Es war einmal...

Als Anfang August 2007 der siebte und damit letzte Band einer Buchreihe der berühmten Joanne K. Rowling über einen gewissen Zauberlehrling namens Harry Potter erschienen und endlich gelesen war, traf sich im frisch errichteten Kundendiskussionsforum auf amazon.de eine Gruppe von mehr oder weniger erwachsenen Menschen, um sich über das Werk auszutauschen, und schließlich, weil keiner so recht glauben wollte, dass es vorbei sein sollte, aus eigener Kraft eine bis drei Fortsetzungen zu schreiben.

Schon bald spaltete sich aus dem Hauptschreiberfeld eine kleine, aber äußerst feine Splittergruppe ab, die sich fortan "Die Hobbydramatiker" nannte. Und als es den "Hobbydramatikern" mal wieder zu langweilig wurde, entstanden die hier neu veröffentlichten "Neuen und unglaubwürdigen Schandtaten der Hobbydramatiker". Zunächst nur auf die Länge eines Posts bei amzon.de beschränkt, entwickelten sie sich schnell zu wahren Kurzgeschichten voller Nonsens und Humor aber auch tragischer Momente, die den Lesern hoffentlich genauso viel Spaß beim Lesen bringen wie uns beim Schreiben. Über Kommentare würden wir uns sehr freuen.

Die Schandtaten:

23.3. – 3:23 Uhr (1) Allerhöchste Geheimstufe (1) Angriff der Bomische (1) Die Auferstehung (1) Die Silberhochzeit (1) Die Suche (1) Die Winterverschwörung (1) Dursleys Reloaded (1) Ein Junge überlebt - etwas anders (1) Ein Schweinchen namens Dudley (1) Ein tierisches Abenteuer (1) Feenwettstreit (1) Freitag der 13. (1) Harry Potter und das Vermächtnis der Hobbydramatiker (11) Harry Potter und der verrückte Fan (1) Harry Potter und die Weihnachtsbäckerei (1) Hogwarts Hüte und Hauselfen (1) Jahrestage (1) Kurz und schmerzlos (1) LA VIE EN ROSE (1) Nachwuchs (1) Schadtat Nr. 33 - Jahrestag (1) Schandtat Numero 01 (1) Schandtat Numero 02 (1) Schandtat Numero 03 (1) Schandtat Numero 04 (1) Schandtat Numero 05 (1) Schandtat Numero 06 (1) Schandtat Numero 07 (1) Schandtat Numero 08 (1) Schandtat Numero 09 (1) Schandtat Numero 10 (1) Schandtat Numero 11 (11) Schandtat Numero 12 (1) Schandtat Numero 13 (1) Schandtat Numero 14 (1) Schandtat Numero 15 (1) Schandtat Numero 16 (1) Schandtat Numero 17 (1) Schandtat Numero 18 (1) Schandtat Numero 19 (1) Schandtat Numero 20 (1) Schandtat Numero 21 (1) Schandtat Numero 22 (1) Schandtat Numero 23 (1) Schandtat Numero 24 (1) Schandtat Numero 25 (1) Schandtat Numero 26 (1) Schandtat Numero 27 (1) Schandtat Numero 28 (1) Schandtat Numero 29 (1) Schandtat Numero 30 (1) Schandtat Numero 31 (1) Schandtat Numero 32 (1) Schandtat Numero 33 (1) The Irish Ways or How to handle a Leprechaun (1) Und nichts als die Wahrheit... (1) Urlaub auf dem Bauernhof (1) VerRückt und duchgeKNALLT? (1) Was wäre wenn ??? (1) Wie Ron Weasley Asmodeus traf… (1) Wohl bekomm's (1)

Dienstag, 14. Februar 2012

LA VIE EN ROSE

Schandtat Numero 28

Es war das Jahr 1997, Harry James Potters sechstes Schuljahr in Hogwarts, der Schule für Zauberei und Hexerei, als besagter junger Mann eines Morgens mit einem unguten Gefühl aus einem für ihn ungewöhnlich tiefen und erholsamen Schlaf erwachte. In der Nacht zuvor, dem 13. Februar, war er nach einem Tag ohne besondere Vorkommnisse - zugegebenermaßen eine Seltenheit für ihn - zu Bett gegangen. Doch an diesem neuen Morgen erschien es ihm, als wäre er in einer anderen Welt erwacht.

Verwundert blinzelte er mit den Augen, doch es veränderte sich nichts. Dies war nicht der heimelige Schlafsaal von Hogwarts, und kein schnarchender Ron Weasley lag im Bett neben ihm. Stattdessen blickte er über eine üppige, grüne Wiese, die umgeben von dichten Wäldern und Hügeln inmitten eines Tals liegen musste.

"Das gibt es doch nicht", murmelte er und schloss die Augen erneut. "Ich träume."

Doch auch als er die Augen wieder öffnete, hatte sich die Landschaft nicht verändert. Er spürte den warmen Wind, der sanft über seine Haut strich, und spürte die Wärme der Sonnenstrahlen. Das leise Plätschern eines Baches war zu vernehmen und das Gezirpe und Gezwitscher von Vögeln. "Bei Merlin! Wo bin ich und wie bin ich hierhergekommen?" fragte er sich laut. Doch niemand antwortete ihm.

War dieses Schuljahr nicht schon schwierig genug? Die Unterrichtsstunden bei Snape, die vergeblichen Versuche, Slughorns Erinnerung zu bekommen und dann noch die Sache zwischen Ginny und Dean Thomas. Wieder spürte er diesen Stachel der Eifersucht. Aber erst einmal musste er herausfinden, wo er war. Er war nicht in Hogwarts, ja nicht einmal in Schottland. Dafür war es definitiv zu warm. Zögerlich machte er sich auf den Weg.

Ein anderer Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Seine Hand griff zur Hosentasche und erleichtert fühlte er den Griff seines Zauberstabs. Auch das Buch des Halbblutprinzen befand sich noch an seinem Platz. Noch ein Rätsel, das es zu lösen galt.

In der Ferne murmelte ein Bach, und Harry merkte, dass er großen Durst hatte und schlenderte langsam in die Richtung. "Was für eine wunderschöne Gegend", murmelte er sich selbst zu.

"Warte erst mal, bis Du die Haine siehst und die Plantagen..."

Erschrocken sprang Harry hoch und zückte seinen Zauberstab. Doch er konnte keine Menschenseele erblicken. Wer hatte da gerade zu ihm gesprochen?

"Hier! Hier, direkt vor Deiner Nase..."

Harry blinzelte, da die Sonne ihm direkt in die Augen schien. Was flirrte denn da vor seinen Augen? Eine Gestalt, nicht größer als ein Daumen, und ja, sie hatte Flügel auf dem Rücken. Gefährlich schien sie nicht zu sein, und er steckte den Zauberstab wieder ein. "Wer bist Du? Was bist Du? Und was ist das hier für ein Ort?"

"Ganz schön viele Fragen auf einmal." Das Wesen grinste hämisch, tauchte mit einem gewaltigen Salto Richtung Erde, verschwand in einer Blütenknospe und rülpste dann ungeniert: "Ich bin eine Blumenelfe, und hier ist das Reich der Blumen."

"Elfe?" Harry schüttelte den Kopf. "Aber Elfen sehen doch ganz anders aus. Unsere Hauselfen zum Beispiel..." Da wurde er jedoch von einem wütenden Zischen des kleinen Wesens unterbrochen: "Hauselfen... Bäh! Lassen sich versklaven... Es gibt hundert verschiedene Arten von Elfen. Es gibt ja auch nicht nur eine Sorte von Deiner Art."

Harry kniff sich sicherheitshalber in den Arm. Es tat weh, also war es kein Traum. Tot war er wohl auch nicht. Tote hatten sicher weder Durst noch Hunger - und letzteres kündigte sich soeben mit einem ziemlich lauten Magenknurren an. Eine Vision schloss er auch aus. Wieso sollte Voldemort ihm auch gerade SOLCHE Bilder schicken?! Aber wie war er hierhergekommen? Wo auch immer 'hier' sein mochte! 'Reich der Blumen?' ... davon hatte er noch nie gehört. War er vielleicht entführt worden? Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Wenn Todesser ihn entführt hätten, dann säße er jetzt wohl in einem Kerker - oder eher Folterkeller - oder wäre bereits tot. Was er nicht war, wie er bereits festgestellt hatte. Und wer sonst sollte ein Interesse an ihm haben?

"Hast Du eigentlich auch einen Namen?" fragte Harry die kleine Elfe, die munter neben ihm her schwirrte, auf seinem Weg zum Bach.

"Yo, man nennt mich Iris 26. Und Du?"

"Harry, Harry Potter..."

Die Elfe brach in ein lautes Gelächter aus, was Harry ziemlich irritierte. Staunen, Ehrfurcht, Abscheu waren eher Reaktionen, die er bei Nennung seines Namens gewöhnt war. "Na ja, Iris 26 ist ja auch ein ungewöhnlicher Name. Warum 26?"

"Ach, dass man euch Fremdlingen alles so genau erklären muss! Ich bin in der Irisblüte 26 geschlüpft. Wäre ich in der Margerite 19 geschlüpft, dann würde ich so heißen. Ist doch ganz einfach." Sprach 's und stürzte sich wieder todesmutig in Richtung Boden. "Yuk, eine Nesselblume."

Harry war immer noch total fasziniert von den Flugkünsten der Elfe und von diesem sonderbaren Land. "Das Reich der Blumen...", sinnierte er, "davon habe ich noch nie gehört und was mich noch brennender interessiert, wie bin ich hierhergekommen?"

Iris 26 war ihm einen eher schrägen Blick zu. "Ich bring' Dich am besten zu uns in den Garten. Der Gärtner kann Dir das bestimmt besser erklären, als ich. Es ist nicht weit. Meine Mittagspause ist eh gleich um. Mir nach!" Und pfeilschnell flog sie davon.

Harry folgte der Elfe bis hinter einen der zahlreichen Hügel, wobei er sich die Gegend genauer ansah und dabei feststellte, dass hier ein Farbton sehr dominant war. Die Blumen und Pflanzen wiesen alle nur erdenklichen Töne von Rot, Rosa, Violett und Lila auf. Auf einer Wiese zu seiner linken konnte er Schafe erkennen, aber sie waren nicht weiß, sondern leicht rosa! Und als er einen Blick in den Himmel über sich warf, sah er - nein, keine lila Wolken - nur wenige kleine Wölkchen, in deutlicher Herzform am sonst wunderschönen, klaren Himmel.

Er hatte vor lauter Verwunderung schon nicht mehr auf den Weg geachtet, als er die Elfe sagen hörte: "Wir sind da."

Harry warf einen Blick vor sich und sah einen mit einem weißen Zaun umrandeten Garten, in dem ein in eine rosa Latzhose gekleideter Mann Gemüsebeete pflegte. Als der Mann sie kommen hörte, richtete er sich auf und sah ihnen lächelnd entgegen. Jetzt konnte Harry weiße Haare und einen langen, weißen Bart sehen. Der Mann sah aus wie...

"Professor Dumbledore?" fragte Harry verdutzt.

"Mhm? Dumbledore? Kenne ich nicht. Mein Name ist Merlin. Merlin Valentine. Und wer bist Du, junger Mann? Und viel wichtiger, wo kommst Du her?" fragte der Gärtner erstaunt.

"Mein Name ist Harry", doch bevor Harry seine Geschichte erzählen konnte wurde er durch den Gärtner unterbrochen, der gerade die kleine Elfe entdeckt hatte, die es sich mittlerweile auf Harrys Schulter bequem gemacht hatte.

"Iris 26!" donnerte er los. "Du bist schon wieder zu spät zurück. Das ist jetzt schon das zweite Mal in dieser Woche. Ab! Marsch! Die Dahlien warten auf Dich."
 
Die Elfe verzog missmutig das Gesicht und machte eine Fratze. "Wie ich Dahlien hasse!" flüsterte sie Harry ins Ohr und flirrte davon. "Wir sehen uns später."

"Nichts als Ärger mit diesen kleinen Plagegeistern", murmelte der Gärtner bevor er sich nun wieder an Harry wandte. "So, Junge. Jetzt erzähl mal..."

Kurze Zeit später hatte Harry seine Geschichte erzählt, und der Gärtner Merlin Valentine hatte ihm gespannt zugehört, ein paar Mal die Stirn gerunzelt und mit dem Kopf genickt. "Hmm", murmelte er und Harry gefiel dieses 'Hmm' nicht sonderlich. "Hast Du Hunger?" fragte der Gärtner schließlich, und als Harry nickte, führte er ihn zu einem kleinen Gartenhäuschen am Rande des Waldes. "Hier, nimm. Ich versuch Dir in der Zwischenzeit zu erklären, was wahrscheinlich passiert ist."

Da geriet Harry plötzlich ins Taumeln. Für einen Moment schielte er so stark, dass er vor sich zwei Gartenhäuschen und zwei alte Männer in Latzhosen sah. Die Farbe von Haaren und Bart des alten Zausels wechselte von Weiß zu Rosa und wieder zurück. Baumwolle wurde zu Zuckerwatte und umgekehrt. Valentine? Valentin? Valentinstag? War da nicht was? Wenn gestern der 13. Februar gewesen war, dann war heute der…

Und Harrys Gedanken schweiften zurück zu jenem 14. Februar vor einem Jahr, in seinem fünften Schuljahr in Hogwarts, der Schule für Zauberei und Hexerei, zurück zu jenem Valentinstag und seinem völlig missglückten Rendezvous mit Cho Chang in Madam Puddifoots Café in Hogsmeade. Für kurze Zeit saß er wieder mit Cho an einem der kleinen, runden Tische und über ihnen drehten kleine, verzauberte Amor-Engelchen ihre Kreise und bewarfen die Gäste mit pinken Konfettis. Und während er glaubte zu sehen, wie eine erinnerte Cho mit einem Löffel ein Schokoladenherz, das Madam Puddifoot auf die Sahnehaube auf ihrem Kaffee gestreut hatte, zerstörte, hörte er ein platschendes PLOPP! ganz in seiner Nähe.

Was war denn nun schon wieder los? Er stand immer noch vor dem Gartenhäuschen des alten Mannes in rosa Latzhosen, aber da war noch jemand wie aus dem Nichts aufgetaucht. An der Westseite des Hauses, außer Sichtweite des Gärtners, stand die lächerlichste Gestalt, die Harry sich in diesem Augenblick vorstellen konnte. Sie sah aus wie eine Kreuzung aus einer Hauselfe und einer Kartoffel, klein, buckelig und beulig. Sie trug etwas um die Hüften, das aussah wie ein rosa Seidentaschentuch, gehalten von einem roten Ledergürtel mit breiter Schnalle in Herzform. Über eine Schulter hingen ihr eine kleine Armbrust und ein Köcher mit gefiederten Pfeilen. Auf dem Rücken hatte die Gestalt weiße Flügel, die aussahen, als hätte jemand – äußerst unprofessionell, wie Harry fand – einzelne Gänsefedern direkt an die Schulterblätter geklebt.

"Moinsen!" Die Gestalt räusperte sich und spuckte dann ins Gras neben dem Häuschen. Ihre Stimme klang tief und rauchig und eindeutig männlich. "Glotz' gefälligst nicht so!" grummelte die dickliche Gestalt weiter. "Ich weiß, dass ich nicht gerade eine Augenweide bin! Aber nicht alle Elfen hier im Lepper-Schepper-Blumenland sind knackige, kleine Blondchen wie Iris 26 und ihre flirrenden Blumenschwestern." Harrys Mund öffnete und schloss sich sprachlos wie ein Fischmaul. "Ich bin Amos, Dein persönlicher Glückself. Kannst den Mund ruhig wieder zu machen! Ich bin nicht Amor oder so was! Ich heiße nur so ähnlich. Und diese Armbrust ist auch mehr Verzierung als alles andere."

Der Elf ließ sich schwerfällig ins Gras plumpsen und zog eine Margeritenblüte an ihrem Stiel zu sich heran. Genüsslich begann Amos, der Blume jedes Blütenblatt einzeln auszureißen. Fast glaubte Harry, mit jedem weißen Blatt, das zwischen den dicken Fingern des Elfen zerrieben wurde, einen kleinen Schmerzensschrei der Pflanze zu hören.

"Dass das letztes Jahr mit der kleinen, dunkelhaarigen nicht geklappt hat", plapperte Amos munter weiter, "ist zum Teil auch meine Schuld. Ich habe irgendwie nicht richtig aufgepasst. War nicht richtig bei der Sache. Hätte alles irgendwie romantischer werden sollen. Aber ich kann das wieder gut machen, wenn Du willst!"

Und schon musste die nächste Margerite dran glauben. "Au! Ach! Au! Ach!" hörte Harry ganz leise, wie in weiter Ferne und immer abwechselnd.

"Soll ich Dir helfen, eine neue Ische klarzumachen? Ist echt kein Ding. Überhaupt gar kein Thema und kein Problem! Wie wär 's mit der kleinen, rothaarigen? Ja, ich weiß, das ist die Schwester von Deinem besten Kumpel. Aber was soll 's? Solange sie nicht seine Schweißfüße hat, sage ich immer!" Amos gluckste fröhlich in sich hinein, offenbar überzeugt, einen Mörderwitz gerissen zu haben.

"Oder wie wäre es mit der kleinen Blondine aus Deinem Astronomiekurs? Noch nie gemerkt, wie die Dich immer anschmachtet? Häh, Narbenboy? Ich denke, die ist mächtig scharf auf Dich. Ich mach' mir da noch mal ein paar Gedanken und schwirr' dann jetzt erst mal ab. Aber nicht vergessen: Amos ist immer nur eine Träne weit entfernt!"

Was sollte das? Von was für Tränen sprach dieser hässliche Wicht? Und von welcher Blondine aus dem Astronomiekurs? Harry schüttelte sich. Er hatte dieses Jahr keine Zeit für Mädchen. Hier ging es um wichtigere Dinge, um Voldemort und Horkruxe und um die Professoren Dumbledore und Slughorn und all das. Und während Amos, der angebliche Glückself mit einem Fingerschnippen, einem breiten Grinsen auf den aufgedunsenen Wangen und einem feuchten PLOPP! verschwand, drückte der Gärtner Merlin Valentine Harry gerade einen zweiten Kelch mit Blütennektar in die Hand.

"Ich hab' auch noch mehr von dem Honiggebäck, wenn Du magst!" sagte er, dann wischte er sich fahrig über die Augen. "Aber wo war ich gerade…? Ach, ja. Ich wollte Dir den wahrscheinlichsten Grund erklären, weshalb Du hier bei uns gelandet bist. Einst, als die Welt der Menschen und der Magie noch nicht voneinander getrennt waren, war das Reich der Blumen ein Teil eurer Welt. Doch dann glaubten immer weniger Menschen an Magie, und das Reich der Blumen löste sich von der Welt. Nicht weit, nur so, dass die Menschen es nicht mehr sehen konnten. Zu bestimmten Zeiten kreuzen sich unsere Bahnen, wie jetzt zum Valentinstag. Und dann ist der Weg von einer Welt zur anderen nur ein kleiner Schritt. Gerade an Orten mit hoher Magie ist die Grenze sehr dünn. Ich vermute, Du kommst aus einer Region voller Magie und bist den Schritt gegangen."

Harry saß noch immer mit offenem Mund da. Erst die Blumenelfe, dann dieser rosa Gärtner, der unförmige Amos und nun diese Geschichte. Es musste alles einfach ein Traum sein. "Und wie komme ich nun zurück?" fragte er.

Merlin Valentine zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Die Typen, die es vor Dir geschafft haben, sind alle hier geblieben und haben das friedliche Leben inmitten von Blumen genossen. Leider gab es in letzter Zeit viel Ärger. Etwas Dunkles kommt ab und an hier an. Und dann verderben ganze Felder prachtvoller Blumen, die Schafe verlieren die Farbe und die Herzwolken verformen sich zu Kuddelmuddel. Alles sehr ärgerlich. Vielleicht kannst Du mir sagen, was dort draußen in der Welt geschieht?"

Harry fröstelte, obwohl hier in diesem Land die Frühlingssonne strahlend und Wärme spendend am herrlich blauen Himmel stand. Sollte Voldemort seine gierigen, kalten Finger bis tief hinein in dieses Land austrecken? Sollten seine bösen Taten selbst bis hierher in diese Parallelwelt ihre Auswirkungen haben? Oder sprach Valentine von einem ganz anderen Dunkel, das nur zufällig zur gleichen Zeit diese Welt heimsuchte, wie Lord Voldemort es in Harrys Welt tat?

Während er von den Geschehnissen der letzten Jahre berichtete, wurde die Miene von Merlin Valentine immer sorgenvoller. "Oh je", seufzte er schließlich als Harry geendet hatte. "Das heißt also, dass Du wirklich wieder zurück in Deine Welt musst, um uns alle zu retten. Das Schicksal der Menschen liegt uns ja wirklich am Herzen. Deshalb kommen wir ja auch immer wieder am 14. Februar vorbei, um die Menschen etwas glücklicher zu machen. Du weißt schon... Hier und dort dafür zu sorgen, dass ein vergesslicher Mann dann doch noch Blumen für seine Frau besorgt, die Freundin eine Karte für ihren Freund. Und dann gibt es ja auch Leute, die einen Pfeil von Amos in ihrem Hinterteil brauchen, nur damit sie sich trauen, die Angebetete anzusprechen, oder überhaupt zu bemerken. Und das ist in letzter Zeit halt immer schwieriger geworden. Also, müssen wir einen Pfad für Dich finden."

Sein Blick glitt über den Himmel und plötzlich strahlte sein Gesicht auf. "Moment mal gerade. Wolke 13 ist fertig." Ein Griff in die rosa Latzhose und er führte eine kleine Pfeife an den Mund. Obwohl Harry keinen Ton hören konnte, kam ein Dutzend kleiner, flirrender Elfen angesurrt. Merlin zeigte hinauf in den Himmel. "Schnell, die Netze!"

Jetzt schaute auch Harry hoch. Direkt über ihnen war eine große herzförmige Wolke zum Stillstand gekommen. Mit offenem Mund beobachtete er das Schauspiel, das sich ihm bot. Als ob eine Schleuse geöffnet würde, regnete es rosa Konfettiherzen. Die kleinen Elfen, bewaffnet mit Netzen, schwirrten durch die Luft und sammelten die Pracht ein. "Für die atmosphärische Deko, wenn Du verstehst, was ich meine...", flüsterte der Gärtner verschwörerisch.

Harry war sprachlos. Und noch bevor er etwas sagen konnte, ließ er seinen Blick nachdenklich über die Landschaft schweifen, als ob sie ihm Antworten geben könnte. Plötzlich schnellte sein Kopf herum, dahin zurück, wo er eben eine ihm bekannte Gestalt gesehen zu haben glaubte. Aber DAS konnte nicht sein. Da kam NICHT mit schwingender rosa-roter Robe Professor Snape von einem Hügel herunter auf ihn zu! Das konnte doch nur eine Sinnestäuschung sein ... aber eine, die er genießen würde! Also schloss er seine Augen und stellte sich einen Severus Snape vor, der in einem unmöglichen rosa Fummel, wie ein kleines Mädchen hüpfend, summend und einen kleinen Korb tragend über eine Blumenwiese lief.

Merlin Valentine konnte beobachten, wie Harry dümmlich und breit vor sich hin grinste. "Woran denkst Du?"

"An meinen verhassten Zaubertränkeprofessor. Aber so sieht er einfach lächerlich aus ... in rosa ... gar nicht mehr Furcht einflößend", meinte Harry immer noch grinsend.

"Redest Du von dem hier?" fragte Valentine glucksend. Das Schlimmste ahnend öffnete Harry vorsichtig seine Augen. Und sah direkt in die fast schwarzen, vor Wut funkelnden Augen seines 'Lieblings'-Professors. "Ähm, Professor Snape!? Was machen Sie denn hier?"

"Was ich hier mache?" fauchte der Professor ihn in altbekannter Manier an. "Das kann ich Ihnen sagen! DAS IST ALLES ALLEIN IHRE SCHULD, POTTER!" Er musste Luft holen, ließ Harry aber keine Gelegenheit auf diese Anschuldigung zu reagieren. "Sie sind durch das Schloss gewandert! Nach der Sperrstunde! Wie so oft! Oder sollte ich sagen, wie immer?! Ganz der Vater! Ich habe Sie auf meinem Rundgang erwischt und wollte Sie zur Rede stellen, aber der Herr hatte es nicht nötig, mir zu antworten! Ich hielt Ihnen gerade eine gepfefferte Strafpredigt und drohte mit Nachsitzen bis zum Ende ihrer schulischen Laufbahn, als mir ihr Blick auffiel. Sie waren gar nicht wirklich anwesend. Sie sind schlafgewandelt! Und ich konnte sie einfach nicht wecken. Also musste ich Ihnen, zu meinem größten Missfallen, wohl oder übel hinterher und aufpassen, dass Ihnen nichts passiert! Und dann biegen wir in einen Gang im fünften Stock ein, und plötzlich ist da ein rosa Nebel, dann nichts mehr. Und als ich wieder aufwache, bin ich hier UND SEHE SO AUS!" beendete Snape seine Ausführungen und zeigte auf seine Robe, die tatsächlich rosarot war! Es war also ganz und gar keine Sinnestäuschung gewesen.

Harry musste schwer kämpfen, um ein Grinsen oder gar ein Lachen zu unterbinden. Denn darauf würde Snape sicher nicht gut reagieren. Er kniff also fest die Lippen zusammen und stützte sich mit einer Hand an die Rinde eines uralten Baumes mit herzförmigen Blättern, dessen Zweige vor dem Gartenhäuschen Schatten spendeten.

Dann zuckte er erschrocken zusammen, als auf einem Ast dicht an seinem Kopf plötzlich und auf seine eigentümlich schlurfende und patschende Art Amos, der dickliche, unförmige Glückself auftauchte. "Mann!" stieß Harry zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor. "Musst Du so plötzlich und unerwartet aus dem Nichts erscheinen?"

"Entschuldigung, Meister!" blaffte Amos ihn an und sprang vom Baum. "Soll der arme, kleine Amos sich lieber auf eine Art und Weise bewegen, wie es dem Potter-Meister besser gefällt?" Er landete direkt vor Snapes Füßen im Gras und machte einige unbeholfene Hopser. Dazu bewegte er leicht die Federn auf seinem Rücken, die wohl Flügel darstellen sollten. "So!" raunzte er. "Flirr, flirr, flatter, flatter! So besser?"

Snape schaute missbilligend auf die kleine Gestalt hinunter und Merlin Valentine wollte zu einer Strafpredigt ansetzen, aber Amos ließ sich gar nicht aus der Ruhe bringen. Er kratzte sich an einer äußerst delikaten Stelle an dem Seidentuch, das er um die Hüften trug, säuberte sich röchelnd die Kehle und plapperte in einem genervten und leierigen Tonfall weiter:

"Mach' hier bloß keinen Stress, Narbenboy! Was kann ich dafür, dass Du noch keinen Valentin-Schatz gefunden hast? Ich will Dir ja nur helfen. Die kleine rothaarige knutscht übrigens immer noch mit dem anderen Typen rum. Und die kleine Blondine aus dem Astronomiekurs heißt Draco Malfoy. Ich glaube, das Frettchen schmachtet aus einem ganz anderen Grund. Hoffe ich jedenfalls. Also, wenn Du dem näher kommen willst, dann musst Du das schon alleine machen. Auf so einen Kram habe ich nämlich gar keinen Bock. Oder hast Du vielleicht noch irgendwen anders im Auge, dem ich eine Herzensbotschaft von Dir überbringen könnte? Ich glaube, Deine alte Wahrsagelehrerin ist auch noch solo. Oder ist die eher was für Sie, Professor Snape?"

Snape holte entrüstet Luft, während Merlin Valentine versuchte, Amos an einem von seinen kurzen, dicken Ärmchen zu packen. "Zeig' etwas mehr Respekt, Elf! Und sei gefälligst etwas romantischer!"

Doch Amos schnippte nur wieder mit den Fingern und saß im nächsten Augenblick in der Dachrinne des Gartenhäuschens. "Valentine, Du alte Pfeife! Dieser ganze Flitter-, Glitzer-, Herzchenquark ist so was von out, das sage ich Dir. Kein Mensch braucht heute mehr herzförmiges Konfetti oder rosarote Glückwunschkarten zu zuckersüßem Liebesgebäck. Das ist alles so was von old-school! Dies hier ist mein letzter Auftrag. Wenn ich diesem Narbengesicht hier was zum Knutschen besorgt habe, dann bekomme ich endlich meine richtigen Flügel und dann ist unser Vertrag erfüllt! Und dann bin ich aber so was von weg aus diesem Lila-La-Launeland! Das kannste glauben!"

Er streckte, dem alten Gärtner in Latzhosen kurz und prustend die Zunge raus. Dann drehte er sich um und wackelte mit dem Hinterteil in dessen Richtung, bevor er mit einem neuerlichen platschenden PLOPP! wieder verschwand.

"Schluss jetzt mit diesem Unsinn!" polterte nun Severus Snape. "Ich will jetzt endlich wissen, was hier los ist! Und dann will ich so schnell wie möglich wieder zurück!"

Merlin Valentine seufzte gequält. "Harry, mein Junge, warum schaust Du Dich nicht etwas um, während ich Deinem Professor hier die Situation erkläre? Und dann schauen wir gemeinsam, ob wir einen Weg zurück finden."

Das ließ sich Harry natürlich nicht zweimal sagen. Alles war besser, als neben einem Professor Snape zu stehen, der kurz vor dem Platzen war. Innerlich musste er schon wieder grinsen, stellte er sich Snape doch gerade als rosa Knallbonbon vor. Diese alberne Farbe führte zu den verrücktesten Vorstellungen. Hastig sprang er auf und lief durch den Gemüsegarten in die Richtung, in die die kleine Blumenelfe vor Stunden geflogen war.

Weit hinter dem Garten erstreckten sich riesige Blumenfelder. Alle Sorten, alle Farben, soweit das Auge blicken konnte. Und quer durch die Blumenreihen schwirrte es, wie in einem Bienenstock. Tausende kleiner Blumenelfen versorgten die Blumen mit Wasser, nahmen Maß, zupften das Unkraut dazwischen und lockerten das Erdreich. Hin und wieder wurden einzelne Blumen geschnitten und landeten auf Transportbändern, die zu einem großen Gewächshaus führten. Harry wusste nicht wohin er zuerst schauen sollte und fragte sich, ob er in diesem Gewusel Iris 26 finden würde.

Plötzlich ertönte ein kleines Glöckchen und die Blumenelfen stellten so langsam ihre Tätigkeiten ein. "Endlich Feierabend!" tönte die nun schon bekannte Stimme von Iris 26 an Harrys Ohr. "Na, Großer, hat der alte Zausel Dir alles erklärt?"

Harry blickte sich suchend um und erblickte die Blumenelfe, die es sich wieder auf seiner Schulter gemütlich gemacht hatte. "Ja, hat er. Und nun erklärt er es meinem Professor. Sag' mal, was macht ihr denn mit den ganzen Blumen und..."

Weiter kam er nicht. Eine Brigade Elfen mit Tragbahren hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. Immer zu zweit transportierten sie offensichtlich bewusstlose Elfen aus den Beeten.

"Bei Merlin! Was ist den armen Dingern denn zu gestoßen?" Sein Innerstes schrie geradezu: 'VOLDEMORT!'

Iris 26 folgte seinem Blick und zuckte mit den Schultern. "Keine Panik! Endet jeden Tag so. Das sind die Elfen aus dem Schleierkraut. So hübsch es auch aussieht, es verschleiert die Sinne. Man ist so berauscht, dass man irgendwann umkippt. Die Arbeit wird immer an die aufsässigen Elfen als Strafe vergeben. Drei Tage im Schleierkraut und Du wirst zahm wie ein Lämmerschwänzchen."

"Hm", machte Harry. Nicht nur Amos, der verkappte Glückself, schien unzufrieden zu sein. Er beschloss, dass er das näher erforschen wollte und fragte Iris 26 danach.

"Ach, im Großen und Ganzen ist es schon OK. Und der Gärtner ist schon in Ordnung. Nur ist er nicht für neue Ideen offen. Es ist ja so langweilig. Ich zum Beispiel. Dahlien! Ich bitte Dich, ich und Dahlien. In Rosen würde ich gern arbeiten. Diese Herausforderung, die die Dornen stellen. Das ist Abenteuer!"

Nun musste Harry schmunzeln. "Ich werde mal mit eurem Meister darüber sprechen", versprach er.

"Und die armen Glückselfen sind es leid in einer verlassenen Bar zu sitzen und auf Menschen zu warten, um ihre Pfeile zu verschießen. Die Menschen treffen sich heute in einem Zwischen-Netz, in so genannten Quatsch-Räumen, schreiben sich Emils und sumsen miteinander. Da würden sich die Glückselfen gerne mal austoben. Ein Wortverdreher, eine falsche Zahl und schon haben sie zwei Menschen miteinander in Verbindung gebracht. So läuft das!"

"Ja, ja, ich glaube, ich habe verstanden", sagte Harry. "Vielleicht versteht Valentine es ja auch. Wie gesagt, ich werde mal mit ihm darüber sprechen!"

Und ihm kam noch eine andere Idee. Nicht umsonst hatte er einen Sommer zum Großteil unter dem Fenster seiner Verwandten verbracht und Nachrichten gehört. Zwar kamen keine Nachrichten von Todesseraktivitäten, aber eine Menge andere Dinge waren geschehen, und Harry hätte nie gedacht, dass sich das noch als nützlich erweisen könnte. "Sag mal", meinte er zu Iris 26, "seid Ihr organisiert?"

"Natürlich", entgegnete sie empört. "Sieht das hier etwa nach Chaos aus? Alles durchgeplant. Kein Platz für Kreativität oder Individualität. Alles läuft nach Schema F. LAAAAANGWEILIG!!!"

"Das meinte ich nicht. Ich wollte wissen, ob Ihr Interessenvertreter habt, eine Gewerkschaft, jemanden, der euch und eure Anliegen vertritt."

"Mhmmm, tja. Da ist die oberste Elfe, aber ich glaube nicht, dass sie eine Ahnung von dem hat, was Du da gerade gesagt hast. Sie gibt Anweisungen an alle anderen weiter, aber sie gibt nicht unsere Beschwerden nach oben weiter. Das war es doch, was Du meintest?"

"So ungefähr. Aber da ist noch mehr. Wenn Valentine Euren Bitten gegenüber stur bleibt, könntet Ihr vielleicht streiken."

"Streiken? Was bedeutet das?"

Harry wollte gerade mit einer Erklärung beginnen, als er hinter sich ein Schnaufen und dann die abfällige Stimme seines Professors hörte: "Sie wollen sie doch nicht wirklich in den Ausstand führen, Potter? Dann läuft hier gar nichts mehr! Kommt mir jetzt schon schlimm genug vor. Was die hier brauchen, ist eine harte Hand, die Ihnen zeigt, wo es lang geht. Man muss sich nur diesen Amos ansehen! Allerdings... wenn ich mich hier so umsehe... unter solchen rosa-roten Bedingungen würde ich mich auch weigern, zu arbeiten! Kommen Sie mit, Potter, bevor Sie hier noch etwas anstellen, wie es ihrem 'Talent' entspräche", forderte er Harry abschließend auf.

Der warf Iris 26 noch einen Blick zu, zwinkerte und flüsterte ein, für Snape, der ihm den Rücken zugedreht hatte und auf seine Folgsamkeit bauend - Wie er nur darauf kam? - schon vor gegangen war, nicht hörbares "Später!" zu, bevor er dem Professor tatsächlich folgte. Er wollte mal nicht so sein.

Auf einem nur mit ordentlich gestutztem Gras bewachsenen Hügel, blieb Severus Snape stehen und packte Harry unsanft am Arm. "Höchste Zeit, dass wir von hier verschwinden, Potter!" grummelte er. "Von Dumbledore weiß ich, dass Sie sich mit dem Seit-an-Seit-Apparieren auskennen, also zappeln Sie nicht herum und halten Sie sich fest. Wir kehren jetzt zurück nach Hogwarts!"

Harry empfand ein leichtes Unbehagen, als Snape ihn eng an seine Seite zog, ganz anders als die Male, die er zusammen mit Albus Dumbledore auf diese Weise gereist war. Er schloss die Augen zu einem Spalt und wartete auf das unangenehme, ziehende Gefühl, das der Ortswechsel für gewöhnlich mit sich brachte, aber nichts geschah. Auch nach dem vierten Versuch standen sie immer noch im kurzen, aber saftigen Gras im Blumenland.

"Das darf doch wohl nicht wahr sein!" Der Professor polterte los und seine rosa-rote Robe bauschte sich flatternd um ihn, als er sich nun ohne Harry im Kreis drehte. Harry überlegte kurz, ob es ratsam war, Hermines Standardspruch, man könne nicht auf oder vom Schulgelände von Hogwarts apparieren, anzubringen, entschied sich dann aber im Angesicht von Snapes sich zunehmend verschlechternder Laune dagegen.

"Ich glaube, ich sollte ein ernstes Wörtchen mit diesem Gärtner reden!" grollte der Professor, und Harry sah, wie sich seine Hand um den Zauberstab in seiner Tasche krallte. Dann war Snape auch schon wieder davongeweht.

Stattdessen hörte Harry plötzlich wieder die inzwischen schon bekannte rauchige Stimme von Amos, dem Glückselfen neben sich. "Na, Narbengesicht?" ätzte Amos. "Hat sich das kleine Blumendingelchen bei Dir ausgeheult? Buhu, Dahlien sind ja so langweilig! Buhu, Rosen sind viel spannender!"

Während er Iris 26 nachäffte, schleuderte er seine Armbrust und seinen Köcher mit Pfeilen auf den Boden und hockte sich breitbeinig darauf. "Die soll mal lieber froh sein, dass sie nicht bei den Rosen eingeteilt ist! Die Rosen-Brigade macht nämlich schon seit Wochen Dauerschichten rund um die Uhr. Genauso wie die Schlemmerelfen in den Pralinen- und Süßigkeiten-Fabriken. Und wer ist schuld an dem ganzen Stress? Na? Na? Na?"

Er war aufgesprungen und zupfte beharrlich an Harrys Hosenbein. "Schuld sind die Zuckerbäcker und Blumenhändler aus Deiner Welt, die sich diesen überflüssigen Feiertag ausgedacht haben!" Er schüttelte wütend die geballte Faust gen Himmel. "Ich hasse den Valentinstag! Ich hasse Valentin! Ich hasse Valentine!"

Amos verstummte abrupt, als wieder einmal ein Glöckchen ertönte, diesmal allerdings ein schrilles und irgendwie respekteinflößendes, wie Harry fand. "Grriiieeeh, nicht die!" quiekte Amos und klammerte sich am Hosenbein des Zauberschülers fest. "Versteck' mich! Bitte, bitte, versteck' mich! Sie dürfen mich nicht finden!"

Dann schien ihm wieder einzufallen, dass er die Gabe hatte, im Handumdrehen zu verschwinden. Er schnippte erneut mit seinen dicken Wurstfingern, und Harry stand allein auf dem grünen Hügel.

Das durchdringende Klingeln, das so viel lauter und bedrohlicher klang als das Glöckchen, das zum Feierabend der Elfen geläutet hatte, ertönte erneut. Harry sah eine Bewegung in einer Dornenhecke am Fuß des Hügels, dann hörte er laute Stimmen, die Kommandos riefen. Zweige der Hecke wurden auseinander gedrückt und heraus kam eine kleine Schar von sechs muskulösen Glückselfen. In einer Zweierreihe und im Gleichschritt marschierten sie auf Harry zu. Sie trugen den gleichen rosa Lendenschurz, der wie ein Seidentaschentuch aussah, wie Amos und waren auch mit Pfeil und Armbrust bewaffnet, doch wirkten sie wesentlich durchtrainierter und schlanker, als der aufsässige und kartoffelförmige Elf. Auf ihren bloßen Rücken trugen sie prächtige, weiße Schwingen, die an Schwanenflügel erinnerten.

"Halt!" rief einer der Elfen, der zusätzlich zu seinem Lendenschurz noch eine goldene Schärpe über der Brust trug. Die sechs Elfen blieben in zwei exakt geraden Linien hintereinander stehen. "Im Namen des Gärtners und der obersten Elfe befehle ich Ihnen, mir zu sagen, wohin Amos, Ihr persönlicher Glückself, verschwunden ist!" richtete der Anführer der kleinen Schar das Wort laut und barsch an Harry.

Dessen Blick fiel über die Schultern der Glückselfen zwischen die Zweige ins Innere der Dornenhecke. Dort hockte Amos und gab ihm lautlose und zugleich flehende Zeichen, ihn nicht zu verraten. Harry seufzte. Welchen Grund sollte er haben, den kleinen, unhöflichen Kerl in die Pfanne zu hauen? "Er ist da lang geflogen", behauptete er und zeigte in die der Hecke entgegengesetzte Richtung.

"Ich bedanke mich für Ihre Kooperation, Mensch!" verkündete der Anführer. "Werde mich persönlich bei der Leitung dafür einsetzten, dass Ihnen ein anderer Glückself zugewiesen wird! Habe die Ehre!" Er drehte sich zu seinen Männern um und brüllte: "Achtung!"

Dann marschierten sie den Hügel in die Richtung hinunter, die Harry ihnen gezeigt hatte. Nach einigen Metern schienen sie sich wieder an ihre Flügel zu erinnern, und sie flatterten über Blumen- und Gemüsefelder in den Sonnenuntergang davon.

Als Harry ihnen noch nachsah, spürte er plötzlich ein nicht unerhebliches Gewicht auf seiner linken Schulter. Aus den Augenwinkeln sah er Amos, der dort gelandet war. Als er den Kopf zur Seite drehte war er Gesicht an Gesicht mit dem dicken Elf. Dieser packte ihn bei den Ohren und drückte ihm einen dicken Schmatzer direkt auf den Mund. Harry wirbelte herum und spuckte kräftig aus. "Bäh!" rief er. "Was sollte das denn?"

Amos verschwand kurz und tauchte dann auf seiner rechten Schulter wieder auf. "Bild' Dir bloß nichts ein!" grummelte er. "Ich wollte mich nur bedanken, dass Du mich nicht bei den Bullen verpfiffen hast, Narbenboy! Außerdem habe ich immer noch den Auftrag, Dir einen Valentinsschatz zu besorgen. Sag' mal, hattest Du schon mal was mit Zwillingen?" Harry konnte ihn nur kopfschüttelnd und mit erhobenen Augenbrauen anstarren. "Nun, komm schon, Junge! Du weißt schon, was ich meine!"

Amos packte seine Armbrust und zog den Köcher mit den gefiederten Pfeilen an dem Geschirr auf seinem Rücken fest. "Parvati? Padma? Bussi, Bussi? Schmatz! Schmatz! Lieber Himmel, wie kann man nur so schwer von Begriff sein? Und so was soll der Auserwählte sein, der die Zaubererwelt vor Du-weißt-schon-wem retten soll." Er schüttelte den Kopf, spreizte die zerknautschten Stummelflügel und war im nächsten Moment verschwunden.

Harry schaute von seinem grünen Hügel in die untergehende Sonne. Er war erstaunt, wie lang die Schatten waren, die die Blumen und Bäume und alles andere warfen. War es möglich, dass er einen ganzen Tag in diesem sonderbaren Blumenland verbracht hatte? Aber ein Gutes hatte es, denn mit diesem Tag ging auch der Valentinstag seinem Ende entgegen.

Eine kurze Erinnerung an den Weihnachtsball anlässlich des Trimagischen Turniers in seinem vierten Schuljahr und an Rons und sein verpatztes Date mit den Parvati-Zwillingen wehte ihm gerade durch den Kopf, da hörte er hinter sich ein bedrohliches Summen und Brummen, das lauter und lauter wurde. Verwundert drehte er sich um. Vom östlichen Horizont her überzog ein dämmeriges Zwielicht das Blumenreich mit einem frühen Abend. Und davor erhob sich eine dunklere Wolke, die sich langsam und mit einem wachsenden und tosenden Geräusch auf ihn zu bewegte. Je näher sie kam, desto mehr und deutlicher erkannte Harry, woraus sich diese Wolke zusammensetzte. Millionen, wenn nicht Milliarden kleiner Blumenelfen schwirrten hier gemeinsam an ihren Libellenflügeln durch die Luft und schienen alle ein gemeinsames Ziel zu haben.

Als sie nur noch wenige Meter von ihm entfernt waren, hörte Harry auch, dass es nicht nur die Elfenflügel sondern auch Worte waren, die das Summen und Brummen bildeten. "Nieder mit den Ausbeutern!" skandierten die kleinen Wesen und: "Freiheit für die Blumenelfen!"

Dazu schwangen alle ihre jeweils geballte, linke Faust vor sich in die Luft. Auweia, was hatte er da nur angerichtet? Hatte er die kleinen Kerlchen tatsächlich zu einem Aufstand angestiftet? Oder richtete sich der Zorn der Elfen gegen ihn als Vertreter der anderen Welt, für die sie gerade vor dem und am Valentinstag so hart schuften mussten? Vorsichtshalber zog Harry schon einmal den Kopf ein. Doch die große Masse der Elfen beachtete ihn gar nicht und flog einfach über ihn hinweg, ihrem noch unbekannten Ziel entgegen.

"Na, Großer!" Ein Luftzug, wie von einem Miniventilator, streifte eins seiner Ohren. "Findest Du das organisiert genug?" Ein Grinsen stahl sich in Harrys Gesicht, auch als der Elfenschwarm plötzlich zum Stocken und dann zurück kam und sich direkt über ihm zusammenzuballen schien. Iris 26 flatterte knapp vor seiner Nasenspitze, sodass er leicht schielen musste, um sie ansehen zu können.

"Freiheit für die Blumenelfen! Nieder mit den Ausbeutern!" brüllte sie ihm so laut es für ihre Verhältnisse ging direkt ins Gesicht. "Keine langweilige Sklavenarbeit mehr für außerweltliche Sklaventreiber! Jetzt reden wir mal ein mehr als ernstes Wörtchen mit dem Gärtner!"

Außerweltliche Sklaventreiber? Wen meinte Iris 26? Den Gärtner? Harry überlegte. Aus einiger Entfernung hatte er ihn für eine Art Dumbledore-Klon gehalten. Aber bedeutete das, dass er ein Zauberer war? Oder überhaupt ein Mensch? Harrys Blick wanderte hinüber zu einem anderen Hügel in einiger Entfernung, auf dem das Gartenhäuschen des Gärtners stand. Genau in diesem Moment flammte Licht im Inneren der Hütte auf.

"Habe ich Dir eigentlich schon meine Schwestern vorgestellt?" riss Iris 26 ihn aus seinen Überlegungen. "Harry Potter, das sind Iris 1 bis Iris 8.082.007!" Die Elfen aus dem Schwarm hoben ihre linken Fäuste zum Gruße und schüttelten sie über ihren kleinen Köpfen. "Aber jetzt haben wir keine Zeit mehr", fuhr Iris 26 fort, "wir müssen eine alte Ordnung stürzen!" Und damit setzte sie sich an die Spitze des Schwarms, der sich wie ein einziges Wesen wieder auf den Weg zum Gartenhäuschen machte.

Harry schüttelte den Kopf. Was hatte er da bloß angezettelt? Ein Elfenstreik! Hermine würde stolz auf ihn sein. Sie war in ihrem Bestreben, die Hauselfen zu befreien, noch nicht so weit gekommen, und jetzt schämte er sich sogar ein wenig, dass er ihre B.ELFE.R.-Sache nicht richtig ernst genommen hatte. 'Wenn ich wieder in Hogwarts bin, werde ich versuchen ihr zu helfen', dachte er noch, bevor er sich eilends auf den Weg machte, um ja keine Sekunde des Aufstands der Blumenelfen zu verpassen.

Die Wolke aus Iris 26 und ihren Geschwistern hatten schon fast das Gartenhäuschen erreicht. Aus der Ferne hörte er weiteres Surren, und über ihn flog eine weitere Wolke hinweg. Vereinzelt hörte er dünne Stimmen. "Seht, da ist schon Iris 26 mit ihren Geschwistern. Auf geht es, Rosies. Mir nach! Wird wirklich Zeit, dass wir mal etwas anderes zu tun bekommen..."

Je näher Harry dem Gartenhäuschen kam, desto mehr surrende Wolken kamen aus allen Himmelsrichtungen angeflogen und mischten sich zu einer gigantisch flirrenden Masse. Auch der Gärtner hatte wohl bemerkt, dass sich dort etwas zusammenbraute, denn jetzt öffnete sich knarrend die Tür.

Als Harry und Professor Snape, den er inzwischen wieder eingeholt hatte, nun bei dem vor seinem Häuschen wartenden Merlin Valentine ankamen, flog gerade Violett 555, die amtierende Anführerin der Veilchen, die das Kommando übernommen hatte, vor. Sie hatte sich auf ihrem Weg hierher Harry und Snape förmlich vorgestellt und las nun von einem großen Blütenblatt ihre Forderungen vor. Alle warteten geduldig, bis sie geendet hatte. "Das sind also unsere Forderungen an Sie!" teilte sie dem Gärtner abschließend mit.

Mit einem nachsichtigen Lächeln erwiderte Valentine: "Da seid Ihr bei mir an der falschen Adresse. Ich bin hier nur der Verwalter. Solche Befugnisse habe ich nicht", meinte er bedauernd.

Die Elfen waren sprachlos. Was jetzt? "Und wer ist dann hier der Boss?" mischte Harry sich ein, was ihm ein böses Zischen des Tränkemeisters einbrachte. "Halten Sie sich gefälligst da raus, Potter!"

"Aber vielleicht kann uns der Boss hier raus bringen!" zischte Harry zurück. Da musste Snape ihm Recht geben und beschloss, sich nun auch für die 'Sache der Elfen' zu engagieren und wandte sich an Violett 555: "Sie sollten unbedingt mit dem Chef des Ganzen hier" - mit einer ausholenden Geste zeigte er auf die Umgebung - "sprechen. So etwas regelt man nicht mit Untergebenen." Damit warf er einen eher abfälligen Blick auf den Gärtner.

Violett 555 nickte zustimmend und sprach den Gärtner mit fester Stimme an: "Also, an wen müssen wir uns wenden?" Zur Untermauerung ihrer Forderung bauten sich die Elfen geschlossen und bedrohlich – und dies war den kleinen Geschöpfen nur aufgrund ihrer gewaltigen Anzahl überhaupt möglich – vor dem Gärtner auf.

Der aber blieb stumm. Also schwirrte eine kleine Horde Elfen um ihn herum und machte dabei einen unerwarteten Lärm. Harry hielt sich die Ohren zu und überlegte, da er mehrere Schritte entfernt stand, wie unangenehm es dann erst für Valentine sein musste?!

Der verzog nach wenigen Minuten auch schon schmerzhaft das Gesicht. Nach einigen weiteren Minuten schrie er gequält auf: "Schluss jetzt! Aufhören! AUA!!! Es reicht! Ich gebe auf!"

Schon herrschte wieder Ruhe und alle sahen ihn erwartungsvoll an. "Ich kann es Euch nicht sagen."

Und schon flog wieder ein Trupp Elfen auf ihn zu.

"Halt! Halt!" versuchte Valentine sie schnell zu beschwichtigen. "Ich kann Euch den Namen nicht sagen... also seinen richtigen. Hier nennt er sich Rosen Kavalier." Entsetzt schlug er sich die Hand vor den Mund.

Snape verdrehte gequält die Augen bei diesem Namen. "Und wo finden wir diesen Mr. Kavalier?" wollte er ungeduldig wissen.

Valentine überlegte kurz, bevor er für sich beschloss, dass es jetzt wohl auch in Ordnung sei, diese Information weiterzugeben. "Oh, er wohnt hinter den neun Hügeln, in Cupids Castle, wenn er hier ist."

Snape verdrehte erneut die Augen. Cupids Castle, also wirklich, ging es noch scheußlicher? Dann stutzte er. "Was soll das heißen: 'Wenn er hier ist'?"

"Er ist nur selten hier. Nur um den Valentinstag herum." Erschrocken schlug der Gärtner erneut die Hand vor den Mund. Das hatte er nicht sagen wollen. Er hatte sie doch in die Irre führen wollen. Mist!

Hinter dem Gärtner grinste eine der Elfen triumphierend, und auf Harrys fragenden Blick erklärte sie: "Das war Blütenstaub der Chrysantheme mit ein wenig Nachtschattengewächs." Sie kicherte.

Snape nickte verstehend. "Ein Hauptbestandteil des Veritaserums", bemerkte er anerkennend. "Also ist er jetzt hier, in diesem... Castle? Dann sollten wir uns auf den Weg machen. Wisst Ihr, wo das ist?"

"Ja, das wissen wir", riefen die Elfen im Chor und dann: "Auf nach Cupids Castle!"

"Aber hütet Euch vor der Garde!" rief ihnen Merlin Valentine noch nach. "Die Garde?" fragte Harry Snape flüsternd, der neben ihm den Elfen folgte. Der zuckte zur Antwort nur mit den Schultern.

Fünf Hügel lang ging alles gut. Sie trafen auf keine anderen Lebewesen als Bienen und Schmetterlinge, hier und da mal ein Schaf oder ein Kaninchen. Einmal, in einiger Entfernung, konnten sie ein Einhorn sehen. Nichts und niemand stellte sich ihnen in den Weg. Die Elfen schienen auch nicht mit dergleichen zu rechnen. Sie summten fröhlich vor sich hin: "Jetzt setzen wir unsere Forderungen durch! Alle Arbeiten stehen still, wenn das Elfenvolk es will! Summ, summ, summ."

Harry und Professor Snape waren da etwas misstrauischer und sahen sich vorsichtig um. Sie hatten die Worte des Gärtners nicht vergessen. Und ein Leben mit Voldemort machte nun einmal besonders vorsichtig. Auch wunderten sie sich, dass scheinbar schon seit Stunden die Sonne unterging im Reich der Blumen, aber noch immer nicht die Dämmerung hereingebrochen war.

Und die beiden Menschen sorgten sich zu Recht, wie sich wenige Augenblicke später herausstellte, denn plötzlich waren die Elfen von Kobolden umzingelt. Harry und Snape standen ein wenig abseits. Sie waren umringt von Kobolden in rosa Rüschen-Uniformen, bewaffnet mit Keulen, die nach Zuckerwatte aussahen, aber sicher nicht aus Zuckerwatte bestanden.

"Wir dulden keine Widerworte, keine Aufsässigkeit! Hier gibt es keine Gewerkschaft, keinen Streik. Ihr müsst Euch glücklich schätzen, so eine wundervolle Arbeit zum Wohle aller Liebenden verrichten zu dürfen", leierte einer der Kobolde gelangweilt herunter.

Während die Kobolde drohend ihre Keulen schwangen und die Elfen wütend die Backen aufbliesen, stieß Snape Harry mit dem Ellenbogen in die Seite. "Das könnte hier jetzt unschön werden und lange dauern. Wir sollten sie ihrem Spaß überlassen und uns weiter auf den Weg zum Schloss machen."

"Spaß? Das könnte ein blutiger Krieg werden!"

"Und wessen Schuld wäre das?" schoss Snape ätzend zurück. Als er jedoch Harrys entsetztes und schuldbewusstes Gesicht sah, stöhnte er gequält auf. 'Verdammt! Ich werde weich. Was macht dieses besch... Land mit mir?' fragte er sich der Verzweiflung nahe, bevor er Harry mit barschem Ton beruhigte: "Potter, es wird schon nichts passieren! Wir sind hier im Lila-Laune-Rosa-Rot-Zuckerwatte-Alle-Haben-Sich-Lieb-Land. Niemand wird verletzt werden! Also machen Sie sich keine Sorgen und kommen Sie mit!"

"Sind Sie sich sicher, Sir?" wollte Harry zweifelnd wissen. "Ja! Und jetzt los!" Sprach 's und packte Harry am Arm, um ihn mitzuziehen. Harry warf einen letzten skeptischen Blick auf die Elfen und Kobolde und ging mit seinem Professor weiter in Richtung des nächsten Hügels.

Als sie den letzten Hügel erklommen hatten, konnten sie in der Ebene unter sich ein riesiges Schloss sehen, das allem Anschein nach aus rosa und weißem Marmor erbaut war. Harry glaubte von Snape ein würgendes Geräusch zu hören. "Na dann wollen wir mal sehen, ob der Hausherr da ist."

Als sie nur noch wenige Meter vom Schloss entfernt waren, leuchtete es überall um sie herum golden auf. Aus einem Reflex heraus griff Harry nach einem der goldenen Lichter und quietschte begeistert auf: "Das sind Schnatze!"

"Ja, ja, Potter. Schön für Sie. Vielleicht gibt es hier ja irgendwo rosa Besen, dann können Sie ein wenig ihre Sucher-Fähigkeiten trainieren." Harry behielt den Schnatz in der Hand und folgte Snape weiter auf das Schlossportal zu.

Vor dem großen Eingangstor aus weißem Holz saßen zwei Drachen, einer rechts und einer links davon. Und wie sollte es auch anders sein, hatten sie die Farbe reifer Brombeeren, durchzogen von zartrosa Streifen. Severus Snape, seines Zeichens stets mürrischer Zaubertränkemeister, schüttelte genervt den Kopf und schloss resignierend die Augen. Wie sollte er sich jemals hiervon erholen?! Wenn er in diesem Leben nie mehr diese schrecklichen Farbtöne würde sehen müssen, war das noch zu früh.

Er öffnete die Augen wieder, als er ein überaus mädchenhaftes Jauchzen hörte."OHHH, sind die süüüüüß!" kam es von Potter, und es war nur Snapes schneller Reaktion zu verdanken, dass er seinen Schüler gerade eben noch zurück halten konnte, bevor dieser die Drachen streicheln konnte oder es zumindest versuchte.

"Potter! Hat Ihnen dieses Land" - das Wort 'Land' sprach er besonders angewidert aus - "den letzten Rest Verstand geraubt?"

Harry sah ihn schmollend an. "Sie haben doch gesagt, hier sei alles harmlos", motzte er dann.

Stimmt, das hatte er gesagt und das war auch sehr wahrscheinlich, außer Augenschmerzen und Brechreiz auslösendem Rosa gab es hier sicher kein ernstes Übel, dennoch... Er besann sich einen Moment, ließ Harry los und meinte auffordernd: "Na, dann los. Versuchen Sie es." Er glaubte nicht wirklich, dass Harry es tun würde, aber falls doch... Wer nicht hören wollte, musste fühlen.

Und schon hing Harry am Hals eines dieser Kuscheldrachen und gab erneut schrecklich mädchenhafte Geräusche von sich. "Oh, wie süß, wie weich, wie kuschelig!"

"Potter, beherrschen Sie sich! Was hat dieses Land nur aus Ihnen gemacht!? Hoffentlich lässt das nach, wenn wir wieder in Hogwarts sind, sonst machen Sie sich noch lächerlich! Ich meine, noch lächerlicher als eh schon."

Harry wusste selbst nicht so genau, was soeben in ihn gefahren war. Aber jetzt schien er wieder klarer zu sein und ließ den Drachen - nicht ohne ein letztes sehnsuchtsvolles Seufzen - wieder los. Der hatte nur ein geduldiges Schnurren von sich gegeben und kleine rosa Rauchkringel ausgestoßen.

Severus Snape betätigte nun energisch den Türklopfer in Herzform. Es dauerte nicht lange, da wurde eine kleine herzförmige Türe geöffnet und vor ihnen stand eine Hauselfe mit einem Herzchenkissenbezug um den Körper geschlungen.

"Was kann ich für die Herren tun?"

"Ähm, ja, wir wollen zu Mr. Rosen Kavalier", erklärte Snape dem kleinen Wesen.

"Kommen Sie herein."

Die Hauselfe führte sie in einen Salon, der mit Sofas und Sesseln mit plüschigen Kissen ausgestattet war. Überall standen Vasen mit Rosen in allen nur erdenklichen Farben. Waren das da etwa welche in einem Slytherin-Grün-Silber, fragte Harry sich gerade, als die Hauselfe wieder sprach: "Ich werde Ihnen Erfrischungen bringen lassen. Vielleicht ein Rosenwässerchen? Ich gebe dem Meister Bescheid, dass Besuch hier ist." Und Schwups, war sie zur Türe hinaus.

Nach einiger Zeit erschien vor ihnen auf einem Tisch eine Karaffe mit einer klaren Flüssigkeit in der Rosenblätter schwammen. Beide nahmen sich davon und bevor sie vorsichtige kleine Schlucke nahmen, ließ Snape einen Stein an einer Kette darüber kreisen. "Man weiß ja nie. Vorsicht ist besser als Nachsicht."

Es kam ihnen schon ewig vor, dass sie hier saßen, Gebäck knabberten und Rosenwasser tranken und immer noch war niemand zu ihnen gekommen.

"Jetzt reicht es! Ich habe keine Lust, länger hier tatenlos rumzusitzen und zu warten. Wir begeben uns jetzt auf die Suche nach dem Hausherrn!" bestimmte Snape, und Harry gab ihm Recht. So bequem und kuschelig es hier auch war, auch er hatte genug vom Warten.

Also öffneten sie die Tür und gingen zurück in den riesigen Eingangsflur, wo sie sich unvermittelt einer in eine silberne Samtrobe gekleideten Person gegenüber sahen, die sie beide kannten.

"Malfoy?" - "Lucius?" kam es gleichzeitig von Harry und Snape.

"Potter. Severus", begrüßte der die beiden. Irrte Harry sich oder war Lucius Malfoy peinlich berührt?

"DU? Du bist der Chef dieses... dieses...", Snape fehlten sichtlich die Worte, "dieses Valentinhorrors? Ich hätte Dir nie einen Hang zu solchem Kitsch zugetraut", meinte er gehässig.

Harry glaubte kurz einen leichten Rotton auf den aristokratisch blassen Malfoy-Wangen zu sehen. Und war da gerade ein angewidertes Aufblitzen in den Augen zu sehen gewesen? Beides war so schnell vorbei, dass er sich jedoch auch geirrt haben konnte.

Bevor Lucius Malfoy etwas entgegnen konnte, beantwortete sich Severus Snapes Frage von selbst, als eine weitere Person die große, weiße Marmortreppe herunterkam. Die Frau trug ein weit fallendes Kleid in Weiß, bestickt mit allerlei Blüten, hatte einen Blumenkranz im Haar und einen großen Hut in der Hand und näherte sich ihnen majestätisch schreitend. "Lucius, Liebster! Wir haben Gäste? Was wird aus unserem romantischen Spaziergang?" zwitscherte Narcissa Malfoy mit einer glockenhellen Stimme.

Harry konnte nur sprachlos starren, während Snape ein "DAS erklärt alles!" in seinen nicht vorhandenen Bart nuschelte.

"Ich…, ähm, Narcissa…, Der Dunkle Lord…, Abwechslung… mussten mal raus!" stammelte Lucius Malfoy und wich Snapes Blicken aus. "Außerdem geht Euch das alles gar nichts an! Dieses Blumenreich ist zudem eine hervorragende Geldquelle. Wo findest Du in unserer Welt schon so viele kleine Händchen, die so fleißig Blumen pflücken und all den anderen Liebeskram herstellen…?"

Weiter kam er nicht, denn mit einem splitternden Krachen flog die herzförmige Eingangstür aus ihren Angeln und in Trümmern ins Innere der Eingangshalle.

"Da sind die Außenstehenden! Das sind die Ausbeuter! Packt sie! Fesselt sie!" donnerte die Stimme von Violett 555 durch das ganze Cupids Castle.

Durch die Tür und jeden Fensterspalt und jede Ritze strömten nun die Blumenelfen, alle Irisse, alle Rosen, alle Violetts und alle anderen, die in diesem Land lebten. Im Nuh waren Lucius und Narcissa umzingelt von kleinen, fliegenden Körpern und abgeschottet von Harrys und Snapes Augen.

"Alles Friede, Freude, Eierkuchen, Professor?" fragte Harry zweifelnd. "Niemandem wird wehgetan?" Mit diesen Worten zeigte er nach draußen auf einen großen Baum neben dem Castle der Malfoys. Die grimmigen Garde-Kobolde in ihren Rüschen-Uniformen hingen alle zusammen baumelnd in einem großen, oben zugebundenen Netz. Mehrere Blumenelfen schwangen die Zuckerwattekeulen der Kobolde und hieben immer wieder auf sie ein.

Hinter ihnen kreischte Narcissa auf, dann klang ihre Stimme mit einem Mal mehr als gedämpft. Harry wirbelte herum. Jemand hatte Dracos Mutter ihren eigenen Hut in den Mund gestopft. Aber nicht nur das. Sie und Lucius standen Rücken an Rücken in der Mitte der Eingangshalle ihres Traumschlosses, gefesselt von einer Blumengirlande aus rosa Margeriten, die offensichtlich haltbarer war, als sie auf den ersten Blick aussah. Severus Snape stöhnte auf.

Die Blumenelfen hatten ihre alten Sprechgesänge wieder aufgegriffen. "Nieder mit den Ausbeutern! Freiheit für die Blumenelfen! Nieder mit den Ausbeutern! Freiheit für die Blumenelfen!" schallte es durch die marmorne Burg, als Snape ganz nah an Lucius herantrat.

"Ich glaube, der ganze Unsinn hier dauert schon länger als unbedingt notwendig. Wenn Du das Ansehen von Du-weißt-schon-wem nicht endgültig verlieren willst, dann bringst Du uns alle jetzt auf der Stelle raus aus diesem Blumenland!" zischte er leise, aber immer noch so deutlich, dass Harry ihn verstehen konnte.

Lucius kniff die Augen zusammen und krümmte sich in seinen Fesseln. "Es war doch alles nur ein harmloser Zauber!" stöhnte er. "Eine kleine Abwechslung. Weißt Du eigentlich, wie es ist, wenn man nicht mehr Herr in seinem eigenen Haus ist? Wenn man den ganzen Tag Befehle entgegennehmen muss, und dafür nichts als Verachtung erntet?"

"Willst Du damit sagen, Du willst den Dunklen Lord raus haben aus Malfoy Manor?"

Lucius schrak etwas zusammen. Dann schüttelte er eifrig den Kopf.

"Das will ich Dir auch nicht geraten haben!" fauchte Snape, der dann eiligst einen Blick über die Schulter zu Harry warf. Dieser hatte die Stirn gerunzelt und schien bemüht zu sein, jedes Wort aufzuschnappen, was ihm aber angesichts des steigenden Geräuschpegels zumindest bei den letzten Sätzen nicht gelungen zu sein schien.

"Bring' uns hier weg!" wiederholte Snape seine Forderung.

"Das kann nur der K…, ähm…, dieser Gärtner, wenn ich den Bann von ihm genommen habe. Er war auch schon vor unserem Auftauchen der Verwalter hier und hat alle Schlüssel. Außerdem scheint er auch sonst ziemlich gut Bescheid zu wissen über alles."

"Also, schön! Worauf wartest Du?" Snape klang immer ungehaltener.

Lucius schloss die Augen, konzentrierte sich kurz und erklärte dann kleinlaut: "Er müsste jetzt wieder der sein, der er vorher war. Der Gärtner hat jetzt wieder das Kommando!"

Diesen letzten Satz hatte nun auch Violett 555 aufgeschnappt. "Der Gärtner ist wieder am Ruder!" brüllte sie. "Zurück zum Gartenhaus!"

Mit vereinten Kräften hob der Elfenschwarm die Malfoys in die Luft und schleppte sie mit sich über die Hügel zurück zum Haus von Merlin Valentine. Harry und Snape trotteten unbeachtet hinterher.

"Verdammt!" murmelte Snape zwischen zusammengebissenen Zähnen. "Jetzt konnte Lucius mir nicht mehr sagen, wie sie hierhergekommen sind und wie wir wieder zurückkommen können!"

Harry warf einen Blick über seine Schulter zurück auf das Schloss, das sie hier Cupids Castle nannten. Die Drachen vom Eingangstor hatten sich von ihren Sockeln erhoben und waren dabei mit gewaltigen Flügelstößen und Feuerströmen das ganze marmorne Gebäude in Schutt und Asche zu legen. Offensichtlich hatten auch sie unter einem Bann der Malfoys gestanden, der nun gebrochen war.

Als die riesigen Elfenschwärme erneut das Haus des Gärtners erreichten und umzingelten, hatte Iris 26 wieder die Führung von Violett 555 übernommen. Harry sah, dass sie dankend das Blütenblatt mit den Forderungen ablehnte, das die Veilchen-Elfe ihr entgegenstreckte. Offenbar wusste seine kleine Freundin auch so, was sie zu sagen hatte. Erneut trat Merlin Valentine aus seiner Hütte in die nun endgültig einsetzende Dunkelheit.

Das wütende Gebrüll der Elfenmassen vereinte sich zu einer Stimme, die aus unendlich vielen bestand: "Nieder mit den Ausbeutern! Freiheit für die Blumenelfen! Nieder mit den Ausbeutern! Freiheit für die Blumenelfen!"

In dem Lärm und der aufgeladenen Stimmung ging beinahe unter, dass hinter dem Gärtner noch eine weitere Gestalt aus dem kleinen Häuschen trat. Es war eine große, schlanke Frau, die eher schwebte als dass sie auf den Boden auftrat. Sie hatte langes, dunkles Haar und schmale, mandelförmige Augen. Als eine leichte Brise ihre Ohren freiwehte, konnte Harry erkennen, dass diese länger waren als die gewöhnlicher Menschen und nach oben hin spitz zuliefen. Jetzt bemerkte er auch die riesigen, schmetterlingsartigen Flügel, die die imposante Erscheinung zusammengeklappt auf ihrem Rücken trug. Diese Frau war demnach auch eine Elfe, dachte Harry, obwohl sie beinahe die Größe des Gärtners hatte. Vielleicht war sie die oberste Elfe, von der Iris 26 am Nachmittag gesprochen hatte?

"Nieder mit den Ausbeutern! Freiheit für die Blumenelfen!" gingen die aufgebrachten Sprechchöre immer weiter. Dabei zog sich der Kreis oder eher die halbkugelförmige Wolke aus kleinen, fliegenden Leibern immer enger um das Haus des Gärtners zusammen.

"Wir wollen nicht mehr für die Menschenwelt schuften! Wir wollen keine Überstunden und Extraschichten mehr machen, nur damit Menschenehemänner und Menschenfreunde und solche, die es werden wollen, noch in letzter Minute Geschenke für ihre Liebsten kaufen können! Wir wollen endlich unsere Freiheit!" hörte Harry deutlich die Stimme von Iris 26 fordern, als er näher kam. "Und wir nehmen keine Befehle von Außenstehenden und Fremden im Blumenreich mehr entgegen!" Ein allgemeines tiefes Brummen und Summen unterstützte ihre Rede.

"Elfen! Hört mich an!" Merlin Valentine trat mit erhobenen Händen einen Schritt auf die wogende und wuselnde Masse zu. "Ich schicke die beiden Fremden und ihre Kobold-Garde dorthin zurück, woher sie gekommen sind!" Er schwang einen kleinen Gegenstand, der wie eine kleine Harke aussah, in Richtung der gefesselten und schwebenden Malfoys, die im nächsten Augenblick verschwunden waren. Snape stöhnte erneut auf. "Ich bin…," setzte der Gärtner zu einer Erklärung an. Doch weiter kam er nicht.

Ein schrilles und bedrohliches Klingeln überlagerte selbst das Wutgebrumm der Blumenelfen. Aus dem Nichts erschienen tausende Glückselfen mit gespannten Armbrüsten und eingelegten Pfeilen im Anschlag und bildeten einen lebenden Schutzschild zwischen dem Gärtner und der unbekannten Elfenfrau auf der einen Seite und der streikenden, wütenden Menge auf der anderen. Harry bezweifelte, dass ihre gefiederten Pfeile bei den winzigen Blumenelfen Glücks- und Liebesgefühle auslösen würden, wenn sie getroffen würden. Doch das wütende Summen verstummte nicht sondern wurde nur noch lauter.

"Halt!" übertönte da die tiefe Stimme des Gärtners alle anderen Geräusche. "Ich wünsche keine Gewalt! Von keiner Seite!"

Die Glückselfen ließen tatsächlich ihre Armbrüste sinken, und alle Augen richteten sich auf den Gärtner in seiner rosa-roten Latzhose. Mit hoch erhobenen Armen stand er da, und ein milder Abendwind zerzauste seinen langen, weißen Bart. Langsam und bedächtig nahm er seinen Gärtnerhut ab und legte ihn vor sich ins Gras. Seine lockere, weiße Haarmähne leistete seinem Bart in der Brise Gesellschaft. Ebenso langsam knöpfte er die Hosenträger seiner Latzhose ab. Der rosa Latz klappte vorn und hinten herunter und gab auf seinem Rücken ein Paar riesiger, bunter Schmetterlingsflügel frei. Im gleichen Augenblick wehte der Wind die Haarsträhnen von seinen spitzen Ohren, wie er es bei seiner Gefährtin getan hatte. Merlin Valentine war also auch ein Elf, einer von der großen, menschenähnlichen Sorte.

"Elfen!" rief er aus. "Hört mich an! Ich bin einer von Euch, kein Fremder, kein Außenstehender! Wir können über alles reden!" Dann erhob er sich in die Luft und flog mit kleinen Flügelschlägen auf Iris 26 zu.

Verhandlungen begannen, von denen Harry nicht viel mitbekam, denn alle Glücks- und Blumenelfen drängten sich eng um Iris 26 und den Gärtner, um nur ja kein Wort zu verpassen. Alles zog sich hin bis zu und gipfelte in einem rauschenden Elfenfest um Mitternacht.

Ehe Harry es sich versah, fand er sich zwischen dem Gärtner und Snape an einem großen Lagerfeuer sitzend wieder. Es gab berauschenden Honignektarwein zu trinken und leichtes Gebäck aus Blütenpollen und herrlich süße, schwere Schokoladenleckereien zu essen. Der Gärtner, der sich nun als König der Elfen zu erkennen gab und seine Frau, die oberste Elfe, hatten nicht nur den Zauberbann der Malfoys endgültig abgeschüttelt. Sie hatten auch mit dem Ende dieses Valentinstages alle Verträge mit der und Verpflichtungen gegenüber der Menschenwelt aufgekündigt und allen Elfen freigestellt zu tun, was auch immer sie tun wollten.

Iris 26 saß auf Harrys linker Schulter, schon leicht beschwipst vom süßen Nektar. "Und?" fragte Harry. "Was fängst Du nun mit Deiner neuen Freiheit an?"

Iris 26 seufzte wohlig und hielt sich kurz an seinem Ohr fest. "Ich denke, ich werde mir morgen als erstes Pinsel und Farbe schnappen und ein paar blaue Streifen auf die Blütenblätter der weißen Rosen malen. Vielleicht verschönere ich auch einfach die Dahlien. So schlimm sind die ja auch nicht. Ansonsten werde ich tun, was ich immer tue. Ich wässere die Pflanzen, dünge sie, hege und pflege sie. Das ist unsere Art, Blumenelfenart eben. Nur dass wir es jetzt nicht mehr für andere tun, sondern nur für uns allein. Nie wieder Valentinstag! Nie wieder Muttertag oder einer von diesen anderen Blumen- und Konfektschenktagen, die ihr Menschen Euch ausgedacht habt! Da müsst Ihr in Zukunft schon auf Eure eigenen Blumen und Eure eigene Schokolade zurückgreifen!"

Sie rutschte leicht an Harrys Arm hinunter, fing sich dann aber und flirrte nach einer kurzen Verabschiedung leicht trudelnd davon. Sie wollte noch etwas weiter mit ihren Schwestern feiern. Harry musste grinsen. War das der Sinn eines Aufstandes, dass hinterher so ziemlich alles beim Alten war? Schmunzelnd starrte er ins Feuer.

Da hörte er plötzlich ein lautes, platschendes PLOPP! Aus der Luft vor ihm stolperte der dicke Amos auf ihn zu. Er prallte an seinem Schienbein ab und blieb für einen Moment wie ein hilfloser Käfer auf dem Rücken liegen. Hinter ihm erschien nun auch die kleine, sechsköpfige Schar Glückselfen, die ihn schon früher am Tag verfolgt hatte. Sie schienen ihn aus der Menschenwelt zurück ins Reich der Blumen gestoßen zu haben. Amos röchelte und rappelte sich auf die plumpen Stummelbeine.

"Musst Du immer so glotzen?" fuhr er Harry an. "Alles, was ich getan habe, habe ich nur für Dich getan, Narbenboy! Konnte ja nicht ahnen, dass Madam Rosmerta gleich die Elfenbullen holt. Dabei habe ich sie nur gefragt, ob sie mit Dir knutschen will. Und ja…, das ein oder andere Butterbier habe ich auch gezischt. Für lau, versteht sich!"

Die anderen Glückselfen, wollten Amos packen, doch Merlin Valentine neben Harry, gab ihnen ein Zeichen, sich zurückzuziehen. Dann packte der Elfenkönig den kartoffelförmigen Kerl vorsichtig im Nacken und zog ihn zu sich hoch zu einem ernsten Gespräch. Als er ihn wieder abgesetzt hatte, brach Amos in lauten Jubel aus.

"Jipppieeeh!" Er schwenkte Armbrust und Pfeilköcher hoch über seinem Kopf und warf sie schließlich triumphierend ins Lagerfeuer. "Sorry, Narbengesicht!" kicherte er Harry zu. "Ich denke, Du musst Dir Deinen Valentinsschatz in Zukunft allein suchen. Ich, Amos, der Süße, wurde gerade versetzt. Merlin Valentine, der Gärtner persönlich, möchte, dass ich ab sofort in der Pralinen-Konfiserie arbeite. Mmmh, Nougat, Marzipan, Krokant und der ganze Schleckerkram. Harry, ich glaube, ich bin im Elfenhimmel. Ich habe schon den ganzen Kopf voller Ideen. Bis denn dann!" Und er verschwand ein letztes Mal auf seine ploppende, platschende Art und Weise.

"So!" schnarrte da die ölige Stimme von Severus Snape an Harrys rechter Seite. "Nachdem nun Friede, Freude und Eierkuchen eingezogen sind in das Land der Blumenelfen, möchte ich doch langsam mal erfahren, wie Potter und ich in unsere eigene Welt zurückkehren können!"

Obwohl Harry nur selten einer Meinung mit seinem Zaubertranklehrer war, musste er ihm doch in diesem Punkt zustimmen. Langsam sehnte er sich nach seinen Freunden und Mitschülern. Und ganz besonders nach Ginny, obwohl ihm immer wieder durch den Kopf ging, dass sie Rons Schwester war, Rons Schwester, nur Rons Schwester, sobald er an sie dachte.

Der Gärtner lächelte geheimnisvoll. "Es tut mir leid", meinte er verschwörerisch. "Das wird jetzt vielleicht etwas überraschend kommen. Aber ich habe Sie beide schon vor einigen Minuten auf die Heimreise geschickt. In Ihren Bechern befindet sich ein Trunk, der sie zurück in Ihre Zauberschule bringen wird."

Harry und Snape starrten zuerst entgeistert in ihre Becher, die aus großen Blättern gemacht waren, dann sich gegenseitig an. Harry hatte das, was er trank, für gewöhnliches, reines Quellwasser gehalten und auch keinen Unterschied geschmeckt. Und mit einem Mal wurden seine Augenlider schwer, und er kippte seitlich an die Schulter seines Professors. Er spürte Snape ebenfalls in seine Richtung sacken und hörte dabei die fröhliche Stimme des Gärtners: "Gute Reise, ihr beiden! Und schlaft schön!"

"Harry! Harry! Harry!"

Er erwachte mit einem gewaltigen Brummschädel. Jemand rüttelte ihn durch und rief dabei seinen Namen. Er öffnete vorsichtig die Augen. Über ihn gebeugt stand Ron mit hochrotem Kopf und hörte nicht auf, ihn zu schütteln. Harry war wieder im Schlafsaal in Hogwarts. Er lag in seinem Bett und trug noch seinen Schlafanzug.

"Harry! Harry! Harry! Wach' doch auf!" fuhr Ron fort. "Hast Du noch diese Packung mit Schokokesseln, die Dir Romilda Vane oder eine von ihren Freundinnen vor Weihnachten gegeben hat? Bitte, Harry, es ist wirklich dringend! Heute ist Valentinstag, und ich habe vergessen, was für Lavender zu besorgen!"

Harry drehte sich grunzend von Ron weg auf die andere Seite. "Valentinstag war gestern!" nuschelte er und wollte noch einmal die Augen schließen. "Außerdem weiß ich nicht, wo die Süßigkeiten sind. Und irgendwas war damit auch nicht in Ordnung, glaube ich. Also schwirr ab, Won Won!"

"Boah, Du kannst so ein Blödmann sein!" erklärte Ron eingeschnappt. "Sag' doch gleich, wenn Du nichts abgeben willst. Und alles nur, weil Du eifersüchtig auf Lavender und mich bist. Nur weil Du keine Freundin hast. Aber ich finde schon was für meinen Schatz. Und heute ist doch Valentinstag!" Die Tür zum Schlafsaal fiel hinter ihm krachend ins Schloss.

Harry setzte sich auf und rieb sich die Augen. Irgendwo ganz tief im Inneren seines Kopfes klingelte ein leises Glöckchen. Sollte der ganze Valentinstag im Reich der Blumen etwa nur ein eigenartiger Traum gewesen sein? Der Gärtner, die Blumenelfe Iris 26, der dicke Amos? Alles nur Einbildungen?

Er streckte seine lahmen Knochen und warf dabei sein Kopfkissen aus dem Bett. Darunter lag eine einzelne, zerknitterte, weiße Rose, auf deren Blütenblätter jemand mit blauer Farbe kleine Herzchen gemalt hatte. Harry lächelte. Also doch kein Traum?

Und den ganzen Tag über glaubte er ganz in seiner Nähe das Surren von Elfenflügeln und glockenhelles Gelächter zu hören. Auch, als im Zaubertränke-Unterricht unter Snapes schwarzem Umhang kurz ein rosa Schnürsenkel in einem seiner ansonsten schwarzen Schnürschuhe aufblitzte.

***ENDE***

[first published February, 4th – 13th 2011]

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