Was war denn nun schon wieder passiert? Wo war er denn nun schon wieder hinein geraten? Gerade noch hatte er die Katakomben des Exils durchstreift, mehr lesend als schreibend, auf der Suche nach den übrigen Hobbydramatikern, und nun plötzlich musste er die Augen zusammenkneifen. Er war geblendet von der Sonne, die von ewigem Eis und Schnee reflektiert wurde, die als gewaltige Gletscher die steilen Hänge von turmhohen Bergen ins Tal hinab krochen. Ungläubig trat Deatheater in den Höhlenausgang und sah sich erstaunt um. Die Sonne stand hoch am Himmel und strahlte mit ganzer Kraft, doch der kühlen Brise in dieser Höhe konnte sie kaum etwas anhaben.
Und nirgendwo war eine Bewegung auszumachen, bis ganz in der Nähe ein lautes "PLOPP!" zu hören war. Schritte näherten sich auf knirschendem Gestein, dann ertönte ein zweites "PLOPP!". Deatheater trat schnell ins Innere der Höhle zurück und kauerte sich hinter einen großen Felsbrocken. Zwei Männer in schwarzen, gefütterten Umhängen mit Strickmützen mit Ohrenklappen auf den Köpfen trafen sich direkt vor der Öffnung im Berg und begrüßten sich freundschaftlich. Der linke Mann nahm seine Mütze ab und zerstrubbelte sich das ohnehin schon zerstrubbelte schwarze Haar. Auf seiner Stirn leuchtete nun deutlich sichtbar eine blitzförmige Narbe.
Deatheater glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Konnte das denn wahr sein? Aber es stand doch keine neue Buchveröffentlichung an, oder? Und bis die nächste Verfilmung in die Kinos kam war auch noch etwas Zeit! Warum also stand er ihm schon wieder gegenüber? Doch es gab keinen Zweifel. Dort vor ihm am Eingang der Höhle in gleißender Sonne und frischer Bergluft stand Harry Potter, nicht mehr der Zauberschüler und Jugendliche, den er aus den Büchern kannte, aber auch noch nicht ganz der zufriedene Familienvater und Ehemann vom Ende des Epilogs in Band 7, altersmäßig eher irgendwo dazwischen, aber ganz eindeutig Harry Potter. Und der andere Mann, oder besser Zauberer, war niemand Anderes als Neville Longbottom. Sie sprachen miteinander, und Deatheater konnte aus seinem Versteck hinter dem Felsblock jedes Wort verstehen.
"Schön, Dich zu sehen, Neville!" sagte Harry gerade und umarmte den alten Freund noch einmal.
"Was macht die Karriere, Harry?" fragte Neville und grinste.
"Wächst und gedeiht!" entgegnete Harry und fügte hinzu: "Und selbst? Was macht der Unterricht?"
"Du kannst Dir nicht vorstellen, wie gut es tut, wieder in Hogwarts zu sein. Die Schüler sind spitze, die Kollegen nett. Es läuft einfach, Harry. Es läuft! Und wie steht 's mit der Familienplanung bei Euch?" War da tatsächlich ein anzügliches Zwinkern um die Augen des früher eher schüchternen Longbottom gewesen?
"Familie ist in Planung", meinte Harry, und sein Grinsen wurde immer breiter. "Und wie läuft 's mit Dir und Hannah?"
"Bestens, bestens", erwiderte Neville, doch dann wurde er ernst und sah mit einem Mal viel jünger aus. "Ich kann nicht glauben, dass Du und Hagrid mich hierzu überredet habt!" stieß er hervor.
"Ach, komm schon!" wiegelte Harry ab. "Es sind immerhin Sommerferien. Und das hier ist alle Mal besser als dauernd im Gewächshaus oder im Pub herumzusitzen."
"Aber Riesen, Harry, wir suchen hier immerhin nach RIESEN!"
Deatheater schnaubte hinter seinem Stein, was ihm einen misstrauischen Blick Harrys einbrachte, der in die Dunkelheit der Höhle starrte, weil er glaubte, von dort etwas gehört zu haben.
"Wen konntet ihr denn noch für diese abenteuerliche Geheimmission gewinnen?" fuhr Neville fort. Er hatte offensichtlich nichts gehört.
Harry sah wieder seinen alten Freund an. "Ron und Hagrid sind noch dabei, und Grawp. Wir haben unser Lager unter einem Felsvorsprung im Nachbartal aufgeschlagen."
In diesem Moment war in geringer Entfernung ein leises Poltern wie von rollenden Steinen zu hören. "Aber da sind ja Ron und Hagrid!" sagte Harry. "Mensch, ihr beiden", raunte er, als nun auch diese zwei Gestalten aus den Romanen vor dem Höhleneingang auftauchten, "versucht doch mal, etwas leiser zu sein. Die Riesen müssen ja nicht gleich wissen, dass wir da sind!"
"Schätze, die wiss'n 's schon", meinte Hagrid und zuckte die Schultern. "Sin' ja schließlich schon zwei Wochen da, Grawp und ich."
"Wo ist Grawp?" fragte Neville, der gerade Ron die Hand schüttelte.
"Versteckt sich weiter ob'n." Hagrid deutete weiter den Berg hinauf. "Is' ja immer noch nich' gewachsen, der Grawpy. Un' hat nich' vergess'n, was die damals mit 'm gemacht haben, all das Verprügeln und Quälen und so."
"Und was genau sollen wir hier jetzt machen?" wandte sich Neville an Harry.
Harrys Tonfall wurde tatsächlich etwas geschäftsmäßiger, klang jetzt irgendwie aurorenmäßig, fand Deatheater.
"Der Zaubereiminister glaubt, es wäre Zeit für einen neuen Versuch, eine Art Allianz zwischen Riesen und Zauberern zu schmieden", begann Harry. "Nachdem damals einige auf der Seite von Lord Voldemort gekämpft haben und von den Zauberern getötet und einige gefangen genommen und auf einer unbewohnten Insel vor Schottland eingesperrt wurden, haben sich doch die meisten hierher zurückgezogen."
Er machte eine ausladende Geste und deutete auf die Berge, Hänge und Täler um sie herum und unter ihnen. "Sie scheinen einerseits verängstigt zu sein, andererseits aber aggressiv und angriffslustig wie eh und je. Der Minister befürchtet, dass wieder dunkle Magier, vielleicht noch immer übrig gebliebene Todesser, versuchen könnten, die Riesen für ihre Zwecke einzuspannen. Darum ist unsere Aufgabe, ihr Vertrauen zu gewinnen."
"Sin' nur noch so wenige", meinte Hagrid und seufzte. "Hoffe nur, dass dieser Golgomath nich' wieder das Sagen hat. Sonst sin' wir alle bald 'n Kopf kürzer."
Neville erschauderte sichtlich. "Und wie wollen wir das machen, ihr Vertrauen gewinnen?" fragte er mit einem prüfenden Blick auf die Umgebung, ob sich nicht bereits riesige Schatten näherten oder Teile der Berge begonnen hatten, sich zu bewegen. "Ich bin doch schließlich nur ein kleiner Botaniker und Kräuterkundelehrer."
"Kennst Du nicht Hagrids Geschichten, wie er damals vor unserem fünften Schuljahr zusammen mit Madame Maxime schon einmal versucht hat, einen Pack mit den Riesen zu schließen?" fragte Ron.
Neville schmunzelte. "Doch, doch", meinte er, "die kenne ich. Wir hatten schließlich genug Zeit für das ein oder andere Pläuschchen in letzter Zeit, im Lehrerzimmer, bei dem einen oder anderen Butterbier in den DREI BESEN oder im TROPFENDEN KESSEL. Wir versuchen es also wieder mit vertrauensfördernden Geschenken, oder was?"
"Wenn uns nich' wieder einer dazwischen haut", unkte Hagrid, "so wie das letzte Mal."
"Ach, komm", meinte Ron, "es wird schon klappen. Grawp und Du, ihr habt doch bestimmt schon rausgefunden, wer der neue 'Gurg', der neue Häuptling ist, also, wem wir die Geschenke überbringen müssen, oder?"
"Bestimmt 'n großer, hässlicher, fauler Kerl", warf Hagrid ein, "fast acht Meter groß, wenn ihr mich fragt."
"Und es ist ja wohl nicht dieser Golgomath, oder?" versuchte Ron ihn zu übertönen.
In diesem Moment rutschte der Erdboden unter dem hockenden Deatheater weg, und er landete unsanft und mit einem lauten Knirschen auf dem Hosenboden in einem Kiesbett hinter dem Felsbrocken. Kaum dass er blinzeln konnte, sah er sich auch schon drei gezückten Zauberstäben und einem rosa Regenschirm gegenüber, die irgendwie auf seine Nasenspitze gerichtet zu sein schienen.
"Wer sind Sie?" brüllte Harry.
"Was machen Sie da?" schrie Ron.
"Biste 'n Muggel?" verlangte Hagrid zu wissen.
Deatheater gab ein erschrockenes Quieken von sich, dann rief er das erste, was ihm in den Sinn kam: "ACCIO HOBBYDRAMATIKER!"
AB lümmelte gerade auf dem Sofa, mit einem spannenden Buch in der Hand, als sie sich plötzlich von einem unbestimmten Sog gezogen fühlte. 'Was war denn das?' dachte sie noch. Doch dann fand sie sich plötzlich neben Deatheater wieder und blickte erschrocken auf drei Zauberer und einen Halbriesen. Vor Entsetzen blieb ihr erst mal die Luft weg. Dann jedoch erblickte sie Deatheater.
"Bei Merlins Bart! Was hast Du jetzt wieder angestellt? Und warum bin ich jetzt hier? Du hast mich gerade in einer spannenden Lektüre unterbrochen!" Die letzten Worte kamen fast schnaubend, doch dann kam noch ein kleinlautes: "Träum ich, oder sind das wirklich Harry, Ron, Neville und Hagrid? Das kann doch nicht wahr sein."
Ellen putze sich gerade die Zähne, dann wurde ihr schwarz vor den Augen und sie erkannte dieses seltsame Gefühl wieder. Sie war irgendwo hin appariert worden, im Pölter, mit der Zahnbürste und ohne Jacke! Unsanft landete sie und sah Deatheater und AB.
"Was ist denn los? Müssen wir wen retten? Wo bin ich? Wo ist die Kaffeemaschine?" Dann sah sie auch, wer vor der Höhle stand. "Kommen die anderen auch?" flüsterte sie und versuchte so leise wie möglich mit den Zähnen zu klappern.
Im nächsten Moment tauchte auch schon ein weiterer Hobbydramatiker auf. In der einen Minute hatte Isa noch mitten in ihrem Büro gestanden, konzentriert nachdenkend, in der einen Hand Block und Stift, in der anderen eine schöne, heiße Tasse Tee, und in der nächsten stand sie irgendwo im Nirgendwo, umgeben von Hobbydramatikern und Romanfiguren - was sie allerdings noch gar nicht bemerkt hatte, da sie immer noch tief in Gedanken war.
brösel saß wie so oft in letzter Zeit angespannt und konzentriert am Computer. Vor ihr standen vergessen eine kalt gewordene Tasse Tee und eine kleine gefüllte Schale voller Chips. Ihre Magierin kämpfte gerade mit Kettenblitzen und Blizzards gegen eine ganze Horde Ungeheuer. Gleich würde sie es geschafft haben und endlich den super Zauberstab in den Händen halten, als... ein seltsamer Nebel den Computer und sie selbst einhüllte.
'Was ist das?' fragte sie sich entsetzt und 'Nein!' dachte sie verzweifelt, als sie ein donnerndes Jubelgeschrei und ein tödliches Aufstöhnen ihrer Magierin hörte. Dann verlor sie völlig die Orientierung. Das nächste, was sie hörte, war ein heulender Wind, drohende Stimmen, und sie fühlte, wie ihr eisig kalt wurde. Dann sah sie Sonnenlicht, Deatheater und AB, die erschrocken jemanden anstarrten. Neben ihnen stand Ellen bibbernd im Schlafanzug und zahnpastaverschmiert und Isa völlig erstarrt mit Papier, Stift und einer dampfenden Tasse in ihren Händen.
"Wo kommt ihr denn plötzlich her?" rief brösel erschrocken. "Oh, danke, Isa, wie fürsorglich." Und sie nahm ihr die heiße Tasse Tee aus der Hand. Dann fiel ihr Blick auf die vier auf sie gerichteten Zauberstäbe und die dazu gehörenden Zauberer. Diese blickten reichlich verwirrt. "Kommen da noch mehr?" knurrte Ron.
Isa, durch diesen rüden Teediebstahl endlich aus ihren Gedanken gerissen, sah sich verwirrt um. "Oh je, was habe ich denn da für einen Tee erwischt? Tagträumen und Halluzinieren mit Waldfrüchten?" fragte sie sich laut.
Währenddessen hatte sich Deatheater mühsam von seinem Allerwertesten erhoben. Sorgsam den vier Zauberstäben ausweichend schaute er sich in der Höhle um und zählte durch. Mit ihm zusammen waren hier nun fünf Hobbydramatiker versammelt, immerhin fast die Hälfte ihrer alten Bande. Wer würde hier wohl noch auftauchen? Ermelinda und Leeandra vielleicht. Die ließen sich gelegentlich im Exil sehen. SanOs vielleicht noch, wenn sie sich nicht gerade um einen gewissen Tom Felton kümmern musste. Und wo waren die Zwillinge, imüll und san_shine? Etwa verloren im weltweiten Netz oder in diesem Moloch namens 'Reallife'? Auch Gaidin, ihrer aller Beschützer und Schwertschwinger war noch nicht da.
Als er sich die im Schlafanzug bibbernde Ellen genauer anschaute, war er fast froh, dass in seinem Loft seit einigen Tagen die Heizung defekt war, und er deshalb mehrere Lagen Kleidung übereinander trug. Er zog den obersten, selbst geklöppelten Pullover mit dem Schäfchenwolkenmuster aus und hielt ihn Ellen hin.
In diesem Moment erspähte er Isas Block und Stift. Er sah sie kurz an und meinte dann: "Denkst Du das gleiche wie ich? Erinnerst Du Dich an unseren letzten Ausflug ins Potterversum?"
Isa verstand und nickte stumm. Natürlich erinnerte sie sich an das Vermächtnis der Hobbydramatiker und ihre Suche nach dem Roten Faden. Schnell schrieb sie einige Worte auf, und die anderen vier Exilanten lasen über ihre Schulter mit:
"… und dann waren alle Hobbydramatiker wieder genau dort, wo sie gewesen waren, als Deatheater seinen Zauberspruch ausgesprochen hatten."
Sie sahen alle aus unerfindlichen Gründen hinauf zur Decke der Höhle, als erwarteten sie, dass sie sich auftun und sie alle durch sie hindurch zurück geschickt würden. Harry, Ron, Neville und Hagrid waren für den Moment vergessen. Aber es tat sich nichts, überhaupt nichts. "Schreib' was Anderes!" verlangte brösel und gab Isa einen leichten Knuff in die Seite.
"… und die Hobbydramatiker hatten plötzlich Bergsteiger- und Wanderausrüstung und trugen alle angemessene Kleidung", schrieb Isa langsam und deutlich in großen Druckbuchstaben, aber wieder tat sich nichts.
"Mist!" fluchte Deatheater. "Das hat das letzte Mal aber wirklich besser funktioniert!"
Doch bei den übrigen Hobbydramatikern schien sich der Gedanke an Flucht und die Rückkehr in ihre gewohnten Umgebungen inzwischen verflüchtigt zu haben.
"Das hab ich auch erst gedacht", beantwortete AB gerade Isas Frage nach dem Tee und den Tagträumen und den Halluzinationen. "Aber dieser kalte Wind fühlt sich zu real an. Ich kann Dich auch gerne einmal kneifen. Aber ich freue mich doch ungemein, Euch alle mal wieder zu sehen. Ist ja schon eine Weile her."
Der Bann war damit gebrochen. Es gab Umarmungen und Freudentänze, und die fünf Hobbydramatiker plauderten munter drauf los. Jeder hatte schrecklich viel zu erzählen. "Das Krümelchen... die Wauzis... der viele Schnee... die neuen Bücher..." waren nur ein paar Wortfetzen, die zu verstehen waren.
Deatheater versuchte derweil permanent die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, weil er unbedingt erzählen wollte, was er in dem Gespräch zwischen Harry und Neville und den anderen belauscht hatte, als habe er sich eben erst daran erinnert.
Ron, Harry, Neville und Hagrid beobachteten erstaunt dieses seltsame Gebaren der zumindest erwachsen aussehenden Personen. Hagrid zuckte mit den Schultern und nach einem Kopfnicken von Harry donnerte er mit gewaltiger Stimme dazwischen: "RUHE!"
AB blitzte Hagrid an und drehte sich wieder um, damit sie und die anderen sich gegenseitig auf den neuesten Stand der Dinge bringen konnten. Ellen mummelte sich in den warmen Pullover ein und beteiligte sich so eifrig am Gespräch. Inzwischen war sie im Gesicht auch wieder sauber, und – Oh, Wunder! – der Block schien inzwischen ihrem Wunsch entsprochen zu haben, und sie hatte auch Stiefel und eine Jeans an. Auch die Kaffeemaschine war aufgetaucht. Brösel brühte einen Kaffee und reichte die Tassen herum.
Harry kochte. Er fühlte sich ja so was von ignoriert! Er, der Held der Zaubererwelt, kam nicht gegen Kaffee und ein Schwätzchen unter Freunden an. Entschlossen hob der den Zauberstab und hetzte den Ignoranten einen SILENCIO-Fluch auf die Hälse. Aber diese plapperten unverdrossen weiter und ließen auch endlich den auf und ab hüpfenden Deatheater zu Wort kommen.
"Aha! Deatheater war es! Haben wir es also Dir zu verdanken, dass wir hier jetzt in dieser eisigen Höhle stecken." AB was not amused und warf Deatheater einen genervten Blick zu. "Wer schreit schon 'ACCIO HOBBYDRAMATIKER!' anstatt 'HILFE!' oder so. Und warum bekommt Ellen eine Jeans und die Kaffeemaschine und bei Isa hat das mit dem Herbeischreiben von einer Bergsteigerausrüstung nicht geklappt? Und was zum Donnerdrummel sollen wir jetzt machen?"
Doch bevor sich AB weiter in Rage reden konnte, wurde sie unsanft von Harry unterbrochen. Bei dem Wort 'Deatheater' war er gewaltig zusammen gezuckt. "Ruhe jetzt!" rief er und richtete den Zauberstab unter ABs Nase. "Die Hose und die Kaffeemaschine habe ich herbei gezaubert, da diese Person so danach gejammert hat." Und er warf einen Blick in Ellens Richtung. "Und jetzt möchte ich ein paar Antworten von Ihnen, und zwar sehr schnell. Was für eine Art von Zauberern seid ihr? Von Zauberei mit Stift und Papier habe ich noch nie etwas gehört. Gehört ihr zu den Anhängern von Voldemort und habt uns nachspioniert?"
"Was?" rief brösel empört. "Wir? Anhänger von Voldemort? Was für eine gemeine Unterstellung: Wo wir doch so viele Jahre mit Dir und Deinen Freunden gelebt, gelacht, geweint und gekämpft haben. Und diesem blöden Krötengesicht in deinem fünften Schuljahr hätte ich am liebsten..." Sie rang mit sich. "Das kann ich gar nicht in Worten ausdrücken."
Die vier Zauberer blickten sich verwirrt an. "Verstehst Du irgendein Wort?" flüsterte Ron. Neville schüttelte den Kopf. Harry guckte weiterhin grimmig, senkte aber ein wenig seinen Zauberstab. "Ähm, vielleich' sollt'n wir sie mal red'n lass'n", schlug Hagrid vor.
In diesem Augenblick verdunkelte draußen ein gewaltiger, fliegender Felsbrocken für einen kurzen Moment die Sonne und prallte dann mit einem lauten Knall irgendwo über dem Höhleneingang an den Berg. Alle zuckten zusammen und gingen in Deckung, als Erde und Gesteinstrümmer ins Tal hinunter prasselten. Gleichzeitig erschall ein lauter, panischer Ruf und hallte im Gebirge wider: "HAGGA!"
Auf dem gegenüberliegenden Berghang sahen sie Hagrids Halbbruder Grawp, der versuchte, sich so dicht wie möglich an eine Felswand zu kauern. "HAGGA!" brüllte er noch einmal und deutete entsetzt auf den Bergkamm über sich. "RIESE!" schrie er noch, bevor er versuchte, sich so klein wie möglich zu machen, und sein Gesicht zwischen den angewinkelten Knien verbarg.
Und wieder fiel ein Schatten auf die Sonne. Zuerst sahen alle nur zwei gewaltige Pranken, die sich von der anderen Seite in das Gestein am Bergkamm krallten, dann zog sich eine riesige und unglaublich hässliche Gestalt auf ihre Seite der Bergkette. Ein Turm von einem Riesen ließ aus zusammengekniffenen Augen den Blick über Gipfel, Täler, Gletscher und Hänge schweifen und knirschte mit den faulen, grabsteingroßen Zähnen.
Harry drängte alle Anwesenden an die Höhlenwand und zischte: "Still jetzt! Und keine Bewegung!"
"Na, super", grummelte brösel, allerdings sehr leise. "Da sind wir schon mal hier bei Harry und anstatt es zu genießen werden wir von Riesen zerquetscht!"
"Ist das dieser neue 'Gurg', von dem ihr den Namen noch nicht wisst?" fragte Ellen und klapperte schon wieder leise mit den Zähnen. Ganz so warm war der geklöppelte Pullover nun doch nicht.
Harry schaute Hagrid fragend an und dieser nickte bedächtig mit dem Kopf. "Hoffentlich hat 'r Grawpy noch nicht entdeckt. Besser wir verschwind'n schnell von hier. Erstma' zum Lager und dann 'nen guten Plan. Und diese jämmerlichen Gestalte'n nehmen wir mal besser mit. Nicht, dass s'e noch zu Schad'n kommen."
Isa wollte protestieren, doch der Riese auf dem Bergkamm gegenüber setzte sich wieder in Bewegung, und er sah wirklich sehr gefährlich aus. Der konnte sie bestimmt wie King Kong mit zwei Fingern hoch heben und kopfüber halten.
In diesem Moment drehte sich der Riese herum und alle anwesenden Hobbydramatiker schrieen laut auf. Im Nackenbereich, sich an den Haaren krampfhaft festhaltend, entdeckten sie SanOs.
"Ist das...?" keuchte Neville. "Wer ist denn das nun wieder?" zischte Harry und schaute sich zu den entsetzten Hobbydramatikern um.
"Das ist eine von uns", bestätigte Deatheater und fragte sich besorgt, wo wohl die noch fehlenden Dramatiker gelandet sein mochten.
"Wir müssen irgendwas machen", sagte Ellen mit einer Stimme, die nur noch wenige Stufen von 'schrill' entfernt war. "Wir können sie doch nicht da oben lassen!"
Der Riese hatte begonnen, sich im Kreis zu drehen. Er spürte da etwas im Nacken, konnte aber nicht erkennen, was es war, also verrenkte er sich den Hals immer weiter und schüttelte den Kopf. Seine verfilzten und verklumpten und stellenweise fettig strähnigen Haare schwangen im Wind wie gewaltige Schiffstaue. SanOs klammerte sich mit aller Kraft daran fest. Und obwohl sie versuchte, leise zu sein, hörten die Beobachter in der Höhle doch ihr deutliches "Uuuuhhhhhh!"
"So tut doch was!" schrie Ellen. Die Zauberer sahen sich allerdings nur ratlos an.
AB konnte es nicht fassen und schüttelte den Kopf. "Wie habt ihr nur gegen Voldemort überlebt?" fragte sie und verdrehte die Augen dabei. "Harry, warum fliegst Du nicht mit Seidenschnabel zu dem Riesen und SanOs rüber und rettest unsere Freundin?" meinte AB.
"Ich soll was?" kreischte Harry entsetzt.
"DU bist ein Gryffindor und hast somit Mut, und außerdem bist Du noch der Retter der Zaubererwelt, also beweg' deinen Hintern auf das Vieh und flieg' dort rüber!" brüllte Deatheater.
Harry zuckte zusammen und ohne ein weiteres Wort zu sagen ging er zu Seidenschnabel, verbeugte sich, wartete ab, dass er näher treten durfte und stieg dann auf den Rücken des Hippogreifs. Alle schauten gespannt zu.
"Moment ma'!" brummte Hagrid plötzlich. "Seidenschnabel hat sich doch den Flügel verknackst, un' ich hab' ihn in Hogwarts gelassen. Was is' 'n das für 'n Hippogreif?" Alle nickten stumm und wie traumatisiert. Dieses geflügelte Wesen, das so plötzlich aufgetaucht war, war tatsächlich viel heller als Seidenschnabel, und ein schwarzer Strich zog sich vom Kopf bis zum Schweif über das Tier. Es drehte ihnen den Kopf zu und funkelte sie aus blitzenden Augen bösartig an. Dann stieß es einen gellenden Schrei aus und erhob sich bockend in die Lüfte. Harry sah aus wie auf einem wilden Rodeopferd oder einem elektrischen Bullen und hatte sichtlich Mühe, sich auf dem Rücken des fremden Hippogreifs zu halten.
SanOs war inzwischen ein Stück an den störrischen Haaren des Riesen hinunter gerutscht und hatte sich nun mit ihrem Gürtel in einer Art grob gestricktem Schal verfangen, den das Ungetüm um den Hals trug, in einem fast schon modern zu nennenden Knoten, wie sie leicht überrascht feststellte. Ein letzter Ruck gab dem Schal den Rest, und er ribbelte auf. SanOs gelang es, den Faden zu packen, und während die Maschen immer weniger wurden und sich dem Knoten näherten, konnte sie sich an dem Faden den Rücken hinunter Richtung Erdboden abseilen. Mit einem gewagten Sprung brachte SanOs sich hinter einem kahlen Busch in Sicherheit. Der Riese drehte sich weiter unsinnig im Kreis und versuchte, die Reste des Schals zu packen, während Harry auf seinem buckelnden und schlingernden Luftreittier gefährlich nah in seinen Aktionsradius kam.
"Na, Super!" meinte AB trocken. "Siehst aus, als müssten wir jetzt nur noch unseren Lieblingshelden rette."
Isa reagierte am schnellsten und nahm, dem wie gelähmt dastehenden Ron den Zauberstab aus der Hand und richtete ihn auf den bockenden Hippogreif. Sie murmelte ein paar Worte, und der bockende Hippogreif wurde sofort still und ruhig und ließ sich folgsam durch Harry lenken. Dieser ging in einem Sturzflug zu SanOs hinunter, packte sie um die Hüften und zog sie hinter sich auf den Hippogreif, um gleich darauf eine elegante Kehrtwendung zu machen. Dabei schlupfte er haarscharf zwischen den Pranken des Riesen hindurch, der nach dem Hippogreif schlug, als ob er eine lästige Mücke vertreiben wollte.
Ron hatte sich in der Zwischenzeit aus seiner Erstarrung gelöst und warf Isa einen anerkennenden Blick zu. "Was war das denn für ein Zauber?" Auch Ellen, brösel, AB und Deatheater blickten Isa fragend an, die leicht errötete. "Na, ich musste an Harrys erstes Quidditchspiel denken, wo Quirrel Harrys Besen verzaubert hat und der dann auch so bockte. Und dann an Professor Snape, der dann den Gegenfluch gemurmelt hat."
AB stupste Deatheater leicht in die Seite. "Ey, ich weiß zwar nicht, wie wir hier her gekommen sind, oder was wir hier sollen. Aber es sieht tatsächlich so aus, als hätten wir magische Fähigkeiten. Du hast 'ACCIO!' gerufen und wir sind gekommen. Und auch Isa konnte mit dem Zauberstab von Ron einen Zauber wirken. Da stimmt doch etwas nicht, oder wir hängen schon viel zu lange an dem Thema 'Harry Potter' fest und langsam rächt sich das jetzt." Doch Deatheater zuckte nur mit den Schultern. "Mir doch egal!" und er beobachtete gebannt wie Harry mit SanOs im Gepäck sanft zu einer Landung ansetzte.
"Ob ich mir auch einen Zauberstab per Eulenpostbestellung schicken lassen kann? Oder gibt es vielleicht fliegende oder apparierende Zauberstab-Vertreter? Wegen dieser 'Der-Zauberer-sucht-sich-nicht-den-Zauberstab-aus-sondern-der-Zauberstab-den-Zauberer'-Sache? Wer weiß, ob wir nicht alle nochmal dringend einen brauchen werden!" murmelte Isa währenddessen halblaut vor sich hin.
Im Grunde wunderte es niemanden mehr - zumindest niemanden von den bereits anwesenden Hobbydramatikern -, dass plötzlich mit dem üblichen "PLOPP!" eine weitere Person erschien. Sie trug gewöhnliche Winter-Muggel-Kleidung, also Winterstiefel, Jeans, Pulli, Schal und warme Jacke und sogar Handschuhe, und hielt eine weiße Kunststoffbox in den Händen.
"Ermel!" - "Schön, Dich zu sehen!" - "Na, wird aber auch Zeit! Ich hab mich schon gefragt, wann Du auftauchst!" wurde die Person freudig begrüßt. "Was hast Du denn da in deinem Bauchladen?" fragte Deatheater neugierig.
Ermelinda grinste. "Gottseidank war ich ja schon ein bisschen vorgewarnt, da ich eure Geschichte verfolgt habe. Aber dennoch hat es mich jetzt mehr oder weniger überraschend hierher verschlagen. Ich war auf dem Weg zu meinen Kindergarten-Kinderchen, denen ich einmal pro Woche versuche, Englisch beizubringen, damit sie recht bald die Abenteuer unseres Helden in Original-Sprache verfolgen können. In dieser Box trage ich normalerweise meine Unterlagen und mein Material - und diesen kleinen Gesellen, der mir im Unterricht hilft." Sie deutete auf einen kuschelig aussehenden hellbraunen Teddybären. "Aber auf einmal", fuhr sie fort, "ich war gerade aus dem Auto ausgestiegen - begann sich alles um mich herum zu drehen, und schon war ich hier. Anscheinend ist aber auf dem Weg hierher der Inhalt meiner Box ausgetauscht worden, denn es sind keine Bücher, Malstifte und CDs mehr in der Box, sondern... Seht selbst!"
AB, SanOs, Isa, Ellen, brösel und Deatheater warfen einen Blick in die Box und sahen sich erstaunt an. "Das glaub ich jetzt nicht", murmelte Isa. Schön ordentlich nebeneinander aufgereiht lagen dort kleine Holzkästchen, mit hübschen Intarsienarbeiten verziert und mit Aufschriften wie 'Weide mit Elfenhaar' oder 'Hickory mit Drachenhaut' versehen. "Tja, Dein Wunsch scheint irgendjemandes Befehl gewesen zu sein, Isa", sagte Ermelinda. "Greift zu!"
"Zauberstäbe", murrte Deatheater. "Konnte sich Dein Kindergarten-Krimskrams nicht in etwas Nützlicherer verwandeln, sagen wir Zuckerstangen oder Schokoriegel oder etwas in der Art? Ich habe nämlich Hunger!"
"Zauberstäbe hin oder her, was ist denn nun mit dem da?" flüsterte brösel. Wie auf Kommando wandten alle ihre Aufmerksamkeit dem Höhleneingang zu. Der Riese war von der anderen Seite des Berges herüber gekommen und hatte sich vor die Höhle gehockt. Sein breites, hässliches Gesicht füllte die ganze Öffnung aus und nahm ihnen für einen Moment das Tageslicht. Dann wich der gewaltige Körper etwas zurück, und eine tastende Hand streckte sich so weit es ging in den Hohlraum im Berg. Alle Hobbydramatiker und Zauberer und Halbriesen wichen bis an die aller hinterste Wand der Höhle zurück und befanden sich so nur knapp außerhalb der Reichweite des Riesen.
"Na, prima!" maulte Harry. "Soviel zu unserem Plan der geheimen Observation und der vorsichtigen Annäherung. Näher geht's ja wohl kaum noch."
Irgendjemand trat jemand anderem auf den Fuß. Ellen stöhnte, und AB hatte Rons Ellenbogen im Gesicht.
"Ist das denn nun der neue Gurg?" fragte Neville bibbernd. "Gurgin!" stellte SanOs trocken fest.
"Was?" kam es aus allen Kehlen gleichzeitig.
"Na, ich bitte Euch!" fuhr SanOs fort, als wäre es die eindeutigste Sache der Welt. "Habt ihr an der Tante gehangen oder ich? Der Schal? Die Rundungen und alles? Wenn das kein weiblicher Riese ist, dann weiß ich es auch nicht. Aber ordentliches Shampoo und ein paar Schönheitstipps könnte sie gebrauchen, die gute, und ein lang anhaltendes Deo!"
Isa grinste und suchte sich einen Zauberstab aus. "Dann wissen wir immerhin schon mal, was wir Gurgine schenken können. Lässt sich doch bestimmt alles besorgen!"
Der Rest der Truppe guckte erst mal dämlich aus der Wäsche, dann fing AB auch an mit den Mundwinkeln zu zucken. "Einmal Schönheitsprogramm für eine Riesin, ich fasse es nicht. Aber wir sollten es versuchen." Sofort begann sie, die Aufgaben zu verteilen.
Und die kleine Zauberertruppe wusste noch immer nicht, was das alles sollte, als die Muggel – Waren es jetzt welche oder nicht? – sich in die Arbeit stürzten.
Während diese beschäftigt waren, wurde es plötzlich noch kälter in der Höhle. Zuerst bibberten die Zauberer, dann diese kleine Gruppe unerschrockener Menschen. "Dementoren!" hauchte Ron.
Alle griffen zu den Zauberstäben, beziehungsweise die noch nicht Zauberstabbesitzer riefen "ACCIO Zauberstab!" und hatten dann wohl alle einen passenden in den Händen. Bereit die Patroni zu rufen standen sie zusammen, dann meinte Harry: "Moment, merkt ihr das auch? Da ist was anders!"
Nach kurzem In-sich-Hineinhören merkten sie, dass sie nicht in Trauer oder Entsetzen versanken. Stattdessen fühlten sie alle ein Sehnen nach Sonne, Strand, Meer, Cocktails... Verblüfft sahen sie sich an. Dann fing Deatheater an zu lachen und prustete heraus: "Ich glaube es nicht! Guckt euch den mal an!!!"
Alle sahen in die Richtung, die Deatheater zeigte, und schüttelten entweder fassungslos mit dem Kopf oder wussten nicht, ob sie ihren Augen glauben konnten. Der Dementor machte ein international anerkanntes Handzeichen, hatte ein Köfferchen in der Hand und ein Schild um den Hals. SanOs blinzelte, AB zückte die Lesebrille, Ellen putze die ihrige und dann meinten sie wie aus einem Munde: "Der will nach Barcelona! Der will per Anhalter nach Barcelona!" Hagrid sagte gar nichts, Ron hatte den Mund offen und Harry meinte nur: "Das kann nicht sein!"
"Was will er denn um diese Jahreszeit in Barcelona? Da ist es doch auch kalt", meinte SanOs. "Wenn schon in den Urlaub und in die Sonne, dann in die Karibik!" erklärte sie weiter. "Wolltest Du nicht nach London?" fragte AB nach. "Stimmt, und eigentlich habe ich ja auch schon 'ne Unterkunft, aber da wir schon mit dem berühmten Retter der Zaubererwelt zusammen sind, könnte ich doch auch bei ihm wohnen. Harry, vermietest Du am Grimmauldplatz auch Zimmer an Urlauber?" fragte SanOs frech nach.
Harry guckte verwirrt. "Wie bitte?" - "Ob Du auch Zimmer vermietest, wollte ich wissen. Ich komme mit meiner Tochter im März für ein Wochenende nach London, und es wäre bestimmt interessant, bei Dir zu wohnen", sagte SanOs.
brösel räusperte sich. "Ähm, SanOs? Du weißt aber schon, dass dies hier nicht das 'Reallife' ist und wir nur in einer Geschichte sind und Harry und der Rest gar nicht echt sind?" - "Wie, wir sind nicht echt?" kam es verärgert von Ron.
"Äh, ich glaub wir haben jetzt dringendere Probleme", nuschelte AB, die noch immer Rons Ellbogen im Gesicht hatte. Die tastende Hand des Riesen, äh der Riesin fuhr noch immer suchend die Höhlenwand entlang, und brösel und Deatheater mussten gewaltig den Bauch einziehen.
Der Dementor schien zu bemerken, dass es hier keine Mitnahmemöglichkeit nach Barcelona gab, tippte sich kurz an die Baseballkappe und mit einem freundlichen "Man sieht sich!" trollte er sich von dannen.
"Uff! Das war knapp!" stöhnte Neville, als die Hand endlich aus der Höhle verschwand, und die polternden Schritte, erdbebengleich, schließlich in eine andere Richtung deuteten. "Hrmpf! Ich glaub ich brauch jetzt 'nen Tee oder was Stärkeres", meinte Hagrid und wischte sich mit einem überdimensionalem Taschentuch über die Stirn. "Und Grawpy macht sich bestimmt auch schon Sorgen, wo wir stecken."
"Dann lass uns ins Lager zurück gehen. Ich denke, diese Herrschaften schulden uns jede Menge Erklärungen", nickte Harry und hielt seinen Zauberstab auf die kleine Gruppe der Hobbydramatiker gerichtet.
Deatheater starrte noch immer fasziniert auf seinen schönen, neuen Zauberstab. '8 Zoll, Korkenzieherweide mit einem Kern aus Veela-Haaren und Trollzehennägeln' hatte auf dem Deckel der kleinen Holzschachtel aus Ermelindas Box gestanden. "Ermelinda Ollivander", murmelte er grinsend vor sich hin. "EXPECTO REDICULUS! hätte ich diesem Dementor gerne zugerufen", plapperte er weiter vor sich hin. "Dem hätte ich es aber gezeigt, diesem Gewürm!" Dabei versuchte er auf engstem Raum einige Ausfallschritte und dramatische Zauberstabschwünge.
Isa schaute ihn mit gerunzelter Stirn an. "Ähm, Du weißt schon, dass Du gerade Selbstgespräche führst, Deatheater?" raunte sie ihm zu. "Und ich habe genau gemerkt, wie Du mir vorhin auf den Fuß gelatscht bist. Außerdem war das kein Irrwicht, und Du bringst da gerade einige Zaubersprüche durcheinander."
"Mir doch egal!" brachte Deatheater seine Standardantwort in letzter Zeit vor. Da fiel sein Blick auf einige leere Eierschalen, die auf dem Boden der Höhle lagen. Er tippe sie vorsichtig mit der Spitze seines Zauberstabes an. "Was ist das denn?" fragte er. "Die waren vorhin aber noch nicht da!"
Harry kam interessiert näher. Er schob seine Brille die Stirn hinauf und untersuchte die Schalen genau. "Mist!" stieß er aus. "Wie es aussieht, waren tatsächlich schon dunkle Magier bei den Riesen. Und Mitarbeiter der Mysteriumsabteilung aus dem Ministerium scheinen auch darin verwickelt zu sein."
"Du sprichst in Rätseln", meinte Ron und versuchte sich den Rücken zu kratzen.
"Es ist eigentlich geheim, aber...", Harry zögerte mit einem Blick auf die Hobbydramatiker, "... aber die 'Unsäglichen' arbeiten seit Jahren an einer Möglichkeit, Zaubersprüche einzuschließen und transportabel zu machen. Und neulich sind einige hohle Eier verschwunden, in denen einige Illusionszauber eingeschlossen waren."
"Verstehe ich jetzt nicht so ganz", erwiderte Ron leicht gelangweilt.
"Ich meine", erwiderte Harry genervt, "diese Riesin hat Eier mit den Illusionszaubern in die Höhle geworfen! Der urlaubsreife Dementor, Du verstehst?"
"Und der kam aus dem Ei und dunkle Magier oder 'Unsägliche' aus der Mysteriumsabteilung sollen diese Eier an die Riesen weitergegeben haben?" fragte Ron wenig überzeugt.
"Der Zaubereiminister hat so was angedeutet", meinte Harry. "Und wer außer einem bösen Zauberer würde Magie an nichtmagische Geschöpfe weitergeben? Ach, ich weiß es doch auch nicht."
"Und Du hattest gemeint, das hier wäre nur eine kleine abenteuerliche Geheimmission für die Sommerferien zum Zeitvertreib", wandte sich Neville an Harry. "Und jetzt ist die Rede von Verschwörungen und dunklen Machenschaften. Wenn ich nicht bald noch eine interessante Hochgebirgspflanze finde, dann bin ich aber so was von weg!"
"Du meinst, die Riesin, sei sie nun die Gurgin oder nicht, hat uns mit einer Art magischer Handgranaten beworfen, und die sind losgegangen, als die Eierschale geplatzt ist, und statt einer Explosion gab es einen Touristen-Dementoren?" fragte Deatheater niemand Bestimmten, denn statt auf eine Antwort zu warten, wandte er sich an Isa und brösel. "Hattet ihr nicht auch so was in der Art für HP9, die lauernden Gefahren, und den Kampf gegen die Makuren erfunden?"
"HAGGA!" hallte da plötzlich wieder ein verzweifelter Schrei durch die Täler und echote an den Bergen wider. Alle hasteten gleichzeitig aus der Höhle, wobei sie beinahe in der engen Öffnung am Eingang stecken blieben, und suchten nach der Ursache für den Schrei. Sie trauten ihren Augen nicht, als sie sahen, was sie nun erblickten.
Die Riesin hatte Grawp gefunden, ihn gepackt und hielt ihn abwechselnd eng an die Brust gepresst und an ausgestreckten Armen in die Luft. Da sie immerhin fast drei Meter größer war als er, schien ihr das keine Probleme zu bereiten. Ihr Gesicht zeigte einen Ausdruck, der wohl ein freudiges Lächeln darstellen sollte. Die ganze Zeit redete sie in einer Sprache auf ihn ein, die wie eine polternde Steinlawine klang. Und versuchte sie da tatsächlich gerade, ihn zu küssen?
Der Ausdruck auf Grawps Gesicht war nicht ganz so eindeutig, entweder pure Freude oder blankes Entsetzen. Über das Tal hinweg suchte er Blickkontakt mit seinem Halbbruder Hagrid. "HAGGA!" brüllte er noch einmal und dann mit einem Kopfnicken in Richtung seiner unfreiwilligen Gefährtin: "COLGATHA!"
Hagrid klatschte in die Hände. Er strahlte über das ganze Gesicht und stammelte aufgeregt: "Grawpy hat 'ne Freundin. Grawpy hat 'ne Freundin!" Die Hobbydramatiker und Zauberer konnten sich gar nicht entscheiden, wen sie entgeisterter und mit offenerem Mund anstarren sollten, den Wildhüter oder die seltsame Szene auf dem Berghang gegenüber.
Colgatha, wie wohl der Name der Riesin war, warf Grawp ein letztes Mal hoch in die Luft, fing ihn mit einem lauten Jubelschrei wieder auf, warf ihn sich über die breite Schulter und stapfte mit ihm und gewaltigen Schritten über den nächsten Gipfel davon.
"Müssen wir da jetzt nicht hinter her?" wollte Ellen wissen. "Nicht, dass dem armen Grawp noch etwas zustößt." Harry blickte Hagrid fragend an, doch dieser schüttelte mit dem Kopf. "Glaub nich', dass die ihm was tut. Sah für 'ne Riesin erstaunlich glücklich aus. Und das bisschen Spielen verkraftet Grawpy schon."
"Dann ist das vielleicht ein erstaunlicher Glücksfall für uns. Über Grawp können wir Kontakt mit den Riesen aufnehmen." Harry übernahm nun wieder die Kontrolle und machte sich auf den Weg in Richtung Lager. "Aber die Sonne geht gleich unter, und wir sollten zusehen, dass wir dann nicht mehr hier in der Kälte stehen." Er blickte zu den Hobbydramatikern. "Was ist mit Euch? Ich glaub' nicht, dass sie gefährlich sind", meinte er dann noch zu Ron gewandt.
"Na, ich weiß nicht", war die lapidare Antwort. "Schau mal, wie dieser hier mit dem Zauberstab rumfuchtelt." AB knuffte Deatheater in die Seite. "Nun steck ihn schon in Deine Hosentasche, bevor Du Dir damit ins Auge piekst. Ich will keine Nacht in dieser kalten Höhle verbringen!" Wehmütig blickte sie ihren eigenen Zauberstab – Kastanie mit einem Einhornhaar – an und ließ ihn dann auch schnell verschwinden. "Das muss erst in Ruhe geübt werden." SanOs, Ellen, Ermelinda, brösel und Isa nickten zustimmend. "Wir kommen mit!"
"Pfff!" machte Deatheater und äffte AB hinter ihrem Rücken nach. "Nicht, dass Du Dir noch ins Auge piekst. Außerdem will dieses Riesenweib bestimmt mehr von Grawpy als nur Spielen. Ist doch ein ordentlich strammer Bursche, der kleine Fratz."
Hagrid an seiner Seite nickte zustimmend und mit einem freudigen Leuchten im Gesicht. "Vielleicht werde ich bald Halbonkel", flüsterte er Deatheater zu. Etwas lauter fuhr er dann fort: "Wo ist eigentlich dieser Hippogreif? Ich glaube, das war 'n Weibchen. Und Seidenschnabel sucht auch noch 'ne Gefährtin."
Sie standen nun alle unter dem wolkenlosen und sonnigen Himmel und mussten leicht blinzeln wegen der Helligkeit. Der Hippogreif mit dem schwarzen Streifen auf dem Rücken stand auf einem Felsvorsprung über dem Höhleneingang und sah mit hoch erhobenem Haupt majestätisch auf sie herab. Hagrid hielt die Luft an und näherte sich ihm, oder besser ihr, unter ständigen Verbeugungen. Schließlich senkte das edle Tier den Kopf und ließ sich von Hagrid streicheln und ins Lager der kleinen Geheimmission führen. Sie würde ihnen sicher noch von Nutzen sein, überlegte Hagrid.
Im Lager erwartete sie alle allerdings eine Überraschung. An einem der hohen Bäume, die um das Lager herum standen und Schutz boten, hingen zwei ihnen sehr bekannte Gestalten im Baumwipfel.
Als imüll und san_shine den bunt gemischten Haufen ankommen sahen, fingen sie an, wild mit Händen und Füßen zu strampeln und zu gestikulieren, und stießen dabei unanständige Flüche aus. "WER WAR DAS?" imüll fuchtelte mit ihrem Zeigefinger unkoordiniert in der Luft und warf allen einen bitterbösen Blick zu. "Oh nein, nicht die schon wieder! Wenn die auftauchen gibt 's immer nur Ärger!" kam es von SAN, wie san_shine inzwischen genannt werden wollte, und sie zeigte in Richtung Harry, Ron und Hagrid.
"Ruhe jetzt!" zischte Harry und alle sahen sich um. Zuerst erkannten die Hobbydramatiker mit ihrem überraschenden Zuwachs und auch Neville das Lager von Harry, Hagrid und Ron nicht wirklich als Lager. Bis auf einige umgeknickte Zweige an einem Hochgebirgsbusch gab es kein Zeichen, dass vor ihnen schon einmal ein zweibeiniges, menschliches Wesen hier gewesen war. Erst als Harry einen leisen Zauberspruch sprach wurden ein kleines Zweimannzelt, geschützt in einer Felsnische, und eine kleine Feuerstelle sichtbar. Harry ging voran, knöpfte die Plane am Zelteingang auf und gab allen ein Zeichen, einzutreten.
Deatheater zählte in Gedanken kurz durch. Neun Hobbydramatiker, drei Zauberer und ein nicht gerade kleiner Halbriese sollten in dieses Ding passen? "Ich hasse Zelten!" knurrte er vor sich hin, als nacheinander Ellen, Isa und AB im Inneren verschwanden. "Nun, komm schon!" meinte SanOs und gab ihm einen kleinen Schubs, und ehe sie es sich versahen, waren sie drinnen.
Einige breite Stufen führten in eine kleine Eingangshalle, von der mehrere Räume abgingen, vier große Schlafzimmer, jedes mit eigenem Badezimmer, und eine große Küche mit anschließendem Wohnbereich. "Aha", stellte Deatheater fest, "mal wieder eins von diesen Dingern, die innen größer sind als außen!"
"BEI MERLINS BART!" hallte da Harrys Stimme durch diese fast schon luxuriöse Unterkunft, die überall dick mit Teppichen und Wandbehängen gepolstert war. "Irgendwer war hier drinnen!" Dabei warf er imüll und SAN einen vorwurfsvollen Blick zu. Im Wohnbereich, der sich an die offene Küche anschloss, herrschte das Chaos. Kleider, Möbel und Pergamente lagen wild verstreut und teilweise zerstört auf dem Fußboden. "Die Geschenke für die Riesen sind auch weg!"
Ron stand sprachlos der Mund auf. Hagrid murmelte Flüche in seinen Bart. Und Neville machte große Augen. "Was genau waren das denn nun eigentlich für Gaben, mit denen ihr das Vertrauen der Riesen gewinnen wolltet?" fand Isa als erste ihre Sprache wieder.
"Ähm, entschuldigt, bitte! Ich will ja nicht Eure illustre Gesprächsrunde stören, aber WIR WOLLEN HIER RUNTER UND ZWAR SOFORT!!! Und Du Mister-ich-rette-mal-kurz-die-Welt brauchst gar nicht so zu gucken, wir waren es nicht. Wir sind vor gefühlten dreihundert Stunden hier oben gelandet. Wir haben auch keinen gesehen der hier rumgeschlichen ist, denn wir haben mit diesem Gestrüpp hier gekämpft!" Zur Untermalung rüttelte SAN an dem Ast an dem sie hing. "Und überhaupt, warum habt ihr Zauberstäbe?" maulte imüll, die wirklich sauer war.
Deatheater öffnete das Küchenfenster und lehnte sich weit hinaus. Etwas irritiert war er schon, als er zurücksah, und das, was von innen Holzrahmen mit Glasscheibe gewesen zu sein schien, nur noch ein Stück durchsichtige Plastikfolie in der gräulichen Zeltplane war. Und warum war er nun plötzlich auf Höhe der Baumwipfel? Waren sie nicht einige Stufen nach unten in das verzauberte Zelt gegangen? Am besten nicht darüber nachdenken, dachte er sich. So funktionierten die Dinge eben in der Zaubererwelt. Dann wandte er sich an die Zwillinge.
"Mädels, was hängt ihr denn immer noch hier rum?" fragte er sie und schnappte sich SAN und imüll. "Kommt doch rein. Drinnen ist es viel gemütlicher." Er klemmte sich die eine unter den einen und die andere unter den anderen Arm und ließ sich ins Zeltinnere, das er mit den Füßen nie verlassen hatte, zurückschnellen. Benommen und leicht schwindelig wie von einer viel zu schnellen Achterbahnfahrt landeten sie auf dem Fußboden. Vor dem Fenster schwankten noch immer die Baumkronen, in denen imüll und SAN noch vor wenigen Minuten festgehangen hatten.
"Zauberei ist komisch", hickste Deatheater und versuchte sein Abendessen bei sich zu behalten, während er die Zwillinge ansah und beschloss, ihnen erst einmal nicht zu sagen, dass sie vermutlich seinetwegen hier in der Zaubererwelt waren, so grummelig, wie die beiden gerade aussahen.
"Zauberstäbe gibt 's bei mir!" erklärte Ermelinda fröhlich und hielt den beiden jüngsten Hobbydramatikern ihre Kunststoffbox vor die Nase, und darin waren tatsächlich noch mindestens zwei Holzschachteln mit den magischen Instrumenten darin übrig. Doch die waren für imüll und SAN vorläufig unwichtig, denn sie waren aufgesprungen und erst einmal den übrigen Hobbydramatikerinnen freudestrahlend um die Hälse gefallen.
Diese ihm nun schon zu bekannte Art der Begrüßung ließ Harry genervt aufstöhnen. "Hoffentlich sind das bald alle! Mich würde mehr interessieren, wer denn jetzt in unserem Zelt war, wenn die beiden es nicht waren." Damit zeigte Harry auf die beiden Neuzugänge. "Dafür haben wir ja nur ihr Wort. Glaubst Du ihnen etwa?" wandte Ron ein. "Na hört mal!!!" - "Also wirklich!" - "So eine Gemeinheit!" - "Uns so etwas zu unterstellen!" Die empörten Hobbydramatiker riefen alle durcheinander und sahen Ron böse an, sodass er vorsichtshalber einige Schritte zurück wich.
"Harry, meinst Du nicht, wir sollten von diesen Herrschaften mal ein paar Erklärungen verlangen? Ich meine, die neun Gestalten tauchen hier nacheinander auf, fallen sich um den Hals, fuchteln mit ihren Zauberstäben rum, und wir haben keine Ahnung, ob das alles so seine Richtigkeit hat? Was ist, wenn die irgendwelche Spione sind oder..." Ron blickte Harry ein wenig unsicher an.
"Sag mal, hast Du so wenig Vertrauen in unsere Zauberkräfte? Und in unsere Menschenkenntnis? Ich denke, die acht sind harmlos und wollen - wenn sie überhaupt dazu in der Lage sind - uns höchstens helfen, die Riesen auf unsere Seite zu ziehen", gab Harry zurück.
"Menschenkenntnis? Du meinst wohl Muggelkenntnis! Und dafür ist doch wohl eindeutig Hermine zuständig!" rief Ron. "Überhaupt - Hermine! Hach, ich vermisse sie!" - "Och nee, hör auf, Ron! Bloß kein Rumgejammer jetzt!"
Die weiblichen Hobbydramatiker blickten sich vielsagend an und hatten größte Mühe, ihr Lachen zu unterdrücken. Zum einen amüsierte sie Rons Tonfall, zum anderen sahen sie Deatheater, der sich in eine Ecke des Raumes geschlichen hatte und nun hinter Rons Rücken entsprechende Faxen machte.
"Sind wir denn nun acht oder neun hier? Ich verliere gerade den Überblick!" sagte AB.
"Seeehr schlecht für eine Große Vorsitzende!" grinste Ellen.
"Lasst uns doch mal durchzählen!"
"Eins!"
"Zwei!"
"Drei!"
"Halt, halt, so geht das nicht!" unterbrach AB. "Ich schlage vor, wir stellen uns jetzt alphabetisch auf und checken mal durch, wer noch fehlt!"
"Wie? Was heißt denn das? Wer noch fehlt? Wie viele von Euch gibt es denn noch?" fragte Ron.
AB blickte ihn strafend an und begann, sich aufzustellen.
"Wie in der Schule", kicherte SanOs. "Nun denn, mal sehen... AB, brösel, Deatheater, Ellen, Ermelinda, imüll, Isa, SAN, SanOs. Okay, fehlen noch Lee und der Schwertschwinger."
"Einen Samurai habt ihr auch noch?" staunte Ron.
"Quatsch! Samurai! Einen Behüter und vielleicht gerade in einer wichtigen Mission unterwegs. Aber das tut jetzt nichts zur Sache." AB hatte das Zählen beendet und wandte sich nun zu Harry. "Unser Erscheinen hier zu erklären scheint mir fast unmöglich, da wir es selbst kaum verstehen. Aber es wird schon einen Grund dafür geben, auch wenn wir ihn bis jetzt noch nicht kennen. Nur so viel... Wir sind keine Spione sondern sind Dir und Deinen Freunden herzlichst zugeneigt. Sieh in uns Verbündete." Isa und brösel nickten. "Wir verfolgen Euer Leben schon seit Jahren und kennen die Zaubererwelt gut. Unser Wissen kann Euch vielleicht ganz nützlich sein, bei Eurem geheimen Auftrag."
Harry blickte alle Hobbydramatiker prüfend an, dann zuckte er mit den Schultern. "Na, von mir aus. Hier seid ihr eh. Ich glaub, wir stärken uns erst einmal und dann erzähl ich Euch, was wir bis jetzt unternommen haben. Aber erst einmal sollten wir ein bisschen Ordnung schaffen."
Bei so vielen Händen dauerte das ganze nur wenige Minuten und es ging auch nur eine Teekanne zu Bruch, da Deatheater den Zwillingen unbedingt demonstrieren wollte, dass er mit seinem Zauberstab den Schwebezauber beherrschte. "WINGARDIUM LEVIOSA! WINGARDIUM LEVIOSA!" sagte er und fuchtelte mit dem Stab durch die Gegend.
Isa kicherte und meinte nur trocken: "Das mit dem Wutschen und Wedeln, üben wir dann aber noch einmal." Neville klopfte Deatheater tröstend auf die Schulter. "Das wird schon! Bei mir hat es am Anfang auch etwas gedauert. Aber", meinte er weiter, "wenn ich mir diesen Zauberstab genauer anschauen, könnte es auch daran liegen. Was ist das für ein interessantes Holz?"
Deatheater hielt seinen Zauberstab vor sich. "Korkenzieherweide", meinte er stolz, als hätte den Zauberstab eigenhändig hergestellt, dabei gab er nur wieder, was er auf der Holzschatulle in der Höhle gelesen hatte. "Korkenzieherweide mit einem Kern aus Veela-Haaren und Trollzehennägeln!"
"Eine wirklich interessante Pflanze, diese Korkenzieherweide", sagte Neville, "aber muss dann der ganze Zauberstab wie ein Korkenzieher gewunden sein?"
"Veela-Haare und Trollnägel!" blaffte Ron, der diese Unterhaltung mit angehört hatte, verächtlich. "Für mich klingt das wie der Stab von einem wirklich dunklen Magier."
"Aber, aber", fuhr Ermelinda dazwischen, "wir wollen doch nicht schon wieder mit diesem Misstrauen anfangen! Schon vergessen? Wir sind auf Eurer Seite."
Harry hatte sich inzwischen an den Küchentisch gesetzt und den Kopf auf den Händen abgestützt. "Ich glaube, das wird hier nichts!" murmelte er vor sich hin. "Zwei Wochen Arbeit für nichts und wieder nichts. Wir haben zwar die Riesen gefunden, aber immer noch nicht 'rausfinden können, wer davon denn nun der Gurg ist. Nun ist Grawp in den Händen einer Riesin, und die Geschenke sind jetzt auch noch weg. Und in einer Woche endet mein 'Urlaub', dann muss ich wohl mit leeren Händen vor den Zaubereiminister treten." Er ballte die Hände zu Fäusten und trommelte auf den Tisch.
Isa hockte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Nun lass mal den Kopf nicht hängen", meinte sie. "Wir sind doch hier, um Dir zu helfen. Vielleicht finden wir ja eine Lösung."
"Genau!" pflichtete ihr SanOs bei und rempelte ihn von der Seite an. "So lässt man sich aber nicht hängen als Held der Zaubererwelt!"
"Was ich nicht verstehe", mischte sich jetzt auch noch Deatheater ein, "ist, warum das hier alles so 'geheim' sein muss. Sicher, die Riesen sind groß und gefährlich, aber warum ist das hier eine 'Geheimmission' und findet in Eurem 'Urlaub' statt?"
"Es gibt noch immer viele Zauberer, die mit den Riesen nichts zu tun haben wollen", meinte Harry. "Die meisten meinen, die sollen bleiben, wo sie wollen, solange sie sich von allen anderen fern halten", ergänzte Ron und zog sich auch einen Stuhl heran.
Immer mehr Sitzgelegenheiten tauchten wie aus dem Nichts auf, und schon bald hockten alle zu einem großen Kriegsrat um den Küchentisch. Draußen war es dunkel geworden, doch im Zauberzelt flammten Kerzen auf und verbreiteten ein gemütliches Licht.
"Und dann sind da noch die mysteriösen Machenschaften in der Mysteriumsabteilung", fuhr Harry fort. "Der Zaubereiminister konnte nicht offiziell dagegen vorgehen, aber er kann auch nicht tatenlos zusehen, wie dunkle Mächte sich die Unterstützung der Riesen sichern. Also hat er mich in meinem 'Urlaub' auf diese Geheimmission geschickt. Ganz inoffiziell, versteht sich." Ron hob warnend die Augenbrauen, doch Harry winkte ab. Er hatte beschlossen, den Hobbydramatikern zu vertrauen.
"Also wolltet ihr den Riesen wieder Geschenke übergeben, so wie Dumbledore es damals Madame Maxime und Hagrid aufgetragen hatte?" fragte AB. Inzwischen wunderte sich keiner der Zauberer mehr darüber, woher sie alle diese Informationen hatten.
"Was wolltet ihr denn diesmal übergeben?" wiederholte Isa ihre Frage von vor einiger Zeit. "Und was hattet ihr damals diesem alten Gurg Karkus und seinem fiesen Nachfolger Golgomath noch gleich gegeben?" wandte sie sich an Hagrid.
" 'n Ableger vom ewigen Gubraith-Feuer und 'n hübschen, unzerstörbaren Stahlhelm aus echter Koboldhandarbeit hat Karkus gekriegt", brummte Hagrid, "bevor Golgomath ihn 'n Kopf kürzer gemacht hat." Er fuhr sich mit dem Nagel des rechten Daumens in einer eindeutigen Geste über den Hals. "Un' dieser Golgomath hätt' mir fast die Rolle Drachenhaut über 'n Schädel gezogen, als wir s'e ihm übergeben wollten."
Harry seufzte. "Wir hatten ein kupfernes Feuerzeug dabei, so ein großes Ding, mit dem man Jahrhunderte lang Feuer machen kann, ohne dass man es irgendwie auffüllen müsste. Außerdem gibt es davon noch ein zweites, das im Ministerium im Büro des Ministers steht. Wenn man einen bestimmten Knopf auf der Unterseite drückt, kann man sich mit jedem unterhalten, der sich in der Nähe des Gegenstücks aufhält, egal wie weit die beiden Feuerzeuge auseinander sind. So wollte der Zaubereiminister den Kontakt zu den Riesen halten, wenn wir ihn erst mal hergestellt hätten."
"Un' ich hatte 'n Steinschmelzling besorgt", ergänzte Hagrid. "Nettes, kleines Viech. Extrem seltener Gebirgsbewohner, der sich Höhl'n in das dickste Gestein schmelzen kann. Damit hätt'n die Riesen ihre Wohnungen vergrößern können, ohne große Anstrengungen."
"Und, lasst mich raten", meinte Neville, "den Schössling vom Schokokussbaum, den ich für euch im Gewächshaus drei gezogen habe, wolltet ihr auch verschenken, oder?" Harry nickte, und SAN und imüll wurden hellhörig. "Schokokussbaum?" fragten sie aufgeregt. "Was ist das denn?"
"Eine fabelhafte Pflanze", erklärte Neville stolz. "Und wirklich sehr schwer nachzuziehen. Hat man es erst einmal geschafft, die Früchte zum Keimen zu bringen, und hat der Sprössling erstmal sein erstes Jahr überstanden, dann wächst das Bäumchen fast überall, aber bis dahin ist es ein langer, steiniger Weg. Dafür wird man aber auch mit den leckersten Süßigkeiten belohnt, die der Schokokussbaum in regelmäßigen Monatsabständen als Früchte trägt. Ein Genuss, sage ich Euch, und dabei vollkommen zucker- und kalorienfrei." - "Und jeder weiß doch, was Riesen für Schleckermäulchen sind", hauchte Hagrid mit einem verträumten Blick
"Und diese Geschenke sind nun weg?" holte brösel die beiden aus ihrer Schwärmerei. Harry nickte erneut. "Dann müssen wir sie wieder finden!" verkündete Ellen und stand auf, als hätte sie schon eine Idee. "Oder erst mal überlegen, wer sie genommen haben könnte. Und warum", mit diesen Worten sank sie in ihrem breiten Ohrensessel zurück, den sie sich als Sitzgelegenheit ausgesucht hatte.
"Mhm... Dann gehen wir erst einmal auf Spurensuche", schlug Isa vor. "Wie?" wollte SAN wissen. "So wie beim CSI? Fingerabdrücke nehmen und Spuren analysieren?" - "Ja!" antwortete Isa begeistert. "Allerdings nicht auf Muggelart, sondern auf magische Art!" - "See as I? Was soll das denn? Und Fingerabdrücke? Warum wollt ihr jemandem die Finger abdrücken?" wollte Ron wissen, wurde aber von den Hobbydramatikern einfach ignoriert, die wild diskutierten, wie sie vorgehen könnten. "Wie wird das denn in der magischen Strafverfolgung und bei den Auroren gemacht?" wandte AB sich an Harry.
"Hm", meinte Neville da. "Vielleicht brauchen wir da gar nicht so lange suchen." Er kauerte, auf ein Knie gestützt, am Boden und hielt etwas in der Hand. Er rieb es zwischen den Fingern und roch daran, dann hielt er es gegen das Licht. Es war ein kleines, ovales Blatt. "Das hier", er legte den Pflanzenteil auf den Küchentisch, "ist ein Blatt vom Schokokussbäumchen. Die Pflanze reagiert äußerst empfindlich und beleidigt, wenn man sie plötzlich und unerwartet gegen ihren Willen aus ihrer gewohnten Umgebung entfernt. Dann wirft sie nach und nach ihre Blätter ab." Er ging ein Stück weiter den Flur hinunter Richtung Ausgang und bückte sich. "Seht ihr!" rief er dann triumphierend. "Hier ist schon das nächste!" - "Du meinst, wir folgen jetzt einfach der Blätterspur, und sie führt uns zu diesem Bäumchen und seinem Dieb?" fragte brösel ungläubig. Neville nickte mit einem breiten Grinsen.
"Na, dann!" ergriff Isa die Initiative und übernahm die Führung. "Zauberstäbe raus! LUMOS! Und passt auf, dass ihr kein Blatt überseht!" Die Spitzen von zwölf Zauberstäben und einem Regenschirm flammten auf, und hinaus ging es in die frühe Nacht, dem Geschenkedieb auf der Blätterspur.
"Ähm", räusperte sich AB, die plötzlich stehen blieb. "Ich finde es ja toll, wenn wir uns alle zusammen auf die Suche machen, aber sind zwölf Zau…, Menschen und ein Halbriese nicht ein bisschen viel?"
"Leise anschleichen – woran auch immer – wird mit einigen Leuten hier wohl nicht klappen", stimmte brösel zu und blickte Hagrid an, der sich gerade gedankenverloren an einen Baum gelehnt und ihn fast umgeknickt hatte, und dann leicht augenverdrehend zu Deatheater, der gerade versuchte, sich laut fluchend aus einem Dornengestrüpp zu befreien.
"Wagt es ja nicht, mich hier zurückzulassen!" knurrte Deatheater. "Wir bleiben zusammen, oder ich bin weg!" Er runzelte die Stirn und fragte sich, ob diese Aussage wirklich Sinn gemacht hatte.
"Gibt es nicht einen Zauberspruch, der unsere Geräusche dämpfen kann? So etwas wie diesen MUFFLIATO-Spruch vielleicht?" fragte Isa und sah dabei vor allem Harry an. Dieser reagierte leicht genervt, flüsterte aber trotzdem: "SNEEKUS WATTUS!" Sofort senkte sich eine wattige Stille über die Gruppe und schluckte die Geräusche ihrer Schritte und alle, die sie sonst noch von sich geben mochten. Deatheater legte den Kopf schief und hüpfte auf einem Bein auf und ab, hatte er doch das Gefühl, Wasser in die Ohren bekommen zu haben.
Die Hobbydramatiker um ihn herum öffneten zwar die Münder und sahen sich an, konnten sich gegenseitig aber nicht mehr verstehen. Harry zückte und schwang erneut den Zauberstab und zeigte auf einen nach der anderen und murmelte: "SPEAKUS SECRETUS!" - "So", meinte er dann, "jetzt sollten wir uns untereinander verstehen können, ohne dabei ungewollten Lärm zu verursachen."
"UAHHHH!" schrie Deatheater zur Probe und nickte dann zufrieden, als sich zwar die Hobbydramatikerinnen und Zauberer die Ohren zu hielten, aber kein Echo durch die Berge schallte.
"Das hätten wir uns vielleicht sparen können", sagte Neville da plötzlich. "Wir haben schon seit einigen hundert Metern kein abgeworfenes Blatt mehr gefunden. Entweder haben wir die Spur verloren, der Schokokussbaum hat sich an seine neue Situation gewöhnt, oder… oder… Ach, ich weiß es auch nicht."
"Oder der Baum wurde eingepflanzt und ist innerhalb weniger Minuten drei Meter hoch geworden", meinte imüll und zeigte mit ihrem Zauberstab ein kleines Stück das Tal hinunter, durch das sie gerade gegangen waren. Dort stand, beschienen vom Mondlicht, tatsächlich ein imposanter Baum mit einer Krone aus großen, ovalen Blättern. Von seinen Zweigen hingen alle erdenklichen Arten von Süßigkeiten, Bonbons, Lollies, Zuckerstangen, Mozartkugeln und Schokoküsse herunter, und seine Rinde sah von ihrem Standpunkt aus wie die Quadrate von Schokoladentafeln. "Das ist völlig unmöglich!" staunte Neville. "So eine Größe dürfte er frühestens in dreißig Jahren erreicht haben!"
"Hey!" riefen Ellen und SanOs fast gleichzeitig. "Wer ist das denn?" Jetzt sahen auch die anderen eine kleine, runzelige Gestalt mit spitzen Ohren, die mit geplatztem Hosenbund und laut schnarchend unter dem Baum lag. Es war ein Kobold in Shorts und Hawaii-Hemd, und sein Gesicht und seine Hände, die auf seinem dicken Bauch beim Atem auf und ab gehoben wurden, waren verschmiert und verklebt von Schokolade und anderem Süßkram.
"Das ist doch wohl…", Harry fehlten die Worte. Er löste für kurze Zeit den Stillezauber, trat auf den Kobold zu und packte ihn am Kragen. Er schüttelte ihn wach und brüllte: "Wer bist Du, Du mieser, kleiner Baumdieb?"
Deatheater fragte sich gerade, was wohl Hermine von dieser Behandlung gehalten hätte, als der kleine Kerl die Augen aufschlug und bei Harrys Anblick sofort zu wimmern begann: "Oh, der berühmte Harry Potter! Wie schön Sie zu sehen, Mister Potter. Wenn ich geahnt hätte, Mister Potter…"
"Ist gut jetzt!" meinte Harry bedrohlich. "Ich weiß, wie ich heiße. Aber wer bist Du und was hast Du mit unserem Schokokussbaum gemacht? Und wo sind die anderen Geschenke, die Du aus unserem Zelt gestohlen hast? Und wie hast Du das Zelt überhaupt gefunden?"
"Bitte, bitte, lassen Sie mich runter, Mister Potter!" wimmerte der Kobold weiter. "Ich bin Rubak, Mister Potter, Angestellter von Gringotts, der Zaubererbank, auf Bergurlaub. Ich weiß nichts von einem Zelt, das müssen Sie mir glauben. Und den kleinen Baum habe ich dort drüben gefunden." Er zeigte irgendwo in die Dunkelheit. "Ich habe ihn doch einfach nur aus seinem viel zu engen Topf befreit und eingepflanzt. Ich konnte doch nicht ahnen, dass es Ihr Baum ist, Mister Potter. Und auch nicht, dass es so ein Zauberbaum ist. Mann! Ich glaube, ich hatte genug Süßigkeiten für den Rest meines Lebens!"
Harry setzte ihn zurück auf die Füße, nicht sicher was er von ihm halten sollte, aber weiterhin den Zauberstab auf ihn gerichtet. Sein Blick fiel dabei auf Ron, der einige Eierschalen untersuchte, die um den Baumstamm herum verstreut lagen. Neville stand neben ihm, hatte bereits eine der Schalen aufgehoben und sie mit seinem Zauberstab bearbeitet, sodass sie sich gerade in diesem Augenblick in seiner Hand in grünlichen Rauch verwandelte.
"Schnellwachstumszauber", meinte Neville. "Das erklärt zumindest, warum der Baum so plötzlich, noch dazu in der Nacht, so groß geworden ist."
"Sehen aus wie die Reste von den Eiern, in denen der Illusionszauber in der Höhle eingeschlossen war", meinte Ron.
"Mit denen uns die Riesin beworfen hat?" fragte Isa interessiert und kam näher.
"Genau", meinte Ron.
"Damit habe ich auch nichts zu tun!" beteuerte Rubak, der Kobold. "Diese Eier lagen einfach so rum im Lager der Riesen. Mister Potter, ich hatte ja keine Ahnung. Und als ich sie unter dem Baum zerbrochen..."
"Ja, ja, ich verstehe", unterbrach ihn Harry, "Du bist der unschuldigste Kobold, den die Welt jemals gesehen hat. Und das mit der Kleptomanie bekommst Du auch eines Tages in den Griff. Aber wo sind der Steinschmelzling und das magische Feuerzeug? Los, raus damit!"
Der Kobold gab sein gekünsteltes Lächeln auf und ein verschlagener Ausdruck stahl sich auf sein Gesicht. "Wo kein Ankläger, da kein Täter!" krächzte er. "Und die dämlichen Riesen konnten nun wirklich nichts anfangen mit diesen verzauberten Eiern. Aber die anderen Sachen habe ich wirklich nicht. Wenn Du mich laufen lässt, dann sage ich Dir vielleicht, wer sie genommen haben könnte. Was ist, Potter? Kommen wir ins Geschäft?"
Ellen schüttelte warnend den Kopf. "Mit Kobolden Geschäfte machen ist nie eine gute Idee. Ihre Interpretation von Geschäften ist grundsätzlich anders als unsere Vorstellung davon." Der Kobold verzog missmutig das Gesicht. "Und warum bei Merlins Bart, machst Du ausgerechnet in diesem abgelegenen Tal Urlaub?" Auch brösel beäugte den Kobold misstrauisch. "Wo ist denn Dein Lager für die Nacht? Und sag' mir jetzt nicht, dass Du keine Sachen bei Dir hast."
"Und wenn Du im Lager der Riesen warst, warum bist Du dann noch völlig unversehrt?" setzte SanOs die Befragung fort. "Ich kann mir nicht denken, dass Dich die Riesen einfach so in ihrer Mitte geduldet haben." Auch Ermelinda mischte sich nun ein: "Ich wette, er hat hier irgendwo einen Komplizen sitzen"
Das Gesicht des Kobolds hatte sich immer mehr verfinstert, als die Beschuldigungen auf ihn nieder prasselten. Die auf ihn gerichteten Zauberstäbe taten ein Übriges. "Also gut! Aber es ist nicht so, wie ihr denkt. Wir sind einen Handel mit einem Zauberer eingegangen. Wir sollten für ihn einen kleinen Auftrag erledigen und dafür versprach er uns einen Spiegel, der von Kobolden hergestellt wurde und der seit Jahrhunderten verschollen war."
"Aha!" Harry war ganz aufgeregt. "Wie heißt der Zauberer? Und wer ist er?" Und zu den Hobbydramatikern gewandt: "Ich hatte Euch doch von dem Verdacht gegen gewisse dunkle Zauberer erzählt, die mit aller Macht das Bemühen des Ministeriums sabotieren wollen."
Alle nickten, doch der Kobold schüttelte bedauernd mit dem Kopf. "Da kann ich Euch nicht helfen. Ich hab' diesen Zauberer nie gesehen. Der Kontakt kam nur über Tom aus dem TROPFENDEN KESSEL. Er hat uns kontaktiert und dann die Nachrichten weitergeleitet."
"Tom?" Ron schüttelte irritiert den Kopf. "Das kann nicht sein. Der ist niemals ein dunkler Zauberer. Ich kenn' ihn seit Jahren." Auch Hagrid schnaubte entrüstet. "Ne', also der Tom..."
Der Kobold grinste: "Hat ja auch keiner behauptet. Aber gewisse Nebeneinkünfte..." Er ließ den Satz in der Luft hängen und zehn Augenpaare richteten sich auf ihn. "Dann müssen wir jetzt eindeutig zwei Probleme lösen", brachte AB es auf den Punkt. "Erstens... Kontaktaufnahme mit den Riesen und zweitens... Herausfinden, wer hinter der ganzen Sache steckt."
Zehn Augenpaare waren auf den Kobold gerichtet? Die Augenpaare von Deatheater und den Zwillingen waren eindeutig auf den Schokokussbaum gerichtet.
"Leute!" ließ sich da Neville vernehmen, sprach dabei aber hauptsächlich Ron an. "Wie ihr wisst, lebe ich seit einiger Zeit mit Hannah im TROPFENDEN KESSEL, und Hannah ist die neue Wirtin. Tom war schon seit Jahren nicht mehr da. Er hat sich in ein abgelegenes Cottage in die Nähe von Aberystwyth Castle zurückgezogen und züchtet jetzt Knuddelmuffs. Er steigt nicht mal bei uns im Pub ab, wenn er in London ist. Er meint, er hätte für mehrere Zaubererleben genug Gläserklirren und Kneipengespräche gehört und Bier- und Bratenfettschwaden gerochen."
"BLIMEY!" stieß Ron hervor und benutzte damit ein Wort, dass Deatheater schon vor dreizehn Jahren nicht so richtig hatte übersetzen können. "Du meinst, der Kontakt von unserem Freund Kobold hier war gar nicht der echte Tom?" Neville schüttelte ratlos den Kopf.
AB war inzwischen von hinten an SAN, imüll und Deatheater herangetreten, die völlig hypnotisiert von den Süßigkeiten auf dem Baum zu sein schienen. "Was gibt es denn da zu sehen?" fragte sie scheinheilig. "Etwas, das uns der Lösung des Falles näher bringt?" Sie versuchte die drei vom Schokokussbaum wegzudrehen, aber Deatheater riss sich los.
"LASS MICH!" kreischte er, und die Worte wurden endlos zwischen den Berggipfeln hin und her geworfen, schienen in einiger Entfernung sogar eine kleine Gerölllawine auszulösen. Der Stille-Zauber hatte sich offenbar vollständig verflüchtigt.
"SIEH' DOCH! Da oben am dritten Zweig neben dem Hauptstamm von rechts unten und dann ein Stückchen links rüber öffnet sich gerade eine neue Blüte. Und sie ist voller MARZIPANKARTOFFELN... OFFELN ... OFFELN ... OFFELN ...!"
In einiger Entfernung erregte dieser Radau die Aufmerksamkeit von jemandem, und es war nicht die der Riesen. Doch bevor die Gruppe dieses registrierte, begannen Ron und Deatheater, SAN und imüll plötzlich eine Art ostasiatischen Regentanz aufzuführen. Es mochte auch ein indianischer Kriegstanz sein oder eine neue Form von Jump-Style - jedenfalls äußerst besorgniserregend. Zu ihren ruckartigen Bewegungen, die sie im Kreise hüpfend ausführten, skandierten sie fortwährend: "Marzipankartoffeln! Blimey! Potzblitz! Blimey! Himmelkreuzdonnerwetter! Marzipankartoffeln! Blimey! I werd' narrisch! Marzipankartoffeln!"
AB, Ellen, SanOs, Ermelinda, Isa und brösel waren mittelschwer entsetzt. Neville nuschelte undeutlich etwas von "Nebenwirkungen... Schokokussbaum... zu langes Hinsehen... Halluzinationen...", und Harry sagte ernst: "Es wird allerhöchste Zeit, dass wir diese Gegend verlassen! Vor allem, wenn man das da hinten sieht!"
Er deutete mit seinem Zauberstab über den Kopf des Koboldes hinweg. Die Richtung, in die er zeigte, war Osten, daran zu erkennen, dass über der gezackten Berggipfelkette gerade orangerot glühend die Sonne aufging. Doch nicht nur Gesteinsformationen zeichneten sich als Schattenrisse gegen den im Morgenrot erglühenden Himmel ab. Da waren auch noch die breiten Schultern und großen Köpfe von mindestens neun Riesen, die sich erhoben und mit stampfenden Schritten immer näher und näher kamen.
Irgendwo in einiger Entfernung zu den Hobbydramatikern und der Gruppe um Harry Potter zog sich eine schwarz verhüllte Gestalt in eine Felsnische zurück. Nun würden die Riesen diese lästigen Fremdlinge und seinen aufsässigen Komplizen erledigen, und das war auch gut so. Ein verschlagenes Lächeln huschte über das stoppelige Gesicht unter der Kapuze.
Dustin Metamorphosis rieb sich zufrieden die Hände. Soweit schien sein Plan also aufzugehen. Im Ministerium für Zauberei unterrichtet er die angehenden Auroren in der Kunst der fortgeschrittenen Verwandlung und Animagie. Doch niemand wusste, dass er auch die schwarzmagische Kunst des Formwandelns beherrschte. Dem Kobold Rubak gegenüber hatte er sich erfolgreich als Tom, der Wirt aus dem TROPFENDEN KESSEL ausgeben können. Und später war er als Komplize Brandon Muse, ein bekannter und notorischer Dieb, mit dem Kobold in das Tal der Riesen gereist. Die Politik des Ministeriums gefiel ihm ganz und gar nicht. Die Verbrüderung mit magischen Wesen, die nicht der Rasse der Zauberer angehörte...? Das fehlte ja gerade noch. Zauberer hatten es nicht nötig, sich mit solchen Geschöpfen zu verbrüdern. Und als er die Pläne im Ministerium belauscht hatte, war es Zeit für ihn geworden zu handeln.
Nur, diese Gruppe von Zauberern – Oder waren es Muggel? – beunruhigte ihn gerade etwas. Wie kamen die hier her? Aber es schien so, als ob auch sie nichts mehr ändern könnten, denn die Konfrontation zwischen Harrys Gruppe und den Riesen kam mit jedem stapfenden Schritt der Riesen immer näher.
In diesem Moment ertönte ein leises Pfeifen über seinem Kopf, und flatternde Flügel über ihm erregten seine Aufmerksamkeit. Gleichzeitig klapperte hinter ihm etwas an der Felswand. Die Eule, die ihm gerade einen Brief vor die Füße warf und dann mit einem lauten Schrei in die Richtung verschwand, aus der sie gekommen war, nahm Dustin Metamorphosis nur am Rande wahr.
Der Steinschmelzling, den er aus Potters Zelt gestohlen hatte, hatte sich aus seinem Käfig befreit und den Sack, in dem der Käfig gesteckt hatte, durchgebissen. Gerade schmolz er eine neue Höhle in den Berg und versuchte so zu entkommen.
Metamorphosis beschwor eine Kette herauf und legte sie dem unförmigen und grauen Ding mit den runden, malmenden Zähnen und den riesigen, blauen Augen um den Hals. Er befestigte die Kette provisorisch an seinem Gürtel und hob dann den Brief auf, den ihm die Eule gebracht hatte. Er war magisch versiegelt und mit "D.M." adressiert. Er legte seinen Daumen auf den magischen Verschluss und faltete das Papier auseinander, dann las er:
"Dustin,
Wo bist Du? Wenn Du nicht langsam die verzauberten Eier zurückbringst,
bekomme ich wirklich Ärger. Der Zaubereiminister verlangt einen Bericht,
und die Abteilungsleiter der Mysteriumsabteilung werden langsam nervös,
weil unsere transportablen Zauber entweder gar nicht funktionieren, extreme
Nebenwirkungen zeigen oder gleich ganz verschwunden sind.
Ich weiß, dass Du Deinen Kindern ein Baumhaus bauen wolltest, die Bäume
in Eurem Garten dafür aber zu klein waren, aber ich brauche wirklich
dringendst die restlichen Wachstumszauber in Eiern zurück.
Am Montag sind die Sommerferien zu Ende. Ich erwarte also eine Nachricht
von Dir bis spätestens Montagmittag, wenn es geht natürlich früher.
Fourleaf Clover
Abteilung für Mysterien
Zaubereiministerium London"
Dustin Metamorphosis gab ein verächtliches Schnauben von sich. Dann kramte er in seinem Rucksack nach dem kupfernen Feuerzeug, das man nicht nachfüllen musste. Er setzte damit den Brief in Brand und zertrat die Aschereste zwischen den Kieseln zu seinen Füßen.
Fourleaf Clover, dieser alte Glückspilz, schien die Nerven zu verlieren. War einfach nicht belastbar, der Gute. Er würde sich um ihn kümmern müssen, wenn er wieder in London war. Er konnte einfach keine Mitwisser gebrauchen, und so jemand wie der gehörte einfach nicht in die Mysteriumsabteilung. Vielleicht würde er, Dustin, einfach Fourleafs Gestalt annehmen, um so voll und ganz hinter die Geheimnisse in dieser mysteriösen Abteilung zu kommen. Das war eine Überlegung wert.
Er hatte es ohnehin satt, als Aurorenlehrer zu arbeiten. In letzter Zeit schloss man ihn immer öfter von richtigen Auroreneinsätzen auf 'freier Wildbahn' aus. Er musste ja seinen Unterricht in 'fortgeschrittener Verwandlung und Animagie' vorbereiten. Und wofür das alles? Damit Schnösel, wie dieser Potter, der noch immer Probleme mit einem einfachen Animagus-Zauber hatte, einfach an ihm vorbeizogen und an ihm vorbei und über seinen Kopf hinweg Karriere machten in der Aurorenabteilung? Wenn der so weiter machte, dann war er bald Leiter der Aurorenzentrale. Nein, nein, das durfte nicht sein. Noch etwas, das es zu verhindern galt.
Und diesen Fourleaf Clover musste Dustin Metamorphosis in jedem Fall beseitigen, etwas das diese dummen, stumpfsinnigen Riesen gerade für ihn mit Harry Potter im Begriff waren zu tun. Obwohl es Zeit für ein dämonisches Lachen war, riss Dustin sich zusammen. Er schnappte sich den Steinschmelzling und kraulte ihn zwischen den – Ja, was waren diese vier Auswüchse auf seinem Kopf eigentlich? Ohren? – Dingern auf dessen Schädel. Dann hockte er sich hinter einen Baum und beobachtete im frühen Morgenlicht, wie es unten im Tal mit Harry Potter und dem Menschenauflauf, den er mal wieder um sich versammelt hatte, und vor allem den Riesen weiter ging.
In der Gruppe um Harry und die Hobbydramatiker war derweil Hektik wenn nicht gar leichte Panik ausgebrochen. AB hatte imüll, Ellen SAN und brösel Deatheater gepackt, die alle drei noch immer sabbernd und verträumt auf den Schokokussbaum starrten. Neville stütze Ron, der zwar nicht mehr von Süßigkeiten fantasierte, dafür aber andere, herzhaftere Wahnvorstellungen zu entwickeln schien. "Bratensoße!" murmelte er benommen vor sich hin. "Königsberger Klopse!"
Der Kobold namens Rubak hatte die ganze Zeit versucht, sich unbemerkt aus dem Staub zu machen, bis Hagrid ihn sich gegriffen und unter den Arm geklemmt hatte.
Harry starrte immer wieder zum hohen Horizont und den riesigen Gestalten, die immer näher und näher kamen. Den Rückweg zum Lager und zum versteckten Zelt hatten sie ihnen abgeschnitten. Jeden Fluchtweg, den sie nun einschlugen, würden die Riesen sofort entdecken, da langsam die ersten Sonnenstrahlen ins Tal hinein schienen. Harry drehte sich um sich selbst und wurde immer unruhiger.
Plötzlich brüllte er: "Flucht ist sinnlos! Versucht nicht, wegzulaufen! Und geht in Deckung, wenn sie Steine aufheben oder anfangen, Bäume auszureißen! Und bleibt zusammen!" Isa und SanOs sahen sich zweifelnd an. Waren das wirklich klare Anweisungen, die der Held der Zaubererwelt hier gerade erteilte?
Der Erdboden erzitterte. Eine der riesenhaften Gestalten nahm Anlauf und landete nur wenige Meter von der Gruppe entfernt. "Lauft! Lauft! Lauft!" brüllte Harry nun plötzlich, doch alle Anwesenden, egal ob Zauberer, Hobbydramatiker oder Halbriese, waren entweder zu entsetzt oder zu benommen, um zu fliehen.
"NICH' LAUFEN!" erklang da eine bekannte Stimme. "HAGGA UND FREUNDE BLEIB'N!"
Hagrid fasste sich als erstes. Er drückte Harry den zappelnden und um sich boxenden Rubak in die Arme und stürmte auf den nächsten Riesen los. Es war Colgatha, die Riesin, und auf ihrem Rücken saß Huckepack, Grawp, Hagrids kleiner Halbbruder. Colgatha ließ einen freudestrahlenden Grawp runter, und dieser stapfte mit ausgebreiteten Armen auf Hagrid zu. Er hob den Wildhüter vorsichtig hoch und tätschelte ihm den haarigen Kopf mit dem Daumen.
"COLGATHA GURGIN. COLGATHA FREUND VON GRAWP. RIESEN FREUNDE VON GRAWP. GRAWP FREUND VON ZAUBERERN. RIESEN FREUNDE VON ZAUBERERN."
Hagrid lachte vergnügt.
Die übrigen Riesen waren inzwischen auch angekommen und hatten sich vorsichtig die winzigen Menschlein gegriffen und sie auf ihre Schultern gesetzt. Sie trugen sie mit sich in ihr rohes und ursprüngliches Dorf im Nachbartal, platzierten sie um ein großes Feuer und versorgten sie mit einem Frühstücksbrei aus Früchten und Nüssen.
Isa und brösel sahen sich ratlos an. Sollte es tatsächlich so einfach sein, Frieden mit den Riesen zu schließen und freundschaftliche Kontakte mit ihnen aufzubauen? Damit hatten sie nun wirklich nicht gerechnet. Zumindest nicht so schnell. Die restlichen Hobbydramatiker sahen genauso zweifelnd aus, zuckten mit den Achseln und verstanden sich gleichzeitig untereinander ohne Worte.
Und noch jemand wunderte sich über diese schnelle und teilweise unerwartete Wendung. Dustin Metamorphosis, untreuer Auror und Lehrkraft für fortgeschrittene Verwandlung und Animagie, fluchte minutenlang vor sich hin und stampfte wütend mit dem Fuß auf. ER hatte alles mit angehört, den großen "Friedensschluss" beobachtet. Potter hatte es wieder geschafft, hatte mal wieder mehr Glück als Verstand gehabt. Potter, Potter, Potter. Alles drehte sich nur um Potter. Alles fiel ihm zu. Alles gelang ihm. Wenn es damals im letzten Kampf gegen Du-weißt-schon-wen genauso gewesen war, dann wunderte ihn gar nichts mehr.
"Nanu", erklang da plötzlich eine Stimme ganz in der Nähe. "Wer bist Du denn? Und was hast Du mit Brandon Muse gemacht?" Rubak, dem Kobold, war es in der allgemeinen Zauberer-Riesen-Verbrüderung letztendlich doch gelungen, sich unbemerkt aus dem Staub zu machen. Er hatte auf dem nahen Berghang eine leichte Bewegung ausgemacht und angenommen, dass es sich bei diesem kleinen, dunklen Punkt um seinen Komplizen handelte, mit dem er durch die Berge gewandert war, um den Riesen die verzauberten Eier zu übergeben, und dem er den Tipp gegeben hatte, wo Potters Zeltlager zu finden war.
Aber der Zauberer, der hier fluchend vor ihm stand, war nicht der Mann und bekannte Dieb, dem er geholfen hatte, und den er die Geschenke hatte stehlen sehen. Die beiden hatten zwar die gleiche Größe, trugen auch die gleiche Kleidung, aber das Gesicht dieses Mannes war ein anderes, auch wenn für Rubak ein Zauberer im Großen und Ganzen aussah wie der andere.
"Ach, halt doch die Klappe, Du kleiner Idiot!" polterte Metamorphosis. "Du hast ja keine Ahung!" Dieser Mann hatte sogar die gleiche Stimme wie dieser Muse.
Dustin knurrte vor sich hin. Ihm war es egal, dass er nun wieder seine wahre Gestalt angenommen hatte. Er wusste nicht einmal mehr, wie er den Kobold hatte täuschen wollen, als er Brandon Muses Gestalt angenommen hatte. Das alles war nun vollkommen sinnlos. Seine Pläne waren gescheitert. Er musste jetzt nach London zurückkehren und neue schmieden. Fourleaf Clover in der Mysteriumsabteilung ersetzen, das klang doch immer vernünftiger und erfolgsversprechender. Und dann würde er Methoden oder sogar Gegenstände finden, die einen neuen Krieg zwischen Zauberern und Riesen entfachen konnten.
Aber zuerst brauchte er dringend eine Zigarette. Er kramte in seinem Rucksack und beförderte eine fast leere Packung Tabakware zu Tage. "Sie sind Brandon Muse, oder?" fragte Rubak ungeduldig. "Irgendwie jedenfalls." Und als kein Widerspruch kam: "Dann will ich jetzt augenblicklich die ausgemachte Bezahlung. Oder irgendwas, das man als Bezahlung bezeichnen könnte!"
Metamorphosis ignorierte ihn, obwohl er die ganze Zeit vor sich hin zeterte. Er nahm das magische Feuerzeug zur Hand und zündete damit gedankenverloren seine Zigarette an. Er inhalierte tief und stieß den Rauch in dicken Kringeln aus. Dabei spielte er unbewusst mit dem kupfernen Feuerzeug.
Und dann war es passiert. Ohne es so recht zu bemerken, hatte er den verborgenen Knopf auf der Unterseite des magischen Metalldings gedrückt.
"Hallo?" erklang eine weit entfernte und blecherne Stimme, die klang wie aus einem langen, hohlen Ofenrohr.
"Hallo?" antwortete Metamorphosis reflexartig und verfluchte sich gleichzeitig für diese unüberlegte Antwort.
"Potter?" fuhr die scheppernde Stimme fort. "Harry Potter? Sind Sie das? Sind Sie im Lager der Riesen? Können wir mit dem Gurg sprechen?"
Dustin war vollkommen verwirrt. "Ich… nein… ich bin nicht… ich… hier nicht…", stammelte er vor sich hin. Das Feuerzeug war ihm aus den Fingern geglitten und auf dem Kieselsteinboden gelandet. Es reflektierte in seiner rötlichen Oberfläche die Morgensonne und schien ihn höhnisch anzufunkeln. Noch hatte er es nicht als Quelle der Stimme ausmachen können, hielt sich aber dennoch instinktiv davon fern.
"Sie sind nicht Potter!" stellte die unbekannte Stimme kurz und bündig fest. "Und Sie sind auch kein Riese. Was auch immer da los ist, ich schicke Unterstützung!"
Und in diesem Moment erkannte Metamorphosis die Stimme. Es war niemand anderes als der Zaubereiminister höchst persönlich. Panik ergriff den untreuen Aurorenlehrer. Hektisch raffte er alles zusammen, was um ihn herum verstreut lag. Dabei entwischte ihm der Steinschmelzling, der die Gelegenheit ergriff, sich auf einen unerreichbaren Felsvorsprung zu flüchten und sich binnen kurzer Zeit einige Meter tief ins Gestein zu schmelzen und zu fressen. Dabei lösten sich einige Brocken und prasselten auf Dustin und Rubak hinunter, genau in dem Moment, als Metamorphosis den Kobold am Knöchel gepackt und wie in einem Schraubstock festgehalten hatte. Wenn er schon untergehen sollte, dann wenigstens nicht allein. Ein Gesteinsbrocken traf den Zauberer an der Schläfe, und ihm wurde schwarz vor Augen.
Als er wieder zu sich kam, standen zwei undeutliche Gestalten über ihm und dem Kobold, der viel zu nah neben ihm lag. Metamorphosis blinzelte. Der Schleier vor seinen Augen verschwand, und er erkannte den Zauberereiminister und den Leiter der Aurorenzentrale, seinen direkten Vorgesetzten.
"Dustin Metamorphosis?" brummte einer der beiden. Wer, war ihm inzwischen vollkommen egal. Er starrte an ihnen vorbei in den herrlichen Sommermorgenhimmel. Nur ganz vereinzelte, weiße Schäfchenwolken zogen darüber hinweg. Hatte er nicht eins von diesen Wachstumseiern zurückbehalten? Wenn er wieder zu Hause war, würde er es in irgendeinem Garten öffnen, um irgendeinen Baum zum Wachsen zu bringen, um irgendeinem Kind darin ein Baumhaus zu bauen, denn selber hatte er nie einen Garten, geschweige denn Kinder gehabt.
"Können Sie mir sagen, was Sie hier zu suchen haben? Dustin, ich rede mit Ihnen! Was machen Sie hier mit diesem magischen Feuerzeug und Kommunikationsgerät? Und was machen Sie hier mit diesem Kobold und den streng geheimen eingeschlossenen Zaubern in Eierschalen aus der Mysteriumsabteilung?"
Dustin grinste nur. Er wollte nur noch die Augen schließen und passieren lassen, was passieren sollte.
"Da ist wohl eine intensive Untersuchung fällig!" Das war nun eindeutig wieder der Zaubereiminister. "Nehmen Sie die beiden mit zurück ins Ministerium, und verhören Sie sie ausführlich. Ich mache mich derweil auf die Suche nach Potter und seinen Leuten."
Dann fühlte Dustin Metamorphosis, nun bald ehemaliger Auror und ehemaliger Lehrer für fortgeschrittene Verwandlungen und Animagie, sich gepackt und in wirbelnden Kreisen bis ins ferne London seit-an-seit-appariert.
Und was wurde aus den Hobbydramatikern?
Der Zaubereiminister fand Harry, Ron, Neville und Hagrid sowie AB, brösel, Deatheater, Ellen, Ermelinda, imüll, Isa, SAN und SanOs schließlich im Lager der Riesen. Er übergab der Gurgin, wie geplant, das magische Feuerzeug und erklärte ihr bei einem Humpen Gänsewein seine Funktionsweise. Dann am Ende eines langen Tages voller Feierei und ausgelassener Fröhlichkeit führte er eine kleine Gruppe der Riesen an den Schokokussbaum, den diese als zusätzliches Geschenk dankbar annahmen. Nur den kleinen Steinschmelzling, dieses äußerst seltsame und äußerst seltene Tier mit den steinerweichenden Fähigkeiten, sahen sie nicht wieder.
Nach einem, vor allem auf Hagrids Seite äußerst tränenreichen Abschied von den Riesen, hatte sich Grawp doch entschlossen wenigstens vorerst bei seiner neuen Gefährtin Colgatha zu bleiben, fanden sich Harry und die Hobbydramatiker allein in der Nähe der Höhle wieder, an und in der diese Geschichte begonnen hatte.
Gerade noch hatten sie Hagrid beobachtet, wie er mit dem fremden Hippogreif durch die Luft in Richtung Hogwarts aufgebrochen war, schon standen sie sich wortlos in einem kleinen Kreis gegenüber.
"Und was passiert jetzt?" brach Isa die Stille. "Was genau sollten wir nun eigentlich hier? Und was genau war noch mal diese Suche?"
"Stimmt", pflichtete brösel ihr bei, "irgendwie war schon alles da, wo es sein sollte, und musste nicht mehr gesucht oder gefunden werden. Außerdem wäre alles, was passiert ist, auch passiert, wenn wir nicht da gewesen wären."
"Aber schön war 's schon im Potterversum, mal wieder", schmunzelte Deatheater. Die anderen stimmten ihm zu.
"Und wenn wir doch noch etwas hier bleiben?" fragte SanOs. "Ich hätte da immer noch meine Verabredung in London."
Harry ging dazwischen, bevor noch weitere Wünsche in dieser Art laut werden konnten. "Genug jetzt!" sagte er. "Ihr verwirrt mich, ihr Zaubermuggel, oder was auch immer ihr sein mögt. Es wird Zeit für Euch, zurück und nach Hause zu gehen. Außerdem hat das magische Transportwesen diesen ganz speziellen Portschlüssel für Euch in der Höhle da drüben entwickelt."
Die neun Hobbydramatiker seufzten. Ja, vielleicht war es wirklich das Beste, wenn ihr Abenteuer jetzt hier endete. Sie folgten Harry in die Höhle, entdeckten zunächst aber keine Spur eines Portschlüssels.
"Und was genau müssen wir jetzt anfassen, damit wir wieder nach Hause kommen?" fragte Ellen etwas irritiert, denn eigentlich suchte sie gerade nach ihrer Zahnbürste, die sie hier irgendwo zurückgelassen haben musste. Sie war nagelneu gewesen, und sie hätte sie erst in einem Monat oder so ausgewechselt.
"Es ist eher eine Portpfütze", verkündete Harry und zeigte mit seinem Zauberstab auf den Boden. Dort schimmerte eine Wasserlache und warf, obwohl es relativ dunkel in der Höhle war, helle Reflektionen an die Steindecke. AB beugte sich über die Pfütze. Sie erkannte darin nicht ihr eigenes Spiegelbild sondern grüne Landschaften, Felder, Wälder, Straßen, Städte und Dörfer, die darin vorbei zu gleiten schienen. Und immer wieder verhüllte etwas diesen Ausblick, etwas, das aussah wie … WOLKEN!
"Also", AB räusperte sich, "ich weiß ja nicht, wie das mit Euch ist, aber ich bin noch nie mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug gesprungen, aber das da in der Pfütze sieht mir genau wie das aus, was man sieht, bevor man sich in die Tiefe stürzt."
"Ein Fallschirmsprung?" fragten imüll und SAN aufgeregt. "Cool!"
"Ich glaube nicht, dass es so werden…" begann Harry Potter einen Satz, den er jedoch nicht zu Ende bringen konnte, denn die Zwillinge hatten sich an die Hände genommen und waren mit einem lauten Freudenschrei in die Pfütze gesprungen und verschwunden. Schon war die Oberfläche der Wasserlache wieder völlig ruhig und zeigte wieder Bilder von vorbeiziehenden Landschaften.
"Und sie sind jetzt auch wirklich da, wo sie sein sollten?" fragte Ellen zweifelnd, doch dann sah sie ihr eigenes Zuhause von oben, kniff kurz entschlossen die Augen zu, presste sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenflügel zusammen und trat einen Schritt nach vorne.
Eine Hobbydramatikerin nach der anderen trat nun ihren ungewöhnlichen Heimweg an. "Schade um die Zauberstäbe!" sagte Ermelinda noch, bevor sie Hinterteil voran, in die Pfütze kletterte. "Ich habe wirklich gern gezaubert. Wird mir fehlen, irgendwie."
Übrig blieben einzig und allein Deatheater und Harry Potter. "Ich habe Höhenangst", erklärte Deatheater ruhig, Harry nickte. "Ich bin noch nie geflogen", fuhr er fort. Harry nickte wieder. "Und im Leben würde ich niemals freiwillig so etwas wie einen Fallschirmsprung…"
Weiter kam er nicht, und auch Harry kam nicht mehr zum Nicken, denn er hatte dem Hobbydramatiker einen Stoß gegeben, sodass dieser in die Pfütze hineingestolpert war. "Sieht man sich wieder?" schallte es noch durch die Höhle bevor auch die letzte Haarspitze seines Kopfes verschwunden war.
"Wer weiß", murmelte Harry. "Eines Tages sieht man sich vielleicht wieder."
Dann machte er sich auf seinen eigenen Heimweg. Er wurde erwartet in London, und zwar von dem größten Geschenk, das er jemals in seinem Leben bekommen hatte. Und dieses Geschenk hieß Ginny.
--- THE END ---
[first published February, 26th – March, 14th 2010]
