Es war einmal...

Als Anfang August 2007 der siebte und damit letzte Band einer Buchreihe der berühmten Joanne K. Rowling über einen gewissen Zauberlehrling namens Harry Potter erschienen und endlich gelesen war, traf sich im frisch errichteten Kundendiskussionsforum auf amazon.de eine Gruppe von mehr oder weniger erwachsenen Menschen, um sich über das Werk auszutauschen, und schließlich, weil keiner so recht glauben wollte, dass es vorbei sein sollte, aus eigener Kraft eine bis drei Fortsetzungen zu schreiben.

Schon bald spaltete sich aus dem Hauptschreiberfeld eine kleine, aber äußerst feine Splittergruppe ab, die sich fortan "Die Hobbydramatiker" nannte. Und als es den "Hobbydramatikern" mal wieder zu langweilig wurde, entstanden die hier neu veröffentlichten "Neuen und unglaubwürdigen Schandtaten der Hobbydramatiker". Zunächst nur auf die Länge eines Posts bei amzon.de beschränkt, entwickelten sie sich schnell zu wahren Kurzgeschichten voller Nonsens und Humor aber auch tragischer Momente, die den Lesern hoffentlich genauso viel Spaß beim Lesen bringen wie uns beim Schreiben. Über Kommentare würden wir uns sehr freuen.

Die Schandtaten:

23.3. – 3:23 Uhr (1) Allerhöchste Geheimstufe (1) Angriff der Bomische (1) Die Auferstehung (1) Die Silberhochzeit (1) Die Suche (1) Die Winterverschwörung (1) Dursleys Reloaded (1) Ein Junge überlebt - etwas anders (1) Ein Schweinchen namens Dudley (1) Ein tierisches Abenteuer (1) Feenwettstreit (1) Freitag der 13. (1) Harry Potter und das Vermächtnis der Hobbydramatiker (11) Harry Potter und der verrückte Fan (1) Harry Potter und die Weihnachtsbäckerei (1) Hogwarts Hüte und Hauselfen (1) Jahrestage (1) Kurz und schmerzlos (1) LA VIE EN ROSE (1) Nachwuchs (1) Schadtat Nr. 33 - Jahrestag (1) Schandtat Numero 01 (1) Schandtat Numero 02 (1) Schandtat Numero 03 (1) Schandtat Numero 04 (1) Schandtat Numero 05 (1) Schandtat Numero 06 (1) Schandtat Numero 07 (1) Schandtat Numero 08 (1) Schandtat Numero 09 (1) Schandtat Numero 10 (1) Schandtat Numero 11 (11) Schandtat Numero 12 (1) Schandtat Numero 13 (1) Schandtat Numero 14 (1) Schandtat Numero 15 (1) Schandtat Numero 16 (1) Schandtat Numero 17 (1) Schandtat Numero 18 (1) Schandtat Numero 19 (1) Schandtat Numero 20 (1) Schandtat Numero 21 (1) Schandtat Numero 22 (1) Schandtat Numero 23 (1) Schandtat Numero 24 (1) Schandtat Numero 25 (1) Schandtat Numero 26 (1) Schandtat Numero 27 (1) Schandtat Numero 28 (1) Schandtat Numero 29 (1) Schandtat Numero 30 (1) Schandtat Numero 31 (1) Schandtat Numero 32 (1) Schandtat Numero 33 (1) The Irish Ways or How to handle a Leprechaun (1) Und nichts als die Wahrheit... (1) Urlaub auf dem Bauernhof (1) VerRückt und duchgeKNALLT? (1) Was wäre wenn ??? (1) Wie Ron Weasley Asmodeus traf… (1) Wohl bekomm's (1)

Sonntag, 27. November 2011

Harry Potter und die Weihnachtsbäckerei

Schandtat Numero 27

Nach dem Ende der Schulzeit in Hogwarts und dem Sieg über den Dunklen Lord sah man die alten Schulfreunde einfach viel zu selten, fanden Hermine und Ginny. Also beschlossen sie, eine neue Tradition ins Leben zu rufen. Von nun an wollten sie sich alljährlich einmal in der Adventszeit mit möglichst vielen ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschülern zum gemeinsamen Backen treffen.

In diesem Jahr waren sie heimlich in ein leerstehendes Muggelhaus in der Nähe von London eingedrungen. Ein bisschen Nervenkitzel gehörte schon dazu, fanden die beiden. Und es waren auch schon einige Freunde und Bekannte um den freistehenden Tisch in der Mitte der Küche versammelt.

"Backen?!" seufzte Ron und verzog missmutig das Gesicht, was ihm einen Knuff von Ginny einbrachte.

"Genau! Wir backen Kekse und Plätzchen und kleine Kuchen, eben alles, was man in der Vorweihnachtszeit so gerne isst!" verkündete Hermine fröhlich und stellte eine große Rührschüssel auf den Tisch. "Weiß jemand ein gutes Rezept? Harry?"

Harry Potter wirkte kaum weniger genervt als Ron und murmelte vor sich hin: "Musstet ihr unbedingt meinen Namen auf die Einladung zur Weihnachtsbäckerei schreiben? Was sollen denn die Freunde von mir denken?"

"Dein Name zieht eben immer noch!" grinste Ginny mit einem zuckersüßen, aber falschen Lächeln, und verpasste nun auch ihm einen leichten Stoß in die Seite.

"Was ist denn nun mit einem Rezept, Harry? Vielleicht eins aus Deiner Kindheit?" ließ Hermine nicht locker. "Bei den Dursleys gab es wenig Selbstgebackenes!" grummelte Harry. "Nur Ungesundes aus der Plastiktüte!"

"Und hat es uns geschadet?" ertönte eine tiefe Stimme von der Tür zum Esszimmer her, die klang, als hätte jemand eine Kartoffel im Mund, während er sprach. Es war Dudley Dursley, der gerade eine Hand voll Kartoffelchips in sich hinein stopfte.

"Warum musstest Du den da eigentlich mitbringen?" flüsterte Ron Harry mit einem Kopfnicken in Richtung seines Cousins zu.

"Stand plötzlich vor unserer Tür", erwiderte Harry. "Wollte wissen, wie es mir geht, und ob ich in letzter Zeit mal wieder Dementoren getroffen hätte."

"Also ich mag gern Zimtsterne", verkündete Luna Lovegood und malte Bilder davon mit einem Projektionszauber an die Küchendecke. "Aber ich habe keine Ahnung, wie man die macht."

Percy Weasley war auch da. Nervös warf er immer wieder Blicke durch Türen und Fenster. "Und ihr seid sicher, dass wir hier nichts Illegales machen? Einfach so in ein Muggelhaus eindringen. Wer wird denn hinterher hier alles wieder sauber machen? Und was wenn das Ministerium erfährt, dass wir…"

Ginny verteilte ihren dritten Knuff an diesem Nachmittag großzügig an ihren größeren Bruder. "Percy! Die erste Regel der neuen Weihnachtsbäckerei-Tradition lautet: Kein Wort über die Arbeit!" Ihr Lächeln wurde immer breiter und falscher und erinnerte Harry allmählich an die gebleckten Zähne eines Haifischs.

"Nun kommt mal alle etwas näher heran!" flötete Hermine, die permanent durch die Küche wuselte und Eierkartons und Mehltüten bis zum großen Tisch in der Mitte des Raumes balancierte. "Neville, kommst Du? Wie sieht es nun aus mit den Rezepten? Jemand eine Idee? Wer kommt denn eigentlich noch alles? Ginny, Du hast doch die Zusagen gelesen und sortiert."

Und Ginny, die gerade damit beschäftigt war, ihren Bruder George und seine neue Freundin, die sie alle noch nicht wirklich gut kannten, in die Küche zu schieben, begann mit ihrer Aufzählung.

Und während Ginny fröhlich Name um Name herunterrasselte, schweiften Harrys Gedanken ab, zu etwas, von dem er sich heute noch nicht sicher war, ob es ein Traum oder eine Vision gewesen war. Und davon erzählt hatte er erst recht niemandem! Womöglich hätten sie ihn in die geschlossene Abteilung des St. Mungos' Krankenhaus eingeliefert, wenn er ihnen damals vor ihrem Sieg über die Dunkle Seite erzählt hätte, dass er Lord Voldemort, Lucius Malfoy, Severus Snape, Bellatrix Lestrange und einen Haufen anderer Todesser ausgerechnet beim Plätzchenbacken hatte beobachten dürfen !!!

Es war in einer großen Küche gewesen, vielleicht in der Villa der Malfoys. Und der Dunkle Lord hatte mit einer umgebundenen, rot-geblümten Schürze mit Rüschen am Latz und rund um den Saum am Herd gestanden und genüsslich Teig von einem großen Holzkochlöffel geschleckt.

Bellatrix Lestrange war mit mürrischem Gesicht und missmutigen Schnaufern um ihn herumgeschlichen und hatte schließlich gemurmelt: "Mein Lord, haben wir nichts Besseres zu tun, als Plätzchen zu backen? Sollten wir nicht lieber ein paar Muggel quälen oder so was?"

"Schweig' still!" hatte Lord Voldemort gedonnert. "Auch ein Dunkler Lord hat ein Recht auf seine vorweihnachtlichen Vanillekipferl mit einer Extraportion Puderzucker!" Fast hatte Harry ein Schniefen aus seiner Stimme herausgehört, hätte er es nicht besser gewusst. "Sie werden es noch bereuen, dass sie mich damals im Waisenhaus nie haben mitbacken lassen!"

"Hey, Harry? Wo bist Du mit Deinen Gedanken?" Jemand rüttelte Harry an der Schulter und brachte ihn in die Gegenwart zurück. Es war Ginny, die ihm auch sogleich eine Schale mit einem halben Dutzend ungeschälter Eier in den Arm drückte. "Kannst Du die mal aufschlagen?"

Harry war verwirrt. Was sollte er schlagen? Wen?

"Und lass Dir von Neville dabei helfen", fügte Ginny hinzu, "der sitzt schon seit fast einer Stunde im Wohnzimmer vor diesem schwarzen Kasten, den Dein Cousin Dudley mitgebracht hat. Und da kommen wirklich merkwürdige Tierlaute raus aus dem Teil, wie von einem Bauernhof oder so." Damit war sie auch schon wieder im Getümmel in der Küche verschwunden.

Harry ging mit seinen Eiern hinüber zu Neville Longbottom, der auf den Bildschirm eines Laptops starrte. Aus den verborgenen Lautsprechern des tragbaren Computers muhten tatsächlich Kühe, gackerten Hühner und wieherten Pferde.

"Was machst Du da?" fragte Harry den alten Freund und stellte die Schale mit den Eiern auf dem Couchtisch ab.

Neville schreckte hoch und wirkte merkwürdig ertappt. "Dein Cousin hat mir seinen Klapprechner eingeschaltet und mich mit dem Zwischennetz verbunden, oder so. Und da gibt es dieses Spiel, bei dem man seine eigene Farm hat, mit Tieren und Treckern und Getreide und allem. Macht fast schon süchtig!"

"Das ist doch nur wieder eins von Dudleys Spielzeugen!" sagte Harry und warf einen skeptischen Blick auf die bunten Bilder auf dem Bildschirm. "Ich glaube, wir sollten lieber beim Backen helfen. Die anderen kucken schon komisch."

"Aber ich muss noch die Tiere füttern und die Wassermelonen ernten!" protestierte Neville. "Ein paar Fahrzeugteile fehlen mir auch noch. Und ich habe schon drei Mystery-Eier gefunden, aber ich habe einfach zu wenig Nachbarn!"

Inzwischen waren auch Padma Patil und ihre Zwillingsschwester Parvati Creevey mit ihrem frisch angetrauten Gatten Dennis eingetroffen. "Weihnachtsbäckerei! Was für eine entzückende Idee!" säuselte Parvati und herzte und drückte ihren frischgebackenen Ehemann.

Padma drängte sich, angewidert und offensichtlich abgestoßen von dieser öffentlichen Turtelei, vielleicht auch etwas neidisch und eifersüchtig auf die beiden, weil sie noch keinen Mann gefunden hatte, an ihnen vorbei in die Küche. "Backen wir auch mit Alkohol?" raunzte sie. "Wo ist denn der Kochsherry?"

"Backen wir auch mit Alkohol?" löste bei Harry erneute Erinnerungen an die Todesser-Vorweihnachtsbäckerei aus und damit an einen Severus Snape, der Lucius Malfoy eben diesen Satz zuraunte, bevor er zu einem besonders teuren - wie Malfoy ihm angesäuert zu zischte, was Snape allerdings nicht im geringsten zu beeindrucken schien - Whisky griff. Aber statt im Plätzchenteig landete eine großzügige Menge in einem Glas, an dem Snape dann immer wieder verstohlen aber genüsslich nippte.

Da schrillte eine Glocke durch das Haus und riss Harry abrupt aus seinen Träumen. Alle starrten sich verdutzt an.

"Wer ist das?" fragte Harry verstört.

"Die Klingel", erwiderte Dudley mampfend.

"Hier soll doch keiner wohnen", wandte sich Ron vorwurfsvoll an Hermine.

Da hörten sie seltsam schiefes Gesinge. George huschte zum Fenster. "Da stehen ein paar Kobolde mit so komischen, flackernden Dingern in der Hand", flüsterte er.

"Ach, nein", hauchte Luna, "das sind Kinder, keine Kobolde."

"Kinder?" fragte Ron verdutzt.

"Meine Güte", grunzte Dursley und kaute gierig. "Kennt ihr denn kein Laternensingen? Ihr seid wirklich vom anderen Stern. Fünf Tüten Süßigkeiten hatte ich damals immer zusammen."

"Plus die zehn Tüten, die Du anderen Kindern geklaut hast", murmelte Harry verärgert.

"Macht jetzt mal irgendwer auf und gibt denen was?" fragte Hermine. "Wir wollen hier weiter machen."

"Ähm, wer hat denn etwas, was wir abgeben können. Du, Dudley?" fragte Ron.

"Ähm, nö", mampfte der mit verdächtig braun schimmerndem Mund.

"Ich geh schon", grinste George und ging zur Tür. Er öffnete sie, und ein Pulk Kinder sang etwas von Martin und Mantel. Er verteilte etwas und schloss die Tür.

"Ich hoffe, das waren keine Kotzpastillen oder so was!" meinte Ginny.

"Nein", grinste George, "etwas viel Besseres!"

Draußen hörten sie ein kleines Mädchen aufkreischen: "Ihhh, warum schmecken diese komischen Erbsen nach Kotze?"

"Meine schmeckt wie Nasenpopel", krähte ein weiteres Mädchen.

"Und ich habe einen Geschmack im Mund, als hätte ich auf Babycreme gebissen!" grollte ein etwas größerer Junge.

"Berti Botts' Bohnen jeder Geschmacksrichtung?" fragte Ginny ihren Bruder. "Etwas Besseres ist Dir nicht eingefallen?"

Und George zuckte die Schultern.

"Das ist doch ein alter Hut!" verkündete draußen ein weiterer Junge. "Die Dinger heißen 'Bean Boozled' oder so ähnlich. Hat mein großer Bruder schon vor über einem Jahr zum Geburtstag geschenkt bekommen!"

"Sowas drehen die uns an?" fragte das Mädchen, das eine Bohne erwischt hatte, die nach Erbrochenem schmeckte. "Das ist nichts Süßes! Also geben wir ihnen Saures!"

Und im nächsten Augenblick prasselte ein wahrer Gewitterregen aus faulen Tomaten und matschigem Obst gegen die Außenwand des Muggelhauses. Und die kleinen Werfer zogen johlend und jubelnd weiter die Straße entlang zum nächsten Gebäude.

"Keine Ahnung, woher die diese Bohnen kannten!" wunderte sich George und kratzte sich am Hinterkopf, während Percy, der neben ihm aufgetaucht war, permanent stammelte: "Das kann alles nicht legal sein, nicht mal in der Muggelwelt!"

In der Küche raufte sich Hermine beinahe die Haare, denn sie hatten sich noch immer nicht auf ein Rezept geeinigt. Jeder manschte und rührte irgendwie vor sich hin, aber keiner wusste so recht, was zu tun war. Da trat Luna Lovegood vor und verkündete: "Wie wäre es mit etwas Magie? Wozu sind wir schließlich Hexen und Zauberer!"

Sie zückte ihren Zauberstab und murmelte einige unverständliche Silben - mit einem zweifelhaften aber äußerst durchschlagenden Erfolg.

In Harrys Kopf lief das Todesser-Weihnachtsspecial jetzt dauerhaft nebenher. Aber im Moment achtete sowieso keiner auf seinen leicht verschleierten Blick, da alle Augen auf das Ergebnis von Lunas Zauberei gerichtet waren. Auch bei Todessers hatte es plötzlich geklingelt, erinnerte Harry sich. Es hatte geklingelt, und alle sahen sich etwas ratlos an.

"Das war der Backofen, Mylady", verkündete da ein dünnes Stimmchen, welches einer Hauselfe gehörte. Sogleich eilte Narcissa Malfoy hoheitsvoll hin, um ein Blech voller Plätzchen heraus zu holen und sie nach einem Schlenker mit dem Zauberstab mit Stolz erhobenem Haupt den anderen zu präsentieren.

"Äh..., was soll das sein, Narcissa, Liebes?" wollte ihr Mann wissen.

"Das ist Slytherins Spezial-Spritzgebäck."

Nachdem Lord Voldemort einen genaueren Blick darauf geworfen hatte, strahlte er über das ganze Gesicht - was ziemlich gruselig aussah und nicht wenigen Todessern Schauer über den Rücken laufen ließ - und verkündete: "Schlangen mit grünem Zuckerguss !!! Narcissa, Du bist einfach genial !!!"

Dieses Lob trieb Narcissa Malfoy die Röte ins Gesicht, vor Stolz und ein wenig vor Verlegenheit.

Auch ihrer Schwester Bellatrix trieb es die Röte ins Gesicht, vor Eifersucht, bevor sie grün wurde vor Neid. Das musste sie überbieten! Harry konnte direkt sehen, wie es in ihrem geistig nicht ganz gesunden Hirn arbeitete. Nur Momente später schnappte sie sich einen Klumpen Teig, den sie mit Hilfe eines Zaubers ausrollte, dann - ein irres Grinsen im Gesicht - richtete sie ihren Zauberstab erneut auf den Teig und rief: "MORSMORDRE!"

Während die anderen sie leicht geschockt ansahen oder wahlweise auch auf die Plätzchen starrten, sah Bellatrix mit einem irren Funkeln in den Augen erwartungsvoll zu ihrem Herrn und Meister. Snape verschluckte sich währenddessen an seinem Schluck teuren Whiskys. Und Lucius Malfoy, der den Blick nicht von den Plätzchen nahm, klopfte ihm nicht gerade sachte auf den Rücken, sodass Snape ein Husten unterdrücken musste, um nicht die gespannte Stille zu durchbrechen und die Aufmerksamkeit des Dunklen Lords auf sich zu ziehen, was sicher keine gute Idee gewesen wäre, und daher rot anlief. Die Plätzchen sahen tatsächlich wie kleine Miniaturen des Dunklen Mals aus und waren sogar mit schwarzem Zuckerguss überzogen - oder was auch immer diese schwarze Masse sein sollte.

"Das sind aber auch keine Vanillekipferl!" protestierte Tom Vorlost Riddle, der sich selbst Lord Voldemort nannte, stopfte sich aber trotzdem mit dem schwarzen Zeug und Narcissas Schlangen die Backen voll.

"Harry! Harry! Tu' doch was!" Jemand rief seinen Namen. Und Potter dachte, aus seinen Tagträumen gerissen: "Warum eigentlich immer ich?"

In der Küche des Muggelhauses herrschte leichtes Chaos. Lunas Zauber hatte nicht nur eine dichte Wolke aus Mehl erzeugt und dafür gesorgt, dass nun einige Zutaten und Backutensilien in ständiger Bewegung und bunt durcheinander unter der Decke schwebten. Auch einige ehemalige Mitschüler hatte es erwischt. Dean Thomas kreiste mit rudernden Schwimmbewegungen dicht gefolgt von Lavender Brown immer rund um die Küchenlampe herum.

Hermine langte auf Zehenspitzen nach einem Schneebesen, der ihr gerade aus der Hand geflogen war. Nach einer Weile wurde es ihr zu bunt. Die zückte ihren Zauberstab, richtete ihn auf alle Gegenstände und Personen, die herumflogen, wo sie nicht hingehörten, und rief: "IMMOBILUS!"

Alles erstarrte in der Luft und sank dann umgehend mehr oder weniger sanft zu Boden. Dean Thomas landete halb auf Lavender, die aber nur albern kicherte und dann nieste, weil ihr das Mehl in die Nase gestiegen war. Dean aber rieb sich noch den ganzen Abend das schmerzende Hinterteil.

Und die ganze Zeit über lief Percy Weasley aufgebracht durch alle Räume des leerstehenden Muggelhauses in der Nähe von London. "Das kann doch alles nicht legal sein", murmelte er immer wieder. "Ich sollte nicht hier sein als Mitarbeiter des Ministeriums. Das geht hier doch nicht mit rechten Dingen zu. Wieso steht das Haus leer? Wo sind die Muggelbewohner? Warum sind noch alle Möbel da? Nicht mal die Eklektifizät haben sie abgestellt. Aber so was macht man doch, wenn man aus einem Haus auszieht. Man nimmt die Möbel mit und lässt die Eklektifizät abstellen!"

In diesem Moment klopfte es an der Haustür. Ein weiterer, ehemaliger Mitschüler war eingetroffen. Lee Jordon trat sich die Schuhe ab und schüttelte sich das Regenwasser aus dem Haar und wischte es von seiner Jacke. Draußen stürmte und regnete es in Strömen.

"Ihr seid wirklich nicht leicht zu finden!" erklärte er fröhlich und gab George die Hand, der ihn freudestrahlend begrüßte. "Ich habe noch jemanden mitgebracht!" sagte Lee.

Hinter ihm betrat ein Überraschungsgast das Muggelhaus, mit dem wohl niemand gerechnet hatte, am aller wenigsten Hermine. "Vicki!" kreischte sie auf und flog einem sichtlich verlegenen Viktor Krum direkt in die Arme.

In der Küche lief Ron Weasley, der gerade Lavender wieder auf die Beine geholfen hatte, rot an und sein Gesicht verfinsterte sich. "Was will der denn hier?" nuschelte er verstohlen zu Neville, der endlich den Laptop ausgeschaltet hatte und gerade versuchte, die ganze Sauerei auf dem Küchenboden wenigstens etwas zu säubern.

"Ah, Hermeeonee, genau die Frau, die ich suche!" Trotz der Verlegenheit über die Umarmung strahlte auch Viktor Krum über das ganze Gesicht. "Als ich Lee traf und er mir von eurer Weihnachtbäckerei erzählte, da musste ich einfach mit kommen. In Durmstrang war das einer der Höhepunkte im ganzen Schuljahr und wurde über Tage zelebriert. Teig herstellen, kneten, formen, ausstechen. Gutes Training für die Unterarmmuskulatur, die man ja braucht, wenn man sich im Quidditch-Kampf auf den Besen klammern muss." Wie zum Beweis streifte er sein Hemd ab und ließ nicht nur die Muskeln des Unterarms spielen. Lavender seufzte verzückt und auch Ginny und Hermine blickten fasziniert dabei zu.

Ron wurde noch eine Nuance dunkler im Gesicht. "Gib mal her den Teig", fauchte er Luna an. "Daran ist doch nichts Besonderes. Teig kneten kann schließlich jeder." Mit Elan knallte er den Teig auf den Tisch und begann darin zu kneten.

"Vorsichtig, Ron!" versuchte Luna ihn noch zu warnen. "Nicht diesen Teig! Da hat George gerade etwas hinein gezaubert."

Doch Ron ignorierte ihre Warnung und bearbeitete den Teig mit der ganzen ihm zur Verfügung stehenden Kraft und Wut. Schon nach einigen Minuten stand ihm der Schweiß auf der Stirn und die roten Haare hingen ihm strähnig ins Gesicht. Und der Teig gab eigenartige schlurfende und blähende Geräusche von sich.

Ron trat erschrocken einen Schritt zurück. Die klebrige und zugleich mehlige Masse hatte einen grünlichen Farbton angenommen und warf große, mit einer schmierigen Flüssigkeit gefüllte Blasen. Diese Beulen wurden prall und praller und platzten schließlich mit einem ekelerregenden Schmatzen auf. Ron lief eine eiter-farbene Schmiere das Gesicht herunter. Luna zuckte nur die Schultern und meinte: "Ich habe versucht, Dich zu warnen."

Aber der Teig entwickelte ein eigentümliches Eigenleben. Er breitete sich immer weiter auf dem Küchentisch aus und bespritzte alle umstehenden Bäckerinnen und Bäcker. Erste spitze Angst- und Entsetzensschreie waren zu hören.

Viktor Krum zog sich sein Hemd wieder über und rannte wild entschlossen in die Küche. "Das ist ein Fall für mich!" verkündete er. "Ich werde Euch beschützen!" Mit diesen Worten warf er sich auf die giftgrüne Teigmasse und verwickelte sie in einen erbitterten Ringkampf. Er wand und wälzte sich mit ihr vom Küchentisch über den Fußboden in Richtung Fenster. Mit einigen kräftigen Griffen und seiner beeindruckenden Unterarmmuskulatur presste er den Teig so klein wie möglich zusammen und bugsierte ihn durch das Küchenfenster, das er mit dem rechten Fuß geöffnet hatte, hinaus auf den Gehweg vor dem Haus. Dann sprang er mit einem gewagten aber eleganten Hechtsprung hinterher in den ungemütlichen Herbststurm.

Draußen zog er seinen Zauberstab aus der Gesäßtasche, zielte damit auf die zuckende Masse, die er so weit von sich geschleudert hatte, wie er konnte. "STUPOR!" donnerte er ihr entgegen. Der Teig zuckte noch einmal kurz, dann trocknete er von innen heraus aus und zerfiel zu Kekskrümelstaub.

Im Inneren des Muggelhauses klatschten die Besucher der vorweihnachtlichen Back-Party, vor allem die weiblichen, begeistert Beifall. Lavender Brown seufzte wieder und himmelte Viktor verzückter an denn je.

Doch George, der Krum zur Haustür wieder herein ließ, boxte ihm freundschaftlich auf die Schulter. "War doch nur ein kleiner Spaß!" meinte er mit einem breiten Grinsen über das ganze Gesicht. "Der Teig hätte schon keinem was getan! Aber Du musstest natürlich wieder den Helden spielen, was Vicki? Fast so, wie unser Harry, was?" Ja, Harry. Wo war eigentlich Harry?

"Man nimmt die Möbel mit und lässt die Eklektifizät abstellen!" - "Hä??" - Von den fleißigen Bäckern und Teig-Bekämpfern unbemerkt war Percy inzwischen in die Küche zurückgekehrt, immer noch kopfschüttelnd und vor sich hin murmelnd.

"Was redest du denn da für einen Blödsinn, Bruderherz?" fragte George. "Ich rede keinen Blödsinn", gab Percy beleidigt zurück. "Ich mache mir ernsthafte Gedanken, warum dieses Haus hier so unbewohnt ist. Vor allem die Frage der Eklektifizität muss umgehend beantwortet werden!"

"Eklektifizität ist ein Thema für Muggel-Physik-Stunden in Muggel-Schulen, an denen unfähige Muggel-Physik-Lehrer völlig unbegabte Muggel-Schüler unterrichten!" sagte Ginny und wollte sich wieder den Backzutaten auf dem Küchentisch zuwenden, hatte aber nicht mit Dudleys Reaktion gerechnet.

Der hatte beim Wort Eklektifizität plötzlich aufgehört, Kartoffelchips zu vertilgen, und bewegte sich mit für ihn absolut ungewohnter Geschwindigkeit auf den Küchentisch zu. "Du glaubst ja wohl nicht, dass ich keine Ahnung von Eklefitäz…, Elektrifirz…, Eklefekzität, oder wie auch immer ihr das nennt, habe?!" schnaubte er empört.

Ginny blickte Hermine an, und beide verdrehten die Augen. "Mein lieber Dudley", begann Ginny, wurde aber sofort unterbrochen. "Ich weiß das wohl! Nur weil ich eine normale Schule besucht habe und nicht so ein komisches Internat im Niemandsland, bin ich nicht dumm und unwissend!"

"Das behauptet ja auch niemand, Dudley", flötete Hermine. "Vielleicht bist Du ja dann so nett und kannst Percy beruhigen, der ja anscheinend sehr besorgt um den Zustand der Eklektifizität in diesem Haus ist."

"Ja, kann ich wohl sehr gut! Passt mal auf!" Dudley schob alle Backutensilien auf dem Tisch beiseite und begann, die Tischplatte mit Mehl zu bestäuben. Neugierig waren jetzt alle ehemaligen Zauberschüler näher gekommen und standen um den Tisch herum.

"Hä-ähm", räusperte sich Dudley. "Zunächst mal die Definition des Begriffes: Elektrizität (von griechisch ἤλεκτρον ēlektron 'Bernstein') ist der physikalische Oberbegriff für alle Phänomene, die ihre Ursache in ruhender oder bewegter elektrischer Ladung haben. Nicht-Muggel bedienen sich auch der Bezeichnung Eklektifizi-Dingsbums, die aber bisher keine Aufnahme in die Wissenschaft gefunden hat, da Nicht-Muggel so oder so nicht mit ihr umgehen können. Im heutigen Alltag ist Elektrizität im Sinne von elektrischer Energie unentbehrlich, was im Allgemeinen allerdings meist erst durch sogenannte Stromausfälle bewusst wird."

Die Hogwarts-Absolventen inklusive Viktor Krum starrten Dudley an wie damals, als sie zum ersten Mal Snape erblickten – mit einer Mischung aus Respekt und intuitiver Antipathie.

Dudley aber schien erst richtig in Fahrt zu kommen. "Die verschiedenen Phänomene der Elektrizität sind Gegenstand der Betrachtung in Teilen der Physik und der Chemie", fuhr er fort. "Meine persönlichen Lieblingsgebiete sind die Quantenelektrodynamik sowie die Thermo-, Pyro- und Piezoelektrizität." Mit dem Zeigefinger begann er jetzt, Buchstaben und Zahlen auf die Tischplatte zu schreiben und kompliziert aussehende Formeln zusammenzustellen.

"Nee, ne?! Das ist jetzt ja wohl nicht wahr!" rief Ginny. "Würdest Du bitte mal mit diesem Unsinn aufhören!"

"Nein, keinesfalls!" protestierte Percy. "Diese äußerst interessanten Ausführungen lassen weitgehende Schlüsse zu, warum dieses Muggelhaus unbewohnt, aber dennoch möbliert und…"

"Raus jetzt mit euch!" rief Ron dazwischen. "Hier, nehmt das mit", er drückte Percy eine Tüte Mehl in die Hand, "und unterhaltet euch sonst wo weiter! Die Platte des Tisches im Esszimmer ist sowieso viel größer, da kann Dudley dann noch viel mehr Formeln niederschreiben!"

Mit diesen Worten bugsierte er Dudley und Percy aus der Küche in das angrenzende Esszimmer, in dessen Mitte in der Tat ein großer Palisander-Esstisch stand, dessen polierte Oberfläche nur darauf zu warten schien, mit Mehl bestäubt und mit physikalischen Formeln beschrieben zu werden.

"Was ist denn mit Duddy-Matz passiert?" raunte Ron seiner Schwester zu. "Hat Harry nicht immer gesagt, er sei keine große, geistige Leuchte?" Ginny zuckte nur die Schultern und schüttelte unwirsch mit dem Kopf. Sie wollte jetzt nicht über Dudleys Geistesblitze nachdenken sondern endlich irgendetwas Leckeres backen. Das konnte doch nicht so schwer sein. Und wo war überhaupt Harry die ganze Zeit?

Nach kürzester Zeit staunte Percy nur noch Bauklötze über Dursleys hochwissenschaftliche Kenntnisse und Erklärungen. "Das habe ich alles nicht gewusst", stammelte er verblüfft. "Ich glaube, unser Vater hat Recht, wenn er immer sagt, die Muggel wären ganz schön erfindungsreich darin, sich das Leben ohne Magie lebenswert zu machen. Also, diese Elektrofizät ist echt ein Hit!"

"Was ist das hier?" wurden sie da von Padma Patil unterbrochen, die aus dem Wohnzimmer herüber gewankt war. Sie hatte nicht nur den Kochsherry entdeckt sondern auch eine kleine, silberne Scheibe von vielleicht zwölf Zentimeter Durchmesser in einer Plastikverpackung mit dem unbeweglichen Schwarz-Weiß-Bild eines jungen, schmusenden Pärchens in Jeanskleidung auf dem Deckel. Neben den beiden schicken, jungen Leuten stand der schnörkelige Schriftzug 'Kuschelrock'.

"Das ist eine CD", erklärte Dudley Dursley etwas erstaunt, dass ihn diese lang- und schwarzhaarige Schönheit angesprochen hatte.

"Und was ist das?" fragte Padma mit schwerer Zunge, wobei sie die Silberscheibe aus ihrer Hülle löste und an dem Loch in der Mitte um ihren Zeigefinger kreisen ließ.

"Soll ich es Dir zeigen?" japste Dudley atemlos. Der halbwegs intelligente Ausdruck, den die Elektrizität auf sein Gesicht gezaubert hatte, war verflogen. Padma nickte eher gleichgültig mit dem Kopf, ließ sich dann aber von Dudley zurück ins Wohnzimmer führen. Percys aufsteigenden Protest, er wolle noch mehr über diese geladenen Teilchen wissen, ignorierten sie.

Und so dauerte es nicht lange, bis Dudley die Stereoanlage eingeschaltet und die CD eingelegt hatte. Sobald die ersten Takte der Musik erklangen, sank Padma Patil seufzend in seine Arme und sie begannen einen engen Klammerblues zu tanzen. Dazu ließ die bärige Stimme eines schwarzen Sängers namens Barry White den Fußboden im Wohnzimmer mit seiner bassigen Tiefe erbeben, während er ein Lied namens 'Can't Get Enough Of Your Love, Babe' aus den Lautsprechern brummte.

Und die ganze Zeit über saß Harry Potter träumend in einer Sofaecke und starrte mit glasigem Blick Löcher in die Luft.

"Minze!" Das Lächeln des Dunklen Lords wurde immer breiter und verzückter und damit zugleich unheimlicher. "Deine Dunklen Male schmecken nach Dunkler Schokolade und Pfefferminze, Bella. Zartbitter mit Minze, wie After Nine!"

Harry leckte sich die Lippen und murmelte geistesabwesend: "Ich will auch ein Dunkles Mal!"

Ginny, die endlich Harry auf dem Sofa entdeckt hatte, verstand seine Worte wegen der durch das Wohnzimmer dringenden Säusel-Musik nicht richtig und fragte sich, was sie bisher falsch gemacht hatte, wenn Harry den Wunsch äußerte: "Ich will auch im Dunkeln mal!"

"Aber Harry", kicherte sie verlegen und fuhr ihm durchs zerzauste Haar, während sie sich neben ihn auf das Sofa fallen ließ. "Doch nicht vor all diesen Leuten! Oder soll ich die wegschicken und Deinen Cousin bitten, die Elektifizität abzuschalten?"

"Was?" zerstreut fuhr Harry aus seinen Tagträumen hoch, immer noch mit dem Geschmack von Pfefferminz auf den Lippen. Entgangener Minze, wohlgemerkt. "Ich habe keinen blassen Schimmer, wovon Du da sprichst, Ginevra. Aber wir sollten unbedingt Kekse mit Zartbitterschokolade und Pfefferminze backen, aber ganz fix!"

Mit diesen Worten erhob sich Harry vom Sofa und eilte in die Küche, um sich sogleich diesem hochwichtigen Projekt zu widmen. Ginny saß weiterhin auf der Couch und sah Harry mit offenem Mund und ungläubigem Blick hinterher. Was sollte denn das jetzt? Nun wusste sie gar nicht mehr, was los war. Aber dann erhellte sich ihr Ausdruck wieder: Vielleicht war das ein neues, besonderes Vorspiel?! Also hinterher!!!

In der Küche fand sie Harry beim Mengen von Zutaten vor. Voller Enthusiasmus hatte er sich an die Arbeit gemacht. Und ließ sich auch nicht davon ablenken, dass sich Ginny katzengleich und vermeintlich erotisch an ihn schmiegte. Harry war für so etwas im Moment ganz und gar nicht empfänglich und beschwerte sich nur darüber, dass er keine Bewegungsfreiheit zum Kneten habe.

Beleidigt rückte Ginny daraufhin von ihm ab. Da hatte sie sich wohl geirrt. Schulterzuckend machte sie sich auch daran, eigenen Teig zuzubereiten, und steckte all ihre aufgestaute Energie in die Zubereitung von leckeren Zimtsternen.

Während Harry so seinen Teig bearbeitete und überlegte, mit welcher der vielen Formen er seine Kekse ausstechen sollte oder ob er die Masse einfach nur als kleine Häufchen auf dem Blech aufhäufen sollte, versank er wieder in seinen Tagträumereien über backende Todesser.

Der Dunkle Lord mampfte immer noch genüsslich seine Plätzchen, als ihm plötzlich etwas einfiel. "Eierpunsch! Was uns fehlt ist Eierpunsch! Severus,...!" ließ er den Satz unbeendet, aber Snape erkannte einen Befehl, wenn er einen bekam.

"Natürlich, Mylord!" Vor sich hin grummelnd verschwand er in einer anderen Ecke der zum Glück sehr großen Küche. So hörte keiner sein Geschimpfe und Gefluche. "Warum ich? Ich bin Meister der Zaubertränke nicht der Mixgetränke! Ich bin Zaubertrankbrauer, kein Cocktailmixer! Ich braue Tränke, keinen Punsch! Warum? Warum immer ich?!"

Etwas theatralisch, fand Harry, aber Eierpunsch war gar keine so schlechte Idee! "Eierpunsch! Was uns fehlt ist Eierpunsch!" rief er daher über den Lärm der anderen hinweg.

"Prima Idee, Harry!" strahlte George und setze einen großen Topf auf den Herd und begann, den Inhalt diverser Flaschen hinein zu kippen. "Was?" fragte Harry verwirrt und ließ sich langsam in den Sessel am Ofen sinken.

Ginny, Luna, Neville, Ron und Lavender begannen jetzt endlich auch ernsthaft, sich mit dem Ausstechen und Formen von Plätzchen zu beschäftigen. Jetzt waren sie schon stundenlang hier und das Rohr im Backofen war immer noch kalt. So, ging das ja nicht.

Ah, dachte Harry jetzt bekam er wirklich seinen Eierpusch. "Toll! George, bist Du jetzt unser Punschmeister?" meinte der und konnte sich vor Lachen nicht mehr einkriegen.

Hermine wirbelte mit einem Mal an ihnen vorbei zum Kühlschrank. "Ehe George uns hier alle in die Luft jagt mit irgendwas Selbstgebrautem", verkündete sie. "Ich glaube, da ist noch Eierpunsch im Kühlfach!" Eisgekühlter Eierpunsch? Harry schwirrte der Kopf wie zu besten Blitznarbenschmerz-Zeiten, nur irgendwie anders. War Eierpunsch nicht irgendwie warm?

Aber lange überlegen konnte er nicht, denn noch bevor Hermine die Tür des Eisschranks öffnen konnte, flog Percy Weasley förmlich heran und warf sich zwischen sie und das Elektrogerät. "Nicht den kalten Schrank auf machen!" brüllte er. "Das Ding ist voller Eklektizität!!!"

"Bei Merlins Bart, Percy!" japste eine erschrockene Hermine. "Geh zurück ins Wohnzimmer und spiel mit Dudley! Sonst wird das hier nie etwas." So einfach ließ sich Percy aber nicht abwimmeln. Schwer beleidigt meinte er: "Dudley spielt mit Padma. Er ist leider zurzeit nicht daran interessiert, weitere Fachgespräche über Eklektizität mit mir zu führen." Schmollend wandte er sich ab.

"Ach, wie süß", säuselte Viktor Krum, stellte sich dicht an Luna und bewunderte ihre geformten Teig-Einhörner. Man hätte den Eindruck gewinnen können, sie hätten alle bereits einen ordentlichen Schluck Punsch zu sich genommen, mit einem mehr als ordentlichen Schuss Alkohol, in welcher Form auch immer.

"Eier! Wir brauchen Eier!" konnte man auf einmal Rons Stimme vernehmen. Viktor war etwas verwirrt. "Warum brauchen wir Eier? Der Eierpunsch ist doch schon fertig? Und wir zwei brauchen gewiss nicht noch mehr Eier, nicht wahr, Luna!" hauchte er und schmiegte sich an sie.

"Irgendwie kommt mir dieser Ausspruch bekannt vor", grübelte Harry, als er Ron hörte. "Wer hat denn nur immer nach Eiern gerufen? Das war doch dieser berühmte Muggel-Cerberus, dieser Hüter der Muggel-Nationalsport-Mannschaft, der auch immer Bananen geschenkt bekam..." - "Eier und Bananen? Nee, das geht gar nicht!" protestierte Hermine. "Was, bitte schön, soll das denn für ein Weihnachtsgebäck werden?"

Luna beachtete Viktor nicht weiter und formte noch mehr Teig-Einhörner, allerdings sahen die nach einiger Zeit eher wie Teig-Einhörnchen aus, klein, dick, gedrungen und mit viel zu buschigen Schwänzen. "Wer hat hier behauptet, meine Einhörner wären betrunken?" fragte sie plötzlich und rammte Viktor ihren Ellbogen in den Magen, während sie mit einer ausholenden Geste Rosinen als Augen in ihre Teig-Tiere bohrte.

Harry hatte mittlerweile seine Kekse in den Backofen geschoben. Nach einigem Nachdenken hatte er sie mit einer Schneeflocken-Form ausgestochen. Die Idee, sie in Dunkle Male zu verwandeln, hatte er dann doch lieber wieder verworfen, nachdem er sich vorgestellt hatte, wie die anderen wohl darauf reagieren würden. Wäre vielleicht doch nicht so lustig gewesen, wie er für einen Moment gedacht hatte. Außerdem schmeckten Schneeflocken ganz sicher besser als das Dunkle Mal! Nun hockte er vor dem Backofen und sah seinen Plätzchen beim Backen zu. Wie er so fasziniert in den Ofen starrte wurde er von einer weiteren Vision überrannt.

Der Dunkle Lord auf der Suche nach immer neuen Genüssen und Schleckereien hatte sich an das jüngste Mitglied der Todesser-Weihnachtbäckerei gewandt: "Und Du, Draco? Welche köstliche Kekskombination hast Du für Deinen Meister erschaffen?"

Harry sah einen bleichen Draco Malfoy, der sich mit einer roten Kochschürze und der Aufschrift 'Hier kocht der Meister' unbehaglich zwischen Tisch und Backofen hin und her bewegte. In den Händen hielt er ein Blech. "Einen kleinen Moment, Mylord. Ich muss nur noch die Deko anbringen."

Harry versuchte zu sehen, was Draco da, bewaffnet mit Puderzucker, verzierte, doch Voldemort versperrte ihm die Sicht, da dieser sich gerade selbst interessiert über Dracos Schulter beugte.

Plötzlich begannen die Schultern des Mannes zu beben und der Dunkle Lord brach in ein brüllendes Gelächter aus. Jetzt konnte auch Harry sehen, was Draco da fabrizierte. Er hatte ganz eindeutig Kekse in Kopfform gebacken und verzierte diese Köpfe jetzt mit Hilfe einer Schablone und zauberte so Puderzucker-Blitznarben mitten auf die Stirn.

"Nicht mittig! Eher etwas nach links", dachte Harry noch, bevor er durch einen schrillen Schrei zurück in die Gegenwart geholt wurde. Schwarzer Rauch stieg aus dem Backofen auf.

"Das ist wie auf diesen Brownies!" brummte Dudley, der hinter Harry stand und ihm nun über die Schulter schaute. Wie es aussah hatte er sich von Padma lösen können, die nun allein im Wohnzimmer tanzte - zu einem Stück namens 'Careless Whisper' von einer Gruppe, die sich 'Wham! Featuring George Michael' nannte.

Harry sah verwirrt auf seine Hände. Er hatte, offenbar unbewusst während seiner Vision, eine Schablone seiner eigenen Blitznarbe aus dünner, weißer Pappe ausgeschnitten. Allerdings waren die Kurven der Narbe nicht gerade zackig geraten, also sah sie eher wie ein langgezogenes 'S' aus. Und mit dieser Schablone und dem Mehl, das noch immer durch die ganze Küche flog, hatte er einen weißen Abdruck auf die dunkle Arbeitsfläche über dem Backofen gestreut.

"Weißt Du", erklärte Dudley weiter und war dabei kaum zu verstehen, weil er schon wieder irgendwelche Süßigkeiten aus einer Tüte in seinen Mund stopfte, "unter uns 'Normalos' gibt es gerade so sieben Bücher und Kinofilme, auf die alle total abfahren. 'HATTY PROPPER', die Zauberschülerin mit der S-Narbe auf der Backe. Dazu kannst Du alles Mögliche kaufen: T-Shirts, Bettwäsche, Spielzeug und sogar Backmischungen. Diese Brownies sind echt lecker. Und da ist auch so eine Schablone dabei, damit man die mit Hattys S-Narbe verzieren kann. Wusste gar nicht, dass Du auch Fan bist, Harry!"

Harry schüttelte den Kopf. Woher kannte er nur den Namen Hatty Propper? Dann fiel es ihm wieder ein: Rita Kimmkorn! Hatte diese aufdringliche Klatschreporterin und Möchtegernautorin nicht eine siebenbändige Romanreihe über eine Zauberschule namens Horsewash und die Zauberschülerin Hatty Propper geschrieben und versucht, die an einen Muggel-Verlag zu verkaufen? War sie dafür nicht verhaftet worden? Scheinbar hatte sie es aber trotzdem irgendwie geschafft. Aber warum mümmelte Dudley in aller Seelenruhe weiter sein Naschwerk, während Harrys Schneeflockenplätzchen in dunklem Rauch verbrannten?

Harry drängte Dudley zur Seite und schnappte sich ein Paar handschuhförmige Topflappen. Dann öffnete er die Klappe des Backofens, aus dem der Rauch drang, und riss das Blech mit den Plätzchen heraus. Seine schönen Schneeflocken waren nur noch unansehnliche, schwarze Klumpen und sahen gar nicht mehr aus wie Schneeflocken.

"Das sind aber wunderschöne, schwarze Raben, die Du da gebacken hast, Harry!" Jetzt war es Luna, die ihm über die Schulter schaute.

"Was machst Du an meinem Ofen, Harry?" Diese Stimme gehörte Hannah Abbott, und erst als sie es aussprach, fiel Harry auf, dass es in dieser ungewöhnlich großen Muggelküche mindesten vier Backöfen gab. Das Blech mit den verkohlten Überresten vor ihm war nicht aus dem Ofen, in den er seine Schneeflocken geschoben hatte.

"Meine schönen Weihnachtsengel!" jammerte Hannah und lehnte ihre Stirn an Viktor Krums starke Schulter. "Jetzt sind sie total verbrannt, und ich muss noch mal von vorne anfangen!"

"Ist ja auch kein Wunder!" rief Percy, der wieder mal in der Küche aufgetaucht war. "Diese Öfen funktionieren doch auch mit Eklekfizität! Die kann man nicht so einfach in Betrieb nehmen, das erfordert höchste Fachkenntnisse! Dudley! Dudley, könntest Du mal bitte herkommen?"

Viktor fühlte sich von Hannahs Trostgesuch sichtlich geschmeichelt und war nur zu gern bereit, eben denselben auch zu spenden. "Komm, lass uns ein wenig tanzen", flüsterte er ihr ins Ohr. "Wunderschöne Weisen aus dem Wohnzimmer dringen an mein Ohr."

Wenn man genau hinhörte, konnte man Worte wie 'Dreams are my reality, the only kind of real fantasy...' oder so ähnlich vernehmen.

"Oh, nur zu gern, Viktor", hauchte Hannah und warf ihm einen verzückten Blick zu, bevor die beiden Arm in Arm im Wohnzimmer verschwanden. Was gar nicht so einfach war, da eine schmusebedürftige Lavender sich an seinen anderen Arm schmiegte, während sie Hannah mit blitzenden Blicken durchbohrte, und eine leicht angesäuselte Padma ihm von hinten auf die Schulter schlug und fragte: "Koann isch bidden, danz mick mich."

In der Küche holte Harry seine fertigen und perfekten Plätzchen aus dem Ofen und gab ihnen noch eine Verzierung aus schneeweißem Zuckerguss. Als Ginny jedoch eins probieren wollte, reagierte ihr Liebster sehr unwillig. "Das sind meine!" fauchte er sie an und drückte die kunstvolle Weihnachtsplätzchendose, die er eigens aus einem leeren Eierkarton für seine Plätzchen transfiguriert hatte, fest an sich.

"Back Dir selbst welche. Von meinen bekommt keiner was ab. Das ist ein Spezialrezept. Nur für mich. Das schmeckt Euch eh nicht", betonte er, als er auch noch Rons und Dudleys gierige und Hermines fragende Blicke bemerkte.

"Sag' mal, was hat Dich heute eigentlich gebissen?" wollte Hermine wissen. "Entweder bist Du nicht bei der Sache, oder Du benimmst Dich total unmöglich."

Harry zuckte nur mit den Schultern und verzog sich auf das Sofa im Wohnzimmer, die kunstvolle Weihnachtsdose noch immer an sich klammernd. Vor seinem inneren Augen lief gerade wieder eine Bilderflut ab.

Der Dunkle Lord ließ mit einem Schwebezauber alle Keksköstlichkeiten in eine riesige, schwarze Dose verschwinden, die auch noch mit einer grünen Schlange bemalt war. Dazu sein dämonisches Gelächter: "Alles meins! Ich übernehme die Weltherrschaft über die Weihnachtskekse und stelle mit ihnen meine Streitmacht auf!" Dazu das Jammern der übrigen Todesser, die nun leider nichts mehr zu Naschen und Lachen hatten.

In einer Ecke der Küche brandete Gelächter auf. George, Lee, Dean und Dennis hatten den Topf mit dem Eierpunsch geleert und hingen sich selig in den Armen. Ron, der immer noch keinen Keks zu Stande gebracht hatte, verzog missmutig das Gesicht. "Von wem kam diese blöde Idee eigentlich? Mir knurrt der Magen. Ich will jetzt Kekse!"

"Hätt' ich Dich heut' erwartet, hätt' ich Kuchen da, Kuchen da, Kuchen da. Hätt' ich Dich heut' erwartet, hätt' ich Kuchen da. Na, wie geht's, na, wie steht's, na, wie geht's...? Hätt'st Du nur was gesagt, hätt' ich Musik bestellt, die besten Musikanten von der Welt! Hätt'st Du nur was gesagt, hätt' ich Musik bestellt und dich empfangen mit Traraaa!" sang Hermine und tanzte dazu übermütig durch die Küche.

"Nee, KEEEKSEEE, nicht Kuchen!" trompetete Ron. "ICH WILL KEKSE!"

Parvati Creevey kam gerade aus einem der Badezimmer im oberen Stockwerk, wo sie sich frisch gemacht hatte, und stieß zunächst im Wohnzimmer auf ihre Zwillingsschwester Padma, die von hinten auf Viktor Krums Rücken zu springen versuchte, um von ihm Huckepack durch die Gegend getragen zu werden. Parvati zuckte die Schultern und ging weiter. Besser dieser Krum als dieser dicke Muggel, den Harry und Ginny angeschleppt hatten.

Aus der Stereoanlage plärrte nun endlich, nachdem jeder es mindestens zehn Monate lang nicht täglich im Radio gehört hatte, 'Last Christmas' von – schon wieder – der Gruppe 'Wham!'

Was wie ein Tanz dazu von Viktor und drei nicht unattraktiven Frauen aussah, schien für den armen Quidditch-Star eher in einen Ringkampf auszuarten. Padma kam von hinten, Hannah und Lavender zupften und zerrten von vorn und den Seiten an ihm herum. Viktor hatte seine Arme erhoben und winkte Harry auf dem Sofa wie ein Ertrinkender hilfesuchend zu. "Harry!" murmelte er, während Padma sich an seinem Hals festsaugte. "Hilfe, Harry!"

Und Parvati stieß in der Küche auf ihren angetrunkenen Ehemann, Dennis Creevey, der einen eigentümlichen Kopfstand aufführte, in dem er von Lee Jordan und Dean Thomas an den Beinen gehalten wurde. Sein ganzes Gesicht war tiefrot angelaufen, während er lachend und grölend versuchte, mit dem Mund Rosinen aufzufangen, die ihm George aus einiger Entfernung zuwarf. Parvati war alles andere als erfreut.

Harry reichte es jetzt. Endgültig! Bei diesem ganzen Gezeter konnte er nicht in Ruhe seine Kekse genießen! Mit einem nachlässigen Schlenker seines Zauberstabes hatte er die drei lästigen, Krum nervenden Weiber schlafen geschickt. "Danke", kam es sehr erleichtert von Viktor, der sich noch an Ort und Stelle auf den Boden sinken ließ, um sich von dieser Tortur zu erholen.

Als nächstes wandte Harry sich der Menge in der Küche zu. Mit magisch verstärkter Stimme rief er ihnen zu: "Ich will Vorweihnachtsstimmung! RUHE UND BESINNLICHKEIT! Verdammt nochmal!!!" Nach diesem Ausbruch und mit dem festen Vorsatz, einige SILENCIO-Zauber in die Küche zu schicken, sollte das jetzt nicht gereicht haben, wandte er sich wieder seinen Plätzchen zu.

In der Küche konnte Hermine ihm nur zustimmen. "Also, Harry hat Recht! Wie wäre es, wenn wir ein Paar Weihnachtslieder singen? So kommen wir sicher in die richtige Stimmung!" Und schon stimmte sie die ersten Takte von 'Leise rieselt der Schnee' an.

Harry gab sich währenddessen wieder einigen interessanten Bildern hin.

Die Laune des Dunklen Lords war so unbeständig wie immer. "Hier herrscht noch nicht die richtige Weihnachtsstimmung! Irgendwas fehlt!" beschwerte er sich mit der Quengelstimme eines Dreijährigen, während er ein Der-Junge-der-lebt-und-als-Gebäck-hervorragend-schmeckt-Plätzchen nach dem anderen verdrückte. Wenn er seiner, Harrys, schon nicht anders habhaft werden konnte, dann eben so!

Mit einem Schwenker seines Zauberstabes hatten alle in der Küche eine Kopfbedeckung. Snape trug nun ein sehr dekoratives Rentiergeweih aus Plüsch, Malfoy senior eine Weihnachtsmannmütze mit blinkenden Sternen und Draco einen Heiligenschein und Engelsflügel auf dem Rücken. Diese Dekorationen setzten sich bei allen anderen fort, wobei ein Heiligenschein und Engelsflügel bei Bellatrix Lestrange wirklich unangebracht wirkten.

Aber Snape mit dem Rentiergeweih! Harry musste kichern bei dieser Vorstellung, als er auf der Sitzfläche des Sofas einige Zentimeter in die Höhe befördert wurde, weil sich jemand neben ihn gesetzt hatte. Irgendwie fühlte es sich an, als würde das Sofa an sich auf Harrys Seite in die Höhe gehoben.

"Essen ist cool, nicht Cousin?" grunzte Dudley und machte sich ordentlich breit, wie immer oder meistens essend. Diesmal war es das tropfende und dampfende Viertel einer fettigen Pizza, von der Harry absolut keine Ahnung hatte, woher Dudley sie hatte. "Essen ist das Schönste auf der Welt!" seufzte Dursley. "Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen!"

"Ich auch nicht. Und nichts geht über Mamutschkas Borschtsch", stimmte ihm Viktor Krum zu, obwohl der im Moment gar nichts zu essen hatte. Er erhob sich vom Wohnzimmerboden und zwängte sich neben Dudley in das Sofa, das eigentlich nur ein Zweisitzer war.

So saßen die drei eine Weile nebeneinander, Dudley in der Mitte, mit gesenktem Haupt. Harry schaute in seine Keksdose. Dudley schmachtete seine Pizza an. Und Viktor studierte den Teppichboden, während die drei Mädels dazu schnarchten und jemand aus der Stereoanlage sang: 'The Sun Ain't Gonna Shine Anymore'. Und aus der Küche hörte man 'We Wish You A Merry Christmas'.

Nachdem Dudleys Ellbogen einmal zu viel in Harrys Seite gelandet war, beschloss der, es sich lieber in dem riesigen Ohrensessel bequem zu machen, der vor dem Kamin stand. Als er mit einem plüschigen Kissen im Rücken dort gemütlich saß, machte er noch ein kleines Feuerchen im Kamin und zauberte sich ein Glas Eierpunsch herbei und schon zierte ein seliges Lächeln sein Gesicht.

Aus der Küche drang neben dem Geträller von Weihnachtsliedern nun endlich auch der Geruch von frischen Plätzchen, Zimt und Schokolade. Es schien, als ob der Gesang endlich die Kreativität der Hexen und Zauberer frei gesetzt hätte. 'Na bitte, geht doch!' dachte Harry.

Plötzlich riss ihn lautes Klopfen an der Haustür aus seinem wohligen Zustand. Zwei Uhr mitten in der Nacht? Wer konnte um diese Uhrzeit noch einen Besuch bei einem eigentlich leer stehenden Muggelhaus vornehmen? "Zaubereiministerium! Harry Potter? Wir wissen, dass Sie dort drin sind! Öffnen Sie sofort die Tür!"

"Ich hab es ja geahnt!" jammerte Percy. "Das konnte ja nicht gut gehen!" Harry winkte ihn und alle übrigen zurück in die Küche, aus der sie gerade erschrocken ins Wohnzimmer geeilt waren. "Versteckt Euch! Ich erledige das. Und nehmt diese schlafenden Schönheiten mit!"

Wieder hämmerte es an der Tür und Harry rief genervt: "Moment, ich komme ja schon." Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt. Dort standen zwei seiner Kollegen aus dem Aurorenbüro. "Mensch Harry, sind wir froh, dass wir Dich gefunden haben", stöhnte Frank Lavides. "Schon seit Stunden suchen wir nach Dir. Auf der Weihnachtsparty vom Büro heute Nachmittag gab es nämlich eine Panne. Einer der Elfen hat bei der Plätzchen-Zubereitung versehentlich zwei Kräuter verwechselt, und somit war ein Teil der Plätzchen mit einem starken Halogen versetzt. Wir suchen jetzt alle Teilnehmer der Party, um sie vor möglichen Illusionen zu warnen. Irgendwelche bei Dir aufgetreten? Wenn ja, dann bringen wir Dich in 's St. Mungos, wo Du ein Gegenmittel bekommst."

Harry verschluckte sich fast an seinem Eierpunsch und lief etwas violett an. "Nein, alles in Ordnung bei mir! Nichts Besonderes passiert."

Seine Kollegen nickten zufrieden. "Prima, dann können wir ja weiter. Ungefähr sieben Teilnehmer suchen wir noch. Aber so langsam müsste die Wirkung der Droge auch nachlassen. Du glaubst nicht, was im Ministerium los ist..." Hastig eilten sie in die Nacht davon.

Und während Harry sich noch fragte, wie die Kollegen ihn hier gefunden hatten, obwohl sie definitiv keine von den Spezialeinladungen zur Weihnachtsbäckerei erhalten hatten, tauchte Dudley hinter ihm auf und begann in einem leiernden Tonfall zu dozieren: "Die Halogene ('Salzbildner', von altgriechisch ἅλς halos, "Salz" und γεννάω gennáō, 'erzeugen') bilden die 7. Hauptgruppe oder nach neuer Gruppierung des Periodensystems die Gruppe 17 im Periodensystem der Elemente, die aus folgenden sechs Elementen besteht: Fluor, Chlor, Brom, Iod, das äußerst seltene radioaktive Astat und das 2010 erstmals künstlich erzeugte, sehr instabile Ununseptium. Die Gruppe der Halogene steht am rechten Rand des Periodensystems zwischen den Chalkogenen (6. Hauptgruppe) und Edelgasen (8. Hauptgruppe).

Diese Nichtmetalle sind im elementaren Zustand sehr reaktionsfreudig (Fluor kann unter Feuererscheinung reagieren), farbig und reagieren mit Metallen zu Salzen (Namensherkunft) und mit Wasserstoff unter Normalbedingung zu Halogenwasserstoffen (gasförmige, einprotonige Säuren).

Die erstgenannten vier stabilen Elemente spielen wichtige Rollen in Chemie, Biologie und Medizin. Astat dient in organischen Verbindungen in der Nuklearmedizin zur Bestrahlung bösartiger Tumoren!"

"ARRRRGHHHHH! Die waren nie und nimmer vom Ministerium", quiekte Percy. "Das ist alles nicht legal! Das kann alles nicht legal sein! Und alles liegt an diesem komischen Haus! Niemand, nicht einmal der muggeligste Muggel, zieht aus seinem Haus aus und lässt seine Möbel und seine Eklektizität zurück. Und hier ist eine verschlossene Tür! Ginny, Hermine! Ihr habt diesen Ort hier ausgesucht! Warum ist diese Tür verschlossen? Wer wohnt hier unter normalen Umständen in diesem Haus? Ich fordere Antworten und zwar jetzt!"

Harry ließ sich gar nicht von Percys Geschrei stören. Hatte DER vielleicht Plätzchen im Ministerium gegessen? Während Harry zurück zu seinem Ohrensessel ging, fiel ihm auch ein, dass er selbst gar keine Plätzchen auf ihrer Büro-Weihnachtsfeier gegessen hatte, da er sich nicht den Appetit für den Abend hatte verderben wollen. Das konnte also seine Träumerei/Visionserinnerung nicht erklären. Aber er hatte Dudley Plätzchen mitgebracht. Ob die auf Muggel vielleicht hirnwindungenanregend wirkten? Das würde seine plötzlichen Kenntnisse der muggeligen Naturwissenschaften erklären.

Dudley tröstete derweil Percy, der völlig entkräftet vor der verschlossenen Tür zu Boden gegangen war. "Als Halluzinogene (von Lateinisch hallucinari, 'faseln' und Griechisch -gen, 'erzeugend') werden Substanzen bezeichnet, die mehr oder minder ausgeprägte Veränderungen der visuellen, akustischen oder haptischen Wahrnehmung hervorrufen (siehe Halluzination), gleichzeitig aber nur untergeordnet stark ausgeprägte geistige Verwirrung, tief greifenden Gedächtnisverlust und grobe Desorientiertheit in Bezug auf Personen, Raum und Zeit hervorrufen."

Dabei winkte er Ron zu sich. "Ey, einer von vielen rothaarigen Freunden von Harry! Ich mag Deinen Bruder, auch wenn er irgendwie komisch ist!"

"Percy!" Nach einer Weile kniete auch Ginny neben ihrem dritt-ältesten Bruder und tätschelte ihm die Wangen. "Percy, mach' die Augen auf! Hast Du nicht gehört, was die Leute vom Ministerium zu Harry gesagt haben? Die Wirkung der Halogene aus den Plätzchen von der Weihnachtsfeier werden bald nachlassen, dann geht es Dir wieder gut. Percy, verflucht noch mal!"

Seine Augen flackerten auf. "Mum?" stammelte er. "Nein, ich bin 's, Ginny!" grummelte seine Schwester. "Ich hätte nie gedacht, dass ich das von all meinen Brüdern ausgerechnet mal zu Dir sagen müsste, aber Du musst jetzt vernünftig sein, Percy! Du musst Dich endlich zusammenreißen!"

"Ich nehme eins von Deinen Orangen-Ingwer-Plätzchen, Mum", seufzte Percy und sackte wieder in sich zusammen.

Hinter Ginny war Hermine aufgetaucht und reichte ihr von hinten über die Schulter eine Broschüre. "Vielleicht hilft das hier", meinte sie. Ginny drehte das gefaltete Hochglanzpapier um und nickte stumm. "Setz' Dich hin, Percy, und schau' Dir das hier an! Hermine und ich haben dieses Haus ganz zufällig entdeckt. Eigentlich haben wir zuerst diesen Prospekt gefunden und uns gedacht, das wäre doch der perfekte Ort für unsere Weihnachtsbäckerei mit all diesen Leuten." Sie deutete wage um sich herum.

"ABID-LIVE – Das Fertighaus für den anspruchsvollen Hobbykoch?" las Percy die Überschrift des Faltblattes vor. "Wir bieten Ihnen die Küche mit dem meisten Platz in einem Privathaushalt im ganzen Land. Besuchen Sie uns noch heute in einem unserer voll funktionsfähigen Musterhäuser auch in Ihrer Nähe. SIE SCHAUEN – WIR BAUEN an genau den Ort ihrer Träume."

Fast hörte man die Steinlawine, die Percy vom Herzen zu fallen schien. Auch sein Blick schien sich zu klären und wirkte nicht mehr ganz so durchgedreht wie noch vor wenigen Minuten.

"Siehst Du?" fragte Hermine und erklärte: "Die Muggel, die diese Häuser verkaufen, zeigen so den anderen Muggeln, die die Häuser kaufen sollen, wie die Häuser mal aussehen und funktionieren könnten. Mit Möbeln und elektrischem Strom und allem."

Percy rieb sich verlegen den Hinterkopf. "Also keine illegale Verschwörung oder so was, was? Da habe ich mich wohl die ganze Zeit völlig umsonst aufgeregt."

"Kann ja jedem mal passieren!" mampfte Dudley undeutlich irgendwo in der Nähe und bediente sich dabei an jeder Ladung fertigen Gebäcks, die er erreichen konnte.

Da konnte man deutlich ein Kratzen und Klopfen an der verschlossenen Tür hören, die Percy entdeckt hatte. Und es kam von hinter der Tür. Leise Flüche waren zu hören, Geraschel und Gepolter. "Jetzt sei doch nicht so umständlich, Oliver!" sagte eine weibliche Stimme. "Da steckt doch ein Schlüssel im Schloss! Wie wär 's, wenn Du einfach aufschließen würdest?"

Einem unverständlichen Brummeln einer männlichen Stimme folgte das Klicken des Türschlosses, bevor sich die Tür zu einer Abstellkammer auch tatsächlich in die Küche öffnete. Heraus stolperte Oliver Wood gefolgt von Angelina Johnson, denen es sichtlich peinlich war, nun die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich gezogen zu haben.

"Seit wann seid ihr denn hier?" fragte Ginny verblüfft. "Und was habt ihr da drin gemacht?" Der ehemalige Kapitän der Gryffindor-Quidditch-Mannschaft und seine Star-Jägerin schauten sich verlegen im Raum um, nur niemandem direkt in die Augen. "Wir sind eigentlich schon den ganzen Abend hier!" erklärte Wood. "Und kein Kommentar zu der anderen Frage!" warf Angelina dazwischen.

Hermine sah auf eine der beleuchteten Digitaluhren an einem der Kühlschränke. "Uff, was ist es spät geworden! Schon fast drei Uhr in der Nacht. Ich denke wir sollten langsam ans Aufhören und Aufräumen denken. Aber vorher würde mich mal interessieren, wer sich hier im Haus noch alles so rumtreibt. Was meint ihr? Große Versammlung in der Küche?"

"Soll ich diese Schneewittchen hier wachküssen?" rief da Neville Longbottom aus dem Wohnzimmer. "Ich könnte Dir dabei durchaus behilflich sein", hörte man eine nur zu bekannte Stimme, und mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht erschien Draco Malfoy auf der Bildfläche. "Draco?" kam es da von Harry aus dem Ohrensessel. "Was machst Du denn hier?"

"Na, Du hast mich doch eingeladen! Ich sollte unbedingt die geheimen Backrezepte der Malfoy-Hauselfen mitbringen. Von den Weihnachtsplätzchen, von denen Du letztes Jahr nicht genug bekommen konntest. Deshalb bin ich auch so spät. Die wollten sie einfach nicht rausrücken. Aber jetzt habe ich sie!" erklärte Draco triumphierend und eine lange Pergamentrolle hoch haltend.

Harry lächelte ihn voller Vorfreude auf die leckeren Plätzchen, die er nun würde backen können, an. "Möchtest Du eine Minz-Schokoladen-Schneeflocke? Das Rezept habe ich von Deiner Tante Bellatrix." Draco sah ihn ziemlich verwirrt an, nahm sich aber eine Schneeflocke.

"Sag mal, wie viel Punsch hast Du schon intus? WOW!!!! Sind die lecker!"

"Warum bekommt Malfoy von Deinen Plätzchen und ICH nicht? Und was macht DER überhaupt hier?" schimpfte Ron lautstark.

"Hab' ihn eingeladen. Bringt mir der Welt beste Plätzchen-Rezepte mit." Das musste als Erklärung reichen, fand Harry.

Draco grinste prahlerisch. "Warte mal, bis Du dieses Rezept erst probiert hast. Chocolate-Chip-Cookies!" Er stürzte in die Küche und begann nach den Zutaten zu suchen, die er leise vor sich hinmurmelte: "250 Gramm Butter, 180 Gramm Zucker, braun, 180 Gramm Zucker, weiß, … 1 Päckchen Vanillinzucker, 2 Eier, 450 Gramm Mehl, 1 1/2 Teelöffel, gehäuft, Backpulver, 200 Gramm Schokoladenraspel (Schokoladentröpfchen) ..." Er begann unter den Augen der übrigen alle Zutaten miteinander zu vermengen. Dann stach er mit dem Teelöffel walnussgroße Häufchen aus und setzte sie auf das Backblech. Er grinste zufrieden. "So, jetzt nur noch bei Umluft 170° circa 15-18 Minuten backen und fertig sind sie!"

"Na, endlich mal ein vernünftiges Rezept!" strahlte Hermine. "Ich hab da übrigens noch so ein altes Rezept von meiner Oma im Kopf", fuhr sie fort. "Mal sehen, ob ich das noch hinkriege:

360 Gramm gute Butter, 150 Gramm Puderzucker, 1 1/2 Päckchen Vanillezucker, 450 Gramm Mehl, etwas Zitronensaft. Ich erinnere mich, dass wir immer alle Zutaten auf den Tisch gekippt haben und mit beiden Händen ordentlich gemengt und geknetet haben. Die Rollen, die wir dann aus dem Knetteig geformt haben, sollten eigentlich drei bis vier Zentimeter Durchmesser haben, aber das haben wir irgendwie nie so schön gleichmäßig hinbekommen. Wenn Oma die Rollen dann aus dem Kühlschrank geholt hat, wo sie eine Weile ruhen mussten, und sie in Hagelzucker gewälzt und dann in dünne Scheiben geschnitten hat, sind etliche dieser Plätzchen in unserem Bauch gelandet, noch bevor sie den Backofen von innen gesehen haben! Dabei müssen sie doch nur knapp 12 bis 15 Minuten backen."

Hermine lächelte versonnen, als sie an ihre Oma und die 'Saßnitzer Rolle' dachte. "Und von wegen, roher Teig macht Bauchweh! Alles Quatsch, ich habe nie, nie, nie von zu viel Teignaschen Bauchweh bekommen!"

"Ich möchte wissen, was Deine Eltern zu so viel Nascherei gesagt haben", grinste Ron, "die haben doch diesen komischen Beruf mit den Zähnen. Immer dieses zuckerfreie Zeug, was die uns schicken! Na ja, kenne Besseres!" Er verzog das Gesicht. " Und dieses Bohrerspiel neulich in ihrer Praxis hat doch viel..." Aber er kam nicht weiter.

"Meinst Du etwa dieses stumpfsinnige Toben mit den beiden Bengeln?" fragte Hermine empört. "Ihr habt die gesamte Praxis meiner Eltern unter Wasser gesetzt!"

"Was sollte ich denn tun? Die beiden hatten aus irgendeinem Grund wahnsinnige Angst davor, Deinen Vater zu sehen. Ich wollte ihnen doch nur helfen!"

"Hey, ist hier 'ne Party?" Von der Hintertür erklangen zwei tiefe Stimmen. "Und Draco ist auch da! Ey, Malfoy, warum hast Du uns nicht mitgenommen?" Und durch die Tür schoben sich Gregory Goyle und Marcus Flint, zwei von Draco Malfoys ständigen und vor allem stämmigen Begleitern zu Schulzeiten und eventuell noch etwas darüber hinaus. "Jetzt werden wir den Laden hier mal ordentlich aufmischen! Wird hier gebacken, oder was?"

"Was wollt ihr hier?" stellte sich Hermine den beiden mutig entgegen. "Hier geht es um ChocoCrossies und nicht um Partycrashing! Wir können solche Hooligans wie euch hier nicht gebrauchen!"

"Aber wir woll'n doch gar nichts kaputt machen!" schmollte Goyle. "In unserer Anti-Aggressions-Selbsthilfegruppe machen wir auch ab und an Backabende. Und dann haben wir da noch einen neuen indischen Guru kennengelernt. Seitdem sind wir total im Backwahn!"

"Ich habe auch ein tolles Rezept", fügte Flint hinzu. "SCHLIMME-AUGEN-GELÉEPRALINEN. Man nehme: 300 Gramm Gelatine, 250 Gramm frische Regenwürmer, 500 Gramm geschmolzene Butter, 25 Kilogramm geschnittene Fußnägel..."

"Aggression", mischte sich Dudley Dursley ein, "(lateinisch aggressiō vom Deponens aggredī, 'heranschreiten', 'sich nähern', 'angreifen') bezeichnet eine Vielfalt von Verhaltensweisen, denen gemeinsam ist, dass ein Konflikt zwischen Individuen oder Gruppen, der durch unvereinbare Verhaltensziele verursacht wurde, nicht durch einseitige oder beidseitige Änderung dieser Verhaltensziele gelöst wird, sondern dadurch, dass die eine Konfliktpartei zumindest versucht, der anderen eine Änderung aufzuzwingen."

"Oh, Mann!" stöhnte Harry und legte endlich seine Keksdose beiseite. "Langsam sollte auch bei Dir die Wirkung der Halogene nachlassen, fetter Vetter!"

"Aufräumen!" kreischte Hermine plötzlich. "Sonst stehen morgen die Muggel hier zwischen uns im Chaos und wollen das Fertighaus besichtigen."

"Aber es ist doch erst drei Uhr!" protestierte Padma Patil, die Neville inzwischen wie Lavender Brown und Hannah Abbott tatsächlich wachgeküsst hatte. "Vor acht Uhr quält sich bestimmt kein Hausverkäufer aus dem Bett. Wir haben also noch etwas Zeit." Und schon schlich sie sich wieder in Richtung Viktor Krum.

"Was, schon drei Uhr?" Parvati Creevey, geborene Patil, zog demonstrativ ihren Ehemann an ihre Seite. "Dennis, wir sollten schnellstens unsere Zwillinge abholen! Seine Eltern passen heute auf unsere Kleinen auf, und man sollte die Schwiegereltern ja schließlich nicht zu sehr beanspruchen!" erklärte sie jedem, der es hören wollte, mit einem aufgesetzten Lächeln. Dann zerrte sie ihre noch immer angetrunkene Zwillingsschwester von Viktor Krum weg. "Padma, wir gehen!"

"Wir sehen uns!" warf Padma noch schwankend und mit leicht schielendem Blick in die Runde, dann fiel auch schon die Haustür hinter den dreien ins Schloss.

Angelina Johnson räusperte sich. "Oliver und ich müssen auch los. Wir müssen dringend noch ein paar Quidditch-Strategien durchgehen." - "Genau!" stimmte Oliver Wood ihr zu, wirkte aber gleichzeitig etwas überrascht.

Wie immer, wenn jemand den Anfang machte, brachen immer mehr und mehr Besucher der vorweihnachtlichen Klassentreffen-Weihnachtsbäckerei auf. Das Muggelhaus leerte sich mehr und mehr. Gregory Goyle, Marcus Flint und Draco Malfoy wollten nun doch keine Ekelrezepte mehr ausprobieren. Stattdessen wollten sie noch auf einer Party in einem verrufenen Stadtteil von London 'vorbeischauen'. Etwas irritiert reagierte Draco dann allerdings doch, als Harry ihn zum Abschied fragte, ob er wisse, wie gut ihm ein Heiligenschein auf dem Kopf und Engelsflügel auf dem Rücken stünden.

Dudley Dursley schloss sich den dreien an. Besonders in Goyle schien er einen Verwandten im Geiste entdeckt zu haben. Er sagte Harry auf Wiedersehen, indem er ihm eine seiner Schokoladen-Minze-Schneeflocken stibitzte und ihm mit "Was hinter uns liegt und was vor uns liegt, sind kleine Angelegenheiten verglichen mit dem, was in uns liegt." ein Zitat von Ralph Waldo Emerson, jenem US-amerikanischen Geistlichen, Lehrer, Philosoph und Essayisten (1803-1882) zuraunte.

Und das sollte auch für längere Zeit der letzte, halbwegs intelligente Satz sein, den man aus seinem Munde hörte, denn die seltsamen Plätzchen von der Ministeriums-Weihnachtsfeier verloren nun auch bei ihm seine Wirkung. Nach zwei weiteren Tagen Resturlaub trat er wieder seinen Dienst bei der britischen Müllabfuhr an.

Neville Longbottom fiel ganz plötzlich ein, dass ja 24-Stunden-Sonderverkaufstag in der Winkelgasse war und er noch ein Geschenk für seine Großmutter besorgen musste. Hannah Abbott begleitete ihn, konnte sie doch den Kuss nicht vergessen, mit dem er sie aus ihrem Zauberschlaf geweckt hatte.

Der einzige, der jetzt noch backte, war Viktor Krum. Gegen fünf Uhr morgens zog er ein letztes, großes Blech mit leckerem Russisch Brot in Form von Kyrillischen Buchstaben aus einem der Muggel-Profi-Öfen und verteilte sie großzügig unter den noch anwesenden Freunden. Dann verließ er zusammen mit Lee Jordon die Party.

George Weasley und seine neue Freundin, die sie alle noch nicht wirklich gut kannten und an diesem Abend auch nicht wirklich gut kennengelernt, ja nicht einmal besonders beachtet hatten, nahmen Percy mit.

Die einzige, die bis zum Ende blieb, und Ginny und Harry und Hermine und Ron dabei half, Ordnung zu schaffen und ihre Spuren zu beseitigen, war Luna Lovegood. Gegen sechs Uhr morgens verabschiedete sie sich mit Küsschen und Umarmungen von ihren Freunden auf dem Gehsteig vor dem Muggel-Musterhaus. "Der Abend und diese Nacht waren einfach zauberhaft!" schwärmte sie selig. "Das müssen wir unbedingt wiederholen! Wir sehen uns spätestens im nächsten Jahr?"

Hermine und Ginny nickten zustimmend, aber Harry und Ron warfen sich eher gequälte Blicke zu.

Und noch Tage später fragte sich Harry, ob es wirklich stimmte, dass zu viel Eierpunsch und zu süßes Gebäck, also zu viel Zucker bei Zauberern wie ihm geistige Blähungen und damit wirre Tagträume und Visionen auslösen konnten.

>>Ende<<

[first published November, 11th – 15th 2010]

Montag, 8. August 2011

Hogwarts, Hüte und Hauselfen

Schandtat Numero 26

Pookie saß seufzend mit einem Messer vor einem Berg Kartoffeln. Eigentlich hätte sie mit ihren besonderen Fähigkeiten diese in null Komma nichts schälen können, aber diese blöde Selbstbestrafung… Ihr brummte jetzt noch der Schädel, und die anderen Hauselfen mieden sie. Sie seufzte. Manchmal hatte man es schwer - selbst hier in Hogwarts.

Dabei hatte doch alles nur mit diesen komischen Zettelchen angefangen und mit dem Auftauchen zweier Elfen von außerhalb, von denen eine immer mehr Butterbier trank. Aber das war schon viele, viele Jahre her. Wie viele, das wusste Pookie nicht mehr genau, denn obwohl ihre Art in der Regel langlebig war und über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügte, war sie selbst doch etwas anders in manchen Dingen. Jahreszahlen und Daten, zum Beispiel, waren nicht ihre Stärke, und manchmal brachte sie Ereignisse vollkommen durcheinander.

Aber jeder Hauself in Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, und im ganzen Vereinigten Königreich kannte Dobby, den Elfen, der einst in Diensten der reinblütigen Familie Malfoy gestanden hatte. Jeder wusste, wie Harry Potter, der berühmte Harry Potter, Lucius Malfoy überlistet hatte, Dobby eine Socke, die in einem Buch versteckt war, und damit die Freiheit zu schenken. Jeder erinnerte sich an den Skandal, als Dobby als erster freier Hauself seit Jahrhunderten, ja wenn nicht als erster überhaupt, durch 's Land gezogen war, um sich bezahlte Arbeit zu suchen. Und er hatte sich nicht mal dafür geschämt, keinen Herrn und Meister zu haben und Kleidung zu tragen. Schließlich war er hier bei ihnen in Hogwarts gelandet, aus lauter Gutmütigkeit des damaligen Schulleiters, Albus Dumbledore.

Ein feiner Mann, dieser Dumbledore. Wen hatte Pookie das nur immer wieder sagen hören? Ach ja, richtig. Rubeus Hagrid, der Wildhüter und Lehrer im Fach Pflege magischer Geschöpfe, sprach immer wieder voller Respekt und Anerkennung von dem verstorbenen, ehemaligen Schulleiter, wenn sie mit Gärtnerarbeiten auf dem Schlossgelände und in der Nähe seiner Hütte oder der Gewächshäuser beschäftigt war. Und eins ums andere Mal musste er sich dabei die Augen wischen und die Nase schnäuzen mit einem seiner riesigen Taschentücher, wenn ihn die Erinnerung an Dumbledore überkam.

Und eben dieser Dumbledore hatte auch die zweite Elfe von außerhalb in die Dienste der Schule aufgenommen, nachdem ihre ehemalige Herrschaft sie unehrenhaft entlassen hatte. Aber diese Hauselfe namens Winky war nicht so gut wie Dobby mit ihrer Freiheit zurechtgekommen. Sie war weinerlich geworden, schlampig in ihrem Aussehen und, was Pookie viel schlimmer fand, auch in ihrer Arbeit, und hatte schließlich immer mehr und mehr Butterbier getrunken. Eine Schande für alle Hauselfen dieser Welt sei sie gewesen, hatte es lange Zeit geheißen.

Und dann war da dieses komische Mädchen aus dem Hause Gryffindor gewesen. Sie hatte Tag und Nacht kleine Mützen und Hüte und Schals gestrickt und wollte damit den Hauselfen die Freiheit aufzwingen, die im Turm der Gryffindors und deren Gemeinschaftsraum sauber machen wollten. Überall hatte sie diese Kleidungsstücke versteckt. Irgendwann waren die Hauselfen von Hogwarts so weit gewesen, dass sie sich weigerten, für die Schüler des Hauses mit dem Löwenwappen zu putzen. Und allein Dobby hatte Dienst für das Haus tun wollen. Noch heute, nach all dieser Zeit, fanden sie hin und wieder einen gestrickten Hut unter einer Bodendiele, auf einer verlassenen Empore, in einem unbenutzten Kamin oder einen Schal in einem der unzähligen Geheimgänge oder am Fuß einer wenig benutzten Treppe, kurz überall dort, wohin erschrockene Hauselfen die Kleidungsstücke versteckt hatten, um nur ja nicht freigelassen zu werden.

Was war noch gleich aus dieser Schülerin geworden? War sie nicht eine gute Freundin von Harry Potter, dem berühmten Harry Potter, gewesen? Genau, Hermine Granger hatte sie geheißen. Inzwischen war sie mit Ron Weasley, einem anderen guten Freund von Harry Potter, dem berühmten Harry Potter, verheiratet und hatte als Mitarbeiterin des Zaubereiministeriums und der Zaubereigesetzgebung einige grundlegende Gesetzesänderungen mit auf den Weg gebracht. Pookie hatte darüber in den diversen Ausgaben der Hexenwoche gelesen, die sie immer im Lehrerzimmer fand.

Wenn sie es richtig verstanden hatte, dann hatte sie nun die Wahl, ob sie als freie Hauselfe und damit Hausangestellte mit Bezahlung und Kleidung bei ihrer Herrschaft dienen wollte, oder ob sie auf die altbekannte und bewährte Weise weiter leben wollte, mit all ihren magischen Bänden und Schwüren. Die meisten Elfen hatten sich für die traditionelle Lebensweise entschieden, das stand fest, aber Gerüchten zufolge sollte es auch einige Dörfer und Kolonien von freien Hauselfen geben. Über ein Leben in Freiheit hatte Pookie so gut wie noch nie nachgedacht. Aber vielleicht hatte auch unter den Hauselfen von Hogwarts ein Umdenken stattgefunden, denn die meisten fanden es inzwischen völlig überholt, wenn sie sich selbst bestrafte, wenn sie glaubte etwas getan zu haben, was gegen den Willen ihrer Herrschaft war.

Sie rieb sich den schmerzenden Kopf, den sie noch vor weniger als einer Stunde mehrfach gegen einen Baum am Rande des Verbotenen Waldes gestoßen hatte. Und schuld daran waren nur diese dummen, dummen Zettelchen und ihre fürchterliche Entdeckung. Und die Kartoffelschale wollte und wollte sich einfach nicht von den Erdäpfeln lösen. Einige Male hatte sie sich fast in den Finger geschnitten. Und wenn sie doch ein bisschen Hauselfenmagie praktizierte? Es wusste doch kaum jemand, dass sie sich mit dem Kartoffelschälen noch zusätzlich bestrafen wollte. Sie warf einen verstohlenen Blick zu der Hauselfe, die ihr am nächsten stand. Es war Winky, die auf Zehenspitzen auf einem Schemel am Herd balancierte, um mit einem riesigen Holzlöffel in der Hand in einem großen Topf mit Suppe auf dem Feuer zu rühren und diese von Zeit zu Zeit abzuschmecken.

Ja, seit der Ankunft von Dobby und Winky und den Elfenbefreiungsaktionen der jungen Hermine Granger war wirklich sehr, sehr viel passiert. Dobby war inzwischen tot, weil er sich in die Kämpfe von Zauberern eingemischt hatte, wie es hieß. Ach, und dann war noch ein anderer Hauself auf dem Schloss aufgetaucht. Kreacher hieß der, und er stand in Diensten von Harry Potter, dem berühmten Harry Potter. Und dieser Kreacher hatte alle Elfen der Schule in einen großen Kampf geführt gegen einen wirklich, wirklich bösen Mann. Das hatte sich Pookie wenigstens sagen lassen, aber genau wusste sie nicht, was damals passiert war. Als nämlich die ganzen bösen Männer in der Schule aufgetaucht waren und alles voller schwirrender Zauber und Trümmer und Rauch gewesen war, hatte sie mit schlimmen Bauchschmerzen in ihrem Bettchen in einer der Schlafkammern hinter der Küche gelegen und war nach vielen, vielen durchwachten Nächten endlich in einen heilsamen Schlaf gefallen. Als sie wieder aufgewacht war, war alles vorüber gewesen. Harry Potter, der berühmte Harry Potter, hatte den wirklich, wirklich bösen Mann besiegt und sie damit alle gerettet. Winky hatte aufgehört zu trinken und irgendwann einfach das Kommando in der Küche übernommen. Kreacher hatte mit dem berühmten Harry Potter die Schule und das Schloss verlassen. Und der berühmte Harry Potter stand jetzt kurz davor, der jüngste Leiter des Aurorenbüros im Zaubereiministerium aller Zeiten zu werden. Stand alles Woche für Woche in der neusten Ausgabe der Hexenwoche. Na ja, fast alles.

Das Leben war für Pookie weiter gegangen wie eh und je, hatte sich kaum verändert. Neue Lehrer waren gekommen und teilweise wieder gegangen. Und noch mehr Schüler und Schülerinnen hatten Jahr für Jahr die Schulbänke gedrückt und zu den Mahlzeiten dicht gedrängt an den vier großen Haustischen Speis' und Trank verzehrt, ohne sich jemals zu fragen, wie und woher sich die Tafeln immer wieder und von neuem mit den allerfeinsten Köstlichkeiten füllten. Und das war auch gut so, neue antirassistische und antidiskriminierende zaubereigesetzliche Bestimmungen hin oder her. Pookie mochte ihr Leben. Pookie wollte gar kein anderes haben, konnte sich kein anderes vorstellen. Und jetzt schnitt sie sich tatsächlich in den Finger. Mit einem leisen Quieklaut des Schmerzes ließ sie das Messer fallen, steckte den Finger in den Mund und begann daran zu saugen.

"Was machst Du da eigentlich? Wo bist Du mit Deinen Gedanken?" Winky schaute von ihrem großen Kochtopf auf, und als sie sah, dass Pookie weinte, kam sie um den Herd herum und legte ihr von hinten ihre kleine Hand auf die unter Schluchzern bebende Schulter. Dabei warf sie einen Blick auf den Kartoffelberg, den Haufen mit Schale und die geschälten und geviertelten Teile in einem kleineren mit Wasser gefüllten Topf. Er war noch nicht mal halb gefüllt, und das Mittagessen würde in Kürze beginnen.

"Vielleicht solltest Du Dich etwas ausruhen, Pookie", sagte Winky und klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. "Ich denke, wir werden schneller fertig mit allem, wenn Du Dich erstmals eine Weile hinlegst. Nach dem Essen kannst Du dann wieder beim Abwasch helfen."

Pookie sah aus großen, feuchten Augen zu ihr auf, wobei ihre großen, spitzen Ohren geknickt zu Boden zeigten. Winkys Stimme, die sie vom Butterbier lallend und schrill quiekend kennen gelernt hatte, und die in letzter Zeit oft laut und befehlend geklungen hatte, war jetzt um einige Oktaven tiefer und beruhigte die aufgelöste Pookie etwas. Sie erhob sich von ihrem Hocker und legte das Messer neben den Berg noch zu schälender Kartoffeln.

Sofort kam eine andere Hauselfe herbeigehuscht und nahm Pookies Platz ein. Diese hielt sich jedoch nicht lange mit Handarbeit auf, schnippte mit den Fingern, und das Schälmesser erhob sich vom Küchenboden, erzeugte eine Art Wirbelsturm, in dem es eine rohe Kartoffel nach der anderen in die Luft zog und sie von ihren Schalen befreite, die in langen Spiralen zu Boden sanken. Anschließend teilten sie sich in vier ungefähr gleich große Teile und sanken in den Topf, dessen Wasser inzwischen blubbernd zu kochen begonnen hatte.

Als Pookie gerade die Küchentür öffnen und in den Gang zu den Unterkünften der kleinen, guten Geister hinter der Küche unter der Großen Halle von Hogwarts einbiegen wollte, rief Winky ihr hinterher: "Und hör' auf, Dich selbst zu bestrafen. Denk' immer dran: es war nicht Deine Schuld, egal was auf diesen dummen Zetteln steht. Welchen Grund solltest Du haben, so etwas zu tun? Niemand glaubt, was auf diesen Zetteln steht. Niemand denkt, dass Du ihr absichtlich die falschen Wurzeln gegeben hast!"

Pookie nickte traurig und seufzte. Ein Blick in die Runde der Hauselfen, die nur so taten, als wären sie zu beschäftigt, um zuzuhören, und ihre auffällig unbeteiligten Gesichter, sagte ihr, dass nicht alle sie für unschuldig hielten. Sie tat noch einen rasselnden Seufzer, dann wischte sie sich mit dem Geschirrtuch, das sie wie eine Toga um die nackten Schultern trug, die Augen und schnäuzte sich die Nase, wobei sie die Küchentür hinter sich schloss.

Doch noch bevor sie die Tür zu ihrer Schlafkammer öffnen konnte, erklang hinter ihr ein lautes, deutliches Räuspern. Erschrocken wirbelte Pookie herum und schaute in das ebenmäßige Gesicht eines äußerst stattlichen Hauselfen. Er war größer und muskulöser, als es für ihre Art üblich war. Sein Oberkörper war nackt, und um die Hüften trug er ein rot-weiß kariertes Taschentuch wie einen Lendenschurz. Sein ungewöhnlich langes, blondes Haar trug er zwischen den Ohren zu einem kleinen Pferdeschwanz zurückgebunden. Seine klaren, blauen Augen sahen Pookie herausfordernd und beinahe belustigt an. Einige ihrer Kollegen, vor allem die weiblichen, mutmaßten, dass er wohl aus dem hohen Norden Skandinaviens stammen müsse, wo alle Hauselfen so groß und blauäugig sein sollten.

Aber dieser hier war kein Hausangestellter von Hogwarts. Dies hier war Barky, seines Zeichens Hauself in Diensten von Innocius Wannagood, dem Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste an Hogwarts' Schule für Hexerei und Zauberkunst.

"Man wünscht, Dich zu sehen", stieß Barky in einem beinahe hustenden Bellen hervor, einer Stimme, die so gar nicht zu seinem ansonsten stattlichen Äußeren passen wollte. Pookie zuckte zusammen und starrte ihn aus großen, runden und glasigen Augen an. "Aber ich war es nicht! Ich war es nicht!" fuhr es ihr immer wieder durch den Kopf. "Nun komm schon!" knurrte Barky. "Sie werden Dir schon nicht den Kopf abreißen!" Doch da war Pookie sich gar nicht so sicher, während sie dem Hauself mit hängenden Schultern und gesengtem Blick durch verwinkelte und verzweigte Gänge in die Kerker folgte.

Und ein Teil ihrer Befürchtungen bestätigte sich, als Barky plötzlich stehen blieb und auf die Tür zu dem Gewölbe wies, in dem der Zaubertrank-Unterricht stattfand. Pookie stieß ein leises Wimmern aus. Nein! Nein! Nein! Da wollte sie nicht rein! Nicht schon wieder. Hatte der Anblick, der sich ihr hier vor nicht einmal einer Stunde geboten hatte, noch nicht ausgereicht? Mussten sie sie zwingen, an den Ort ihrer schrecklichen Entdeckung zurückzukehren? "Aber ich war es nicht! Ich war es nicht!" murmelte sie vor sich hin. "Nach Dir!" meinte Barky mit einer angedeuteten Verbeugung und in einem Tonfall, der es Pookie unmöglich machte, zu sagen, ob er es ernst oder ironisch meinte.

Und so betrat Pookie mit einem tiefen, tiefen Seufzer und Barky dicht auf den Fersen den Kerker der Zaubertränke. Drei breite Steinstufen führten hinunter in den großen Raum, zuerst in einen schmalen Gang zwischen den Schülerpulten zu beiden Seiten mit ihren Zauberkesseln und ihren Schubladen für Trankzutaten bis hin zu einem erhöhten Podest am anderen Ende des Kerkers mit dem klobigen Lehrertisch und einer großen, schwarzen Tafel an der Wand dahinter. Und außer einem Durchgang in das Büro des Lehrers für Zaubertränke befand sich noch etwas auf diesem Podest, aber Pookie gab sich alle Mühe, nicht hinzuschauen. Zu frisch und schmerzhaft und aufwühlend war die Erinnerung an das, was sie dort vor kurzem im Blitzlicht eines sommerlichen Gewittersturmes hatte ansehen müssen.

Stattdessen ließ sie ihre tennisballgroßen Augen über die im Kerkerraum versammelte Menschenmenge schweifen. Beinahe das gesamte Lehrerkollegium der Schule für Hexerei und Zauberkunst von Hogwarts schien hier am heutigen Sonntagvormittag zusammen gekommen zu sein. Einige Professoren saßen auf den Schülerbänken, andere standen neben dem Lehrerpult auf dem Podest oder lehnten an der Wand unter den kleinen, vergitterten Fenstern knapp unterhalb der gewölbten Decke. Pookie erkannte Professor Vektor direkt neben Professor Sinistra, der Lehrerin für Astronomie, die sich mit Sybill Trelawney, einer der Lehrkräfte für das Fach Wahrsagen, zu streiten schien. Professor Flitwick, der in letzter Zeit immer kleiner und runzeliger zu werden schien, schritt nervös an der Stirnseite des Raumes auf und ab. Selbst Professor Binns, der Lehrergeist, Firenze, der Zentaur, und Irma Pince, die Bibliothekarin, waren da. Hagrid, der Wildhüter und Verwalter der Ländereien von Hogwarts sowie Lehrer in Pflege Magischer Geschöpfe, unterhielt sich leise und besorgt mit Neville Longbottom, dem Lehrer für Kräuterkunde. Neville Longbottom, noch so ein guter Freund von Harry Potter, dem berühmten Harry Potter.

Und da war auch die Direktorin und Professorin für Verwandlungen, Minerva McGonagall, die auf etwas oder jemanden zu warten schien und immer wieder Blicke zur Tür hinauf warf. Als sie Pookie und Barky dort stehen sah, rief sie: "Da ist die Hauselfe, die sie gefunden hat. Vielleicht kann sie etwas Licht in diese unerfreuliche Angelegenheit bringen. Komm' nach vorne!"

Pookie spürte ein Kribbeln auf der Haut, als sich ihr alle Augenpaare im Raum zuwandten. Den Blick starr auf den Boden geheftet, stapfte sie langsam die drei Steinstufen hinunter. Da lagen ja auch noch die Scherben des Kruges, in dem sie der Lehrerin für Zaubertränke heißes Wasser hatte bringen wollen. Und in ihrer Erinnerung zuckten die Blitze und tauchten den Raum der Zaubertränke in ein gespenstisches Licht, während der Wasserkrug aus ihren kleinen Händen glitt und auf dem Steinfußboden zersprang.

Pookie atmete tief ein und aus. Das Geruchgemisch aus magischen Putzmitteln und schwitzenden und qualmenden Schülerköpfen wurde in diesem Klassenraum überlagert vom beißenden Geruch verbrannter und verkohlter Trankrückstände am Boden von Kesseln und Töpfen und dem Aroma der verschiedensten Zutaten in den Schränken und Regalen an den Wänden ringsum. Pookie mochte diesen Geruch nicht, daran hatte auch die Tatsache, dass sie seit einigen Jahren hier gerne sauber machte, nichts ändern können.

Die neue Lehrerin für Zaubertränke hatte es wirklich verstanden, dem Raum eine ganz neue, beinahe freundliche Note zu verleihen. Zu Professor Snapes Zeiten und vor ihm und nach ihm zu Professor Slughorns, der nun endgültig in den Ruhestand getreten war, war dies die reinste, unheimlichste Gruft gewesen, düster und bedrückend und Spinnweb verhangen. Morticia Mayflower hatte bei Antritt ihres Amtes eine mehrtägige Grundreinigung angeordnet und anschließend alle Regale und Zutatenschränke mit all den Kräutern, Pulvern, eingelegten Tierpräparaten und dem ganzen Rest mit halb durchsichtigen, lindgrünen Vorhängen verhängt. An den kargen Steinwänden hatte sie bewegt lebhafte und vor allem Tageslicht spendende Bilder von grünenden und blühenden Landschaften und Fluggeräten aller Art vor blauen Himmeln anbringen lassen. Sie wollte, dass sich jede und jeder in ihrem Unterrichtsraum genauso wohl fühlte wie sie selbst, hatte sie Pookie einmal anvertraut. Neben dem Lehrerpult auf dem Podest noch vor dem Durchgang in ihr Büro stand ein geblümter Ohrensessel, in dem sie sich gelegentlich während der Unterrichtsstunden nieder ließ, meistens wenn sie ihre Schüler einen Test schreiben ließ.

Aber hauptsächlich saß sie darin in ihrer Freistunde, die sie sich morgens zu einem zweiten Frühstück in ihren Stundenplan hatte schreiben lassen. In dieser unterrichtsfreien Zeit, trank sie Tee, den sie sich mit frischem heißen Wasser aus der Schlossküche aufzubrühen pflegte, Wasser, das Pookie ihr seit einigen Monaten regelmäßig brachte. Aber Pookie brachte ihr auch die Zutaten für ihren Tee oder für einen ihrer experimentellen Zaubertränke, die sie gern in ihrer Freistunde ausprobierte und erprobte und verbesserte. Und die Hauselfe leistete ihr in ihrer Freistunde regelmäßig Gesellschaft und plauderte mit ihr, während sie gleichzeitig putzte und für Ordnung sorgte. Und das nicht nur während der Woche, sondern auch an unterrichtsfreien Sonntagen wie dem heutigen, denn auch an diesen zelebrierte die Lehrerin ihre "Freistunden". Sie hatte ihr Gesellschaft geleistet und regelmäßig mit ihr geplaudert, verbesserte sich Pookie in Gedanken.

Sie schluckte und ein Schauder durchlief ihren kleinen Körper. Ihr nackter Fuß trat auf einen kleinen Fetzen Papier, der leise, aber deutlich raschelte. Barky bückte sich und hob ihn auf. Pookie, die sich selbst beim Putzen in der Bibliothek das Lesen der Muggel- und Zauberersprache beigebracht hatte, brauchte den Zettel nicht zu lesen. Sie wusste, was darauf stand, denn es stand auf jeder Menge Zetteln, die im ganzen Klassenraum verteilt lagen. "Der Mörder ist immer der Gärtner!?" las Barky vor. "Was hat denn das zu bedeuten?"

Sie waren am Podest angekommen und die Schülerpulte hatten die Sicht freigegeben auf den gemütlichen, geblümten Ohrensessel, neben dem noch ein verschnörkelter, geschnitzter Beistelltisch stand. Wieder zuckten die Blitze, und der Donner rollte draußen über den echten Himmel und in der Großen Halle über die verzauberte Decke. Wieder stand Pookie mit dem Krug voll heißem, dampfendem Wasser an der Tür zum Kerker. Und wieder sah sie Professor Morticia Mayflower leblos in ihrem Lieblingssessel sitzen. Vor Schreck hatte sie den Krug fallen lassen, war zu der Lehrerin hinüber gelaufen, hatte sie an Armen und Beinen berührt und gerüttelt und geschüttelt, aber sie hatte sich nicht mehr bewegt. Und auf dem Beistelltisch neben der Lehrerin hatte nicht nur der bereits leere Wasserkrug gestanden, denn der zerbrochene war der zweite Krug mit heißem Wasser gewesen, den Pookie an diesem Morgen hatte holen müssen. Nein, dort hatten auch die Ingwerwurzeln für den Tee gelegen, heil und ganz, wie Pookie sie aus dem Gewächshaus gebracht hatte. Die Ingwerwurzeln waren nicht im Tee gelandet, stattdessen fehlte jede Spur der tödlichen Hasentod-Mistel, die Professor Mayflower für einen Zaubertrank hatte verwenden wollen, und die nur ein Laie und nur auf den allerersten und aller flüchtigsten Blick mit dem Ingwer hätte verwechseln können. Und überall lagen diese kleinen Zettel, auf die Morticia in ihrer feinen, verschnörkelten Federhandschrift immer wieder die Worte "Der Mörder ist immer der Gärtner!" geschrieben hatte. Pookie war kreischend aus dem Kerker gestürmt, hatte sich erst den Kopf an einen Baum am Rand des Verbotenen Waldes gestoßen und später versucht, sich mit Handarbeit in der Schlossküche zu bestrafen.

"Aber ich war es nicht! Ich war es nicht!" rief die Hauselfe jetzt aus, als ihr Blick auf die starre Gestalt in ihrem Lieblingssessel fiel. Morticia Mayflower sah aus wie ein schlafender Rauschgoldengel. Sie wirkte wesentlich jünger, als sie eigentlich war. Ihr Gesicht war noch rosig und umrahmt von langen, blonden Spirallocken, die sich auch über die Kopflehne des Sessels ergossen. Ein seliges Lächeln umspielte noch ihre Lippen. Der Rest des Tees in der fein säuberlich auf der Untertasse auf dem Beistelltischchen neben ihr abgestellten Teetasse war inzwischen mit Sicherheit eiskalt – wie seine Trinkerin. Hatte sie, Pookie, vielleicht die beiden Wurzeln verwechselt, die würzige mit der tödlichen? Sie wusste es nicht, konnte es aber auch nicht ausschließen, und musste der Versuchung widerstehen, ihren Elfenkopf auf das hölzerne Podest zu schmettern. "Ich bin es nicht gewesen!" stöhnte sie und warf die Hände vor die tränenden Augen.

"Und genau das ist hier die Frage!" ertönte da eine laute, tiefe und äußerst melodramatische Stimme. Pookie verstummte augenblicklich und konnte Barky hören, der neben ihr ein irgendwie genervtes Knurren von sich gab. "Jetzt kommt der große Auftritt!" flüsterte er ihr zu.

"Wenn es die Hauselfe nicht war", fuhr die unsichtbare Stimme dröhnend fort, "wer hat es dann getan? Und es ist doch wohl unfraglich, dass die von uns allen hochverehrte Morticia Mayflower nicht freiwillig aus dem Leben geschieden ist!? Oder?"

Pookie sah eine Bewegung hinter den schweren, grünen Samtvorhängen, die den Durchgang zwischen dem Klassenraum und dem Büro der Zaubertranklehrerin verdeckten. Die Vorhänge beulten sich aus, als Hände und Füße und schließlich ein Kopf von der anderen Seite dagegen drückten, aber keinen Durchlass fanden. Die tiefe, männliche Stimme geriet leicht ins Stocken, setzte dann aber zu weiteren Erklärungen an. "Wie mein großes Vorbild, der Muggeldetektiv Sherlock Humbug sagen würde…" Barky stöhnte erneut auf und verdrehte kopfschüttelnd die Augen. "Sherlock Holmes! Er heißt Sherlock Holmes!" hörte Pookie Barky murmeln.

Gleichzeitig gab es ein lautes Scheppern und ein unterdrücktes Fluchen der lauten, tiefen Stimme. Die grünen Samtvorhänge wurden aus ihren Verankerungen am Türbogen gerissen, und aus ihnen heraus trat strauchelnd und wild mit den Armen rudernd – Innocius Wannagood, der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Sein langes, pferdeartiges Gesicht mit den großen, schwarzen Augen, der langen, flachen Nase und den dicken, breiten Lippen hatte einen fast komischen Ausdruck.

Doch nicht lange, dann beendete er seinen Satz: "Wie also Sherlock Humbug sagen würde: 'Watson, ich kombiniere. Es war Mord!'" Er machte eine theatralische Pause als erwarte er dramatische Reaktionen seiner Kolleginnen und Kollegen, aber diese schwiegen nur betreten oder wirkten ähnlich genervt wie Barky, der persönliche Hauself Wannagoods.

Pookie sah, wie die Direktorin, Minerva McGonagall, Madam Pomfrey, der Krankenschwester einen fragenden Blick zuwarf. Diese klappte gerade eine Ledertasche mit kleinen, zaubermedizinischen Utensilien zu, mit denen sie die ganze Zeit über Morticia Mayflowers leblosen Körper untersucht hatte, und schüttelte den Kopf. "Es tut mir leid, Minerva. Ich entdecke keine Lebenszeichen mehr. Für eine genaue Untersuchung der Todesursache bin ich aber nicht ausgerüstet. Da müssen wir sie schon in 's St. Mungos bringen."

"Was auch immer die Todesursache gewesen sein mag", fuhr Innocius Wannagood offenbar ungehalten über diese Unterbrechung fort, "es war in jedem Falle tödlich!" Er schüttelte einen Teil der Vorhänge, die sich um seinen Fuß gewickelt hatten, ungelenk ab und trat an den Rand des Podests, auf dem die Tafel und das Lehrerpult standen. "Und wie mein treuer, kleiner Watson hier", er ging in die Hocke und patschte Barky kräftig auf die Schulter, "herausgefunden hat, war das letzte Geschöpf, das die arme Morticia lebend gesehen hat,…" In einer Hand hielt er eine rauchende Tabakspfeife, mit deren Spitze er jetzt auf Pookie zeigte. "…diese Hauselfe!"

Wieder machte er eine Pause, und wieder kam kaum eine bis keine Reaktion von seinen anwesenden Kollegen und Mitarbeitern. Selbst Pookie wusste nicht, genau, wie sie auf diese scheinbare Enthüllung reagieren sollte.

"Das mit dem St. Mungos könnte zur Zeit etwas schwierig werden, Pommy", sagte McGonagall jetzt zu Madam Pomfrey. "Schaff' sie vorerst in den Krankenflügel. Aber bitte unauffällig und diskret. Wir wollen die Schüler nicht unnötig in Panik versetzen und beunruhigen. Nicht bevor wir wissen, was hier vor sich geht."

Madam Pomfrey nickte verständnisvoll. Sie zückte ihren Zauberstab und ließ den geblümten Sessel mit der leblosen Lehrerin vor sich durch die Luft auf den Ausgang zu schweben. Sicher würde sie den Geheimgang hinter dem Gemälde von Cecil, dem Chaotischen, hinauf in den Krankenflügel nehmen, dachte Pookie.

"Aber Sie können doch nicht die Leiche vom Tatort…", wollte sich Wannagood beschweren, doch Professor McGonagall ignorierte ihn weiterhin. Stattdessen wandte sie sich an Hagrid: "Hagrid? Gibt es Neuigkeiten von den Eulen, die wir vor einer Stunde losgeschickt haben?"

Hagrid sah sehr bedrückt aus. "Sin' alle wieder zurück gekomm'", brummte er. "Keine konnte ihre Nachricht loswerd'n. Keine is' vom Schlossgelände gekomm'." – "Nicht mal die nach Hogsmeade sind angekommen? So nah und doch nicht erreichbar?" meinte die Direktorin nachdenklich. "Flohpulver funktioniert auch nicht. Auch einen Nachrichtenpatronus konnte keiner von uns verschicken. Sieht aus, als wären wir seit diesem heftigen Blitzschlag vorhin von der übrigen Zaubererwelt abgeschnitten!"

"Umso mehr…", Innocius Wannagood versuchte hinter Hagrids breitem Rücken, die Aufmerksamkeit der Direktorin auf sich zu lenken, mit einigen teilweise sehr albernen Hüpfern, "…sind hier meine herausragenden Fähigkeiten und Kenntnisse als Verteidiger gegen die Dunklen Künste und meine Erfahrungen in Muggelkriminalogie gefragt. Wie sieht es aus mit den magischen Kommunikationswegen?"

"Argus", wandte sich Minerva McGonagall jetzt an den Hausmeister Argus Filch, "bitte gehen Sie mit Hagrid los und untersuchen Sie alle Wege vom Schlossgelände. Sybill Trelawney berichtet, sie habe kurz nach dem Blitzeinschlag versucht, das Gelände durch das Haupttor zu verlassen, aber da sei eine Art Barriere gewesen. Und vergessen Sie mir nicht die Geheimgänge!"

Der Hausmeister und der Wildhüter nickten sich kurz zu, dann schickten sie sich an, den Zaubertrankkerker zu verlassen. In der Tür stießen sie beinahe mit Madam Hooch, der Quidditch- und Fluglehrerin zusammen. Diese stellte eilig einen Besen an der Wand ab und kam mit wild abstehenden Haaren durch den Klassenraum auf das Lehrerpodest zu. Mehr als besorgt berichtete sie: "Minerva, der Luftraum ist dicht! Ich habe alle Himmelsrichtungen abgeflogen. Es ist absolut kein Durchkommen."

McGonagall seufzte und nickte. "Filius…", Professor Flitwick trat einen Schritt näher, "…und Longbottom, versuchen Sie herauszufinden, was hier vor sich geht. Vielleicht finden Sie auch einen Zauber, der die Kommunikation wieder herstellt. Professor Trelawney, Professor Sinistra und Professor Vektor unterstützen Sie sicher gerne dabei. Nutzen Sie alle Ressourcen, den Astronomieturm, wenn es sein muss auch die Wahrsagekugeln. Ich stoße zu Ihnen, sobald ich kann."

"Bitte, Direktorin!" Innocius Wannagoods Stimme klang nun entschieden beleidigt und auch etwas hochnäsig. "Was wird meine Aufgabe sein?" Minerva McGonagall dachte kurz nach und wechselte einen vielsagenden Blick mit Madam Hooch, der Pookie nicht verborgen blieb. "So untersuchen Sie schon den Tatort hier, im Namen der drei Brüder", stieß sie schließlich hervor. "Aber unauffällig und ohne die Schüler in Panik zu versetzen!"

"Kein Schüler wird sich an einem unterrichtsfreien Sonntag freiwillig in die Kerker verirren", verkündete der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste nun wieder in seinem alten, tiefen, melodramatischen Tonfall. "Ich bin genau der richtige Mann dafür, denn wie sagte schon Sherlock Humbug: Wenn man alles Unwahrscheinliche ausschließt, muss das, was übrig bleibt, und sei es noch so unwahrscheinlich, die Wahrheit sein. Und ich werde nicht eher ruhen, bis ich endgültig Licht ins Dunkel, Erleuchtung in die Finsternis gebracht und das schändliche Verbrechen brutalst möglich aufgeklärt habe!"

Pookie hörte, wie Professor McGonagall Madam Hooch zuraunte: "So ist er wenigstens beschäftigt und richtet vielleicht nicht allzu viel Schaden an!" und Madam Hooch ebenfalls flüsternd und augenrollend antwortete: "Fehlen nur noch ein, zwei Bestseller und ein paar Autogrammkarten und wir haben einen neuen Gilderoy Lockhart." – "Manchmal wünschte ich wirklich, der alte Fluch läge noch auf seiner Stelle", seufzte Minerva, dann folgten die beiden Frauen ihren Kollegen in Richtung Ausgang.

Die verbliebenen Lehrer verließen nun allesamt eilig mit gesenkten Blicken und wehenden Umhängen den Kerker der Zaubertränke, Innocius Wannagood bewusst ignorierend, als er ihnen hinterher rief: "Bitte halten Sie sich für weitere Untersuchungen und Befragungen bereit! Ich werde Ihnen Nachrichten zukommen lassen mit meinem neu entwickelten Kurzstrecken-Nachrichtensystem, wenn ich Sie brauche!" Doch niemand zeigte eine Reaktion, also tat er einen tiefen Zug aus der Tabakspfeife, die er mit sich trug, und blies einen Mundvoll Pfeifenrauch in Richtung der beiden Hauselfen, die noch immer vor dem Podest standen und ihn aus großen Augen ansahen.

Der Rauch hing einen Augenblick vor ihnen in der Luft, dann formte er die Worte "Folgt mir!" Sie sahen gerade noch, wie Wannagood über die schweren, grünen Samtvorhänge am Boden in Morticia Mayflowers Büro verschwand, und folgten ihm langsam.

Pookie kannte auch das Büro der Lehrerin für Zaubertränke nur zu genau. Hier stand ein großer, verschnörkelter Schreibtisch, an dem Morticia Schularbeiten zu korrigieren oder neue Unterrichtsstunden vorzubereiten pflegte. Hier waren der große, dunkle Schrank mit ihren privaten und besonders gefährlichen oder kostbaren Zaubertrankzutaten und ein Regal mit einer ganzen Reihe sonderbarer Gegenstände. Aber auch ein zweiter geblümter Sessel wie der, den Professor Mayflower in den Unterrichtsraum geräumt hatte, stand hier in einer Ecke. Oft hatte Morticia Pookie gebeten, doch eine Pause mit ihr zu machen, und mit ihr hier in ihrem Büro gemeinsam Tee getrunken und Gebäck dazu gegessen, sie hinter ihrem Schreibtisch und Pookie in dem zweiten geblümten Ohrensessel.

Jetzt stand Innocius Wannagood davor in seinem grünen, mit gelben und blauen Streifen karierten Tweed-Umhang und einer dazu passenden Schirmmütze mit auf dem Kopf zusammengebundenen Ohrenklappen und hustete sich die Lunge aus dem Hals. "Verdammtes Pfeifenkraut!" fluchte er. "Wer hat das nur erfunden?!" Er machte sich gar nicht erst die Mühe die glühende und rauchende Pfeife zu löschen, sondern warf sie, wie sie war, in eine von Morticia Mayflowers urnenförmige Vasen.

Nachdem er wieder zu Atem gekommen war, begann er seinem Hauselfen Befehle zu erteilen. Dabei sah er ihn fast nie direkt an, sondern wühlte und schnüffelte die ganze Zeit über in den Schrank- und Regalfächern seiner Kollegin herum. "Mein kleiner Watson Barky, ich brauche Deine Unterstützung", erklärte er. "Und unsere kleine Hauptverdächtige und Hauptzeugin hier nimmst Du am besten gleich mit und behältst sie im Augen. Ich habe vor, diese Räume auf Fingerabdrücke zu untersuchen. Auf Abdrücke aller Art, wenn ich es mir recht überlege. Aus diesem Grund…", er hob etwas aus dem Regal, das wie ein mit einem Geschirrtuch verdecktes Einweckglas aussah, "…brauche ich einige Zutaten für ein Abdruck-Pülverchen. Etwas Steinabrieb von den Statuen der geflügelten Eber am Schlossportal, etwas zerriebenes, getrocknetes Moos von der Lichtung im Verbotenen Wald, auf der wir neulich waren, und den unberührten Staub aus dem entlegensten Teil des Raumes der Wünsche, den ihr unbedingt über den Speicher im Nordturm betreten müsst. Ihr kennt doch jenen kleinen Dachboden ganz in der Spitze des Turms, auf den man nur durch die Luft kommt, weil es keinen Zugang durch die Wahrsageräume darunter gibt? Mein Besen steht im Geräteraum neben meinem Büro. Und bitte, Barky, behandele ihn sorgfältig. Du weißt, wie stolz ich auf meinen antiken Feuerblitz bin!"

Er drehte das abgedeckte Glas auf einer ausgestreckten Handfläche in alle Richtungen und zog dann mit Schwung und der anderen Hand ruckartig das Tuch weg. Beim Anblick eines glupschäugigen Wesens, wie eine Schlange mit viel zu vielen Armen und Beinen, das in dem Glas in einer Flüssigkeit eingelegt schwamm und ihn anzustarren schien, stieß Wannagood einen spitzen Schrei aus und ließ das Glas erschrocken fallen.

Barkys blitzschneller Reaktion zur richtigen Zeit war es zu verdanken, dass es nicht auf dem Boden aufschlug und zerbrach. Der drahtige Hauself hastete vor und fing das Glas im Sprung. Die Flüssigkeit und das glotzende Getier darin schwappten nur ganz leicht hin und her. Barky stellte es ins Regal zurück, während Wannagood tat, als sei nichts geschehen, und weiter mit den Fingern durch die Regale fuhr.

"Master Wannagood", wagte Barky zu fragen, "sollten wir nicht dieses Aluminiumpulver oder etwas Fertiges in der Art benutzen, wenn wir die Räume hier auf Fingerabdrücke untersuchen wollen, wie es die Muggel in den Detektivromanen tun, die Sie so gerne lesen? Wozu die Mühe mit dem selbsthergestellten Pulver mit den merkwürdigen Zutaten?"

"Keine Fragen mehr, mein kleiner Watson!" Wannagood war jetzt dazu übergegangen, auf dem Schreibtisch herumzuschnüffeln. "Wo bliebe denn das magische Element, wenn wir alles wie die Muggel machen würden? Ach, und noch etwas: wenn ihr schon auf dem Besen in den Nordturmspeicher fliegt, dann überprüft doch noch mal den Luftraum um das Schloss, ob da wirklich kein Durchkommen ist. Rolanda Hooch, das alte Mädchen, war vielleicht zu ihrer Zeit eine begnadete Fliegerin und Quidditch-Spielerin, aber sie wird nun mal auch nicht jünger mit den Jahren."

Er sprang auf die Füße, schnappte sich die Vase, in die er seine Pfeife geworfen hatte und drückte sie Barky an die nackte Brust. "Da könnt ihr das Zeug rein tun. Und jetzt genug geplaudert. Los jetzt, macht Euch auf die Socken! Oh, entschuldigt, hatte ich vergessen. Ihr habt ja gar keine." Damit schob er die beiden kleinen Wesen aus dem Büro in den Klassenraum und versuchte hinter ihnen, die Vorhänge wieder vor den Eingang zu hängen.

Kaum im Gang vor dem Klassenraum für Zaubertrankunterricht angekommen, klemmte sich Barky die Vase für die Zauberpulverzutaten unter den einen Arm und umfasste Pookie mit dem anderen, ehe sie es sich versah. Dann apparierten sie gemeinsam auf ihre Hauselfenart direkt vor den kleinen Geräteraum neben dem Büro des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, um sich Wannagoods fast schon antiken Feuerblitz-Flugbesen zu holen. Harry Potter, der berühmte Harry Potter, hatte während seiner Schulzeit hier in Hogwarts genauso einen Besen besessen und geflogen, dachte Pookie flüchtig. Barkys Nähe irritierte sie, und sie konnte nicht einmal genau sagen, warum.

"Ob mein Master herausfindet, dass die Mayflower an dem Gebräu aus Hasentod-Mistel auf dem Beistelltisch neben ihrem Sessel gestorben sein muss?" sagte Barky unvermittelt, als er mit einem geheimen Klopfzeichen die Tür zum Geräteraum öffnete.

Pookie stockte der Atem. "Woher weißt Du das?" fragte sie fast flüsternd. "Und woher weiß er, dass ich die letzte war, die Morticia… ich meine Professor Mayflower lebend gesehen haben muss?"

Barky lächelte sie verschmitzt an, wobei seine blauen Augen blitzten und funkelten. "Man hört so einiges als Hauself, besonders, wenn man Augen und Ohren offen hält und mit den anderen Hauselfen redet. Nichts ist informativer als guter, alter Hauselfentratsch. Glaubst Du, Deinen Kollegen sind Deine und Morticias Freistunden entgangen?"

Pookie schaute ihn erschrocken und beinahe schuldbewusst an, während sie gegen den Drang ankämpfte, ihren Kopf gegen die nächste Wand zu schlagen.

"Ich glaube, Dir ist selber nicht bewusst, dass Du mit dieser Hexe regelrecht befreundet warst. Euer Ritual mit den allmorgendlichen, frischen Zaubertrankzutaten und dem extraheißen Wasser aus der Schlossküche war für mich kein Geheimnis. Außerdem habe ich bei den Gewächshäusern nachgefragt, was Du ihr heute Morgen Gutes mitgenommen hast. Die Ingwerwurzeln lagen unangetastet auf Mayflowers Tisch, also konnte das stinkende Gebräu in Mayflowers Teekanne und der Tasse nur die Wurzel der Hasentod-Mistel beinhalten."

Pookie schluckte und kämpfte erneut gegen aufsteigende Tränen an. "Aber ich war's nicht!" hauchte sie wieder. "Ich habe ihr nichts getan!"

"Das behauptet ja auch niemand!" Barky richtete sie auf, indem er sie mit beiden Händen an den Schultern packte, sie leicht schüttelte und ihr dabei tief und fest in die Augen sah. Dann stieg er auf einen Schemel im Geräteraum und nahm den Flugbesen aus einer Halterung von der Wand. "Außerdem habe ich die gleichen Detektivromane gelesen, wie Master Wannagood. Was glaubst Du wohl, wer ihm die aus den Muggelbibliotheken besorgen und sie anschließend wieder zurückbringen muss, wenn auch meistens viel zu spät?"

Er hatte die Tür zum Geräteraum wieder verschlossen, und nun gingen sie, den Besen mit über dem Boden schleifenden Reisigbündel hinter sich her ziehend, den Gang entlang in Richtung Treppe zum Ausgang.

"Ob sie nun den giftigen Trank freiwillig, aus Versehen oder unter Zwang getrunken hat, müsste man noch herausfinden, egal ob auf zauberische oder auf gute, alte muggeldetektivische Art. Auch, was es mit ihren seltsamen Nachrichten auf diesen Zetteln – 'Der Mörder ist immer der Gärtner' – auf sich hat – immer vorausgesetzt, die stammen überhaupt von ihr – ist mir noch ein Rätsel", fuhr Barky beinahe im Plauderton fort. "Und Du fragst, woher ich das alles weiß? Ich wasche und stopfe Master Wannagoods Socken, wenn Du verstehst, was ich meine."

Pookie verstand vor allem seine letzte Bemerkung nicht und wunderte sich über den manchmal fast belustigten Tonfall, in dem Barky über seinen Meister sprach, ohne sich anschließend dafür zu bestrafen. So würde sie niemals über irgendeinen Lehrer in Hogwarts sprechen, die sie allesamt als ihre Herren und Arbeitgeber betrachtete. Auch hätte sie ihre Treffen und Gespräche mit Morticia Mayflower niemals als Freundschaft bezeichnet.

In diesem Augenblick fiel das schwere Eichenportal von Hogwarts hinter ihnen ins Schloss, und sie standen in einer leichten Brise auf dem Schlossgelände. Der heftige Gewittersturm war vorüber gezogen, aber noch hingen schwere, dunkle Wolken am Himmel. Von der Sommersonne war keine Spur zu entdecken, und außer ihnen schien sich keine lebende Seele hier draußen aufzuhalten. Nicht mal das kleinste Vögelchen war zu hören und alles schien wie in Watte gepackt zu sein.

Barky stellte den Feuerblitz mit einem gerunzelten Blick hinauf zum Dach und der verborgenen Kammer darunter unter dem Nordturm ab. Dann machten sie sich daran, die beiden leichter zu beschaffenen Zutaten für Wannagoods Pulver, mit dem er Finger- und andere Abdrücke sichtbar machen wollte, zu besorgen.

Pookie stellte überrascht fest, dass es ihr beinahe Spaß machte, mit Barky unterwegs zu sein. In seiner Gegenwart wirkten die steinernen Eber am Eingang zum Schlossgelände und selbst der Verbotene Wald nur halb so bedrohlich auf sie wie üblich. In seiner Nähe fühlte sie sich sicher, beinahe geborgen. Sie hörte ihm gern zu, wenn er sprach, auch wenn sie vieles von dem, was er sagte, nicht verstand.

Und so kam es, dass sie schon kurz nach Mittag wieder bei Wannagoods Besen unter dem Nordturm standen, mit etwas Steinstaub von den Eberstatuen und dem trockenen, zerriebenen Moos von der Lichtung im Verbotenen Wald in Morticia Mayflowers Urnenvase.

Und diesmal war es Pookie, die mit unruhigem Blick zwischen dem Feuerblitz und dem Dach des Turmes, unter dem sich dieser nur schwer zugängliche Speicher befand, hin und her sah. Sie ertappte sich bei der Frage, ob es wirklich Sinn machte, was Wannagood ihnen hier aufgetragen hatte.

Sicher hatte sie schon vom Raum der Wünsche gehört, kannte sie, wie alle Hauselfen in Hogwarts, die Geschichte, wie Dobby Harry Potter, dem berühmten Harry Potter, in dessen fünften Schuljahr diesen Raum gezeigt hatte, damit er dort seine Nachhilfestunden in Verteidigung gegen die Dunklen Künste geben konnte. Auch wusste sie, dass dieser Raum immer dort auftauchte, wo er gebraucht wurde. Aber sie verstand nicht, was Wannagood mit Staub aus dem entlegensten Teil dieses Raumes wollte, und warum sie ihn ausgerechnet über den Speicher im Nordturm betreten mussten. Und überhaupt, wer legte schon eine Turmkammer an, die man nur durch die Luft erreichen konnte? Und damit näherten sich ihre Gedanken ihrem eigentlichen Problem.

"Du, Barky", hauchte sie. "Ich habe noch nie…", die Luft fuhr hörbar aus ihren Lungen, "… auf einem Besen gesessen. Ich bin noch nie geflogen."

"Dann wird 's aber höchste Zeit!" lachte Barky und machte kurzen Prozess. Er drückte ihr die urnenförmige Vase in die Hand und zog sie hinter sich auf den Besenstiel des Feuerblitzes. "Versuch' die Vase zwischen uns zu nehmen!" rief er ihr zu. "Und halt Dich gut an mir fest!"

Und ehe Pookie weitere Einwände erheben oder Fragen stellen konnte, sausten sie schon mit im Wind flatternden Geschirr- und Taschentüchern und Hauselfenohren durch die Luft. Sie spürte den Flugwind auf den Wangen und hörte ihn in den Ohren brausen, aber sie wagte nicht, die fest zugepressten Augen zu öffnen.

"Wir müssen noch prüfen, ob man das Schlossgelände wirklich nicht auf dem Luftweg verlassen kann", hörte sie Barky vor sich auf dem Besen rufen. In diesem Moment riskierte sie einen kurzen Blick durch zusammengekniffene Augenlider.

Bei dem Anblick, der sich ihr bot, klappte ihr der Kiefer herunter. Der grau bewölkte Himmel über ihnen sah mittlerweile aus wie ein Schweizerkäse. Durch Löcher in der Wolkendecke fielen dicke, breite Sonnenstrahlen zur Erde. Sie punkteten das Schloss, den Verbotenen Wald, das ganze hügelige Umland und brachten den Großen See zum Glitzern und Funkeln. Und alles sah so klein aus, so hoch oben brausten sie dahin.

"Oh!" entfuhr es Pookie, so dass Barky sich besorgt zu ihr umdrehte. "Was ist?" rief er. "Dir wird doch wohl nicht schlecht werden?"

"Das ist herrlich!" brach es aus Pookie in einem einzigen Jubelschrei heraus. Sie nahm beide Hände, mit denen sie krampfhaft Barkys Seiten umklammert hatte, von seinen Hüften und warf sie mit beiden Armen hoch in die Luft. "Yippie!" schallte es weit über das Land. "Höher! Schneller! Weiter!" feuerte die kleine Hauselfe den Rennbesen und seinen Piloten an.

Barky schmunzelte und beugte sich wieder nach vorn, um sich auf das Fliegen zu konzentrieren und den Besen tatsächlich etwas zu beschleunigen. Doch plötzlich nahm der wilde Flug ein jähes Ende.

Sie hatten sich in kleinen Kreisen immer weiter in die Luft hinaufgeschraubt und gleichzeitig ein gutes Stück vom Schloss entfernt. Gerade war unter ihnen das Eingangsportal zum Schlossgelände mit den beiden geflügelten Eberstatuen aufgetaucht, da gab es einen plötzlichen Ruck, und es ging nicht mehr weiter.

Pookie nahm schnell die Arme wieder runter und umklammerte wieder fest Barkys Oberkörper. Sie duckte sich in seinen Windschatten und spürte seine Vorwärtsbewegungen hinter seinem tief gebeugten Rücken. Aber der Besen wollte sich einfach nicht weiter von der Stelle bewegen. Es war, als würden sie in der Luft stehenbleiben. Barky richtete sich auf und hob tastend eine Hand in die Luft vor sich. "Wie durchsichtiger Wackelpudding", murmelte er. "Hier kommen wir schon mal nicht weiter."

Er wendete den Besen und sobald sie sich wieder dem Schloss näherten und in tiefere Luftschichten abtauchten, bereitete ihnen auch das Vorankommen keine Probleme mehr. Aber auch in der entgegengesetzten Himmelsrichtung stießen sie auf eine unsichtbare Barriere, sobald sie sich den Grenzen des Schlossgeländes näherten. Und so war es, in allen Richtungen, egal wie schnell oder langsam sie auch versuchten, den Luftraum von Hogwarts zu verlassen. "Sieht aus, als sollte Madam Hooch Recht behalten", seufzte Barky. "Hier gibt es nirgendwo ein Durchkommen." Er seufzte und lenkte den Feuerblitz zurück in Richtung Nordturm. "Also, auf in den Raum der Wünsche!"

Sie mussten den Turm mehrmals langsam umrunden, bevor sie auf einer Seite des runden, ziegelgedeckten Daches aufgewölbt nahe der Dachkante einen offenen Erker entdeckten, über den sie über einen schmalen, hölzernen Steg auf den Speicher des Nordturms gelangen konnten.

Der kreisrunde Raum hatte keine Wände. Hölzerne Dachbalken wuchsen direkt aus dem mit Holzbrettern bedeckten Fußboden, verliefen schräg nach oben und trafen sich in der Mitte in der Dachspitze. Ein weiterer großer Balken, der die übrigen von unten abstützte, bildete zugleich die Mitte des Speichers im Nordturm. Und nirgendwo konnte Pookie einen Zugang zu den Turmräumen unter ihnen entdecken, soweit das bei dem Durcheinander, das hier oben herrschte, überhaupt möglich gewesen wäre. Einige schräge Dachfenster zwischen den braunen Dachziegeln ließen den sich lichtenden Himmel und die zurückgekehrte Sommersonne herein fallen. Einige aufgescheuchte Eulen, die sich lieber hier statt in der Eulerei im Westturm zu einem Schläfchen niedergelassen hatten, huhten ungehalten und flatterten dann durch die Öffnung nahe der Traufe hinaus in das ungewohnte Tageslicht.

Wieder fragte sich Pookie, wozu die Zauberer diesen Raum wohl angelegt haben mochten. Auf den ersten Blick wirkte er wie jeder andere Speicher auch. Wie jeder andere, unaufgeräumte Speicher, fügte sie in Gedanken hinzu. Der hölzerne Fußboden war kaum zu sehen zwischen dem ganzen Gerümpel, das sich hier über längere Zeit angesammelt haben musste. Pookie konnte sich keinen Reim darauf machen, warum man die Sachen nicht gleich im Raum der Wünsche verstaut oder gleich ganz weggeworfen hatte.

Barky hatte Wannagoods Feuerblitz an den Dachbalken in der Mitte des Raumes gelehnt und klopfte jetzt den Holzfußboden ab, während Pookie einen Haufen verstaubter Gemälde, Poster und Bücher genauer betrachtete, die alle den gleichen, blondgelockten Zauberer zu zeigen schienen.

Barky schob einen Stapel Papiere zur Seite und pochte auf der Suche nach einem Hohlraum oder einer Öffnung mit dem Knöchel den Boden ab. "Direkt hier drunter sind die Wahrsageräume von Professor Trelawney!" verkündete er.

Pookie wischte gerade den Staub von einem lebensgroßen Gemälde ab, das aufrecht an einem der seitlichen Dachbalken stand. Bei der Erwähnung des Klassenzimmers für Wahrsagen überlief sie ein ungewollter Schauder. Zu genau erinnerte sie sich an die weihrauchgeschwängerte, heiße und stickige Atmosphäre, die meistens in diesem Raum herrschte. Und bei den ganzen Sitzkissen und Decken und Vorhängen war es kein Geschenk, dort sauber machen zu müssen.

"Also", verkündete Barky nach einer Weile, "ich kann hier keinen Weg nach unten entdecken, geschweige denn einen Zugang zum Raum der Wünsche." – "Und glaubst Du, dass man diesen Speicher wirklich nur durch die Luft erreichen kann?" fragte Pookie und runzelte die Stirn. Der Zauberer auf dem großen Bild war derselbe blonde Zauberer, der hier auf den meisten Gemälden, Postern und Buchumschlägen zu sein schien. Auf dem lebensgroßen Bild trug er einen veilchenblauen Umhang mit dazu passendem Hut und einen rosa Seidenschal. Er stand über ein Stehpult gebeugt und war im Begriff mit einer Pfauenfeder auf ein Stück Pergament zu schreiben. Allerdings schien er bei dieser Tätigkeit eingenickt zu sein, denn sein Kinn ruhte auf seiner Brust. Selbst auf dem Bild war er umgeben von hohen Bücherstapeln.

"Die Zauberer können auf dem Schulgelände von Hogwarts außerhalb des Unterrichts sowieso nicht apparieren. Ich habe schon vor einiger Zeit versucht, auf unsere Hauselfenart hier herauf zu gelangen, kurz nachdem Master Wannagood diesen Speicher auf einem alten Lageplan entdeckt hatte, aber es wollte mir nicht gelingen. Es scheint wirklich eine Art Zauber auf diesem Dachboden zu liegen, obwohl dieser Zauber in meinen Augen kein besonders guter Schutz ist an einem Ort wie diesem. Jeder hier, der will, kann doch wohl auch fliegen, entweder mit einem Besen oder sonst einem Zauber. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, warum man diesen Kram hier", er hielt etwas hoch, das wie ein abgetragener und ausgeleierter Büstenhalter aussah, "unbedingt sichern und verstecken müsste."

"Kennst Du diesen Zauberer?" fragte Pookie. "Weißt Du, wer das ist? Er ist auf ziemlich vielen Dingen hier abgebildet." Barky stand jetzt Schulter an Schulter neben ihr vor dem Gemälde des dauergewellten Zauberers, der genau in diesem Moment einen grunzenden Schnarcher von sich gab und aufwachte. Er öffnete die leuchtend blauen Augen und schenkte den beiden Hauselfen ein breites Lächeln mit strahlend weißen Zähnen. Er warf seinen rosa Schal über eine Schulter nach hinten, legte die Pfauenfeder auf das Schreibpult und griff sich eines der Bücher von einem besonders hohen Stapel direkt neben sich. Er nahm es in beide Hände und hielt es mit der Vorderseite in den Vordergrund des Bildes.

"Das bin ich!" lenkte er die Aufmerksamkeit der beiden Hauselfen auf den Titel des Buches. In großen, leuchtenden Buchstaben stand dort ein Name: "Gilderoy Lockhart". Und darunter war etwas kleiner der Titel des Buches abgedruckt: "Zauberisches Ich". Außerdem zierte den Umschlag dieses Buches noch das Gesicht des blondgelockten Zauberers, und jetzt zwinkerten beide Zauberer, der gemalte und der auf dem Buch, den beiden Hauselfen auf die gleiche gewinnende Art und Weise zu. "Das ist meine Autobiographie, Nummer Eins auf allen Bestsellerlisten."

"Irgendwo habe ich den Namen schon mal gehört", meinte Barky. "Aber mir fällt gerade nicht ein, in welchem Zusammenhang." Auch andere Bildnisse Lockharts auf dem Speicher schienen jetzt zum Leben zu Erwachen. Aus allen Richtungen blitzen bunte Umhänge und Hüte auf, während ihre Träger freundlich und überschwänglich winkten. "Wollt ihr ein Autogramm?" lächelte der Gilderoy aus dem lebensgroßen Bild vor ihnen. Er hatte sein Buch zur Seite gelegt und kritzelte jetzt weiter mit der Pfauenfeder auf seinen Pergamenten herum. "Ich kann sogar Schönschreibschrift."

Barky drehte das Gemälde um, so dass es ihnen nur noch die Rückseite der Leinwand zuwandte. "Hey", beschwerte sich der Zauberer. "So etwas macht man aber nicht mit dem mehrfachen Träger der Auszeichnung für das bezauberndste Lächeln der Hexenwoche."

"Nun ja", meinte Barky und zuckte die Schultern, "vielleicht haben wir jetzt einen Zweck dieses Raumes gefunden: Bilder, die anderen auf die Nerven gehen, zu verbergen, weil man sie aus irgendwelchen Gründen nicht wegwerfen kann oder darf." Nur noch kurze Zeit erfüllten die Proteste der Lockhart-Bilder über ihre Nichtbeachtung den Speicher, dann, nachdem sie noch einige auf ihre Vorderseite gelegt hatten, und nach einiger Zeit, herrschte wieder staubige Stille.

"Ich glaube, jetzt hilft nur noch Warten", seufzte Barky und ließ sich im Schneidersitz an einem der schrägen Dachbalken nieder. Pookie hätte wetten können, dass er nicht einmal wusste, worauf er eigentlich wartete. Vielleicht sollten sie einfach irgendwelchen Staub, von dem es hier mehr als genug gab, mitnehmen und einfach behaupten, er sei aus dem Raum der Wünsche. Vielleicht würde Wannagood es nicht einmal merken. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, verspürte aber kaum noch den Drang zur Selbstbestrafung, wenn sie auf diese Art an den Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste dachte.

Sie durchstöberte die Sachen auf dem Speicher noch etwas weiter. Der größte Teil schien in der Tat etwas mit diesem Lockhart zu tun zu haben. Neben Bildern, Gemälden, Postern und jeder Menge Bücher, die er offensichtlich selbst geschrieben und auch signiert hatte, fand sie auch noch einige Koffer mit pastellfarbener Kleidung, die er auf seinen Darstellungen so gern trug.

Aber da waren auch ganze Papierstapel mit Zeichnungen und Skizzen, die offenbar von Schülern stammten. Viele Zeichnungen hatten mit dem Unterricht direkt zu tun, etwa Darstellungen des Sternenhimmels für das Fach Astronomie, aber sie entdeckte auch einige ziemlich bissige, aber zutreffende Karikaturen von Lehrerinnen und Lehrern. Über eine Zeichnung, die offensichtlich Professor Trelawney mit ihrer übergroßen Brille als eine Art Libelle zeigte, wäre sie fast in lautes Gelächter ausgebrochen.

Gerade wollte sie sich neben Barky hocken, um auf was auch immer zu warten, da viel ihr Blick auf mehrere Stapel Papier, von deren oberer Seite ihr stumm ein gezeichneter Hauself zuwinkte. Dieser Hauself mit den untertassengroßen Augen trug Kleidung, eine Hose und ein kariertes Hemd. Die Papierseiten waren am oberen Rand zusammen geheftet, und als Pookie sie jetzt aufhob und durchblätterte, erwachten einzelne Bilder in kleinen Rahmen auf jeder Seite zum Leben. Pookie blätterte zurück auf die erste Seite. "Dobbys Drama von Dennis Creevey" stand da in großen Druckbuchstaben geschrieben.

Jetzt stand Barky plötzlich wieder neben ihr, offensichtlich neugierig, was sie hier so interessant fand. "Sieht aus wie eines von diesen Comicheften, die ich aus den Muggelbibliotheken kenne", sagte er mit Kennerblick. "Aber die bewegen sich natürlich nicht!" Er beugte sich hinunter und beförderte noch zwei weitere Comicentwürfe an die Oberfläche. Sie waren in der gleichen Druckschrift beschriftet und auch von diesem Dennis Creevey gezeichnet. "Kreachers Kampf", las Pookie vor, und ihre Augen wurden noch größer, als sie den letzten Titel entziffert hatte. "Winkys Wehklagen", stieß sie hervor. Konnte es sein, dass hier ein Zauberer die Lebensgeschichte ihrer Hauselfen-Helden aufgezeichnet hatte? Sie hoffte nur, hier machte sich niemand über Dobby, Winky und Kreacher lustig.

Sie griff sich die drei magischen Comichefte und hockte sich zusammen mit Barky unter eines der Dachfenster an einen der Dachbalken. Sie nahmen sich als erstes "Dobbys Drama" vor. Die kleinen, bewegten Bildchen mit ihren Sprechblasen zeigten in der Tat beinahe die ganze Lebensgeschichte des ersten freien Hauselfen seit Jahrhunderten. Sie zeigten seine erste Begegnung mit Harry Potter, dem berühmten Harry Potter, seine Befreiung mit einer Socke, bis hin zu seinem tragischen Tod, nachdem er den berühmten Harry Potter und seine Freunde aus der Gewalt seiner ehemaligen Herren befreit hatte. Das letzte Bild zeigte ein kleines Grab in einem Garten mit einem Grabstein, auf dem stand: "Hier liegt Dobby, ein freier Elf".

Pookie schluckte und musste sich eine Träne aus den Augenwinkeln wischen. Gerade wollten sie sich "Winkys Wehklagen" vornehmen, als sie ein leises, klopfendes Geräusch von Metall auf Holz hören konnte. Sie rieb sich die Augen und spähte durch das schwächer werdende Licht, denn draußen machte allmählich der Nachmittag dem Abend Platz.

"Was…?" begann sie, doch Barky war wieder einmal schneller. Im Nuh war er auf den Beinen und bei einer Falltür, die vor kurzem noch nicht im Bretterboden des Speichers gewesen war. Die Strahlen der Abendsonne spiegelten sich in zwei Metallringen, an denen man die beiden Flügelklappen dieser Tür nach oben hin öffnen konnte. Pookie stopfte sich die Hauselfen-Comics unter ihr Geschirrtuch und hastete an seine Seite.

"Taucht immer genau da auf, wo man ihn gerade braucht, der Raum der Wünsche!" sagte Barky feierlich und öffnete die Falltür. Pookie schluckte. Durch die Öffnung sahen sie von oben auf ein Regal, das in einem mit Fackeln erleuchteten Kerker stand. Das Regal war so nah, dass sie nur einen kleinen Schritt machen mussten, um darauf zu gelangen. Barky seufzte. "Worauf warten wir?" Er hielt die Urnenvase mit den Zauberpulverzutaten ganz fest und machte einen kleinen Sprung auf das oberste Brett des Regals. Pookie folgte ihm vorsichtig.

Sie schauten jetzt von oben auf schier endlose Reihen von Regalen und Schränken, die vollgestopft waren mit allen möglichen und unmöglichen Dingen. Das Regalbrett, auf dem sie gelandet waren, war bis auf eine zentimeterdicke Staubschicht so gut wie leer. "Na, wenn das hier nicht eines der entlegensten Fleckchen des Raumes der Wünsche ist und das hier nicht der allerperfekteste Staub, dann will ich nicht mehr Barky heißen und meinen Lendenschurz fressen!" verkündete der Hauself feierlich und fegte mir den flachen Händen Staub in die urnenförmige Vase.

Pookie schaute zurück zur Decke, durch die sie gerade eben hereingekommen waren, aber die Falltür war verschwunden. So blieb ihnen nichts Anderes übrig, als an den Regalfächern, von einem zum anderen, nach unten zu klettern. Eine Weile tappten sie durch den Raum der Wünsche, der im Moment wieder einmal das Aussehen und die Funktion einer gewaltigen Lagerhalle angenommen hatte, bevor sie an einer Wand vor sich einen Ausgang in Hauselfengröße entdeckten. Pookie dachte mit einer Art Bedauern, die sie bisher nicht gekannt hatte, daran, dass sich ihr gemeinsamer Tag mit Barky nun dem Ende näherte. Sie musste dringend einen anderen Grund finden, um Zeit mit ihm zu verbringen, jetzt da ihre Mission für Innocius Wannagood beendet und wenn der Tod Morticia Mayflowers aufgeklärt war. Und immer wieder vergewisserte sie sich, dass die magischen Comichefte über ihre drei Helden noch unter ihrer Geschirrtuchtoga waren.

Der Ausgang aus dem Raum der Wünsche brachte sie direkt zurück in die Kerker, und als die beiden Hauselfen in den Klassenraum der Zaubertränke zurückkamen, herrschte dort das reinste Chaos. Schulbänke und Stühle waren umgestoßen, Bücher, Zutaten und Zutatenbehälter aus den Regalen gerissen. Die durchsichtigen Stoffbahnen, mit denen Morticia Mayflower ihren Klassenraum dekoriert hatte, lagen wild auf dem Fußboden verstreut. Der große Zauberkessel vom Lehrertische lag auf der Seite und kullerte scheppernd hin und her. Innocius Wannagood hatte den Raum von oben bis unten auf den Kopf gestellt und umgekrempelt. Die schweren, grünen Samtvorhänge, die den Durchgang ins Büro der Zaubertranklehrerin verdeckt hatten, waren immer noch nicht wieder oder schon wieder nicht mehr an ihrem alten Platz.

Der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste selbst kauerte auf dem Stuhl am Schreibtisch seiner Kollegin im Nebenraum und bearbeitete mit einem verbissenen Ausdruck auf dem Gesicht ihren Zauberstab mit seinem eigenen. "Prior Incantato!" hörte Pookie ihn murmeln, als sie sich dem Büro näherten.

Aus der Spitze von Morticias Zauberstab brach ein silberner Faden hervor, der sich auf einer rechteckigen Marmorplatte niederließ, die neben Innocius auf dem Schreibtisch stand. Pookie erkannte in der Platte eines dieser neuartigen Denkarien, von denen sie in der Hexenwoche gelesen hatte. Ein Zauberer namens Lee Jordon hatte an seiner Entwicklung mitgewirkt, und es erlaubte einem Zauberer, sich in seine eigenen Gedanken und Erinnerungen oder die anderer zu vertiefen, ohne in sie eintauchen zu müssen, wie man es bei den alten, ursprünglichen Denkarien in Schalenform hatte tun müssen. Pookie hatte nicht gewusst, dass Morticia so eines besessen hatte.

Als der silberne Gedankenfaden aus dem Zauberstab den Stein traf, wuchsen daraus zwei kleine Gestalten hervor. Wo sie sich befanden, konnte Pookie nicht erkennen, aber es waren eindeutig Miniaturausgaben von Morticia Mayflower und Innocius Wannagood. Das Abbild von Morticia lachte ihr mädchenhaftes Lachen und gab dem kleinen Zauberer einen freundschaftlichen Klapps auf den Oberarm.

"Innocius, mein Lieber", hörten die drei sie sagen, "Du und Deine Besessenheit von diesem Muggeldetektiv, diesem Sherlock Holmes!" - "Sherlock Humbug. Er heißt Sherlock Humbug!" brummelte der echte, lebensgroße Wannagood zerknirscht und traurig. "Du weißt doch hoffentlich, dass er nur eine Erfindung von einem Muggelschriftsteller ist, oder?" flötete die Erinnerung von Morticia weiter. "Und dennoch wirst Du niemals auch nur halb so gut sein im logischen Denken und Kombinieren wie dieser Muggel. Ich möchte wetten, Du würdest ein Mordopfer nicht mal erkennen, wenn es reglos vor Dir liegt, geschweige denn das Verbrechen aufklären und den Täter finden. Wir wissen doch beide, dass Du eigentlich keine Leuchte in Verteidigung gegen die Dunklen Künste bist. Und ich habe das dumpfe Gefühl, dass Du das schon sehr bald einsehen wirst. Vielleicht schon am morgigen Sonntag."
Es sah aus, als sei dies die letzte Begegnung der beiden Zauberer gewesen, ihr letztes Gespräch, und die Extraktion der Erinnerung daran und die Betrachtung im Denkarium Morticias letzter Zauber, den sie mit ihrem Zauberstab heraufbeschworen hatte.

Wannagoods Mine war wie versteinert, seine dicken Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Als er Barky und Pookie sah, murmelte er schnell "Deletrius!", und die beiden geisterhaften Gestalten auf dem neuen, verbesserten Denkarium verpufften zu durchsichtigem Rauch.

"Gut, ihr seid wieder da!" sagte er und ließ beide Zauberstäbe in die Taschen seines karierten Umhangs gleiten. "Habt ihr alles für das Zauberpulver bekommen?" fragte er als seien die Hauselfen eben einfach nur in einen Zauberladen gegangen, um die Zutaten einzukaufen.

"Ja, Master", antwortete Barky und reichte ihm die urnenförmige Vase mit dem Staub aus dem Raum der Wünsche, dem zerriebenen Moos aus dem Verbotenen Wald und dem Gestein der beiden geflügelten Eber vom Außentor. "Nur der Feuerblitz liegt noch auf dem Speicher im Nordturm."

"Kein Umstand, der sich nicht mit dem einfachsten Accio-Aufrufezauber beheben ließe", murmelte Innocius und sprang zu Barky hinüber. Er entriss ihm die urnenförmige Vase, krempelte sich den Ärmel über dem rechten Arm auf und steckte die Hand tief zwischen die Zutaten für sein Zauberpulver. "Manche Hauselfen neigen wirklich zur Schlamperei", zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als er seine eigene, fortgeworfene Tabakspfeife im Inneren der Vase ertastete. Er betrachtete sie kurz von allen Seiten bevor er sie ebenfalls in seinem karierten Umhang verschwinden ließ, dann rauschte er zurück in den Klassenraum zu dem großen Vorführkessel auf dem Lehrerpult.

Er richtete den kupfernen Kessel wieder auf, stülpte die Urnenvase um und schüttelte ihren Inhalt hinein. Anschließend zückte er seinen Zauberstab und rührte alles kräftig durch. Dann legte er theatralisch die Stirn in Furchen, fuchtelte wild mit den Armen und murmelte einen unverständlichen Zauberspruch. Doch es tat sich nichts.

Er klopfte einige Male gegen den Kessel, kippte die im Grunde leere Vase noch einmal darüber und rührte noch wilder in den Zutaten zu seinem Fuß- und Fingerabdruckpulver, sprach die Zauberworte zweimal hintereinander, aber noch immer passierte nichts.

Pookie konnte ihn leise auf Hauselfen im allgemeinen, Schlamperei im speziellen Fall und verunreinigte Zutaten fluchen hören, während Barky mit untergeschlagenen Armen neben ihr stand und eher gelangweilt und wenig überrascht wirkte.

Schließlich zog Innocius Wannagood auch noch Morticia Mayflowers Zauberstab aus seinem karierten Zauberumhang. Er schloss die Augen und konzentrierte sich. Er richtete beide Zauberstäbe auf den großen Kessel und seinen staubigen und trockenen Inhalt, diesmal starr und ohne hektische Bewegungen. Dann sprach er den Zauber, laut und aus seinem tiefsten Inneren heraus: "IMPRINTUS!"

Von einer Sekunde auf die andere war der ganze Zaubertrankkerker erfüllt von feinem, dichtem, grauem Staub. Pookie rieb sich die Augen und musste husten, obwohl er vollkommen geruch- und geschmacklos war. Der dickste und schwerste Nebel, den sie je gesehen hatte, dachte sie. Sie spürte mehr als dass sie sah, dass Wannagood und Barky sich vorsichtig durch die Staubwolke bewegten.

"Nun", brummte der Professor vor sich hin, "das war jetzt nicht ganz das, was…" In diesem Augenblick sank das magische Abdruckpulver herab und legte sich als dünne Schicht auf alles in diesem Raum, einschließlich Hauselfen und Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, die nun abgesehen von den beweglichen Augen aussahen wie unsauber aus dem Stein gehauene Statuen.

"Ich…", begann Innocius einen weiteren Satz, den er nicht beenden konnte, denn ihm blieb staunend der Mund offen stehen bei dem, was sein Zauberpulver als nächstes tat. Es geriet nämlich wieder in Bewegung, verteilte sich weiter und ballte sich wieder zusammen. Schließlich bildete es alle möglichen Arten von Fuß-, Hand- und Fingerabdrücken auf Möbeln, Wänden und Fußböden ab.

"Das war genau das, was ich beabsichtigt hatte, kleiner Watson!" triumphierte Wannagood. "Nun wird es uns zeigen, wer der armen Morticia das angetan hat!" Es kam erneut Bewegung in die Abdrücke, doch folgte das Pulver nicht nur den Bewegungen von Professor Mayflower und ihrem möglichen Mörder. Es entstand ein heilloses Durcheinander, als das Abdruckpulver gleichzeitig sämtlichen Spuren folgte, die jemals ein Mensch oder sonstiges Wesen in diesem Klassenraum hinterlassen hatte.

Fußstapfen in allen Größen und Formen von Lehrern und Schülern und sonstigen Geschöpfen liefen kreuz und quer durch den Raum. Es waren sogar einige Pfoten- und Hufabdrücke dabei. Finger und Handflächen glitten nachgezeichnet von dem grauen Zeug über Stühle, Tische und Tafeln. Alles war in Bewegung, und alles durcheinander.

"Es klärt sich!" verkündete Wannagood. "Alles wird sich klären, Watson!" Doch damit entlockte er Barky nur einen seiner verächtlichen Laute, die er so oft in Gegenwart seines Meisters ausstieß.

Innocius folgte einem Paar Fußabdrücke ins Büro der Zaubertranklehrerin, kam aber nur mit seiner karierten Schirmmütze zurück, die er sich fest auf den Kopf zog. "So, genug jetzt!" murmelte er verbissen. Wieder zückte er beide Zauberstäbe, schwenkte sie im Kreis und rief aus: "Kompaktus!"

Die Bewegung im Raum hörte schlagartig auf. Der graue Staub fiel in sich zusammen, gab die Form der Spuren, die jedes menschliche oder sonstige Wesen hinterlassen hatte, das jemals diesen Kerker betreten hatte, auf und bildete stattdessen eine einzige, röhrenförmige und wurmähnliche Wolke. Diese schwebte kurz an der Stelle auf dem Podest, an der noch vor wenigen Stunden Morticia Mayflower leblos in ihrem geblümten Ohrensessel gelegen hatte, dann bildete das Pulver eine Art Schlauch, der sich einige Zentimeter über dem Boden schwebend auf den Ausgang zu bewegte.

Innocius Wannagood sprang aufgeregt hinterher und rief dabei den beiden Hauselfen zu: "Los kommt! Worauf wartet ihr? Wir haben ein Verbrechen aufzuklären, mein lieber Watson!"

Pookie sah Barky mit erhobenen Augenbrauen an, und dieser erwiderte ihren Blick. Ob ihm auch aufgefallen war, dass das Fuß- und Fingerabdruckpulver nun genau dem Weg zu folgen schien, auf dem Madam Pomfrey vor einigen Stunden den Sessel mit Morticia Mayflower darin hatte schweben lassen? Spätestens, als die drei der Staubwolke in den Geheimgang hinter dem Gemälde von Cecil, dem Chaotischen, hinauf in den Krankenflügel folgten, wusste Pookie, dass ihre Vermutung richtig war.

"Es ist mir ein Rätsel, Minerva! Ich kann mir keinen Reim darauf machen", hörte sie Madam Pomfrey, die Krankenschwester von Hogwarts zur ebenfalls anwesenden Direktorin sagen, als Innocius Wannagood gefolgt von den beiden Hauselfen den Krankensaal betrat.

Das magische Abdruckpulver folgte noch einen Moment der Spur des schwebenden Sessels, dann ließ es sich mit einem lauten "Puff!" auf dem echten Sessel nieder, als es diesen erreicht hatte. Das bunte Blümchenmuster des Bezugs verschwand unter einer Staubschicht in einem erdigen Sandton. Der gemütliche Ohrensessel stand direkt neben einem Bett, auf das die Krankenschwester den Körper der Lehrerin für Zaubertränke gelegt hatte.

"Es hat noch immer keine Leichenstarre eingesetzt!" fuhr Madam Pomfrey flüsternd fort. "Auch von Leichenblässe keine Spur. Sie hat nach wie vor rosige Wangen und fühlt sich auch nicht kalt an. Wenn nicht der fehlende Herzschlag und der fehlende Atem und alles dagegen sprechen würden, würde ich sagen, Morticia Mayflower verkörpert das blühende Leben!"

"Aha!" rief der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste ohne jeden besonderen Grund aus und richtete seine Mütze auf dem Kopf, die ihm im Geheimgang etwas verrutscht war. Dann zog er seine Tabakspfeife aus dem Umhang, stopfte sie und entzündete sie mit einem Holzspan, den er aus einer Fackel zog, die an der Wand des Krankensaals angebracht war. Er nahm einen tiefen Zug und holte zu einer gewichtigen Erklärung aus, aber erneut ignorierte und unterbrach ihn die Direktorin. Sicherlich zu Recht, dachte Pookie, denn sie bezweifelte, dass er irgendetwas hätte sagen können, das zur Klärung des Falles beigetragen hätte.

Minerva McGonagall richtete das Wort an ihren Wildhüter und Lehrer in Pflege Magischer Geschöpfe, der soeben gefolgt von einem atemlosen Hausmeister Argus Filch den Krankenflügel betrat. "Hagrid?" fragte sie. "Gibt es Neuigkeiten?"

Der Halbriese Hagrid blieb vor der Direktorin stehen und zwar so plötzlich, dass der Hausmeister beinahe in ihn hineingelaufen wäre. Er schüttelte den Kopf und wischte sich dabei Spinnweben, Staub und Mörtelstückchen aus den Haaren und von den Schultern seines Tierfellmantels. "Tut mir leid", brummte er. "Wir hab'n alle Wege vom Schlossgelände abgeklappert, sin' durch alle Geheimgänge gekroch'n, aber überall sin' wir wie gegen 'ne unsichtbare Wand gestoß'n."

Argus Filch nickte eifrig und noch immer außer Atem, weil er mit einen kurzen Beinen, dem Halbriesen hatte folgen müssen. Als ihn kleine Steinchen aus Hagrids Haar und Kleidung von oben auf die Nase trafen, warf er dem Wildhüter einen ärgerlichen Blick zu. Seine Katze, Mrs Norris, schien seine Verärgerung zu spüren und strich ihm beschwichtigend durch die Beine.

Innocius Wannagood ließ ein erneutes "Aha!" erschallen. Eine bauschige Rauchwolke quoll ihm aus Mund und Nase, gefolgt von einem erstickten Husten. Er konnte nur sinnlos mit der Spitze seiner Pfeife in der Luft herumstochern, während er vorn über gebeugt versuchte, wieder zu Atem zu kommen.

Währenddessen füllte sich der Krankensaal sehr zum offensichtlichen Missfallen der Krankenschwester Poppy Pomfrey, die sich bei jedem Neuankömmling hörbar räusperte und mit gekräuselten Augenbrauen die Stirn runzelte. Filius Flitwick betrat den Saal, gefolgt von Neville Longbottom, der wiederum in eine leise Diskussion mit Madam Pince, der Bibliothekarin, vertieft schien.

"Gute Nachrichten!" verkündete der Lehrer für Zauberkunst und eilte auf Minerva McGonagall zu. "Just in diesem Moment wirken Professor Sinistra, Professor Vektor und Sybill Trelawney vom Astronomieturm, der Eulerei und dem Wahrsageturm aus einen Gegenzauber. Spätestens morgen früh sollten die Kommunikationswege wieder hergestellt sein und alle unsichtbaren Barrieren um das Schloss beseitigt!" Er strahlte breit über das koboldhafte Gesicht.

"Aber was ist denn nun genau passiert, Filius?" fragte Professor McGonagall nach. "Irma hier", Flitwick tätschelte der Bibliothekarin den Oberschenkel irgendwo in der Nähe der Hüfte. Sicherlich hätte er ihr gern auf die Schulter geklopft, was seine geringe Körpergröße allerdings nicht zuließ. "Irma hat den letzten Hinweis und den Gegenzauber in einem alten Buch über Meteorologie und natürliche Elektrizität aus der Verbotenen Abteilung der Bibliothek entdeckt. Der gewaltige Blitzschlag heute Vormittag scheint direkt mit dem Schutzzauber, der das Schloss unortbar und das Apparieren auf dem Schlossgelände unmöglich macht, reagiert zu haben. Gleichzeitig hat die elektrische Energie den Zauber zusätzlich verstärkt, so dass wir zurzeit wie unter einer dicken, gläsernen Käseglocke gefangen sind und nicht einmal magische Nachrichten das Schlossgelände verlassen können. Mithilfe der Aufzeichnungen des Meteoromagiers Thalesis ist es uns allerdings gelungen, drei magische Geräte zu bauen, mit denen wir nun von den drei Türmen aus die magische Barriere mit magischen Partikeln beschießen können. Spätestens morgen Mittag sollten wir uns wieder frei bewegen können, und gleichzeitig sollte der Schutzzauber wieder hergestellt sein."

Pookie sah aus den Augenwinkeln eine grün-karierte Bewegung, hörte ein geflüstertes "Sonorus!", dann musste sie sich die langen, spitzen Ohren zuhalten, als Innocius Wannagoods Stimme plötzlich magisch verstärkt durch den Krankensaal hallte. "ABER WAS HAT DAS ALLES MIT MORTICIA MAYFLOWER ZU TUN?"

Alle Anwesenden verstummten erschrocken und wirbelten zu ihm herum. Er lächelte zufrieden und nahm den Zauberstab von seiner Kehle. Er genoss sichtlich die erzwungene Aufmerksamkeit, die nun auf ihm ruhte. Langsam und würdevoll begann er, vor den Lehrern und Angestellten von Hogwarts auf und ab zu schreiten. "Bei allen erzielten Erfolgen und kleinen Triumphen", erklärte er in einem gewichtigen Plauderton, "scheint ihr, meine werten Kollegen, vergessen zu haben, worum es hier eigentlich geht!"

Professor McGonagall wollte ihm scheinbar widersprechen, aber kaum hatte sie den Mund geöffnete, sprang Wannagood auf sie zu und blies ihr einen Schwall Tabakrauch ins Gesicht. Sie wandte sich hüstelnd ab und schüttelte resigniert den Kopf. Sie gab auch allen anderen, die den Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterbrechen wollten, ein verdecktes Zeichen, sie sollten ihn aussprechen lassen. Aber ihr skeptischer Blick verriet, dass auch sie nichts Sinnvolles und Hilfreiches von Innocius erwartete.

"Es geht hier doch nicht allein um verunglückte Schutzzauber und deren Aufhebung!" Ein gespieltes Schluchzen schien in seiner Stimme zu liegen, während er sein langes, pferdeartiges Gesicht hochnäsig gen Zimmerdecke hob. "Jemand hat unsere über alles geschätzte Kollegin, Morticia Mayflower, in der Blüte ihrer Jahre aus dem Leben gerissen. Da ist es einfach unsere Pflicht, den Schuldigen zu finden. Alle Spuren führen in diesen Krankensaal. Was mich zu dem Schluss bringt, dass ihr Mörder unter den hier anwesenden Personen zu finden sein muss!"

Pookie spürte, dass Barky ihre Hand ergriff und sich nah an ihr Ohr beugte. "Das ist wie aus einem von diesen Muggelkrimis, die er immer liest", flüsterte er mit seiner bellenden Stimme. "Alle Verdächtigen in einem Raum versammelt, und Sherlock Holmes oder Miss Marple entlarven den Täter. Obwohl er sie vermutlich Miss Maple nennen würde!" Er zuckte nur die Schultern, als Pookie ihm einen fragenden Blick zuwarf, denn sie hatte mal wieder keine Ahnung, wovon er da sprach.

"Einen entscheidenden, wenn nicht den wichtigsten Hinweis, hat uns das Opfer selbst gegeben!" Mit der rechten Hand zog Innocius Wannagood einen ganzen Stapel Zettel aus der linken Seitentasche seines Zauberumhangs. Er schien alle Notizen mit der Handschrift der Zaubertranklehrerin aus dem Kerker aufgesammelt und mitgebracht zu haben. "Der Mörder ist immer der Gärtner!" las er vor, wedelte dabei aber so wild mit der Hand, dass ihm der Stapel entglitt, die Zettel durch die Luft flogen und wie Herbstlaub auf Hagrid und Neville Longbottom, die nebeneinander standen, herunterrieselten.

"Und wer kommt in dieser Schule einem Gärtner näher als…" Er machte eine dramatische Pause, in der er sich von seinem genervten Publikum abwandte, um dann mit vorgestrecktem Zeigefinger herumzuwirbeln und auf eine Gruppe aus drei Personen zu zeigen, "… der Wildhüter, der Hausmeister oder der Lehrer für Kräuterkunde!"

Argus Filch, Rubeus Hagrid und Neville Longbottom tauschten verdutzte Blicke aus. "Aber die eigentlichen Gärtnerarbeiten machen doch eher die Hauselfen", wagte Longbottom vorsichtig einzuwerfen, was Pookie ein leises Wimmern entlockte. Soweit waren sie schon einmal gewesen an diesem Tag, der kein Ende zu nehmen schien. Aber nur, weil sie diese Woche auch mit Rasenmähen dran war, hatte sie doch Morticia Mayflower nichts angetan!

"Wissen wir denn inzwischen, woran die arme Morticia gestorben ist?" wandte sich nun Professor Flitwick an niemand Bestimmten, aber tendenziell an Madam Pomfrey, die bereits bedauernd die Schultern zuckte und zu einer Erklärung ansetzte.

"Was mich zum nächsten Verdächtigen bringt!" dröhnte Wannagood dazwischen und sprang auf Filius Flitwick zu. "Sind sie nicht heimlich in Professor Mayflower verliebt, seit sie an dieser Schule beschäftigt ist? Springen Sie nicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit um sie herum und schauen bewundernd zu ihr auf?" Flitwicks Gesicht verzog sich zu einer Grimasse der Missbilligung. "Und aus verschmähter Liebe haben Sie sie…"

"Das geht nun wirklich zu weit, Innocius", ließ sich Professor McGonagall vernehmen. "Sie können doch nicht einfach haltlose Verdächtigungen…" Doch Wannagood plapperte mit bebender Stimme weiter und weiter: "Und wer wollte es Ihnen verdenken im Angesicht ihres mädchenhaften Teints und ihrer blonden Lockenpracht. Wer sollte sich nicht verlieben in ihre strahlenden Augen und…"

"Ähm, Entschuldigung!" Selbst die Luft im Krankensaal schien bei diesen Worten in Stille zu erstarren. Pookie hörte, wie Barky an ihrer Seite in einem leisen, erstaunten Pfiff einatmete. "Ich finde es sehr schmeichelhaft, dass Sie alle meinen Mörder suchen, aber … ich bin gar nicht tot."

"Beim Barte Merlins!" stieß Madam Pomfrey, die am nächsten an Morticia Mayflowers Bett gestanden hatte, hervor. "Ich wusste doch, dass da irgendwas faul war!" Alle anwesenden Professoren und Angestellten von Hogwarts' Schule für Hexerei und Zauberkunst drehten sich verblüfft zu ihr und vor allem der quicklebendigen Lehrerin für Zaubertränke um, die strahlend schön, aber doch leicht peinlich berührt in ihrem Krankenbett saß.

Innocius Wannagood sprang an ihre Seite, kniete vor ihr nieder und ergriff ihre Hand. "Morticia, meine Liebe, was ist Dir nur widerfahren?" Professor Mayflower lächelte unbehaglich und warf erst ihm, dann Professor McGonagall entschuldigende und zerknirschte Blicke zu.

"Es tut mir wirklich, wirklich leid!" begann die junggebliebene Zaubertranklehrerin, während sie nervös ihre Kleidung und ihr Haar zu richten versuchte. "Es sollte doch alles nur ein Scherz sein, aber der scheint gründlich danebengegangen zu sein."

Minerva McGonagalls Gesicht nahm einen strengen Ausdruck an. "Es ist schön, dass es Ihnen gut geht", sagte sie zu Morticia. "Es scheint mir, als wäre das Ganze eher eine Angelegenheit zwischen Ihnen beiden." Sie scheuchte alle Anwesenden bis auf Wannagood und die Hauselfen in Richtung Ausgang. "Aber wenn Poppy Pomfrey Sie als geheilt entlässt, dann möchte ich Sie umgehend in meinem Büro sprechen. So ein Scherz geht doch wohl etwas zu weit!" Mit diesen Worten schloss sie die Tür des Krankensaals von außen.

Madam Pomfrey seufzte und warf Mayflower und Wannagood einen tadelnden Blick zu, dann verschwand sie in einem Nebenraum, wo sie auffällig unauffällig mit einigen Gläsern und Schälchen zu klappern begann.

Pookie und Barky wandten sich auch zum Gehen, aber Morticia berührte Pookie an der Schulter und hielt sie so zurück. "Bei Dir muss ich mich auch entschuldigen", hauchte sie. "Ich wollte Dich nicht erschrecken und in Schwierigkeiten bringen. Bleibt bitte noch einen Augenblick. Ich glaube, ich muss Euch etwas erklären."

Sie schluckte verlegen, was Wannagood nicht davon abbrachte, ihre Hand noch fester zu drücken. "Du erinnerst Dich, wie ich immer über Dich und Deine Besessenheit von diesen Muggeldetektiven gespottet habe?" Ihre Augen strahlten direkt in die schwarzen des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. "Erinnerst Du Dich, wie ich Dir gesagt habe, Du könntest kein Verbrechen aufklären und keinen Täter überführen?" Wannagood nickte stumm, konnte aber nicht den Blick von ihr wenden.

"Und als Pookie mir heute Morgen in der Freistunde die Wurzel der Hasentod-Mistel brachte, da wusste ich, wie ich Dich auf die Probe stellen könnte. Ich habe den Trank des schlafenden Todes gebraut, ein Getränk, das alle Körperfunktionen soweit herabsenkt, dass man auf den ersten Blick für tot gehalten wird, wenn man es zu sich nimmt. Ich habe also den Trank gebraut, Pookie in die Schlossküche geschickt, damit sie einen zweiten Krug mit kochendem Wasser holt, die kleinen Zettelchen im Kerker verteilt, mich in meinen Sessel gesetzt und den Zaubertrank getrunken. Er hat auch gleich gewirkt, als Pookie wieder in der Tür stand und dieser Blitz eingeschlagen ist. Ich war äußerlich tot, konnte aber immer noch alles verfolgen, was um mich herum vor sich ging. Nur hätte die Wirkung niemals so lange anhalten sollen. Vielleicht war daran auch diese Elektrizität schuld. Vor allem sollte es unter uns bleiben. Nie hätte ich gewollt, dass die ganze Lehrerschaft da mit hineingezogen wird. Es tut mir so schrecklich Leid, Innocius, mein Lieber."

Er hatte nun mit seiner Hand ihre an seine Brust gepresst. "Ich bin so froh, dass Dir nichts passiert ist!" flüsterte er und fuhr ihr mit der anderen Hand sanft über die Wange. "Ich habe erst bemerkt, wie viel Du mir bedeutest, als ich denken musste, ich hätte Dich verloren!" Morticia schluchzte auf und schmiegte sich an ihn. "Ich hoffe nur, Du hast meinen Klassenraum und mein Büro nicht noch mehr verwüstet!" hauchte sie.

Barky, der Hauself, räusperte sich und zog Pookie an seine Seite. "Ich glaube, das ist der perfekte Augenblick, uns zurückzuziehen", sagte er, und gemeinsam krabbelten sie in den Geheimgang und in die Kerker zurück.

Bereits am nächsten, dem Montagmorgen, war auf dem Schloss fast wieder alles beim Alten. Keine unsichtbaren Barrieren hielten die Lehrer und Schüler mehr zurück, alle Aus- und Eingänge zum Schlossgelände waren wieder passierbar. Die Eulen konnten wieder fliegen und Nachrichten bringen und verteilen. Auch das Flohpulver in den Kaminen funktionierte wieder. Gemeinsam war es den Lehrkräften gelungen, alle Auswirkungen des ungewöhnlichen Blitzschlages zu beseitigen.

Morticia Mayflower, der Lehrerin für Zaubertränke, ging es wieder gut, auch nach der kleinen Standpauke, die sie sich bei Direktorin McGonagall für ihren missglückten Scherz abholen musste. Sie versprach ihr, auf einige ihrer morgendlichen Freistunden zu verzichten und stattdessen einigen Schülern Nachhilfeunterricht zu geben und verstärkt Aufsicht bei den Hausaufgaben zu führen.

Ihre damit leicht beschnittene Freizeit verbrachte sie nun immer öfter mit Innocius Wannagood, und sie genoss jede Sekunde mit ihm. Außerdem planten sie, die näher rückenden Sommerferien miteinander zu verbringen, denn nun konnten sie sich endlich eingestehen, dass sie viel mehr für einander waren und empfanden als nur Kollegen.

Die Zeit, die Pookie, die Hauselfe in Diensten Hogwarts, in der Vergangenheit häufig mit der Lehrerin für Zaubertränke verbracht hatte, verbrachte sie nun mit Barky, dem Hauself in Diensten Innocius Wannagoods, des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Sie lasen immer wieder gemeinsam die Geschichten der drei Hauselfen, die in ihren Augen immer mehr zu den drei größten Helden wurden, die die Gemeinschaft der Hauselfen in den letzten Jahrhunderten hervorgebracht hatte: Dobby, Winky und Kreacher. Sie besorgten sich auch alles, was Hermine Granger-Weasley jemals zum Thema Hauselfenrechte und Hauselfenbefreiung geschrieben hatte. Jetzt verstanden sie erst, was sie mit ihrem Bund für Elfenrechte kurz B.ELFE.R hatte erreichen wollen, und sahen ihre selbstgestrickten Schals und Hüte und Mützen, die noch immer im Schloss herumflogen mit ganz anderen Augen. Sie kamen sich immer näher, wurden immer vertrauter miteinander.

Und eines Tages war es soweit. Sie standen in der Tür zum Büro des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Barky legte Pookie die Hand hinter ihrem Rücken auf die Hüfte und zog sie zärtlich an seinen nackten Oberkörper. "Ich werde immer bei Dir sein", flüsterte er ihr ins Ohr und hauchte ihr einen Kuss auf die lange Ohrenspitze. Dann ließ er sie los, drehte sich um und trat einen Schritt auf seinen Herrn zu. "Master Wannagood, es wird Zeit!" sagte er gerade heraus.

Innocius Wannagood legte die Tabakspfeife zur Seite und nickte nur. "Und ich bin vorbereitet", sagte er knapp. Er tippte mit seinem Zauberstab gegen einen riesigen Schrankkoffer, der in einer Ecke seines Büros stand. Die Klappen des Koffers sprangen auf und heraus kam ein zweiter Koffer. Auch diesen berührte der Lehrer wieder mit der Spitze seines Stabes, und im Handumdrehen war der ganze Raum erfüllt von immer kleiner werdenden Koffern und Kisten und Schachteln. "Ja, verwünscht! Wo ist er denn?" murmelte Wannagood und eilte von Schachtel zu Kiste zu Koffer, um sie zu öffnen und zu durchsuchen. Die meisten waren jedoch leer.

"Er konnte noch nie Ordnung halten!" erklärte Barky Pookie leise, gerade in dem Augenblick, als Innocius ausrief: "Da ist er ja!" Er verdeckte den beiden Hauselfen mit seinem Rücken, was er da gefunden hatte. "Ich habe schon sehr lange damit gerechnet, Barky", fuhr er fort, "eigentlich jeden Tag seit Du von dem Gesetzentwurf zur Gleichstellung der Magischen Wesen von Hermine Granger-Weasley gelesen hattest. Und ich danke Dir, dass Du es so lange mit mir ausgehalten hast! Hier ist etwas, das ich Dir schon vor Jahren in der Winkelgasse besorgt habe." Er drehte sich um und drückte Barky einen kleinen Reisekoffer in Hauselfengröße auf den Arm. Er hatte ihn wieder verschlossen, und Pookie konnte nicht erkennen, was sich darin befand. Mit einem Kopfnicken deutete er auf einen Paravent, der in einer anderen Ecke des Büros stand. "Du weißt, was zu tun ist, Barky!" Ein breites Lächeln ließ sein langes Pferdegesicht für den Moment weniger lang und eingebildet erscheinen.

Barky schluckte einen Kloß im Hals herunter, nickte stumm und verschwand hinter der Spanischen Wand. Pookie hörte, wie er die Verschlüsse des Koffers öffnete, dann ein leises Rascheln.

Als Barky wieder hinter dem Raumteiler hervortrat, trug er ein weißes Hemd, eine altertümliche, schwarze Krawatte und einen grau-weißen Nadelstreifenanzug, komplett mit Hose, Jackett und Weste. Alles saß wie angegossen, war offensichtlich maßgeschneidert. Aus der Westentasche baumelte an einer kurzen Kette eine vergoldete Taschenuhr. "Mein kleiner Watson!" verkündete Wannagood stolz. "Madam Malkin hat sich wieder einmal selbst übertroffen." Er klatschte in die Hände und angelte aus dem Kofferdurcheinander noch eine weitere Schachtel heraus, bevor er das ganze Durcheinander mit einem Wink seines Zauberstabes verschwinden ließ. "Fehlt nur noch eins!"

Er öffnete den Deckel der Schachtel und zog mehrere Lagen Seidenpapier zur Seite. Zum Vorschein kam ein kleiner, halbrunder schwarzer Hut mit ebenfalls runder und nach oben gebogener Krempe. "Die Muggel nennen so etwas einen Kürbis!" erklärte Wannagood und drückte Barky kniend die Kopfbedeckung auf selbigen.

"Melone, Innocius! Sie nennen es Melone!" sagte Barky mit belegter Stimme und reichte seinem ehemaligen Herrn die Hand, die dieser herzlich ergriff und bewegt schüttelte. "Damit schenke ich Dir die Freiheit! Mach' was draus!" Der Professor drückte den kleinen Kerl an sich und klopfte ihm auf die Schulter.

"Und wer wäscht mir jetzt die Socken?" fragte Wannagood scherzhaft. "Da wird sich doch wohl ein Zauber finden", erwiderte Barky strahlend. "Und wenn nicht, dann dürfte es für einen Meisterdetektiv wie Sie doch wohl kein Problem sein, jemanden zu finden, der diese Aufgabe zu Ihrer Zufriedenheit erledigt." Innocius Wannagood, Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste an Hogwarts' Schule für Hexerei und Zauberkunst, nickte tapfer und wünschte den beiden Hauselfen noch einmal aus tiefstem Herzen viel Glück und alles Gute. Dabei hatte er Tränen in den Augenwinkeln, da war sich Pookie hinterher ganz sicher.

Und als sie ihre wenigen Habseligkeiten und Erinnerungsstücke gepackt und sich von allen, die ihnen wichtig waren, verabschiedet hatten, verließen zwei freie Hauselfen die Schule in Richtung Bahnhof von Hogsmeade. Der eine trug einen vornehm wirkenden Anzug, die andere ein elegantes Sommerträgerkleid, das Professor McGonagall für sie hatte schrumpfen lassen.

Während sie Hand in Hand auf einer Bank auf dem Bahnhof auf den nächsten Zug warteten, fragte Pookie plötzlich: "Und was genau machen wir als nächstes?" – "Sehen, was die Zukunft bringt und uns davon überraschen lassen", verkündete Barky mit seiner bellenden Stimme. Und Pookie schmiegte sich glücklich und zufrieden an ihn.

*** Ende ***


[first published October, 8th 2010]

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