone,
As she wheeled her wheelbarrow
Thro' streets broad and narrow,
Crying: 'Cockles and mussels!'
Alive, alive, o!
Alive, alive, o! Alive, alive, o!
Crying: 'Cockles and mussels! Alive, alive, o!'"
Where the girls are so pretty,
I first set my eyes on sweet Molly Malone,
As she wheeled her wheelbarrow
Thro' streets broad and narrow,
Crying: 'Cockles and mussels!'
Alive, alive, o!
Alive, alive, o! Alive, alive, o!
Crying: 'Cockles and mussels! Alive, alive, o!'"
Ein schnarrendes Kichern erklang. Harry saß noch immer am runden Verhandlungstisch und blickte dem Anführer der Leprechauns nun direkt in die Augen, als er den Kopf leicht zur Seite drehte. Nur ein kleiner Schritt nach vorne und die Nase des kleinen, bärtigen Manns mit den spitzen Ohren hätte seine berührt.
"HOW TO HANDLE A LEPRECHAUN?" gluckste der Kleine. "Dass ich nicht lache! Es gibt nur einen Weg, einen Leprechaun zu behandeln, und das ist, ihn einzufangen. Stell' eine Falle auf, tu' eine Goldmünze hinein, und wir können nicht widerstehen. Fessele uns mit einem Seil, und wir werden Dir den Weg zu unserem versteckten Goldschatz zeigen. So haben es die Hexen und Zauberer, ja früher sogar viele Muggel, seit Jahrhunderten lang gemacht.
Das waren noch Zeiten, als selbst die Muggel noch an Magie glaubten. Jede Leprechaun-Familie lebte auf ihrer eigenen Menschenfarm. Wir ärgerten Mann und Frau und Kind und Huhn und Kuh und Schaf und Pferd. Oder wir halfen ihnen still und heimlich, je nach Lust und Laune.
Und heute? Die Bauernhöfe werden zu Nahrungsfabriken. Die Menschen zieht es in große Städte, wo sie in Hochhäusern leben und arbeiten. Hast Du schon mal versucht, einen Kessel voller Gold in einem Großraumbüro zu vergraben?"
Als Harry verneinend den Kopf schüttelte, kam der klugscheißerische Leprechaun noch näher an ihn heran und sprach so leise in sein Ohr, dass ihn niemand sonst verstehen konnte: "Wir verstehen gar nichts vom Geldmarktgeschäft, wenn Du es wissen willst. Und unsere 'Investitionen', wie Collins es nennt, haben die Muggelwirtschaft in eine Krise gestürzt. Wir können das Gold nur einsammeln und sicher verwahren. Aber wenn keins mehr da ist…". Er zuckte bedauernd die Schultern.
"Die weise Hexe Wiki Pedia", fuhr der kleine Kerl noch immer im verschwörerischen Flüsterton fort, "hat sonst zu allen Dingen einen Brief an alle möglichen Gruppen geschrieben, auch wenn die es meistens gar nicht lesen und hören wollten. Aber für jemanden wie diesen Michael Collins hatte sie nur eine kleine Randnotiz in einem Memo an die magische Müllentsorgung übrig."
Harrys Augen folgten dem ausgestreckten und geschnitzten Gehstock des Leprechauns, dessen Spitze jetzt auf den attraktiven Ministerkandidaten zeigte. Dieser war umringt von einer Schar junger Hexen, die bei jedem seiner Worte und jeder seiner Gesten in hysterisches und verzücktes Lachen und Kichern ausbrachen. Und obwohl er eigentlich das Gegenteil verkündet hatte und heute keinen Wahlkampf mehr machen wollte, verteilte er kleine Bildchen mit seinem ansehnlichen Gesicht und der Aufschrift:
"WÄHLT COLLINS ZUM MINISTER!"
Shana O'Malley, die einer Pub-Bedienung dabei half, Bier und Whiskey auszuschenken, warf diesem Treiben einige skeptische und missbilligende Blicke zu.
"Ein Blender, so schreibt die weise Pedia", verkündete der Leprechaun, "ist ein Angeber, ein Mensch, der jemanden blendet, also betrügt - mit anderen Worten ein Betrüger, ein Hochstapler! Aber das sind nicht die 'Irish Ways'. Denk mal darüber nach, Harry Potter!" Und schon war er verschwunden.
Aber Harry blieb keine Zeit, sich Gedanken über die Worte des kleinen Wesens zu machen. Seamus Finnigan hatte sich neben ihn an den Tisch gehockt und ihm die flache Hand auf die Schulter gelegt. "Was hockst Du hier rum, Kumpel? So ganz auf dem Trockenen?"
Er hob seine freie Hand und schon im nächsten Augenblick hatten sie zwei Krüge mit grün gefärbtem Bier vor sich stehen. Ron war auch wieder da und prostete ihnen strahlend zu.
"Das Fest ist fast vorbei!" erklärte Seamus. "Wenn wir uns nicht beeilen, dann finden wir keinen guten Platz mehr am Fluss zum großen Abschlussfeuerwerk!"
Und so machten sie sich in der Abenddämmerung auf den Weg zu den Ufern des River Banns, auf dem schon hunderte Boote und kleine Schiffe schwammen, von denen aus Hexen und Zauberer bunte Raketen in den Himmel zaubern sollten.
"Schade, dass der Auroren-Austausch bald wieder zu Ende ist. Habt ihr was von den Paraden mitbekommen?"
Entgeistert sahen Harry und Ron Phil Munroe, ihren Mitauszubildenden an. 'Woher kommt der denn plötzlich wieder?' fragte sich Harry. 'Erst verschwindet er für Stunden und jetzt tut er, als wäre er nie weg gewesen.'
"Übrigens, Deine Haare sind immer noch grün, Ron", meinte Phil beiläufig und redete stockend weiter, während Ron kopfschüttelnd Harrys Haarfärbezauber endlich wieder rückgängig machte, nachdem er sich in der spiegelnden Wasseroberfläche betrachtet hatte.
"Ich habe gehört, die Green-Sorcerer-Parade soll echt klasse gewesen sein dieses Jahr. Alle haben sich wieder viel Mühe gegeben. Habe ich mir sagen lassen", stammelte Munroe.
Dann murmelte er eine umständliche und unverständliche Geschichte über eine Blumenelfe, die ihn entführt und stundenlang gefangen gehalten hätte. Doch als eine irische Schönheit neben ihm auftauchte, die ihm eine Hand um die Hüfte legte und raunte: "Du hast Dein Feierglas auf meinem Sofa vergessen, Sweety!" wurde Harry grinsend klar, dass diese Elfe wohl eher eine reizvolle, junge, irische Blumenverkäuferin gewesen sein dürfte.
Dann erleuchteten bunte Gemälde aus Funken und Flammen die Nachtluft, als das Feuerwerk den Himmel über Irland zum Glühen brachte und den St. Patricks Day damit festlich ausklingen ließ.
Nicht lange nach einem letzten Schluck Kleetrunk aus dem Brunnen mit der Selkie-Figur und nachdem sich Harry und Ron von ihrem alten Freund und Mitschüler Seamus Finnigan verabschiedet hatten, sanken sie müde und erschöpft, aber auch irgendwie zufrieden und berauscht von den Erlebnissen dieses Tages in ihre warmen, weichen Pensionsbetten.
Am nächsten Tag war dann tatsächlich der Auroren-Ausbildungs-Austausch plötzlich beendet, etwas überraschend und verfrüht, denn eigentlich hatten sie noch eine weitere Woche auf der grünen Insel verbringen sollen. Der noch amtierende Zaubereiminister Miles O'Brien drückte den drei britischen Auszubildenden persönlich ihre Schiffstickets in die Hände mit den Worten, er könne sie jetzt nicht mehr gebrauchen und müsse sich voll und ganz auf seine Wiederwahl konzentrieren. Also reisten Harry und Ron und Phil schon wenige Stunden später ab.
Zurück in London blieb Harry wieder kaum Zeit, über seine irischen Erlebnisse nachzudenken. Der spannende und aufregende Alltag eines angehenden Auroren und sein romantisches Wiedersehen mit seiner großen Liebe Ginny lenkten ihn sehr schnell ab und ließen seine irischen Begegnungen und Erfahrungen etwas in den Hintergrund treten.
Erst als Ron ihm einige Wochen später in der Frühstückspause den Tagespropheten reichte, kamen die Erinnerungen mit einem Schlag zurück. "Schau' mal", meinte Ron und kaute an einem Mund voll Schokofröschen, "wer in Irland neuer Zaubereiminister geworden ist!"
Harry biss noch einmal von seinem Sandwich ab und nahm die Zeitung an sich. Seine ersten Blicke fielen auf die Schlagzeile:
"ERSTE FRAU ZUM ZAUBEREIMINISTER DER MAGISCHEN REPUBLIK ÉIRE GEWÄHLT"
In kleineren Buchstaben konnte er lesen:
"Die vereinigte Gemeinschaft der Hexen und Zauberer der grünen Insel Irland hat erstmals in ihrer Geschichte einen weiblichen Zaubereiminister. Nachdem sich alle männlichen Kandidaten bereits im Vorfeld als Betrüger, Hochstapler und Blender entpuppt hatten, wählten die Iren am letzten Freitag die ehemalige Pensionsbesitzerin Shana O'Malley zur neuen Leiterin ihres Ministeriums. Unser Bild zeigt sie kurz nach Bekanntgabe ihres erdrutschartigen Sieges beim Händeschütteln mit Beag Fear, dem Vertreter des Obersten Rats der Leprechauns, der ihr vor allem in der Bewältigung der irischen Finanzkrise seine volle Unterstützung zusagte."
Das bewegte Bild neben dem Artikel zeigte, das freundliche Gesicht Shana O'Malleys, das der magischen Kamera zugewandt war, während sie, auf ein Knie gebeugt, dem kleinen, klugscheißenden Leprechaun, die Hand gab. Dieser lächelte ebenfalls zur Seite, und das Zwinkern seiner pfiffigen, grünen Augen schien allein für Harry bestimmt zu sein.
'Das kam jetzt etwas überraschend!' dachte Harry noch, dann murmelte er kopfschüttelnd: "The Irish Ways! Who understands the Irish Ways?"
…Ende…
[first published February, 28th – March, 20th 2011]
